Nicht so vorschnell. Im Interesse der Wahlgleichheit sind die beiden anderen Vorschläge, die zur Debatte stehen, jedenfalls besser. Herr Spaenle, wegen der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs muss gerade die Wahlgleichheit hier eine besondere Rolle spielen. Herr Innenminister Dr. Beckstein hat ausgeführt, dass dieser Gesichtspunkt gerade in einer Großstadt von besonderer Bedeutung sei, weil sich die Medien und viele Großvereine über das ganze Stadtgebiet erstrecken. Daher muss man darauf achten, dass man die Wahlgleichheit hier besonders beachtet. Hinzu kommt, dass in München die Stadtbezirksgrenzen durchschnitten werden. Mit Ausnahme von zwei Stimmkreisen sind alle anderen zusammengestückelt. Es gibt aus dem Jahr 1993 eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, dass dieses eine Rolle spielen kann. Sachliche Gründe können zwar dafür sprechen, bei der Stimmkreiseinteilung die Stadtbezirkseinteilung möglichst zu berücksichtigen. Das war damals nicht der Fall. Inzwischen haben
aber die Stadtbezirksgrenzen eine viel größere Rolle bekommen, weil Stadtbezirke keine bloßen Verwaltungssprengel sind wie etwa in Regensburg oder Würzburg, sondern es besteht eine Volksvertretung für die Stadtbezirke, die nicht benannt wird, wie es früher der Fall war und heute in Ingolstadt der Fall ist, sondern in München direkt gewählt wird. Die Stadtbezirke haben auch eigene Entscheidungsrechte, seit neuestem sogar einen gewissen Etat, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Das ist etwas ganz anderes. Herr Welnhofer sagte, dass die Stadtbezirksgrenzen unter Umständen willkürlich gezogen seien; wir vom Landtag hätten nicht anzuerkennen, was die Stadt dort macht. Sonst singen Sie immer das Hohe Lied der kommunalen Selbstverwaltung.
Die Einteilung der Stadtbezirksgrenzen ist eine wichtige organisatorische Aufgabe, die in kommunaler Selbstverwaltungsfreiheit wahrgenommen wird. Sie setzen sich darüber hinweg und sagen, es gebe noch Diskussionen darüber, was man ändern könnte. Auch die Gemeindegrenzen sind immer in der Diskussion. Derzeit wird ein Gesetzentwurf im Parlament behandelt, mit dem Verwaltungsgemeinschaften aufgelöst werden. Auch da wurde nichts für alle Ewigkeit festgelegt. Dieses Argument kann also wirklich nicht tragen. Der Verfassungsgerichtshof hat in einer neuen Entscheidung vom März dieses Jahres die neue Situation der Bezirksausschüsse stark betont. Wir gehen davon aus, dass das Gericht das auch in diesem Verfahren tun wird. Deswegen verstößt das, was in München geschieht, nach unserer Meinung sowohl gegen Artikel 14 als auch gegen Artikel 118 der Bayerischen Verfassung.
Im Übrigen können Sie der Presse entnehmen, dass überall im Lande Körperschaften oder Einzelpersonen, zum Beispiel Landrat Fischer aus Garmisch-Partenkirchen oder der Landkreis Augsburg, Überlegungen anstellen, den Weg zum Verfassungsgerichtshof einzuschlagen.
Ihr Argument, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit bestünden, kann ich bei der sehr weiten Formulierung nicht teilen, welche die Popularklage in der Bayerischen Verfassung gefunden hat. Dazu gibt es Kommentarstellen; damit können wir uns gerne auseinandersetzen. Selbst wenn dem so wäre, gibt es noch andere Popularklagen, so dass die Flucht in eine eventuelle Unzulässigkeit nichts nützen würde, die meines Erachtens nicht gegeben ist. Das würde auch dieses Instrument der Bayerischen Verfassung entwerten.
Aus all den Gründen bitte ich Sie, sich noch einmal zu überlegen, ob Sie sich unbedingt eine Niederlage vor dem Bayerischen Verfassungsgericht holen wollen. Wir würden Ihnen hier Brücken für eine nochmalige Behandlung bauen, die immer möglich ist. Die Stimmkreiseinteilung im Einzelnen steht schließlich nicht in der Verfassung, sondern ist eine Entscheidung des Landtags. Wenn die verschiedenen Klagen in einzelnen Punkten Erfolg haben werden, wird das dazu führen, dass das ganze Gesetz noch einmal auf dem Prüfstand steht, weil die dann festgelegten Maßstäbe auch auf andere Berei
che anzuwenden sind. Die Klage der SPD-Landtagsfraktion ist bewusst so angelegt, dass Äußerungen zu diesen Maßstäben kommen werden, es sei denn, der Verfassungsgerichtshof sagt, wie schon 1966, das brauche er alles nicht zu prüfen, weil das so evident verfassungswidrig sei. Auch da würden sich dann Maßstäbe ergeben.
