Protokoll der Sitzung vom 18.07.2007

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es sind also zwei wichtige Punkte zu beachten: Erstens. Diese Schulform sollte vor Ort verankert sein, und es sollte nicht nur der Gesichtspunkt zählen, dass es gerade mal nicht genügend Kinder gibt, wenn man eine jahrgangskombinierte Klasse bildet und aus vier Eingangsklassen drei macht. So ist nämlich die Praxis der Staatsregierung. Das ist letztlich nichts anderes als ein Einsparen von Lehrerstunden und keine sinnvolle Anwendung des Modells.

Zweitens. Kolleginnen und Kollegen, Sie waren keineswegs bereit – auch gestern wieder nicht –, die notwendigen Rahmenbedingungen für die jahrgangskombinierten Klassen zu schaffen. Sie waren nicht bereit, die Höchstzahl der Kinder zu begrenzen. Sie waren nicht bereit, zusätzliche Förderstunden als Pfl icht festzuschreiben; es gibt lediglich vage Formulierungen, dass fünf zusätzliche Förderstunden gewährt werden können, aber nur dann, wenn das Schulamt über genügend Lehrerwochenstunden verfügt. Kolleginnen und Kollegen, das kann es nicht sein. Sie wollen jahrgangskombinierte Klassen einfach als Sparmodell einführen. Dazu erhalten Sie unsere Stimme nicht.

(Beifall bei der SPD)

Es bleibt festzustellen – und diese Feststellung richtet sich an das Kultusministerium und an die Mehrheitsfrak

tion hier im Hause –, dass dieser Gesetzentwurf nicht dazu beiträgt, das Problem des demografi schen Wandels bzw. des Rückgangs der Kinderzahlen vor allem auf dem Land konzeptionell und planerisch anzugehen. In diesem Punkt bleibt er Flickschusterei.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es bleibt weiter festzustellen, dass Ihnen die individuelle Förderung gerade in der Grundschule nicht oberstes pädagogisches Prinzip ist; sonst wären Sie anders vorgegangen. Dieser Gesetzentwurf hat viele Lücken, und er ist in einigen Punkten falsch. Unsere Stimmen bekommen Sie dafür nicht.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin: Frau Kollegin Tolle.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Gesetzesänderung ist eigentlich nur eine Bereinigung, das heißt das Ergebnis von Debatten, die wir in den vergangenen Jahren geführt haben. Dieses Sammelsurium an Gesetzesänderungen hat negative und positive Aspekte. Ich beginne mit den negativen Aspekten. Der erste negative: Die Abschaffung der Teilhauptschulen, die wir hier sehr kontrovers diskutiert haben, wird, nachdem fast alle Teilhauptschulen aufgelöst wurden, jetzt quasi vollzogen. Das ist die Grabinschrift auf dem Totenhügel der Teilhauptschulen.

Der zweite negative Punkt: Die Kollegstufe wird abgeschafft. Wir hätten uns eine andere Oberstufenreform gewünscht mit sehr viel mehr Wahlfreiheit für die Schülerinnen und Schüler.

Dann werden die Kombiklassen anders als früher geregelt. Im Gesetzentwurf selbst wird noch gar nichts dazu ausgesagt, wie jahrgangsübergreifende Klassen realisiert werden sollen. Wir müssen zwischen Gesetzentwurf und Verordnungen unterscheiden. Eine Regelung, wie jahrgangsübergreifender Unterricht vollzogen wird, gehört in meinen Augen in eine Verordnung und nicht in ein Gesetz. Dazu, wie Verordnungen geregelt sein sollen, haben wir bereits vor zwei Jahren einen Antrag gestellt und haben das gestern wieder getan. Ich möchte unsere Position dazu wiederholen. Die eigentlich pädagogisch wertvollen jahrgangsübergreifenden Klassen degenerieren aufgrund des Budgets zum Sparmodell.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Pro Schüler bekommt das Schulamt ein Budget von 1,2181 Lehrerstunden. Die Klasse müsste bei 30 Schülern eigentlich geteilt werden. Jeder, der rechnen kann, merkt aber, dass man bei einem Berechnungsschlüssel von 1,2181 mal 30 keine zwei Klassen bilden kann, sodass oft aus Spargründen Kombiklassen gebildet werden. Das wird auch nicht verborgen, sondern steht explizit im Gesetzentwurf.

Die Kombiklassen und die Abschaffung der Teilhauptschulen bedeuten, wie wir sehr oft angemerkt haben, eine Schwächung der Schule auf dem Land. Wir sollten die Zukunft aber im Dorf lassen. Deshalb müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie wir die Schule im Dorf lassen können. Dazu haben die GRÜNEN zwei Anträge vorgelegt. Der erste fordert, eine Übergangsklausel für Schulen zu schaffen, die aufgrund des demografi schen Wandels nicht mehr erhalten werden können. Wir hatten beantragt, dass sich diese Schulen zum Überleben zusammenschließen können. Dieser Antrag wurde von der CSU abgelehnt.

