Sechstens geht es – in diesem Punkt sind wir uns vielleicht einig; wir können das hier noch klarmachen – um die Liberalisierung bzw. Privatisierung der Wasserversorgung und der kommunalen Abfallversorgung. Diese sollte nicht weiter vorangetrieben werden, auch entgegen mancher Bestrebungen der EU. Ich denke, an diesem Thema müssen wir gemeinsam dranbleiben.
Siebtens begrüßt der Umweltrat die Agrarwende und insbesondere alle Initiativen für artgerechte Tierhaltung, für ökologischen Landbau und den Einstieg in die Modulation. Ich meine, auch diesbezüglich sollte in die bayerische Agrarpolitik endlich Ehrlichkeit einkehren. Sie sollten in Ihrer Politik mit zum Ausdruck bringen, dass genau diese Schritte zum Vorteil der bayerischen Landwirtschaft und zum Vorteil der bayerischen Bäuerinnen und Bauern sind.
In diesem Zusammenhang ist auch der Appell des Umweltrates an die Länder zu sehen, dass das Bundesnaturschutzgesetz zügig umgesetzt werden soll, dass es nicht blockiert werden soll. Das bayerische Naturschutzgesetz soll zügig angepasst werden. Die Vorteile gerade für Natur und Landwirtschaft – gute fachliche Praxis, vernünftige Landschaftsplanung, Biotopverbund – sollen auch für Bayern in vollem Umfang wirksam werden.
Der achte Punkt betrifft die Abfallpolitik, ein Punkt, dem wir nach meiner Meinung auch in Bayern größte Aufmerksamkeit zuwenden müssen. In der Tat ist es nämlich so, dass unter dem Deckmantel der Abfallverwertung inzwischen Umwege für Abfälle gefunden wurden, die nicht zum Vorteil der Umwelt sind. Wir müssen Teilbereiche der Abfallverwertung, zum Beispiel Verwertung in Zementwerken und in der Müllverbrennung, kritisch untersuchen und steuern. Verwertung darf es nur dann geben, wenn ökologische Vorteile für Natur und Umwelt erkennbar sind. Dies kann auch heißen, dass manchmal eben die Beseitigung der Verwertung vorzuziehen ist.
Betrachten wir, was bei der Sondermüllverwertung passiert, sehen wir, dass wir in Bayern einen ganz großen Handlungsbedarf haben.
Wir wissen – wir nehmen das auch sehr ernst –, dass die Rahmenbedingungen, die derzeit Abfallverwertung auf Kosten der Natur möglich machen, schärfer zu fassen und zu novellieren sind. Da ist die Gewerbeabfallverordnung zu nennen, da ist die Abfallablagerungsverordnung zu nennen und grundsätzlich auch die Klärschlammverwertung. Hinsichtlich dieser Punkte werden wir uns mit der bayerischen Umweltpolitik auch sehr kritisch auseinandersetzen müssen.
Der Umweltrat sagt beispielsweise ganz klar, dass die Klärschlammverwertung zum Teil durchaus in der Landwirtschaft verbleiben soll – ein Punkt, den die Bayerische Staatsregierung schon völlig aufgegeben hat. Die Klärschlammverordnung soll aber schärfere Grenzwerte erhalten. Sie soll ein breiteres Spektrum an Schadstoffen einbeziehen. Dann ist allerdings zum Teil – hier wird geschätzt – zu zwei Drittel die Verwertung in der Landwirtschaft beizubehalten. All dies sind Punkte, die unbedingt in die Debatte eingebracht werden müssen.
Ich freue mich, dass das Umweltgutachten vorliegt. Es enthält auch durchaus kritische Anmerkungen zu manchen Entwicklungen auf Bundesebene. Darüber werden wir zu diskutieren haben. Es ist ein engagiertes und kompetentes Dossier, das in unsere Umweltpolitik einfließen muss.