Sie werden sich also dieser Diskussion im Lande weiterhin stellen müssen. Es wird bei der Wahl nicht einfach sein, immer mit dem Vorwurf zu leben, auch mit dem Vorwurf eigener Leute, die Stimmkreise seien in verfassungswidriger Weise zustande gekommen. Das wird auch in den Wahlauseinandersetzungen eine Rolle spielen. Deswegen sollten Sie sich das noch einmal überlegen. Wir werden den Entscheidungen, die im Ausschuss gefallen sind, nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Verfassungsbeschwerden sind berechtigt. Wir unterstützen sie, auch wenn wir selbst keine Meinungsstreitigkeitenklage erhoben haben. Es bedarf dringend der Klärung der Frage, ob die Stimmkreisreform verfassungsgemäß oder verfassungswidrig ist; denn das Innenministerium und die CSU-Mehrheit hier im Haus sind sehr leichtfertig mit den Wahlrechtsgrundsätzen umgegangen. Insbesondere das Deckungsprinzip und das Wahlgleichheitsprinzip wirken sich hier aus. Gerade das Wahlgleichheitsprinzip wirkt sich beim bayerischen Wahlsystem sehr stark aus, in dem die Listenreihenfolge noch verändert werden kann und sowohl die Erst- als auch die Zweitstimme zählt. In den Beratungen bei der Ersten und Zweiten Lesung, in den Ausschüssen und in der heutigen Beratung ist sehr viel gesagt worden. Die Argumente sind ausgetauscht, und es muss nicht alles noch einmal von mir gesagt werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Volkmann. Sie haben noch zehn Minuten Redezeit, aber ich muss die Sitzung um 15.45 Uhr unterbrechen. Ich überlasse es Ihnen, ob Sie jetzt oder später reden möchten. – Jetzt? Bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zu vier Aussagen von Herrn Welnhofer Stellung nehmen, die nachweislich falsch sind. Sie haben erstens gesagt, in München würden weniger Stadtbezirksgrenzen durchschnitten als früher. Herr Welnhofer, das stimmt nicht. Bisher wurden die Stimmbezirksgrenzen in München immer entlang der Stadtbezirksgrenzen gezogen. Das war so bis 1994; lediglich bei der letzten Wahl gab es durch die Änderung der Stadtbezirksgrenzen innerhalb Münchens eine Veränderung.
Zweitens zu der Frage, ob auf die Siedlungsstruktur Rücksicht genommen worden ist. In den Bereichen, wo Sie Stadtbezirksgrenzen durchschneiden, ist genau diese Rücksichtnahme nicht erfolgt. In Laim haben Sie entlang der Fürstenrieder Straße genau mitten durch die Siedlungsstruktur geschnitten, in Fürstenried und Forstenried genauso und ebenso in Neuhausen-Nymphenburg.
Drittens haben Sie zur Begründung, warum Sie Stadtbezirksgrenzen in München durchtrennen, gesagt, es handle sich um Magistralen. Dazu sage ich: In Laim ist das richtig. Die Fürstenrieder Straße können Sie als Magistrale bezeichnen. In den beiden anderen Fällen ist das nicht richtig. Die Forstenrieder Allee ist die alte Dorfstraße; sie betrifft direkt den Dorfkern. Es handelt sich also nicht um eine Magistrale, sondern um eine alte, schmale Straße. Was in Neuhausen-Nymphenburg gemacht wird, ist schon fast grotesk. Dort haben Sie Straßen als Grenzlinien mitten durch ein Villenviertel genommen, die so schmal sind, dass nicht einmal ein Begegnungsverkehr möglich ist.
Viertens haben Sie schließlich in einem anderen Zusammenhang – dies betraf die Landkreise – gesagt – das fand ich ausgesprochen hübsch –: Was zusammengehört, soll nicht geteilt werden. Das ist ein schöner Satz, der fraglos sehr ansprechend ist. Er gilt in München nun aber wirklich exakt nicht in den Bereichen, wo Sie die Stadtbezirksgrenzen durchtrennen.
Damit bin ich schon am Ende der Erwiderung. Ich möchte nun nur noch auf folgende Punkte hinweisen, bei denen wir, wie ich meine, die Willkür wirklich fast mit Händen greifen können. Es gab 1993 in München die Reduzierung von 11 auf 10 Stimmkreise. Damals hat Ihr Kollege Dr. Schosser aufgehört; er hat nicht erneut kandidiert. Die Vorgehensweise der CSU war die, dass man seinen Stimmkreis aufgelöst hat. Heute ist es so, dass der Kollege Dr. Wilhelm von der CSU aufhört. Die Folge ist, dass man seinen Stimmkreis in fünf Teile aufteilt. Der Gesichtspunkt der Kontinuität, dessen Sie sich sonst so sehr rühmen, spielt hier überhaupt keine Rolle.
