Protokoll der Sitzung vom 09.10.2002

Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium) : Frau Kollegin Steiger, es ist ja nicht der Staat, der entscheidet, wo welche Gruppen errichtet werden. Sie haben auch die Kindergärten angesprochen. Ohne dem Kultusministerium viel hineinreden zu wollen, noch ein Satz zu den Kindergärten: Die Verantwortung liegt natürlich ausschließlich beim Träger. Sie haben nachgefragt, was der Staat tun kann. Ich darf das neue Fördermodell noch einmal ansprechen, das wir momentan in Landsberg und in Bayreuth durchführen. Wir haben dort eine ganz besondere Begleitung auch in finanzieller Hinsicht vorgesehen, weil es selbstverständlich ist, dass Integrationsgruppen nicht so wie normale Gruppen geführt werden können. Deswegen ist eine besondere Begleitung des Staates in finanzieller Hinsicht notwendig. Diese haben wir auch vorgesehen. In den Modellen wird sie derzeit praktiziert.

Weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Meinen Sie, dass die jetzt in den neuen Förderrichtlinien vorgesehenen finanziellen Mittel ausreichen?

Herr Staatssekretär.

Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium) : Frau Kollegin Steiger, deswegen führen wir einen Modellversuch durch. Sie wissen, dass hier der Faktor 4,5 ist. Ich will das jetzt nicht im Detail erläutern; ich kann Ihnen das anschließend gerne erklären, falls Sie dies wünschen. Wir machen deswegen einen Modellversuch, um das herauszufinden. Sollten wir feststellen, dass der Faktor 4,5 nicht ausreicht und wir beispielsweise den Faktor 4,8 bräuchten, dann muss man darüber spre

chen, wenn man im Jahr 2005 endgültig das Gesamtkonzept in Gesetzesform gießt.

Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen, die an Ihr Haus gestellt wurden, erledigt. Ich darf jetzt den Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst bitten, die nächsten Fragen zu beantworten. Die erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Tausendfreund.

Herr Staatsminister, mit welcher Begründung kommt die Landesanwaltschaft Bayern zu dem Ergebnis, dass gegen den TU-Präsidenten, Herrn Professor Herrmann, im Zusammenhang mit seiner rechtskräftigen Verurteilung und Vorstrafe wegen Steuerhinterziehung eine Disziplinarmaßnahme nicht verhängt werden könne, welchen Inhalt hatte die Verfügung zur Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, und welche Verfahrenshandlungen, zum Beispiel Beschränkung des Verfahrens oder Unterrichtung über den Stand des Verfahrens, hat das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst als Einleitungsbehörde getätigt?

Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Hohes Haus! Verehrte Frau Kollegin, die Verfügung zur Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens gegen den Präsidenten der Technischen Universität München, Herrn Professor Herrmann, hatte die dienstrechtliche Würdigung des Sachverhalts, der dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Landshut vom 10. Mai 2001 sowie den Ergebnissen der Steuerprüfung des Finanzamts Landshut zugrunde lag, zum Gegenstand. Weitere Verfahrenshandlungen, zum Beispiel eine Beschränkung des Verfahrens oder Unterrichtungen über den Stand des Verfahrens oder andere Verfahrenshandlungen hat das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst als Einleitungsbehörde während des gesamten Laufs des Untersuchungsverfahrens nicht getätigt.

Mit der Untersuchung im förmlichen Disziplinarverfahren war die Landesanwaltschaft Bayern beauftragt worden. Der Untersuchungsführer ist gemäß Artikel 50 Absatz 3 Satz 1 der Bayerischen Dienstordnung in der Durchführung der Untersuchung unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Der Untersuchungsführer kam nach Abschluss der Untersuchung in seinem Untersuchungsbericht zu dem Ergebnis, dass es für die Verhängung einer ansonsten hier grundsätzlich in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahme der Gehaltskürzung an dem gemäß Artikel 4 der Bayerischen Dienstordnung notwendigen Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit einer zusätzlichen Pflichtenmahnung für den Beamten fehlt.

Der Untersuchungsbericht führt aus, dass aufgrund der Gesamtpersönlichkeit und unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens, des Einsichtsvermögens und des allgemeinen Pflichtbewusstseins des Beamten feststeht, dass die im Strafverfahren verhängte Strafe ausreicht,

um ihn künftig zu ordnungsgemäßer Pflichterfüllung und gesetzestreuem Verhalten anzuhalten. Das förmliche Disziplinarverfahren war deshalb nach Artikel 58 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Bayerischen Dienstordnung aus Rechtsgründen einzustellen.

Erste Zusatzfrage: die Fragestellerin.

