Zweitens sind bei der Schulaufsicht zwei Änderungen vorgesehen. Die Schulaufsicht für Förderschulen soll in Zukunft bei der Regierung angesiedelt sein. Bei den Volksschulen soll im Rahmen der Verwaltungsreform die Zahl der einzelnen Schulämter verringert werden.
Drittens soll dem Schulforum mehr Entscheidungskompetenz zugestanden werden. Wir glauben, dass es notwendig ist, diesen Punkt vor der Sommerpause zu beschließen, damit mit Beginn des neuen Schuljahres eine Umsetzung erfolgen kann.
Viertens wollen wir auf die Ereignisse in Erfurt reagieren. Es gibt das Problem, dass die Eltern von volljährigen Schülern derzeit nicht über gravierende Vorkommnisse informiert werden dürfen. Wenn zum Beispiel Ordnungsmaßnahmen ergriffen wurden, der Schüler z. B. die Schule verlassen musste oder der Leistungsstand auffallend abgefallen ist, darf das den Eltern nicht mitgeteilt werden. Jetzt soll eine Möglichkeit geschaffen werden, dass die vor dem 18. Lebensjahr Erziehungsberechtigten informiert werden können.
Zur Lösung des ersten Problems wird in dem Gesetzentwurf vorgeschlagen, die Einsatzmöglichkeit der bewegli
Bestimmte schulische Entscheidungen sollen künftig nur noch im Einvernehmen mit dem Schulforum getroffen werden, das aus Eltern, Schülern und Lehrerschaft besteht. Durch Gesetz soll die Möglichkeit einer Unterrichtungspflicht für die bisher zuständigen Erziehungsberechtigten von volljährigen Schülern eingeführt. – Weil sich eine Bestimmung des Artikels 86 b BayBG, die so genannte Ballungsraumzulage, geändert hat, sind Folgeentscheidungen auch im Schulfinanzierungsgesetz notwendig.
Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion. – Ich erteile Frau Kollegin Goertz das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Dass heute ein Gesetzentwurf der CSU-Fraktion zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes vorliegt, bedarf einer Erklärung. Es dürfte bekannt sein, dass die Erste Lesung des Gesetzentwurfes der SPD zum Bayerischen EUG und zum Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz am 21. Februar und die des Änderungsentwurfes der Staatsregierung zu den gleichen Gesetzen am 18. April dieses Jahres stattgefunden haben. Trotz sofortiger vollmundiger Ankündigungen in der Presse, „Mehr behinderte Kinder an allgemeine Schulen“, und kühner Erklärungen der Kultusministerin, „die Fördermöglichkeiten für behinderte Kinder würden vielfältiger und noch flexibler auf den Einzelfall zugeschnitten“, lief eine Welle des Protestes durch den Freistaat.
Nach massivem Druck von Opposition, kommunalen Spitzenverbänden und zahlreichen Fachverbänden, hier nenne ich explizit die Lebenshilfe, Landesverband Bayern –; auf diesen massiven Druck hin – möglicherweise war die Ursache auch noch etwas anderes –, hat die Staatsregierung den Hauptteil – besser wäre gewesen, den ganzen Entwurf – ihres umstrittenen Gesetzentwurfes zurückgenommen. Und zwar den Teil, der die Integration von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeine Schulen und die Förderschulen betrifft. Durch diesen Rückzug wird die Behandlung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung auf den Herbst verschoben. Das heißt, dass der viel kritisierte Gesetzentwurf zum nächsten Schuljahr nicht in Kraft tritt. Das ist auch gut so.
Denn der Gesetzentwurf geht zwar in die richtige Richtung, ist aber nach Meinung der SPD ein Blendwerk par excellence. Dafür beschert uns jetzt die CSU-Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf, in den sie einige Punkte aus dem Entwurf der Staatsregierung übernommen hat,
die zum kommenden Schuljahr greifen sollen. Vorgesehen sind die Einführung neuer Ferien und die Verlagerung von Aufgaben der Schulaufsicht über die Förderschulen auf die Regierungen. Das passt gut in das CSUKonzept. Wir halten es allerdings für schwierig, anhand einer Einzelmaßnahme so weitgreifende Entscheidungen zu treffen. Für uns ist es wichtig, mit mehr Verlagerung der Verantwortung nach unten und einem hohen Maß an selbst verantworteter Gestaltungsfreiheit der Einzelschule die Qualität schulischer Arbeit kontinuierlich zu verbessern.
