Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eben schon deutlich geworden, dass Staatsminister Sinner heute einen sehr schwachen Eindruck hinterlassen hat, obwohl er unter der besonderen Beobachtung des Ministerpräsidenten stand.
Herr Staatsminister Sinner, wer hier einen so schwachen Auftritt hat und die Bewerbungsrede des Herrn Kollegen Brunner über sich ergehen lassen musste, dem müsste
eigentlich klar geworden sein, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die rote Karte gezeigt wird.
Sie haben vorhin einen Vorwurf gegen unseren Fraktionsvorsitzenden Franz Maget erhoben, er habe gestern erhaltene Informationen noch nicht an Sie weitergereicht.
Sie haben nicht das geringste Recht, einen solchen Vorwurf zu erheben; denn Sie haben über vier Wochen lang, nämlich vom 14. Dezember 2001 bis zum 13. Januar 2002, nicht reagiert. Sie haben vier Wochen lang gebraucht, um das Milan-Labor in Westheim schließen zu lassen.
Besser hätten Sie uns gar nicht aufzeigen können, wie weit bei Ihnen Anspruch und Wirklichkeit auseinander liegen. Sie haben kein Recht dazu, Kollegen Maget so zu kritisieren, wie Sie es vorhin getan haben.
Ohne Zweifel muss geklärt werden, wo Sorgfaltspflichten bei der Aufsicht über Milan oder Südfleisch verletzt worden sind.
Wer wie Sie öffentlich mit dem Finger auf ein Unternehmen mit 4000 Arbeitsplätzen zeigt, der muss wissen, dass drei Finger auf ihn selbst zeigen, Herr Minister Sinner.
Ich will Ihnen das deutlich machen. Es war wirklich von Anfang an erkennbar – die amtlichen Veterinäre hätten das erkennen müssen –, dass die vorgelegten Befunde von Milan in Westheim und nicht von Milan in Passau stammten. Das Labor in Westheim war nicht auf der Liste der 25 zugelassenen Labors verzeichnet. Es stellt sich die Frage, weshalb es trotz der Schließung des Labors bis zum 10. Januar gedauert hat, bis das Fleisch als nicht mehr verkehrsfähig abgestempelt wurde. Über vier Wochen wurde es als verkehrsfähig abgestempelt.
Zu klären ist auch – diese Frage ist noch nicht angesprochen worden – welche Rolle der Regierungsveterinär des Freistaates, Herr Dr. Höhne, in diesem Skandal spielt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dem Regierungsveterinär angesichts der Konzentration der Labors verborgen geblieben ist – es war nicht einmal eine Handvoll, die die Tests durchgeführt haben –, dass ein so großer Partner wie Milan einen Zweigbetrieb in Westheim eröffnet.
Wenn Ihr Haus mit der nötigen Sorgfalt die Kontrolle und Überprüfung wahrgenommen hätte, dann hätte es diesem Regierungsveterinär nicht verborgen bleiben können, dass zwischenzeitlich ein Zweigbetrieb eröffnet worden ist.
Ich will noch einmal auf Ihren nach meiner Meinung verantwortungslosen Umgang mit Südfleisch in der Öffentlichkeit zu sprechen kommen. Sie wissen ganz genau, welchen zentralen Stellenwert dieses Unternehmen für die Fleischversorgung in Bayern und für die Landwirtschaft hat. Sie wissen auch, wie schwierig die Marktposition dieses Unternehmens im internationalen Wettbewerb ist.
Sie haben noch zu erklären, welche staatlichen Veterinäre bei Schulungen im Labor in Westheim teilgenommen haben. Es gibt noch eine Menge aufzuklären. Sie haben deutlich zu machen, ob Sie Ihren Laden im Griff haben und ob Sie Ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gleich eingangs sagen, dass wir die beiden Dringlichkeitsanträge ablehnen. Das, was in den Dringlichkeitsanträgen aufgeführt ist, war zum großen Teil bereits Gegenstand der Diskussion im Landwirtschaftsausschuss. Staatsminister Sinner hat dort auf alle Fragen ausführlich Antwort gegeben. Bei der Diskussion im Ausschuss ist auch deutlich geworden, dass alles, was im Interesse des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit notwendig war, getan wurde.
Herr Dr. Dürr, die Anschuldigungen gegen Staatsminister Sinner und gegen die Staatsregierung darf ich namens der CSU-Landtagsfraktion mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Ich stelle fest, dass Staatsminister Sinner bei einer nicht leichten Aufgabe hervorragende Arbeit geleistet hat. Er genießt deshalb unser volles Vertrauen.
