Aus dem Ersuchen soll ein klar definiertes Recht werden, auf das man sich berufen kann, nicht mehr und nicht weniger. Sicher hat sich das bisherige Petitionsgesetz bewährt, aber das Bessere ist der Feind des Guten, will heißen, wir wollen das Gesetz den heutigen Gegebenheiten anpassen und fortentwickeln.
Ich möchte nicht auf die anderen Bundesländer eingehen oder darauf, wie das Petitionsgesetz im Deutschen Bundestag gehandhabt wird. Ich möchte nur einen Satz dazu sagen. Außer in Hessen und Sachsen-Anhalt ist in allen anderen Bundesländern und auch im Deutschen Bundestag das Recht auf Akteneinsicht gesetzlich verankert. Wir fordern in Bayern also nichts Utopisches, sondern es ist bis auf diese beiden Ausnahmen die Regel in den anderen Bundesländern und auch im Deutschen Bundestag, Akteneinsicht zu erhalten.
Was aber steckt letztlich dahinter; geht es wirklich nur um die Änderung des Petitionsgesetzes in dem Einzelfall? – Ich glaube, es geht um mehr. Letztlich geht es um das Verhältnis von uns Parlamentariern zur Exekutive und um eine Revitalisierung des Parlaments.
Wir müssen auch an unser Selbstverständnis denken. Werden wir wirklich als Landesparlamentarier von der Öffentlichkeit als erste Gewalt im Staate ausreichend wahrgenommen, oder sind wir mehr Helfer der Mitbürger – das ist auch gut so, das möchte ich nicht in Abrede
stellen –, die sich in besonderen Fällen an uns wenden, wobei wir versuchen, mit mehr oder weniger guten Kontakten etwas bei der Exekutive zu erreichen? Ich sehe das als wichtige Aufgabe, aber das darf nicht die Hauptaufgabe des Parlaments sein.
Der Föderalismus lebt nicht nur von einer starken Exekutive, sondern auch und gerade von starken und in doppelter Hinsicht kompetenten Landesparlamenten.
Meine letzte Äußerung, Herr König, hätte ich in Anführungszeichen setzen müssen, denn es handelt sich um eine wörtliche Aussage des Parlamentariers Welnhofer.
Im Schlussbericht der Enquete-Kommission „Reform des Föderalismus – Stärkung der Landesparlamente“ vom 20. März dieses Jahres hat er dies gesagt. Diese Aussage trifft genau auf unsere Vorlage zur Änderung des Petitionsgesetzes zu. Die Ergebnisse dieser Kommission müssen umgesetzt werden. Was nützt es, wenn die Kommission freundliche Erklärungen abgibt, man aber im konkreten Fall des Petitionsgesetzes davon nichts mehr wissen will? – In diesem konkreten Einzelfall zeigt sich, was der Bericht der Enquete-Kommission wert ist. Wenn dieser Gesetzesvorlage nicht zugestimmt wird, dann ist der Bericht nicht das Papier wert, auf dem er steht.
Gegenüber der Staatsregierung sollen künftig Informations- und Beteiligungsrechte des Landtags in bedeutenden Angelegenheiten über die bestehende Good-will-Praxis hinaus verbürgt werden. Dabei geht es vor allem um das parlamentarische Selbstverständnis, und nicht um die Behebung von tatsächlichen Defiziten.
Das Parlament soll einen rechtsverbindlich dokumentierten Anspruch auf diejenigen Informationen haben, die zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich sind.
Genau das wird im Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des bayerischen Petitionsgesetzes gefordert. Ich habe eingangs schon gesagt, dass wir nicht als Bittsteller auftreten wollen. Herr Kollege Welnhofer spricht von einer „Good-will-Praxis“. Das ist genau dasselbe. Ich bitte deshalb vor diesem Hintergrund und aus dem Selbstverständnis der Parlamentarier heraus um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollegen Dr. Rabenstein erweckt den Eindruck, als wäre die Entscheidung über den Gesetzentwurf noch völlig offen. Tatsache ist, dass das Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion im federführenden Ausschuss, in dem wir den Gesetzentwurf im Detail beraten haben, sehr deutlich gemacht hat, dass das Ganze als Nullum enden wird.