Wir halten es in diesem Zusammenhang deshalb für angebracht, eine grundlegende Debatte über Veränderungen der Schulstruktur zu führen. Richtig ist es, die Entscheidungskompetenzen der Schulforen zu stärken. Es reicht aber bei weitem nicht aus, mit Kann-Bestimmungen Kosmetik zu betreiben. Im Gegenteil: Unverzichtbar ist es für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte, gesetzliche Mindeststandards für Entscheidungs- und Partizipationsrechte im Rahmen der Mitwirkung festzulegen. Dazu werden wir einen entsprechenden Antrag einreichen.
Besonders zu begrüßen ist es dagegen, dass MittlereReife-Klassen für private Volksschulen, welche die Jahrgangsstufen 7 bis 9 führen, gesetzlich festgeschrieben werden. Damit wurde ein Anliegen des Montessori-Landesverbandes, das wir übrigens vehement unterstützt haben, erfüllt. Übernommen wurde der Ministerratsbeschluss, den Schulen eine Informationspflicht gegenüber Eltern volljähriger Schüler zu gewähren. Die Änderungen des Schulfinanzierungsgesetzes sind lediglich redaktioneller Natur.
Ich möchte abschließend noch auf etwas hinweisen, das mit dem Verschieben des Gesetzentwurfs der Staatsregierung und dem grundsätzlichen Vorgehen des Kultusministeriums zusammenhängt. Ein Schreiben des Kultusministeriums vom 8. April 2002 zur Klassenbildung, Gruppenbildung und Personaleinsatz an Förderschulen für das Schuljahr 2002/2003 an die Regierungen verweist auf Folgendes: Das Bayerische EUG und das Bayerische Schulfinanzierungsgesetz sollen zum 1. August 2002 geändert werden. Die nachfolgenden Bestimmungen stehen daher grundsätzlich unter dem Vorbehalt einer gesetzlichen Änderung. Nun stellt sich die Frage, ob den Richtlinien des Schreibens die vorgesehenen Gesetzesänderungen bereits zugrunde liegen. Sollte dies der Fall sein, Kolleginnen und Kollegen, so hätten die Förderschulen ihre Planung für ein ganzes Schuljahr auf einer nicht bestehenden Rechtsgrundlage aufgebaut. Wenn dies zutreffen würde, wäre es den Schulen gegenüber eine unverantwortliche Zumutung. Das Kultusministerium müsste sein Schreiben umgehend zurücknehmen und die Regierungen damit beauftragen, die Schulen von der Sachlage zu verständigen. Dieses Gebot der Fairness sind wir den Schulen und insbesondere den Schülerinnen und Schülern schuldig.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der CSU ist Teil einer Fortsetzungsgeschichte. Je nach Standpunkt könnte man sie als Fortsetzungskomödie oder als Fortsetzungstragödie bezeichnen.
Am 18.04. lag uns zum gleichen Thema ein Gesetzentwurf der Staatsregierung vor, der eine ganze Reihe unterschiedlicher Dinge regeln sollte: die Neuordnung der gymnasialen Zweige, das Schulforum und, als Kernpunkt, die Integration behinderter Kinder. Uns wurde im April also ein ganzer Bauchladen präsentiert. Dieser Bauchladen löste einen Sturm der Entrüstung sondergleichen im Lande aus. Vor allem ging dieser Entwurf über den Standpunkt des Runden Tisches bei der Behindertenbeauftragten Frau Stein einfach hinweg; die Interessen der Behinderten wurden in keiner Weise berücksichtigt. Wir haben das an dieser Stelle diskutiert.
Daraufhin zog die Staatsregierung ihren Entwurf erst einmal zurück. Der richtige Terminus lautet „stellte zurück“, aber das war schon ein Rückzug. Ein neues Verfahren wurde ausgemacht: Was unbedingt vor der Sommerpause geregelt werden muss, soll geregelt werden; der Rest, insbesondere die Integration, wird nach einer Anhörung diskutiert und verabschiedet. So weit, so gut.
Ende Mai kam nun der Entwurf der CSU auf den Tisch. Als ich das Papier durch das Faxgerät rattern sah, dachte ich erst einmal: Nanu, die CSU denkt selbst, erfreulich.
Dann habe ich noch einmal genauer hingesehen und gemerkt, dass meine Erwartungen weit verfehlt waren. Die CSU hat nämlich alles wortgleich aus dem Entwurf der Staatsregierung übernommen und in einen eigenen Gesetzentwurf gegossen. Sie hat dann noch einmal eine geänderte Fassung erstellt und einen Kabinettsbeschluss mit aufgenommen. Es war der Kabinettsbeschluss, der die Informationspflicht für volljährige Schülerinnen und Schüler vorsah.
