Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Hier gilt eine Redezeit von 30 Minuten pro Fraktion. Ich erlaube mir den zielführenden Hinweis, dass diese Redezeit natürlich nicht ausgeschöpft werden muss. Erster Redner ist Herr Kollege Dr. Hahnzog.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sollten mich so gut kennen, Herr Präsident, und daher wissen, dass ich bei solchen Punkten nicht überziehe.
Was wollen wir mit diesem Gesetzentwurf? Wir wollen die Arbeit des Obersten Rechnungshofes, welche wir schätzen, noch verbessern. Wie ist jetzt die Situation? Der Oberste Rechnungshof ist autonom. Er prüft das, was er für prüfungsbedürftig hält. Es gibt aber auch eine Bestimmung in Artikel 88 der Bayerischen Haushaltsordnung, wonach der Oberste Rechnungshof auf Ersuchen des Landtags oder auf Ansuchen der Staatsregierung Fragen zu begutachten hat, die von dort an ihn herangetragen werden. Wir meinen, dass dies zu eng gefasst ist und dass diese Bestimmung der Kontrollfunktion des Rechnungshofes gegenüber der Staatsregierung nicht gerecht wird. Die Kontrolle muss in einem Parlament immer zusammen mit der Opposition geschehen. Deswegen möchten wir, dass diese Ansuchen an den Obersten Rechnungshof auch von qualifizierten Minderheiten, nämlich von einem Fünftel der Mitglieder des Landtags, gestellt werden können. Der Oberste Rechnungshof ist allerdings nicht automatisch verpflichtet, darauf zu reagieren. Diese Vorschrift soll vielmehr eine Soll-Vorschrift werden – und zwar auch hinsichtlich der Staatsregierung. Das haben wir im Laufe der Beratungen etwas modifiziert.
Vom Rechnungshof wird gegen unseren Gesetzentwurf eingewandt, dass schon durch die bestehende Regelung die Unabhängigkeit des Rechnungshofes tangiert sei, weil von anderer Seite gewisse Mechanismen ausgelöst werden können. Ich teile diese Bedenken nicht. In einem demokratischen Staat gibt es nicht die ganz strikte Gewaltenteilung oder Trennung zwischen Funktionen. Es gibt vielmehr immer Querverbindungen zwischen den einzelnen Institutionen. Deswegen könnte mit einer Sollvorschrift die Situation, welche bisher von einer strikten Bindung geprägt war, sogar verbessert werden.
Gleichzeitig glauben wir aber auch, dass eine Erweiterung dieser Rechte überfällig ist. Wir haben im Jahr 1998 eine Verfassungsänderung vorgenommen, in deren Rahmen in einem neuen Artikel 16 a der Bayerischen Verfassung die Opposition erstmals als wichtiger Bestandteil der parlamentarischen Demokratie bezeichnet wird. Dies hat natürlich auch Folgewirkungen. Im Absatz 2 des neuen Artikels 16 a heißt es, dass die Fraktionen, die eben nicht die Staatsregierung stützen, das Recht „auf ihrer Stellung entsprechende Wirkungsmöglichkeiten in Parlament und Öffentlichkeit“ haben müssen. In diesem Sinne haben wir gemeinsam der Opposition mehr Rechte bei den Untersuchungsausschüssen eingeräumt. Wir haben die Enquete-Kommissionen eingeführt, welche auf Antrag einer Minderheit eingesetzt werden müssen, damit wir nicht immer auf Kommissionen der Staatsregierung angewiesen sind. Schließlich haben wir auch das Recht, Sachverständigenanhörungen zu verlangen, als Minderheitenrecht ausgestaltet. Jetzt fehlen noch zwei Punkte, das eine ist der Oberste Rechnungshof, das andere ist der nächste Tagesordnungspunkt, das Petitionsrecht. In diesem Zusammenhang bitte ich diesen Gesetzentwurf zu sehen. Die CSU