Protokoll der Sitzung vom 09.05.2001

Die Verluste sind im Bauträgerbereich aufgetreten. Die LWS bleibt vom Branchentrend nicht verschont...

Zwischenzeitlich hat sich hoher Wertberichtigungsbedarf – damit steht man allerdings nicht allein – ergeben. Einige größere Projekte in Bayern sind aufgrund von Fehleinschätzungen des Marktes zu Verlustträgern geworden. Doch auch dieses Schicksal teilt man mit anderen Baugesellschaften. Die betreffenden gewerblichen Objekte in Bayern konnten nicht so vermarktet werden, wie von der LWS angestrebt. Die hohen Verluste der Geschäftsjahre 1995/96 haben das bilanzielle Eigenkapital aufgezehrt. Überschuldet ist die LWS aber nicht. Die stillen Reserven liegen bei rund 20 Millionen DM. Gesellschafter und Aufsichtsrat haben aus der prekären Situation Konsequenzen gezogen. Die Geschäftsführung wurde Ende 1995 wesentlich verändert. Im vergan

genen Jahr hat man die St. Gallener Managementberatung hinzugezogen...

Die LWS ist überlebensfähig. Sie hat das Marktpotenzial, um bald wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Geschäftsführer, Aufsichtsrat und Gesellschafter ziehen an einem Strang. Der Aufsichtsrat hat beschlossen, in Zukunft wieder zu den gewohnten Geschäftsfeldern zurückzukehren...

Die Projekte, die jetzt Schwierigkeiten machen, wurden im Wesentlichen zwischen den Jahren 1990 und 1993 begonnen. Die damalige Geschäftsführung war aufgrund von Anfangserfolgen wohl sehr optimistisch. Wie dem auch sei, zu Beginn des Jahres 1996 wurden die notwendigen Maßnahmen und Veränderungen im personellen Bereich eingeleitet. Die Folgen des Restrukturierungskonzeptes sind bekannt.

Meine Damen und Herren, wenn man das alles liest, stellt man fest, dass es eben nicht so ist, wie Herr Sauter es dargestellt hat. Wenn ich als Abgeordneter dort gesessen und mir das angehört hätte, dann wäre ich zu der Erkenntnis gekommen, dass die Situation zwar nicht gut ist, aber Herr Sauter hat ja jedesmal das Negativum sofort relativiert: Bei anderen ist es auch so, das kann vorkommen, Fehler sind früher gemacht worden, und wir sind auf einem positiven Weg.

Wenn ich jetzt noch das vorlesen würde, was in der Aufsichtsratssitzung 14 Tage vorher gesagt wurde – das tue ich aber nicht wegen der Zeitknappheit-, dann würden Sie sehen, dass es sich dabei um völlig unterschiedliche Bewertungen handelt. Während Herr Rauscher von Angst vor dem Konkurs und von „Intensivstation“ sprach, wollte Herr Sauter 14 Tage später im Haushaltsausschuss vielleicht aus persönlichen Gründen als großer Retter der LWS dastehen und als Hoffnungsträger der Staatsregierung auftreten. Ganz so, wie Herr Sauter es gesagt hat, ist es also nicht, Herr Bernhard. Das sollten wir einfach zur Kenntnis nehmen.

Die zweite Anmerkung richtet sich an Herrn Glück, der vom Offenbarungseid gesprochen hat, aber nicht davon, dass wir tatsächlich 500 Millionen DM Verluste haben, und der dann, was er sehr gerne tut, wieder einmal ein gutes politisches Klima angemahnt hat. Herr Glück, angesichts dessen, was Herr Stoiber allein in diesem Jahr auf der Passauer Veranstaltung am Aschermittwoch gesagt hat über Schröder und über die SPD, kann ich nur sagen: Hören Sie auf, etwas von politischer Anständigkeit zu erzählen! Was er da gesagt hat, war höchst unanständig,

(Beifall bei der SPD – Hofmann (CSU): Sagen Sie doch einmal ein Beispiel!)

noch unanständiger als das, was Sie manchmal sagen, Herr Hofmann. In diesem Fall gibt es nur eine Steigerung: Hofmann und dann Stoiber, und das nehme ich nicht hin. Reden Sie nicht von politischer Anständigkeit, wenn Sie vorher noch wesentlich schlimmer waren.

Ein Drittes möchte ich zu Herrn Bernhard sagen. Es ist richtig, dass unsere Ergebnisse unterschiedlich sind,

soweit es um die Rolle von Herrn Stoiber geht. In vielem stimmen wir im Grunde überein: Wir sind uns darin einig, dass die Geschäftsführung katastrophal war. Wir sind uns darin einig, dass der Aufsichtsrat nicht funktioniert hat. Vielleicht sollte man es aber einmal positiv darstellen: Die Erkenntnisse, die wir über den Aufsichtsrat und seine Arbeit gewonnen haben, haben ja dazu geführt, dass die Staatsregierung neue Richtlinien für Aufsichtsräte verabschiedet hat. Dieser Ausschuss hat also auch positive Ergebnisse gezeitigt. Wir haben da etwas geändert, und darüber freue ich mich wirklich.

Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die Fehlleistungen der Geschäftsführung, die Fehlleistungen des Aufsichtsrates und seiner Vorsitzenden zwar nicht Herrn Stoiber anzurechnen sind, aber wir rechnen ihm an, dass er sich nicht darüber informiert hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Er hätte eine Informationspflicht gehabt. Er hätte die Lage beurteilen müssen. Er hätte sich von seinen Untergebenen dementsprechend richtig informieren lassen müssen. Das ist es, was ich ihm vorwerfe: dass er Entscheidungen getroffen hat, ohne sich über die Entscheidungsgrundlagen ausreichend kundig gemacht zu haben.

Fazit: Da Herr Stoiber jetzt als Kanzlerkandidat im Gespräch ist und sich immer mehr positioniert, können wir als Ergebnis dieses Ausschusses nur feststellen: als Zählkandidat lediglich bedingt einsatzfähig. Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Kreuzer hat verzichtet. Damit sind wir am Ende der Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.

Wir kommen zur Behandlung der Dringlichkeitsanträge.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 8

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Interfraktioneller Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kaul und Fraktion (CSU),

Maget, Gartzke und Fraktion (SPD)

Dr. Dürr, Christine Stahl, Paulig und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Hartenstein (fraktionslos)

Ergänzendes Gutachten zur so genannten Rinderstudie (Drucksache 14/6574)

Der Dringlichkeitsantrag soll auf Wunsch der Fraktionen ohne Aussprache federführend an den Ausschuss für

Landesentwicklung und Umweltfragen überwiesen werden. – So beschlossen (siehe aber unten Seite 4701 – sofortige Verabschiedung).

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Strasser, Irlinger, Wahnschaffe und Fraktion (SPD)

Raus aus E.ON – rein in die Bildung und Kinderbetreuung (Drucksache 14/6575)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Schopper und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In die Zukunft investieren (Drucksache 14/6627)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Das Wort hat Herr Kollege Maget.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist zwar nachvollziehbar, aber schade, dass, nachdem Sie sich immer beklagen, zur Landespolitik kämen so wenige Alternativen von der Opposition, ein wichtiges und strittiges Thema der Landespolitik nicht so viel Aufmerksamkeit erzielt wie Vorgänge um die LWS. Aber wir lassen uns dadurch nicht irritieren, sondern wollen der Frage nachgehen, wie es gelingen kann, die Situation der Familien in unserem Land zu verbessern und insbesondere Kinderbetreuungseinrichtungen und ganztägige schulische Angebote vermehrt anzubieten.

Die Familienpolitik war in der Tat Stiefkind der Politik in den letzten 20 Jahren in Deutschland. Nicht zuletzt deshalb ist die frühere Bundesregierung vom Bundesverfassungsgericht wegen ihrer Versäumnisse in der Familienpolitik und wegen der Vernachlässigung der Familien verurteilt worden.

Ich bin auch der Überzeugung, dass nicht nur die finanzielle Ausstattung der Familien verbessert werden muss. Das ist notwendig, und das haben wir durch eine zweimalige Erhöhung des Kindergeldes und eine bevorstehende dritte getan. Ich glaube, dass es noch sehr viel mehr darauf ankommt, Männern und Frauen – insbesondere Frauen – die Vereinbarkeit von Beruf und Familie endlich zu ermöglichen.

(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD))

Wir wissen doch alle, dass die jungen Menschen einen großen Kinderwunsch haben, den sie sich gern erfüllen möchten und den sie nicht hinter ihr berufliches Vorankommen zurückstellen wollen. Wir erleben alle, dass sich die jungen Familien ihren Kinderwunsch dann doch nicht erfüllen, weil die Frauen genau wissen, dass sie dann über viele Jahre, vielleicht für immer, aus dem beruflichen Leben, aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen sein werden. Das ist vollständig gegen die Interessen der Frauen, vollständig gegen die Interessen der Familien, und es richtet sich auch gegen die Kinder.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer sich für das ungeborene Leben sehr stark macht, der muss sich auch für geborenes Leben stark machen und dafür Sorge tragen, dass Kinderbetreuungseinrichtungen bestehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In München ist es im Augenblick die CSU, die heftig kritisiert, dass es zu wenige Krippen- und Hortplätze gibt – ein Vorwurf, der mich dann doch überrascht, weil wir hier im Bayerischen Landtag bis zum heutigen Tag immer wieder zu hören bekommen, dass Krippen und Horte eigentlich familienfeindliche Einrichtungen seien, nahezu sozialistisches Teufelszeug.

(Beifall bei der SPD)

Alle Initiativen der Oppositionsparteien, mehr Krippen und mehr Horte einzurichten, sind stets auf den Widerstand der CSU gestoßen.

(Zurufe von der CSU)

Ja, natürlich, ich kann Ihnen das aus den Protokollen vorlesen. Dort steht, es sei familienfeindlich, die Krippen auszubauen. Jetzt aber beklagen Sie sich, dass es zu wenige Krippen gibt. Da müssen Sie sich selbst einmal an der Nase packen und überlegen, welches Familienund welches Frauenbild Sie nach wie vor in diesem Hause propagieren und Ihrer Politik zugrunde liegt.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wissen auch die drei drüben!)

Diese drei wissen es vielleicht nicht so genau.