Protokoll der Sitzung vom 18.04.2002

Ich bedanke mich bei den Mitgliedern meines Arbeitskreises, stellvertretend bei Herrn Kollegen Siegfried Schneider, für die vertrauensvolle konstruktive Zusammenarbeit. Vergelt’s Gott sage ich natürlich auch bei den Mitgliedern des Ausschusses und insbesondere Ihnen, lieber Herr Kollege Irlinger. Ich glaube, dass unsere Zusammenarbeit hinter den Kulissen wesentlich besser war, als wir sie nach außen darstellen konnten.

Ich bedanke mich bei der Staatsregierung für den kollegialen Umgang. Besonders bedanke ich mich bei Ihnen,

Frau Staatsministerin Hohlmeier, für unser ausgezeichnetes Verhältnis.

(Heiterkeit)

Ich habe gestern bei anderer Gelegenheit gesagt, dass es wohl kaum einen Arbeitskreis unserer Fraktion gibt, der ein so konstruktives und offenes Miteinander mit seiner Ministerin pflegt.

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Radermacher und Frau Kollegin Münzel warten auf einen Ländervergleich. Diesen Vergleich will ich Ihnen heute nicht schuldig bleiben. Ich beurteile unsere Bildungspolitik selbstverständlich ganz anders als Herr Kollege Irlinger. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, im Ländervergleich haben wir eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Fraktionen. Wir haben die beste Regierung und die bestmögliche Zusammensetzung des Parlaments.

(Heiterkeit)

Das sollte sich nicht ändern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen für Ihre weitere Arbeit alles erdenklich Gute. Gott segne dieses Haus. Herzlichen Dank für alles Positive, das Sie mir haben zukommen lassen.

(Allgemeiner Beifall)

Die Führungsriege aus dem Schulausschuss verabschiedet sich; dies ist schon ein harter Einschnitt. Wir verabschieden uns mit Trauer von Irlinger und Knauer.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ein Glück, dass wir noch Frau Münzel haben. Frau Münzel, nun sind Sie dran.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, Sie sagen es, ich bin noch nicht Landrätin. Deshalb halte ich eine Fortsetzungsrede und gehe nicht in die Breite, wie dies der Herr Vorsitzende getan hat, sondern beziehe mich vor allen Dingen auf den Gesetzentwurf.

Ich freue mich, Herr Kollege Knauer, dass Sie sich mit Blick auf den Ländervergleich wieder als sehr verlässlichen CSU-Kollegen gezeigt haben. Ehrlich gesagt, werde ich das vermissen. Ich hoffe, dass die CSU-Fraktion für die Ländervergleiche einen würdigen und verlässlichen Nachfolger findet; ansonsten fehlt uns irgendetwas.

(Herrmann (CSU): Das können wir zusagen!)

Nun zum vorliegenden Entwurf zur Änderung des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes. Dieser Entwurf – sozusagen ein Bauchladen: von jedem ein bisschen – enthält eine ganze Reihe unterschiedlicher Veränderungen.

In der Begründung des Gesetzentwurfs schreibt die Staatsregierung ganz lapidar: „Eine Reihe bildungspolitischer Entwicklungen und Fragen bedürfen der schulrechtlichen Umsetzung durch den Gesetzgeber.“ Die bildungspolitischen Entwicklungen der letzten Jahre waren enorm. Dagegen ist der Gesetzentwurf äußerst dürftig. Er entspricht dem obigen Anspruch nicht, diese bildungspolitischen Entwicklungen wirklich umzusetzen.

Herr Kollege Knauer, ich bin nicht Ihrer Meinung, dass dies ein Meilenstein sei. Diese Änderungen des Gesetzentwurfs sind kein großer Wurf und geben keine Antwort auf die Probleme, die bereits im Armutsbericht, in der TIMSS-Studie und jetzt in der PISA-Studie genannt werden. Der Gesetzentwurf gibt nicht einmal eine befriedigende Antwort auf die Frage nach der Integration, die sowohl Frau Ministerin Hohlmeier als auch Herr Kollege Knauer bei der Ersten Lesung in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt haben.

Über die Integration der Behinderten, auf die ich etwas genauer eingehen möchte, haben wir sehr intensiv gesprochen. Im Laufe dieser Diskussionen hatte ich manchmal den Eindruck, man könnte auch mit der CSUFraktion einen wirklichen Fortschritt erzielen, wir könnten hier wirklich eine Mauer durchbrechen und einen großen Schritt nach vorne tun. Aber das, was mir hier vorgelegt wird, kann ich nur mit den Satz beschreiben: Ein Berg hat gekreißt und ein Mäuschen wurde geboren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die uns heute vorliegenden Vorschläge können in keiner Weise zufrieden stellen. Ich zitiere Ihnen zur Integration den entscheidenden Satz:

Ein Schüler kann aktiv am gemeinsamen Unterricht der allgemeinen Schule teilnehmen, wenn er dort gegebenenfalls, unterstützt durch Maßnahmen des Artikel 21 Abs. 3 BayEUG, überwiegend in der Klassengemeinschaft unterrichtet werden, den verschiedenen Unterrichtsformen der allgemeinen Schulform folgen und dabei schulische Fortschritte erzielen kann sowie sozial integrierbar und gemeinschaftsfähig ist.