vergäbe sich wirklich nichts, wenn sie das, was sie damals bei der Verfassungsreform mitgetragen und verkündet hat, auch dann mitträgt, wenn es einmal zur Nagelprobe kommt. Das ist der Sinn dieses Gesetzentwurfes. Ich bitte um Zustimmung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um den Rechnungshof. Wir alle wissen, dass der Rechnungshof gerade für den Landtag eine wichtige Institution ist. Er ist für uns ein Mittel der Unterstützung, um Vorgänge und die Verwaltung zu kontrollieren. Von der Arbeit in den Ausschüssen aber auch von den Berichten, die der Rechnungshof vorgelegt hat, wissen wir, wie wichtig diese Tätigkeit ist, weil es leider immer wieder zu Verwendungen von Fördermitteln kommt, die nicht, wie das sein müsste, ordnungsgemäß belegt sind. Aus diesem Grunde sind wir immer wieder gehalten, Korrekturen und Änderungen vorzunehmen. Bei wichtigen Fragen gibt der Rechnungshof Hinweise. Diese Aufgaben wollen und sollen wir nicht einschränken. Deshalb, Herr Kollege Dr. Hahnzog, haben wir an Sie die Bitte, dem Rechnungshof diesen Spielraum zu belassen.
Wir sollten ihm keine unnötigen Beschäftigungsaufträge geben. Der Ehrgeiz, in bestimmten Wahlperioden die Zahl der Untersuchungsausschüsse zu steigern, lässt das aber vermuten. Der Untersuchungsausschuss zum Deutschen Orden beispielsweise wird nichts aufdecken, trotzdem wird er gemacht, weil man glaubt, dies könnte ein Thema sein.
Wir wollen nicht, dass der Rechnungshof geführt wird, sondern wir wollen, dass er unabhängig bleibt, sodass er selbst entscheiden kann, was er prüft und wie intensiv er prüft. Hinzu kommt, dass keine Fraktion – egal ob groß, klein oder eine Einzelperson – die Möglichkeit hat, den Rechnungshof zu bitten, einer Sache nachzugehen.
Der Rechnungshof wird prüfen – das hat sich bisher erwiesen –, wenn er einen begründeten Anlass dazu sieht. Man hat also sehr wohl Zugang und kann den Rechnungshof auf Vorgänge hinweisen. Er wird sich nicht vorwerfen lassen wollen, einen Hinweis nicht geprüft zu haben.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Oberste Rechnungshof ist laut Artikel 80 der Bayerischen Verfassung mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattet. Das ist wichtig, und das ist auch gut so. Wir alle erinnern uns
daran, dass der Oberste Rechnungshof nicht nur mit seinem Jahresbericht, sondern vor allem auch mit Sondergutachten, wie etwa zur LWS, zur LfA oder noch früher zum Donauausbau, strukturelle Probleme aber auch Fehlentwicklungen im Vollzug der Staatsregierung aufgegriffen hat.
Herr Kollege Winter, Ihr Argument, der Änderungsantrag der SPD solle abgelehnt werden, damit der Rechnungshof nicht überbelastet wird, sticht nicht. Würden Sie es ehrlich meinen, würden Sie beantragen, Artikel 88 Absatz 3 der Bayerischen Haushaltsordnung zu streichen.
In diesem Artikel steht, dass der Oberste Rechnungshof auf Ersuchen des Landtags – das haben Sie mit Ihrer Mehrheit in der Hand – oder auf Ansuchen der Staatsregierung Gutachten erstatte. Es kann nicht so sein, dass es die Staatsregierung und die Mehrheitsfraktion in der Hand haben, den Obersten Rechnungshof einzuschränken, so dies gewollt ist. Sie könnten jederzeit und immer kraft Ihrer Mehrheit so oft Sie wollen Gutachten in Auftrag geben. Für die Minderheit soll die Einschränkung gelten. Herr Kollege Winter, so kann man nicht argumentieren. Das ist nicht logisch.