Mir ist nicht ganz klar, weshalb die CSU dieses Verfahren wählt. Ich wäre durchaus in der Lage gewesen, aus dem Gesetzentwurf der Staatsregierung, auch wenn er sehr komplex war, die wesentlichen Punkte herauszufinden, um anhand dieser zu diskutieren und Entscheidungen zu treffen. Klar geworden ist mir dabei, dass bezüglich der EUG-Änderungen sowohl bei der Staatsregierung als auch bei der CSU-Fraktion heillose Konfusion herrscht. Ich sehe es eigentlich als Schande für dieses Land, dass die Mehrheitsfraktion und ein Kultusministerium mit Hunderten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einer politischen Spitze, welche versucht, dem Land eine Bildungspolitik zu verkaufen, nicht einmal in
der Lage ist, Gesetzentwürfe vorzulegen, welche wir ordnungsgemäß beraten können und welche durch ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren laufen können. Ich würde sagen, die CSU und das Kultusministerium sind nicht einmal in der Lage, einen Gesetzentwurf zu erstellen. Handwerkliche Fehler würde ich so etwas bezeichnen.
Ein Hauptpunkt des nun vorliegenden Gesetzentwurfes ist das Schulforum. Demokratie ist für uns ein wichtiger Punkt. Das Schulforum gehört für uns als ein ganz wesentliches Element zur Schule. Eine demokratische Gesellschaft braucht eine demokratische Schule. Allerdings gehen uns hier die Vorstellungen der CSU und die identischen Vorstellungen der Staatsregierung nicht weit genug. Sie öffnen sich hier nur sehr zögerlich. Wir haben sehr viel weitergehende Vorstellungen. Wir glauben, dass das Schulforum auch bei der Entscheidung über die Einstellung von Lehrkräften mitwirken könnte. Ich weiß allerdings nicht, ob Sie bei diesem Vorschlag mitgehen. Wir haben zu Ihrem Gesetzentwurf rechtzeitig einen Änderungsantrag eingebracht, über den wir dann in den Ausschüssen verhandeln werden.
Wir haben auch bezüglich der Montessori-Schulen noch einmal einen Änderungsantrag eingebracht. Dankenswerter Weise dürfen die Montessori-Schulen jetzt M-Klassen bilden. Damit ist aber noch keine Gleichstellung mit den staatlichen Schulen erreicht. Wir haben einen Änderungsantrag dahingehend gestellt, dass an Montessori-Schulen auch M-Kurse angeboten werden können, und dass die M-Klassen und M-Kurse organisatorisch so zusammengesetzt werden dürfen, wie es das pädagogische Konzept der Montessori-Schulen verlangt.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Ich sehe, dass damit Einverständnis besteht. Damit ist es so beschlossen.
Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich die Abstimmungsergebnisse der vorher durchgeführten namentlichen Abstimmungen über die zusammen mit der Aktuellen Stunde beratenen Dringlichkeitsanträge bekannt.
Es war zunächst der Dringlichkeitsantrag 14/9664 der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend „Schließung der Maxhütte – Entwicklungspotentiale in der Oberpfalz nutzen“. Mit Ja haben 165 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Mit Nein hat niemand gestimmt. Enthalten hat sich auch niemand. Der Antrag wurde damit angenommen.
Der zweite Antrag war der Dringlichkeitsantrag 14/9675 der CSU-Fraktion betreffend „Maxhütte: Zukunftskonzept für die betroffene Region“. Mit Ja haben 158 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Mit Nein hat niemand gestimmt. Stimmenthaltungen gab es auch nicht. Der Dringlichkeitsantrag ist ebenfalls angenommen worden.
Der dritte Antrag war der Dringlichkeitsantrag 14/9676 der SPD-Fraktion betreffend „Stilllegung der Maxhütte“. Hier haben 70 Kolleginnen und Kollegen mit Ja gestimmt, 91 mit Nein. Der Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt.
zur Änderung des Gesetzes über Zuständigkeiten zum Vollzug wirtschaftlicher Vorschriften (Drucksa- che 14/9608)
Der Gesetzentwurf wird von Seiten der Staatsregierung nicht begründet. Wie ich höre, wollen auch die Fraktionen dazu nicht sprechen. Dann brauche ich die Aussprache nicht zu eröffnen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Damit besteht Einverständnis. Dann ist es so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Renate Schmidt, Herbert Müller, Dr. Hahnzog und anderer und Fraktion (SPD)