So wird zwar nicht mehr vom lernzielgleichen Lernen gesprochen; dies war in unseren Diskussionen immer der Streitpunkt. Aber Voraussetzung für die Integration ist nun die aktive Teilnahme und die Möglichkeit für das Kind, schulische Fortschritte zu erzielen. Allerdings wird im Gesetzentwurf nicht gesagt, an welchem Maßstab diese Fortschritte gemessen werden und was letztlich aktive Teilnahme sein soll.

Wenn nicht festgeschrieben wird, dass diese Fortschritte an dem individuellen Lehrplan zu messen sind, der dem sonderpädagogischen Förderbedarf des Kindes entspricht, fehlt letztlich für einen lernzieldifferenten Unterricht die rechtliche Grundlage, und dann sind wir bei unseren Bemühungen zur Integration keinen Schritt weiter gekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beim Lesen des Gesetzentwurfs stellte ich fest, wir sprechen zwar nicht mehr von Lernzielgleichheit, praktizieren sie aber weiterhin.

Was ist von der Einschränkung „sozial integrierbar“ und „gemeinschaftsfähig“ zu halten? Am runden Tisch mit der Behindertenbeauftragten der Staatsregierung, Frau Stein, wurde das Beispiel des autistischen Kindes genannt. Kann es integriert werden oder nicht? Wir waren einhellig der Meinung, dass hier ein Wechsel der Blickrichtung stattfinden müsse; denn nicht das Kind muss integrierbar sein, sondern die Schule muss integrativ sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Knauer, Sie haben einen sehr wunden Punkt des Gesetzentwurfs angesprochen; denn alle Begehren stehen unter dem Finanzierungsvorbehalt, ihnen wird im Rahmen der verfügbaren Mittel und Stellen entsprochen. Das heißt, es ist eine konzeptionelle Veränderung im Schulsystem geplant – auch vom Paradigmenwechsel war die Rede –, allerdings darf sie nichts kosten. Ich erinnere Sie an eine andere konzeptionelle Änderung in unserem Schulsystem, bei der diese Frage so nicht gestellt wurde, nämlich die Einführung der sechsstufigen Realschule, die nie unter den Finanzierungsvorbehalt gestellt wurde. Es war vielmehr der politische Wille, dass dieser Systemwechsel stattfindet. Dann sind die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt worden. Man stelle sich die damalige Diskussion über die sechsstufige Realschule unter dem Finanzierungsvorbehalt vor. Schon allein diese Tatsache macht deutlich, dass die Staatsregierung kein großes Interesse daran hat, die Integration behinderter Kinder wirklich voranzubringen. Herr Kollege Knauer, Sie haben in Richtung Haushaltsausschuss ein sehr deutliches Wort gesprochen. In Abwandlung des Spruches „Ihr Wort in Gottes Ohr“, möchte ich sagen: Ihre Worte in der Haushälterinnen und Haushälter Ohren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Frau Abgeordneten Werner-Muggendorfer (SPD))

Aber es kommt nicht nur von Seiten der Opposition Kritik an dem Teil des Gesetzentwurfs zur Integration. Auch die Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, Frau Stein, hat in der Öffentlichkeit deutlich Kritik geübt. Es ist sehr bedauerlich, dass weder ihre Vorschläge noch die Vorschläge des runden Tisches in die Gesetzesvorlage Eingang gefunden haben.

Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zum Gesetzesverfahren sagen. Der sehr umfangreiche Gesetzentwurf ist den Verbänden – allerdings mit einer äußerst kurzen Frist – zur Stellungnahme zugegangen. Aufgrund der Intervention einiger Verbände wurde die Frist zwar bis zum 16.04.2002 verlängert. Allerdings sind diese Stellungnahmen wirkungslos; denn zu diesem Zeitpunkt hatte das Kabinett den Gesetzentwurf schon längst beraten, und zwei Tage später wird der Gesetzentwurf hier in Erster Lesung beraten. Mir ist kenne keine einzige Änderung bekannt, die aufgrund der Stellungnahmen der Verbände zwischen dem 16.04. und

dem heutigen Tag vorgenommen worden wäre. Dies ist außerordentlich bedauerlich, da der Sachverstand der Verbände und des runden Tisches der Qualität des Gesetzentwurfs wirklich gut getan hätte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erwarte deshalb von der CSU in den Beratungen der Ausschüsse wirklich Offenheit und auch die Bereitschaft, im Gesetz Änderungen vorzunehmen.

Meinen beiden Noch-Vorsitzenden wünsche ich in ihrem Amt als Landräte eine glückliche Hand.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Münzel. Mit Ihrem Beitrag ist die Aussprache geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 2 d

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Landeswahlgesetzes (Drucksache 14/9153)

Erste Lesung –

Wird der Gesetzentwurf vonseiten der Staatsregierung begründet? – Nein. Haben wir Wortmeldungen? – Auch das ist nicht der Fall. Dann schlage ich vor, im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 2 e

Antrag der Staatsregierung

Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (Drucksache 14/9103)

Erste Lesung –