Ich fände es – sofern Sie Absatz 3 nicht zur Gänze streichen wollen – wichtig und richtig, dass wir in der Folge der Verfassungsänderungen, die die Minderheitenrechte stärken sollen, auch noch eine Soll-Vorschrift einfügen. Den GRÜNEN war es besonders wichtig, dass es nicht „muss“, sondern „soll“ heißt. Das „soll“ muss aber auch für die Staatsregierung und für die Mehrheit in diesem Hause gelten. Ansonsten könnten Sie, wenn Sie bemerken, dass unangenehme Prüfungen anstehen, der Oberste Rechnungshof zum Beispiel die Landesbank oder andere Institutionen prüfen will oder die Förderung der Maschinenringe etc., etc., und Ihnen das Ergebnis eher unangenehm sein wird, eine Antragsflut initiieren und X Sondergutachten in Auftrag geben. Das wollen wir nicht. Wenn der Absatz 3 so bleibt wie er ist, muss eine Soll-Vorschrift, wonach ein Fünftel der Abgeordneten des Landtags ein Gutachten beantragen kann, eingefügt werden.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf der Drucksache 14/1845 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt auf Drucksache 14/9207 die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das
sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Kollege Hartenstein (fraktionslos). Ich bitte die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Dr. Rabenstein. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beim Gesetz zur Änderung des Bayerischen Petitionsrechtes geht es um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Abgeordneten im Petitionsausschuss. Letztlich – das werde ich begründen – geht es auch um die Stellung der Abgeordneten, das Bewusstsein der Abgeordneten und das Selbstbewusstsein des Parlaments.
Bekanntlich hat nach Artikel 115 der Bayerischen Verfassung jeder bayerische Bürger das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den Landtag zu wenden. Es ist auch bekannt, dass dies jedes Jahr Tausende tun. Allerdings sagen die Bestimmungen nichts über die Befugnisse des Landtags gegenüber der Staatsregierung, also über die Befugnisse der einzelnen Abgeordneten gegenüber der Exekutive aus. Diese Lücke soll durch einen neues Gesetz geschlossen werden, zumal das im Februar 1998 beschlossene Änderungsgesetz zur Bayerischen Verfassung diese Regelung fordert.
Wir haben in den Ausschüssen – vor allem im Petitionsausschuss – lange diskutiert. Zu vielen Punkten wurden Kompromisse erzielt. Die Hauptauseinandersetzung ging aber um die Artikel 8 und 9, worin neu festgelegt wurde, welche Rechte die Abgeordneten gegenüber der Exekutive bekommen sollen.
Zweitens. Die Abgeordneten haben das Recht auf die Erteilung von Auskünften durch die Staatsregierung.
All diese Regelungen sollen in einem bayerischen Petitionsgesetz zusammengefasst werden. Es stellt sich die Frage, was sich gegenüber der bisherigen Regelung ändert, denn der Petitionsausschuss arbeitet auch im Moment nicht schlecht. Der Petitionsausschuss hat jetzt schon die Möglichkeit, Ortstermine anzusetzen, und ihm wird die Stellungnahme der Staatsregierung in den allermeisten Fällen automatisch zugeleitet.
Ich meine, dass durch das neue Gesetz die Ausschüsse noch mehr gestärkt werden und auf eine gesetzliche Basis gesetzt werden. Bisher nämlich sind wir wie in einer Bittposition. Wir können die Staatsregierung ersuchen, uns Material zur Verfügung zu stellen, wir können es aber nicht verlangen. Der Landtag kann die Staatsregierung auch ersuchen, Akten vorzulegen, und in den meisten Fällen gibt es damit auch kein Problem. Das möchte ich auch deutlich sagen.
Es geht uns aber um die echten Streitfälle, zu denen die einzelnen Abgeordneten eine andere Meinung als die Ministerien haben. In diesen Fällen wird durch das neue Gesetz erreicht, dass wir die Auseinandersetzung auf gleicher Augenhöhe führen können.