Das klingt wie aus dem Formularhandbuch. Meine erste Nachfrage: Gegen wie viele Staatsdiener im Bereich Ihres Ministeriums wurden wegen der Verurteilung in einem Strafverfahren mit der Folge einer Vorstrafe Disziplinarmaßnahmen, zum Beispiel Ruhegehaltskürzungen oder Gehaltskürzungen, verhängt, und wie oft wurde ein Disziplinarverfahren eingestellt? Uns sind nämlich Fälle bekannt, in denen strafrechtliche Verurteilungen – im Gegensatz zum Fall Herrmann – zu empfindlichen Disziplinarmaßnahmen geführt haben.

Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Hohes Haus, Frau Kollegin Tausendfreund! Mir ist aus meinem Zuständigkeitsbereich – zuerst Unterricht und Kultus, dann Wissenschaft, Forschung und Kunst – kein vergleichbarer Fall erinnerlich. Dem Finanzminister ist heute die Frage gestellt worden, wie viele Fälle im bayerischen Staatsdienst insgesamt aufgetreten sind. Das entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.

Ich möchte darum bitten, solche Detailfragen schriftlich zu stellen. Solche Zusatzfragen kann niemand beantworten.

Ich habe gedacht, dass dem Herrn Staatsminister vielleicht einige Fälle präsent sind. Es ist doch ungewöhnlich, dass ein TU-Präsident oder ein Universitätspräsident zu den Vorbestraften zählt, wie das hier der Fall ist. Eine weitere Zusatzfrage: Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass Herr Herrmann noch als geeignet und ausreichend zuverlässig gelten kann, öffentliche Gelder in erheblichem Ausmaß zu verwalten, nachdem er gegenüber dem Finanzamt falsche Angaben gemacht und eine Steuerhinterziehung begangen hat?

Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Kollegin Tausendfreund, im demokratischen Rechtsstaat ist das, was vorgefallen ist, geahndet worden. Dieser Fall hat zu einer entsprechenden Würdigung der Judikative geführt. Deshalb steht es der Exekutive nicht zu, eine darüber hinausgehende Bewertung positiver oder negativer Art vorzunehmen. Der demokratisch gewählte Präsident

und das Leitungsgremium bekommen deshalb selbstverständlich auch weiterhin die Gelder zur vertraulichen und verantwortungsvollen Behandlung überwiesen.

Letzte Zusatzfrage: die Fragestellerin.

Von welchen Tätigkeiten ist Herr Herrmann künftig als Vorbestrafter im Universitäts– und Forschungsbetrieb ausgeschlossen? Von seiner Verantwortung als Betreiber im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für den Forschungsreaktor wurde er ja bereits entbunden. Darf er beispielsweise die Reaktorgebäude betreten oder Anweisungen für den Betrieb der Forschungsreaktoren erteilen? Wird es hier in Zukunft irgendwelche Einschränkungen geben?

Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Kollegin Tausendfreund, er darf – wie Sie als Abgeordnete – diesen Reaktor unter Wahrung der Sicherheitsbestimmungen betreten. Er hat dort jedoch keine Anordnungsbefugnisse. Frau Kollegin Tausendfreund, wenn Sie den Reaktor besuchen wollen, lade ich Sie gerne ein. Sie müssen sich lediglich besondere Schuhe drüberziehen. Ansonsten ist das kein Problem.

Ich habe nicht mich gemeint, sondern Herrn Herrmann.

Frau Kollegin Tausendfreund, wir sind in der Fragestunde. Die drei Zusatzfragen wurden beantwortet. Ich möchte nun Herrn Kollegen Wörner bitten, seine Frage zu stellen.

Herr Staatsminister, wie hoch sind die Forschungsmittel, die vom Bayerischen Landtag den Universitäten zur Verfügung gestellt wurden und aufgrund der Personalsituation an den Lehrstühlen nicht abgerufen oder ausgegeben werden konnten, und wie wurden sie gegebenenfalls anderweitig verwendet oder verbucht?

Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Hohes Haus! Herr Kollege Wörner, spezielle Forschungsmittel sind in den Haushaltskapiteln der Universitäten nicht ausgewiesen. Zu Verzögerungen des Mittelabflusses aufgrund der Personalsituation an den Lehrstühlen kann es daher nicht kommen. Die im Sammelansatz bei Kapitel 15 28 für bestimmte Forschungsprogramme, insbesondere die Bayerischen Forschungsverbünde, ausgebrachten Mittel werden den Universitäten vom Ministerium je nach Bedarf zugewiesen.

Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Wörner.

Herr Staatsminister, wollen Sie damit sagen, dass der Personalabbau, der auch an den Universitäten stattgefunden hat, ohne Wirkung auf die Arbeit in Forschung und Lehre geblieben ist?

Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Hohes Haus! Herr Kollege Wörner, dies blieb in der Tat ohne erkennbare Auswirkungen, weil wir nicht in erster Linie bei den Forschern gespart haben. Wir haben sogar die Regelung, dass wir Professorenstellen nicht einsparen müssen, wenn wir dies bei der Verwaltung etc. kompensieren können. Darum haben sich alle Hochschulen bemüht. Wenn Sie mich fragen, ob die Forschungsmittel ausreichen, würde ich sagen, dass sie nie ganz ausreichen. Wenn Sie jedoch fragen, ob wir diese Mittel alle losbringen, sage ich, dass das leicht möglich ist.

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Wörner.

Herr Staatsminister, die Lehrstühle behaupten, dass die Mittel für Hightech-Forschung und die Forschung für regenerative Energien an Häusern und Gebäuden nicht abgerufen werden könnten, weil es an zusätzlichem Hilfspersonal, nicht jedoch an Professoren fehle. Trifft das zu?

Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Hohes Haus! Herr Kollege Wörner, das kann ich nicht gelten lassen, weil alle Hochschulen ausdrücklich ermächtigt wurden, den laufenden Unterhalt über das Outsourcing zu erledigen. Das gilt auch für die Forschung im Bereich der regenerativen Energien. Nirgends steht geschrieben, dass die Lehrstühle diese Arbeit mit eigenen Kräften erledigen müssen. Wir haben erreicht – darauf lege ich Wert –, dass solche Aufträge nicht mehr zwingend über die Oberste Baubehörde laufen müssen. Die Lehrstühle können die Aufträge auch nach außen vergeben.

Die nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Herr Staatsminister! Beabsichtigt die Bayerische Staatsregierung, aus Anlass der hundertsten Wiederkehr der Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium im Jahr 2003 der Forderung der Frauenbeauftragten der Bayerischen Hochschulen nachzukommen und die Einrichtung eines Gender Center bzw. eines zusätzlichen Lehrstuhls für Gender Studies zu ermöglichen, und hält sie es für denkbar, hierfür

Privatisierungsmittel einzusetzen und zum Beispiel einen Stiftungslehrstuhl damit zu schaffen?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Kollegin, dem Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst liegt ein Vorschlag der Frauenbeauftragten der bayerischen Hochschulen vor, als Kooperationsprojekt der Universitäten Augsburg, München und Regensburg sowie der Fachhochschule München ein „Zentrum für Gender Studies in Bayern“ mit administrativem Standort in Augsburg einzurichten. Angesichts des geltend gemachten Personalbedarfs für das Zentrum – kurzfristig drei Professuren, sechs wissenschaftliche Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen, eine Sekretärin, acht wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte, längerfristig bayernweit zehn Professuren und zehn wissenschaftliche Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen – sind aber keine Möglichkeiten dafür erkennbar, dieses Konzept umzusetzen.

Bekanntlich sollen im Doppelhaushalt 2003/2004 keine neuen Planstellen geschaffen werden. Privatisierungserlöse können nur für grundstockskonforme Zwecke, somit also nicht zur Finanzierung von Personalkosten eingesetzt werden. Kurzfristige Überbrückungsfinanzierungen kommen für eine dauerhaft vorgesehene Einrichtung, deren Anschlussfinanzierung nicht gesichert ist, nicht in Betracht.

Das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst kann daher keine Hilfestellung zur Umsetzung des vorliegenden Konzepts anbieten. Initiativen der Hochschulen zu einer kostenneutralen Schaffung eines Lehrstuhls oder einer Professur für Gender Studies im Wege der Umwidmung stünde das Ministerium aufgeschlossen gegenüber.

Zusatzfrage: die Fragestellerin.

Herr Staatsminister, das Schreiben der Frauenbeauftragten liegt Ihnen seit drei Monaten vor. Wann kann die Sprecherin der Frauenbeauftragten der Bayerischen Hochschulen mit einer Antwort rechnen, und würden Sie mit der Sprecherin in Verhandlungen darüber eintreten, um eine Minimallösung für die ursprünglich gestellte Forderung finden zu können?

Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Kollegin, es könnte geschehen, dass der Bayerische Landtag, der das Budgetrecht hat, den Haushaltsentwurf der Staatsregierung noch ändert. Daher kann ich aus Respekt vor dem Hohen Haus erst nach den Haushaltsberatungen eine verbindliche Antwort zur ersten Teilfrage geben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Zur zweiten Teilfrage: Aufgrund des von diesem Hause beschlossenen Bayerischen Hochschulgesetzes ist es