Erlauben Sie mir eine Anmerkung. Sie werden dazu Wortbeiträge bringen. Ich nehme an, Sie werden auf das Dosenpfand eingehen. Der Sachverständigenrat hat das Dosenpfand in der Tat kritisiert. Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts soll es trotzdem beibehalten werden. Ich möchte von Ihnen wissen: Sind Sie für eine Abgabe auf Dosen? Falls ja, stellen Sie sich hin und sagen Sie: Ja, wir sind für eine Abgabe auf Dosen, auf umweltschädliche Getränkeverpackungen.
Gut; dann warte ich auf das, was Ihr Kandidat zu diesem Punkt bringen wird. Wir jedenfalls sagen: Wir werden keine Steuererhöhung vornehmen.
Wir werden keine Abgabe einführen. Wir wollen das Pfandsystem aus zwei ökologischen Gründen: Damit werden die Büchsen eingesammelt, aus der Landschaft entfernt und zurückgebracht, und es gibt eine gewisse stoffliche Verwertung. Aus diesen Gründen spricht sich die Bundesregierung für das Pfand aus.
Sie wären gut beraten, diesen Punkt zu unterstützen. Insgesamt wollen wir GRÜNE diesen Antrag in den Ausschuss überwiesen haben; denn dort müssen wir eine intensive Debatte führen.
Nein, nein, nicht gleich ablehnen; es wäre wirklich schade um die breite inhaltliche Palette, die dieser Antrag enthält. Wir bitten also um Überweisung.
Ich habe das kurz ausgeführt; Sie können sicher sein, dass man das wesentlich länger machen könnte. Ich denke, wir sollten genau auf der Grundlage dieses Gutachtens eine qualifizierte Debatte führen und dann Konsequenzen für die bayerische Umweltpolitik ergreifen.
Normalerweise werden die Dringlichkeitsanträge hier verabschiedet, Frau Paulig. Als Nächster hat Herr Kollege Kaul das Wort.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sowohl an der Oberflächlichkeit Ihres Textes als auch Ihres Beitrages, verehrte Frau stellvertretende Vorsitzende, erkennt man, wie oberflächlich Sie nicht nur Politik machen, sondern Ihre Politik auch zu Papier bringen.
Ich habe meinen Augen nicht getraut. Ich will Ihnen den Grund dafür vorlesen, damit Sie das auch verstehen. Frau Paulig, interessanterweise haben Sie aus Ihrem Antrag nicht zitiert, weil Sie wahrscheinlich dessen Schwachstellen kennen. Deswegen zitiere ich jetzt. Der Antrag lautet: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, die Eckpunkte des Umweltgutachtes 2002 des Sachverständigenrates für Umweltfragen zur Grundlage der Umweltpolitik... im Bund zu machen...“
So lautet der Antrag. Mit diesem Antrag sollen wir, gleichwertig mit dem Bund, dafür sorgen, dass die Forderungen des Sachverständigenrates im Bund umgesetzt werden. Dann folgen die Forderungen des Sachverständigenrates. Meine Damen und Herren, es heißt hier ausdrücklich „Forderungen“. Forderungen stellt man normalerweise, wenn man mit einem Vorgang nicht einverstanden ist und Verbesserungen will. Der Sachverständigenrat hat der Bundesregierung einen dicken Packen mit vielen Seiten gegeben, auf denen Forderungen an die Bundesregierung für Themen formuliert sind, bei denen ein Defizit besteht.
(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben wir jetzt Deutsch oder debattieren wir über Inhalte?)
Wenn Sie in der Schule so schlecht aufgepasst haben und deshalb solche Anträge formulieren, muss ich Ihnen das sagen.
Jetzt kommen die Forderungen bezüglich der nationalen Vorreiterrolle in der Umweltpolitik, die Forderung nach einem CO2-Reduktionsziel, die Forderungen im Chemikalienrecht, zum Fluglärmgesetz, zur Liberalisierung des Wasser- und Abfallmarktes sowie Forderungen zur Agrarwende und zur Abfallverwertungspolitik. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Forderungskatalog der Sachverständigen ist aufgestellt worden, weil die Sachverständigen bei den von mir zitierten Themen ein Defizit festgestellt haben. Hier geht es nicht um ein Lobeslied. Wir haben momentan leider nicht die Langfassung, sondern nur eine Kurzfassung. Auch dem Umweltministerium liegt bislang nur die Kurzfassung vor. Diese Kurzfassung ist weiß Gott kein Lobeslied auf die Regierung, sondern die Feststellung von Defiziten.
