Herr Staatsminister Sinner, Sie haben angegeben, das Formular vom Schlachthof liege vor. Sie wissen aber genau, dass das ein Ausdruck vom Schlachthof und kein Protokoll der Firma Milan ist. Es handelt sich um einen vorgefertigten Ausdruck, in dem die Firma Milan steht, der aber vom Schlachthof hinausgeschickt wird. Sie haben uns immer noch nicht gesagt, wo das Schreiben über die zwei Fälle der Nichttestfähigkeit aus Westheim ist. Aus diesem Schreiben ist doch klar ersichtlich, dass sie aus Westheim gekommen sind. Darauf sind Sie mit keiner Silbe eingegangen.
Was lehrt uns dieser neuerliche Skandal? – Ein neues Ministerium zu gründen und draufzusatteln, das war nicht die Problemlösung. Es hilft auch nicht, pressewirksam Schlachthöfe und Tierkörperbeseitigungsanstalten aufzusuchen, um im Zweifelsfall festzustellen – und das ist für mich das Bedrückendste –, dass eigentlich immer die anderen zuständig und verantwortlich sind. So sind nach Ihren Ausführungen der Bezirk, die Landratsämter zuständig, deren Kompetenz offensichtlich der Zuständigkeit untergeordnet wird. Sie haben es in der Hand, die Strukturen so zu gestalten – und das verlangen wir –, dass die Kontrollen tatsächlich wirksam durchgeführt
werden können. Ihre Beteuerungen erinnern manchmal zumindest an zwei der drei Affen: nichts sehen und nichts wissen, nichts hören. So kann es nicht weitergehen.
Herr Kollege Kobler, der heute sehr moderat die Verteidigung übernommen hat, hat im Ausschuss gesagt, dass Westheim klar im Prospekt drin steht. Das Ministerium hätte seine Sorgfaltspflicht wahrnehmen und dies kontrollieren müssen.
Ich frage mich, nach welchen Kriterien die Labors die Genehmigungen überhaupt bekommen. Sie waren doch in der Schweiz und haben erfahren, wie sensibel dieser Bereich ist. Es ist selbstverständlich, dass die Tests von qualifiziertem Personal durchgeführt und auch die Kapazitäten geprüft werden müssen. Das ist doch bekannt, es wurde aber offensichtlich nicht so gehandhabt. Es wurde nicht einmal überschlagen, ob ein Labor wie Milan mit der vorhandenen Kapazität diese Tests durchführen kann. Das ist ein eklatantes Versagen der Kontrolle. Man kann doch nicht nur nach Aktenlage Genehmigungen erteilen, ohne dass man nachprüft, ob Anspruch und Wirklichkeit übereinstimmen. Anspruch und Wirklichkeit klafften in diesem Fall weit auseinander, denn die hoch gelobten staatlichen Prüfungen haben nicht gegriffen. Jetzt greifen die staatsanwaltschaftlichen Prüfungen. Die Staatsanwaltschaften haben zwei weitere Labors entdeckt, in denen offensichtlich nicht ganz so ordnungsgemäß getestet wird, wie es immer behauptet wird. Dazu haben Sie auch noch kein Wort verloren, Herr Minister.
Ich habe schon zu Anfang der BSE-Krise gesagt, dass es wirklich ärgerlich ist, dass immer wieder auf andere gezeigt wird, anstatt die eigenen Fehler anzuerkennen und Abhilfe zu schaffen. Es ist doch lächerlich zu sagen, Milan habe nicht mitgearbeitet und Südfleisch sei nicht kooperativ gewesen. Wir haben anlässlich der BSEKrise verlangt, dass im vorgelagerten und im nachgelagerten Bereich genauso wie bei den Bauern kontrolliert wird; denn diese sind immer die Letzten in der Kette.
In diesem Sinne will ich noch meinen letzten Satz sagen: Wem schadet denn der neuerliche Skandal? Das gerade aufgebaute Vertrauen ist futsch, der Export bricht zusammen, und die Bauern haben wieder das Nachsehen. Gerade das ist doch das wirklich Erschütternde.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon erstaunt darüber, mit welch vollmundigen Anschuldigungen Sie, Herr Dr. Dürr, vorher das Verbraucherschutzministerium konfrontiert haben. Dabei hat doch das Verbraucherschutzministerium in Berlin erst vor kurzem Tatbestände offensichtlich wissentlich und absichtlich verschwiegen. Sie haben hier überhaupt keinen Grund, Anschuldigungen zu machen. Fordern Sie, dass der Laden in Berlin in Ordnung kommt.
Vor gut einem Jahr hat die Opposition umfangreiche Konsequenzen bezüglich der BSE-Krise eingefordert. Bayern hat gehandelt. Zum Schutze der Verbraucher und zur Hilfe für die Bauern wurde ein 600-Millionen-Programm aufgelegt.
Was haben Sie in Berlin getan? Nichts, aber rein gar nichts, außer dass Sie Ankündigungen gemacht haben. Wenn Frau Künast so weitermacht, wird aus der Agrarwende für unsere bäuerliche Landwirtschaft ein Agrarende.