Nachdem über das Labor Milan in Westheim so viel diskutiert worden ist, möchte ich ein anderes Thema ansprechen: nämlich den Verbraucherschutz und die Nahrungsmittelsicherheit. Das hat auch etwas mit Landwirtschaft zu tun. Das Thema der Aktuellen Stunde heißt „Bayern – BSE-Land Nummer 1“. Herr Dr. Dürr, ich habe in Ihrem Beitrag überhaupt nichts von der Landwirtschaft gehört, ebenso wenig von Frau Künast bei ihrer Eröffnungsrede zur Grünen Woche in Berlin. Was Frau Künast als Landwirtschaftsministerin bisher geleistet oder nicht geleistet hat, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN und der SPD, das ist in der „Abendzeitung“ vom 24. Januar 2002 nachzulesen. Ihr Vorgänger Funke wird unter der Überschrift „Funke rechnet mit Künast ab“ zitiert. Lesen Sie das einmal nach. Das ent
Fragen Sie auch einmal, was von der mit viel propagandistischem Aufwand betriebenen Agrarwende übrig geblieben ist. Es ist nichts als die nüchterne Erkenntnis übrig geblieben: Konzepte und Programme fehlen, eine Abstimmung auf europäischer Ebene mit den europäischen Partnern gibt es bisher nicht.
BSE ist kein bayerisches oder deutsches Problem, sondern es ist ein europäisches, ja ein weltweites Problem.
Je mehr man auf BSE testet, desto mehr BSE-Fälle findet man – leider. Man hat vor kurzem auch in Japan die ersten BSE-Fälle gefunden. Genaue Kenntnis darüber, warum etwa jeder zweite BSE-Fall in Bayern zu verzeichnen ist, haben wir bisher nicht. Wir wissen nur, dass in den Grünlandgebieten im Schwäbischen, in Oberbayern und in der Oberpfalz gehäuft Fälle auftreten.
Wir wissen, dass bei den Geburtsjahrgängen 1995/96 vermehrt Fälle zu verzeichnen sind. Es mag sein, dass Milchaustauscher, die damals verfüttert wurden, eine Erklärung dafür sind. Einen genauen Nachweis gibt es dafür bisher nicht.
Ich darf darauf hinweisen, dass Bayern die Kohortenkeulung eingeführt und vorangebracht hat. Es hat lange gedauert, bis man sich auch auf Bundesebene dieser Lösung angeschlossen hat. Die Bereitschaft der Landwirte zur Anzeige von Verdachtsfällen konnte damit deutlich erhöht werden. Die Mitarbeit bei der Früherkennung von BSE ist meiner Meinung nach ein wichtiger Beitrag zum Verbraucherschutz. Unser Ziel muss es sein, verdächtige Tiere bereits vor der Schlachtung von den anderen Tieren zu trennen. Ich meine, dass wir diesem Ziel ein ganzes Stück näher gekommen sind.
Ich möchte mich bei Staatsminister Sinner und bei der Veterinärverwaltung für die gute Arbeit bei der Aufklärung, die sie geleistet haben, herzlich bedanken.
Herr Kollege Maget, zur Bewältigung der BSE-Krise hat Bayern mehr als der Bund und als alle anderen Länder getan. Ich will hier einige Punkte nennen: Wir haben sofort ein Notstandsbeihilfeprogramm für die betroffenen Landwirte geschaffen. Wir haben ein Liquiditätshilfeprogramm für die sehr stark betroffenen Rindermäster aufgelegt; hier liegen über 4300 Anträge vor. Wir haben ein Sonderprogramm zur Entsorgung von Futtermitteln und für eine Entschädigung dafür aufgelegt. Wir geben Zuschüsse für die regionale Vermarktung und die Förderung des ökologischen Landbaus. Hier wird Bayern mit Sicherheit seinen Beitrag leisten, um den ökologischen Landbau voranzubringen. Der Herr Ministerpräsident hat
uns als Zielgröße einen Anteil von 10% vorgegeben. Wie schnell wir diese erreichen, kann niemand sagen. Wir haben unseren Beitrag zur Beseitigung von Risikomaterial geleistet.
Herr Präsident, ich komme gleich zum Schluss. Die Einführung neuer Schlachttechniken trägt zur Erhöhung der Sicherheit bei und ist von Bayern vorangebracht worden.
Insgesamt kann man sagen, dass das, was von Bayern aus gemacht werden musste, auch gemacht worden ist. Ich darf noch einmal sagen, dass Herr Minister Sinner auch weiterhin unsere Solidarität und unsere Unterstützung genießt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gröber und Herr Loscher, haben Sie eine Rednerschulung gemacht? Sie sind ja begnadete Redner. Wenn Herr Sinner einen Fehler macht, beschimpft Herr Gröber Südfleisch, und Herr Loscher redet über BSE in Japan.
Das sind die Verteidigungslinien, mit denen man vom Problem ablenkt. Ich bin noch einmal hierher an das Rednerpult gekommen, weil ich keine Legenden aufkommen lassen möchte. Herr Sinner, es stimmt nicht, dass wir Sie dafür kritisieren, dass Sie das Labor geschlossen haben. Sie hätten besser zuhören müssen. Ich habe gesagt, eine Überprüfung und die Schließung des Labors waren veranlasst. Ich habe hier auch erklärt, dass Milan schuld ist.
Die Frage, die wir jetzt hier als Parlament zu erörtern haben, muss doch lauten: Was war vorher? Warum ist es dazu gekommen? Warum hat Herr Sinner seine Hausaufgaben nicht gemacht und diese Labors überprüft?
Was geschah nach dem Verbot dieses Labors? Da ist Herr Sinner in den Landwirtschaftsausschuss gekommen und hat erklärt, das Fleisch sei definitiv nicht verkehrsfähig, weil es in einem nicht zugelassenen Labor getestet wurde.