Frau Kollegin Paulig, ich möchte Ihnen eine Formulierungshilfe geben. Zunächst müsste der Antrag an Herrn Trittin gerichtet werden, da es hier um ein Bundesthema geht. Der Antrag müsste lauten: Wir erwarten, dass du nun endlich bei den vom Sachverständigenrat angemahnten Themen tätig wirst und bitten die Staatsregierung, ihn dabei zu unterstützen. So müsste der Antrag eigentlich lauten.
(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie wäre es, wenn Sie einen eigenen Antrag stellten und diesen Antrag umformulierten?) – Hofmann (CSU) : Das ist eine gute Idee!)
Verehrte Frau Kollegin, entlarvend bei Ihrem Antrag ist das Fehlen der Verpackungsverordnung. Sie haben den Unterschied zwischen den Forderungen des Sachverständigenrates, Ihren Forderungen und dem, was Herr Trittin vorhat, festgestellt. Das sind drei verschiedene Dinge. Das hätten Sie in Ihren Antrag hineinschreiben müssen. Entlarvend ist, dass Sie das nicht getan haben. Sie haben lediglich in einem Satz am Ende Ihres Redebeitrags darauf hingewiesen. Sie wissen genau, dass das der Schwachpunkt ist.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der Veröffentlichung des Bundesministeriums für Umwelt und Reaktorsicherheit über den Inhalt des Sachverständigengutachtens fehlt genau der Passus über die Defizite der Verpackungsverordnung. Ich habe diese Presseveröffentlichung heute dabei. Warum ist das so? – Weil in der Kurzfassung des Sachverständigenrates Folgendes steht. Ich zitiere:
Der gegenüber Zwangspfand und Mehrwegquoten überlegene Weg zur Stützung der Mehrwegsysteme besteht darin, durch Erhebung einer entsprechend differenzierten Abgabe die mit den verschiedenen Getränkeverpackungssystemen verbundenen Umweltkosten direkt dem jeweiligen Verursacher anzulasten.
In dieser Feststellung des Sachverständigenrates steckt die Forderung, das Mehrwegsystem als prioritäre Aufgabe zu stärken. Außerdem steht noch drin, dass die Abgabe das Pfand ersetzen soll. Nun muss man wissen, dass Herr Trittin vor etwa einem Jahr, am 18. Mai 2001, im Bundesrat Folgendes gefordert hat. Ich zitiere:
Zukünftig wird nicht mehr zwischen Einweg- und Mehrweggetränkeverpackungen unterschieden, sondern zwischen ökologisch vorteilhaften und ökologisch nicht vorteilhaften Getränkeverpackungen.
Außerdem wird die bestehende Quotenregelung, die zwischen Marktsegmenten differenziert, durch eine unmittelbare Pfandpflicht für ökologisch nicht vorteilhafte Getränkeverpackungen in allen betroffenen Marktsegmenten ersetzt.
(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben doch schon darüber diskutiert, dass das ein Schmarrn ist!)
Der Sachverständigenrat fordert jedoch, die Mehrwegsysteme zu stärken. Frau Kollegin Paulig, jetzt lese ich Ihnen einen Antrag vor, den Sie noch vor vier Wochen gestellt haben. Darin heißt es:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, den Entschließungsantrag von Bayern an den Bundesrat für ein Mehrwegsicherungskonzept zurückzuziehen.
Der Sachverständigenrat fordert dieses Mehrwegsicherungssystem. Jetzt ist auch klar, warum Sie dieses Thema in Ihrem Antrag nicht erwähnen. Ich komme zum Schluss: Ich verstehe den Antrag der GRÜNEN als einen Hilferuf der hiesigen GRÜNEN an die Bayerische Staatsregierung.
Sie haben in diesem Antrag geschrieben „Die Staatsregierung möge“. Sie bitten die Bayerische Staatsregierung, Sie bei dem zu unterstützen, was Sie bei Ihrem Koalitionspartner nicht erreichen. Das ist ein Hilferuf.