Für mich stellt sich die Frage, warum Milan sich bei den Ermittlungen in Westheim so destruktiv verhalten hat. Warum hat man nicht frühzeitig unter Beweis gestellt, dass fachlich einwandfrei getestet wurde? Bei so sensiblen Bereichen müssen wir natürlich entsprechend konsequent handeln. Ich warne aber gleichzeitig vor Überreaktionen. Ich wehre mich dagegen, dass letzten Endes unsere Bauern wieder völlig unverschuldet die Zeche zahlen müssen.
(Starzmann (SPD): Der Gröber hat doch Südfleisch die Schuld gegeben! Aus Ihren Reihen kommen doch die Anschuldigungen der Bauern! Pfeifen Sie doch den Gröber zurück!)
Herr Starzmann, wir haben letzte Woche im Agrarausschuss ausführlich darüber diskutiert. Auch Südfleisch hat eine Eigenverantwortung.
Wenn sichergestellt werden kann, dass das Fleisch, welches in Westheim geprüft wurde, keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher darstellt, reicht es vollkommen aus, dass nur das Fleisch von Proben mit Unzulänglichkeiten beschlagnahmt wird.
Im Übrigen werden in der Schweiz nach wie vor nur Stichproben genommen, weil bis dato im Muskelfleisch noch nie Erreger festgestellt werden konnten. Wir haben ein vielfach gesichertes Kontrollsystem. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.
Frau Lück, Sie müssen zugeben, dass das Ministerium in der Tat schnell und umfangreich reagiert hat.
Sie stellen diese Reaktionen in Frage. Was sollen wir tun? Sie fordern genau das Gegenteil von dem, was Dr. Dürr vorhin in seinem Antrag formuliert hat.
Meine Damen und Herren, menschliches Versagen oder gar Fehlverhalten kann auch durch ein noch so dichtes Kontrollnetz nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden. Das müssen wir ehrlich zugeben.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Sinner, die Verantwortung Ihres Hauses ist eindeutig gegeben. Wer hat aber die Krise verursacht? Dazu gehören zwei. Renate Künast hat es deutlich gesagt. Sie hat zwei verantwortlich gemacht, die Staatsregierung und Südfleisch, also den Auftraggeber.
Südfleisch hat die Aufklärung verweigert. Das hat der Minister ziemlich deutlich gemacht. Wir hätten uns allerdings schneller Konsequenzen gewünscht. Wegen der Strukturen, die Sie geschaffen haben, sind Sie natürlich auch dafür verantwortlich, dass es Löcher im Netz gab, durch die man hindurchschlüpfen konnte. Bei Ihnen weiß offensichtlich die eine Hand nicht, was die andere tut. Deswegen meinen wir auch, dass die Kontrolle in eine Hand gehört.
Mich verwundert es allerdings ein bisschen, dass die SPD zuvorderst an die Interessen der Fleischwirtschaft denkt. In erster Linie will sie Schaden von der bayerischen Fleischwirtschaft abwenden, und das erkläre ich mir damit, dass sie die wenigen Informationen, die sie
überhaupt hat, von der Südfleisch bekommen hat. Einen anderen vernünftigen Grund dafür kann ich mir nicht vorstellen, und dies umso weniger, als Minister Sinner ja deutlich gemacht hat, dass Südfleisch kein Interesse am Verbraucherschutz gezeigt und die Aufklärung verweigert hat. Ich verstehe nicht, wie Sie sich zur Verteidigung dieser Genossenschaft aufschwingen können. Das ist mir ein Rätsel. Uns liegen die Interessen der Bauern und der Verbraucher am Herzen und nicht die der Fleischwirtschaft.
Wir haben auch kein Problem damit, wenn man das Fleisch hinterher nachqualifiziert und sich darüber einigt, was man damit macht. Zunächst einmal muss es aber sichergestellt werden. Das ist doch sonnenklar, und das fordert auch unser Antrag. Erst einmal muss es sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen werden, und dann können wir darüber reden, was wir damit machen. Solange wir aber alles weiterlaufen lassen, können wir nicht entscheiden, was wir damit machen.
Für uns stellt sich die Frage, wie ein so großes Monopol überhaupt entstehen konnte. Mich beunruhigt, dass Milan 70% der bayerischen Tests durchführte und von Südfleisch so abhängig war, denn das war offensichtlich ihr einziger großer Kunde. Bei einem solchen Monopol bestehen natürlich große Gefahren. Hier gab es weder vom Markt noch vom Staat eine Kontrolle. Dabei ist das Versagen Ihres Ministeriums leider offenkundig, Herr Minister.
Im Einsatz für die Fleischwirtschaft sehen wir eine unheilige Allianz aus Bauernverband, SPD und großen Teilen der CSU. Aufgefallen ist mir bei den Ausführungen des Herrn Ministers zum Verbraucherschutz, dass die CSU dem Minister den Beifall verweigert hat. Auch Herr Brunner hat wieder nur von mir Beifall bekommen, als er von der Eigenverantwortung der Südfleisch gesprochen hat. Mich wundert, dass Sie den Minister hier im Regen stehen lassen. Wir fragen uns, wo uns der Minister mehr nützt. Momentan nützt er uns als Stachel im Fleisch von CSU und Agrarlobby wesentlich mehr, als wenn er zurücktreten würde. Er muss nur aufpassen, dass er nicht stumpfer wird, als er es ohnehin schon ist.