Ich bedaure das außerordentlich und bin enttäuscht, dass alle unsere Bemühungen, zu Kompromissen zu kommen, Dinge voranzubringen, systematische Änderungen, die auch wir befürwortet haben, herbeizuführen und Dinge, die – wie immer wieder heute betont wurde – schon heute hervorragend gelingen, im Petitionsgesetz auf gesetzliche Grundlagen zu stellen, deshalb nicht erfolgreich sein werden, weil die SPD krampfhaft an Dingen in ihrem Gesetzentwurf festhält, zu denen wir von Anfang an erklärt haben, dass sie für uns nicht zustimmungsfähig sind.
Es handelt sich um die Punkte, die Herr Kollege Dr. Rabenstein angesprochen hat, zum Beispiel das Begehren der SPD, in das Petitionsgesetz einen Rechtsanspruch des Parlaments auf Akteneinsicht gegenüber der Staatsregierung aufzunehmen. Es handelt sich ferner um das Begehren der SPD, das Petitionsrecht, das wir als Bürgerrecht sehen, in ein Recht der Opposition umgestalten zu wollen.
Die SPD will das Petitionsrecht in ein reines Oppositionsrecht umgestalten. Das ist der untaugliche Versuch, das Petitionsrecht in eine Art Untersuchungsrecht umzugestalten. Man muss sich einmal vorstellen, was das praktisch bedeutet. Was wäre, wenn die Abgeordneten das Recht hätten, jede Behörde der Staatsregierung jederzeit und überall aufzusuchen, die Akten einzusehen und vieles mehr. Das ist mehr als ein Untersuchungsausschuss kann, dem in der Verfassung eine besondere Kompetenz zugewiesen wird.
Im Ergebnis, lieber Kollege Dr. Rabenstein, bin ich enttäuscht. Wir haben uns alle Mühe gegeben, und wir haben das nicht nur angekündigt. Kollege Schindler weiß das auch. Wir haben uns wirklich Mühe gegeben. Wir sind den Gesetzentwurf von vorn nach hinten und von hinten nach vorn durchgegangen. Wir haben ihn in allen Details geprüft, und überlegt, was für uns zustimmungsfähig ist. Wir haben diesen Gesetzentwurf dann im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden im Detail behandelt. Siehe da, in der Mehrzahl der Bestimmungen gab es eine Übereinstimmung zwischen der CSU einerseits und der SPD andererseits. Bei drei Änderungsvorschlägen – Herr Dr. Hahnzog, das haben Sie, wie ich Sie kenne, sicher nachgelesen – haben Ihre Fraktionskolle
Sie haben sich damit einverstanden erklärt, und zunächst den Eindruck erweckt, dass der Wille vorhanden wäre, soweit man Konsens finden könne, diesen auch herbeizuführen und zum Gesetz werden zu lassen. Dann aber hat man eine Unterbrechung der Beratung beantragt und Herrn Kollegen Dr. Hahnzog als den Rechtspolitiker herbeigebeten. Dann hat man sich auf die parteipolitische Linie besonnen
und sich auf den Standpunkt gestellt, wenn die böse CSU diese grundsätzliche Umgestaltung des Petitionsrechts zu einem Oppositionsrecht, zu einem Untersuchungsrecht nicht mitmacht, dann lassen wir es darauf ankommen und alles scheitern. Hätten Sie, Herr Schindler und Sie, Herr Dr. Hahnzog, das von Anfang an gesagt, wären Sie von Anfang an offen und ehrlich gewesen, so wie wir, die wir von Anfang an verdeutlichten, was für uns machbar ist und was nicht, dann hätten wir uns viel Zeit und Mühe sparen können. Dann wären wir schon viel schneller zu dem Punkt gelangt, an dem wir heute stehen, nämlich der Ablehnung dieses Gesetzentwurfs. Die Inhalte, die Sie in diesem Gesetz wollen, ist mit unserem Verständnis des Petitionsrechts als Bürgerrecht und unserem Verständnis als Parlamentarier nicht zu vereinbaren.