Schließlich weise ich noch darauf hin, dass sich die CSU München ausgesprochen ungeschickt verhalten hat. Sie hat am 14. Februar 2000 in einer Pressekonferenz ihre persönlichen Wünsche, die Wünsche der Münchner Landtagsabgeordneten, der Presse mitgeteilt. Fast genau entsprechend ist das Gesetz gestaltet worden. Es war also nicht der objektive Wille des Gesetzgebers, sondern der subjektive Wunsch von CSU-Mitgliedern dieses Landtags, die Stimmkreise so einzuteilen, wie es letztlich geschehen ist. Sie sollten nicht im Ernst annehmen – Sie sollten unter diesem Aspekt selbst nochmals eine Überprüfung vornehmen –, dass diese Einteilung von Stimmkreisen, die dem subjektiven Wunsch Ihrer
Abgeordneten aus München entspricht, ein Prüfungsmaßstab für das Bayerische Verfassungsgericht ist. Ich hoffe, wir haben hier allen Grund, zuversichtlich zu sein. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich außerordentlich mit Teilen Ihrer Fraktion, wenn wir den Prozess gewinnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bevor ich die Sitzung unterbreche, gebe ich noch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Ach, Freiherr von Rotenhan, Beck und anderer eines Bayerischen Weinabsatzförderungsgesetzes, Drucksache 14/6440, bekannt. Mit Ja haben 81 Mitglieder des Hauses gestimmt, mit Nein haben 15 gestimmt, Stimmenthaltungen: 52. Dem Gesetzentwurf ist damit in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zugestimmt worden. Das Gesetz hat den Titel: „Bayerisches Weinabsatzförderungsgesetz“.
Ich lasse nun noch über die Tagesordnungspunkte 10 a bis 10 e abstimmen. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich schlage vor, über alle fünf Verfassungsstreitigkeiten eine Gesamtabstimmung durchzuführen. Entsprechend unserer Geschäftsordnung sind dieser Abstimmung die Voten des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zugrunde zu legen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich so abstimmen.
Wer hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 10 a bis 10 e seinem Abstimmungsverhalten bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen beitreten will, den bitte ich um das Handzeichen. – Soweit ich sehe, ist das das gesamte Hohe Haus.
Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine Stimmenthaltungen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Wir unterbrechen die Sitzung nun bis 16.00 Uhr. Wir hören dann die Ansprache des Premierministers von Québec, Herrn Bernard Landry. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, um 16.00 Uhr möglichst vollzählig im Plenarsaal anwesend zu sein.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine große Ehre und eine Freude, den Premierminister von Quebec, Herrn Bernard Landry, als Ehrengast in der heutigen Plenarsitzung willkommen heißen zu dürfen. Mit seiner Delegation, die ich ebenfalls herzlich in diesem Hause begrüße, befindet sich Herr Premierminister Landry zu einem dreitägigen Informationsaufenthalt in München.
Neben weiteren Delegationsmitgliedern haben in der Diplomatenloge Platz genommen: aus Quebec die Staatsministerin für internationale Beziehungen, Mme. Louise Beaudoin,
Meine Damen und meine Herren, Herr Premierminister Landry ist in Bayern längst kein Fremder mehr. Seit vielen Jahren kennen und schätzen wir ihn als engagierten Förderer der Beziehungen zwischen Quebec und dem Freistaat Bayern. Sein nachhaltiger Einsatz und seine Begeisterung gaben der Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Staaten immer wieder neue, fruchtbare Impulse. In Anerkennung dieser Leistungen wurde er im Juni 1999 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.
Zuletzt war er vor fast genau einem Jahr in München zu Gast. In seiner damaligen Eigenschaft als Vizepremierminister und Staatsminister für Wirtschaft und Finanzen eröffnete er offiziell die neuen Räumlichkeiten des erweiterten Büros der Regierung von Quebec.
Es ist kein Zufall, dass sich die Repräsentanz Quebecs in der bayerischen Hauptstadt befindet. Denn die Beziehungen zwischen dem Freistaat Bayern und Quebec haben eine gefestigte und erfolgreiche Tradition.
Die erste Kooperationsvereinbarung zwischen Quebec und Bayern wurde 1989 unterzeichnet. Zwölf Jahre sind seither vergangen. Das ist wohl keine besondere historische Dimension. Aber die Ergebnisse, die die Zusammenarbeit in dieser Zeit in den Schwerpunktbereichen Umweltschutz, Kultur, Wissenschaft, Technologie und Wirtschaft brachte, sind beachtlich und erfreulich. Herr Premierminister Landry hat diese Entwicklungen persönlich sehr gefördert.
Ich freue mich sehr, dass in den vergangenen Jahren auch der interparlamentarische Dialog und die Zusammenarbeit zwischen dem Bayerischen Landtag und der