Darüber hinaus, Herr Dr. Hahnzog – das habe ich schon einmal erwähnt –, bestehen verfassungsrechtliche Bedenken. Das wurde auch vonseiten der Staatsregierung im Hinblick auf einzelne Bestimmungen in Ihrem Gesetzentwurf deutlich gemacht. Wieder einmal bleibt nichts übrig. Wie heißt es so schön: Außer Spesen nichts gewesen. Es kommt zu keiner Änderung des Petitionsgesetzes, denn wir können dem Gesetzentwurf, der hier vorliegt, leider nicht zustimmen.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Was die Menschen politisch bewegt, gehört in die Parlamente. Eine Anlaufstelle hierfür ist der Bayerische Landtag. Das Petitionsrecht räumt den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit ein, sich zu wehren, wenn sie sich durch staatliche Stellen ungerecht behandelt fühlen. Außerdem stellen Petitionen für uns Abgeordnete eine Art Seismograph dar, denn an den eingehenden Petitionen können wir erkennen, wie sich die von uns und von unseren Vorgängern beschlossenen Gesetze in der Praxis auswirken. Darum geht es. Petitionen können der Auslöser sein, bestehende Gesetze und Verwaltungsvorschriften zu ändern, wenn wir sehen, dass diese in der Realität nichts taugen.
Insofern ist es richtig, dass das Petitionsrecht ein Recht der Bürgerinnen und Bürger ist, das es auszugestalten gilt. Darum geht es jetzt. Das Petitionsrecht ist aber für uns Abgeordnete, die wir Gesetzgeber sind, auch ein wichtiges Instrument, unser eigenes Handeln zu reflektieren.
Der Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des bayerischen Petitionsgesetzes will das Petitionsrecht so umgestalten, wie es aufgrund der Verfassungsreform von 1989 geboten erscheint und uns Abgeordneten die Möglichkeit einräumen, die Informationen einzuholen, die wir als notwendig erachten, um den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden zu können. Darum geht es. Wir wollen Informationen, und wir wollen das Recht haben, diese Informationen einzuholen.
Diese Forderung ist nicht des Teufels, wie so manche Äußerungen aus den Reihen der CSU-Fraktion vermuten lässt, das zeigt schon ein Blick über die bayerische Landesgrenze hinaus. Im gewiss unverdächtigen Baden-Württemberg gibt es besondere gesetzliche Befugnisse wie etwa das Recht auf Aktenvorlage, auf Auskunft und Zutritt zu den Behörden des Landes. Ich frage Sie: Haben die Abgeordneten in Baden-Württemberg zuviele Rechte, weil sie das Recht auf Aktenvorlage im Ausschuss haben? Natürlich nicht! Deswegen ist es für uns vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht nachzuvollziehen – wir bedauern es außerordentlich –, dass der Gesetzentwurf der SPD trotz der intensiven Beratung in allen Ausschüssen, die über alle Parteigrenzen hinweg in allen Ausschüssen zu Übereinstimmung geführt haben, keine Mehrheit gefunden hat.
Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Nein. Wir haben mit Herrn König schon genug in den Ausschüssen diskutiert. Das brauchen wir hier nicht fortzusetzen.
Der Gesetzentwurf hat in den Ausschüssen wegen des umstrittenen Akteneinsichtsrechts keine Mehrheit gefunden. Das ist das Problem, weil die CSU dieses Recht nicht zugestehen will. In anderen Ländern wird es problemlos vollzogen, dort gibt es dieses Recht. Aber hier soll es das nicht geben. Dabei kann man das doch machen, ohne sein Gesicht zu verlieren, Herr Kollege König.
Es geht auch um das Selbstverständnis das Parlaments. Mir ist völlig schleierhaft, warum die CSU-Fraktion so wenig Selbstbewusstsein zeigt und mit den Informationen zufrieden ist, die die Bayerische Staatsregierung bereit ist, dem Parlament zur Verfügung zu stellen. Ich verstehe nicht, warum die CSU mit Artikel 8 Absatz 2 dieses Gesetzentwurfs so große Probleme hat.
Nach Artikel 13 der Bayerischen Verfassung sind die Abgeordneten nur ihrem Gewissen verantwortlich und an Aufträge nicht gebunden. Dieser Verfassungsgrundsatz gilt bei verschiedenen Abgeordneten der CSU-Fraktion aber nur sehr selten, da diese Abgeordneten auch gegenüber der Staatsregierung verantwortlich zu sein scheinen.