Eine zweite Möglichkeit, die Schule im Dorf zu lassen, ist in der Tat jahrgangsübergreifender Unterricht. Hier komme ich auf unseren zweiten Änderungsantrag zu sprechen. Wir haben beantragt, jahrgangsübergreifenden Unterricht nicht nur in der Grundschule, sondern auch in der Hauptschule zuzulassen, damit es unter bestimmten Bedingungen möglich wäre, die Schule im Dorf zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Ich möchte die Rahmenbedingungen nennen, die in Verordnungen hinein gehören. Bei solchen Rahmenbedingungen können wir uns jahrgangsübergreifenden Unterricht in Grund- und Hauptschulen vorstellen. Erste Rahmenbedingung: Die Klasse hat nicht mehr als 20 Schüler und Schülerinnen. Zweite Rahmenbedingung: Die Eltern wollen es. Dritte Bedingung: Lehrer und Lehrerinnen haben dafür Fortbildungen gemacht. Vierte Bedingung sind fünf zusätzliche Förderstunden, die das Schulamt nicht aus dem Budget schneiden muss. Das war unser Antrag. Das ist unsere Position zum Erhalt der Schulen auf dem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Debatten über Teilhauptschulen, die Kollegstufe und jahrgangsübergreifenden Unterricht wurden geführt. Das EUG vollzieht die Ergebnisse.

Jetzt komme ich zu den positiven Aspekten dieses Gesetzentwurfs. Herr Minister, ich beglückwünsche Sie dazu, dass Sie die Übernahme der weiblichen Form weiter fortführen; das ist aber eine Marginalie. Für wichtiger halte ich – da möchte ich Ihnen herzlich „Guten Morgen“ zurufen –, dass Sie entdeckt und im Gesetzentwurf berücksichtigt haben, dass es eine Schulgemeinschaft nicht nur am Gymnasium, sondern an allen Schularten gibt. Ich bedanke mich dafür, dass Sie mit großer zeitlicher Verzögerung zu dieser Erkenntnis gelangt sind.

Nun komme ich auf einen entscheidenden Punkt zu sprechen, nämlich auf die sogenannte Pressefreiheit bei Schülerzeitungen. Herr Kollege Eisenreich, ich hätte mir zwar mehr Mut von Ihnen gewünscht, aber Schülerinnen und Schüler, die jahrelang für diese Änderung gekämpft haben, haben letzten Endes dem Entwurf zugestimmt, den Sie schon vor einiger Zeit gemacht haben.

Ich möchte diesem Punkt meine Zustimmung nicht verweigern. Auf der anderen Seite habe ich die negativen Punkte aufgezählt, sodass meine Entscheidung zu diesem Gesetzentwurf die Enthaltung ist. Denn der Schülerzeitungsentwurf ist für mich etwas sehr Wichtiges, und im Übrigen meißeln Sie etwas in Stein, worüber wir in vielen Debatten im Ausschuss und auch hier geredet haben. Darauf möchte ich noch einmal verweisen.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich bin eigentlich fertig.

Es liegt bei Ihnen.

Aber bitte sehr, Herr Kollege Eisenreich.

Bitte sehr, Herr Kollege Eisenreich.

Nur eine Frage: Sie wissen schon, dass die Pressefreiheit bei Schülerzeitungen bereits seit einem Jahr in Kraft ist?

Es ist als Antrag in Kraft, es muss aber auch als Gesetzesänderung in Kraft treten.

Nein. Es ist schon seit einem Jahr in Gesetzesform in Kraft.

Dann muss ich mich wundern, Herr Minister, warum dies hier noch einmal genannt ist. Ich möchte auf jeden Fall betonen, dass mir dieser Punkt so wichtig ist, dass wir uns enthalten werden, dass wir aber wohlgemerkt auch die Kritikpunkte Tod der Teilhauptschulen und jahrgangskombinierte Klassen als Sparmodell sehen, und die Kollegstufe hätten wir uns auch anders gewünscht.

(Beifall der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE) und Renate Ackermann (GRÜNE))

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Pachner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Kollege Eisenreich hat zu dem gesamten Gesetzentwurf bereits vorgetragen, sodass ich eigentlich nicht mehr viel sagen möchte. Aber in der Diskussion sind einige Fragen aufgeworfen worden.

Bereits vor fast genau drei Jahren, am 22. Juli 2004, hat der Bayerische Landtag beschlossen, dass zur Stärkung der Hauptschule alle Jahrgangsstufen in einer Schule vereint werden sollen. Darum ist die Teilhauptschule jetzt eigentlich obsolet. Wenn wir aber wirklich die Stärkung der Hauptschule beabsichtigen und wenn wir es ernst meinen mit all dem, was jetzt noch gemacht wird, um die Hauptschule wirklich als weiterführende Schule zu stärken, dann kommen wir nicht umhin, alle Jahrgangsstufen an einer Schule anzubieten.

Sehr verehrte Kollegin Tolle, jahrgangsübergreifende Klassen in der Hauptschule – das ist Zukunftsmusik, denke ich. Wir könnten sie vielleicht einrichten, wenn wirklich etwas im Feuer steht.

Nun komme ich zu den jahrgangskombinierten Klassen. Gestern haben wir im Ausschuss über die Anträge sehr lange diskutiert und alle Argumente ausgetauscht. Wir haben einige Erfahrung – auch ich persönlich in meinem Stimmkreis– mit jahrgangskombinierten Klassen. Es hat sich einfach erwiesen, dass das Lern- und Sozialverhalten in Ordnung ist, dass es besser ist als in homogenen Klassen. Wenn jahrgangskombinierte Klassen dann geschaffen werden, wenn die Grundschule aufgrund der zurückgehenden Schülerzahlen gefährdet ist, muss es auch ganz normal sein, jahrgangskombinierte Klassen einzuführen, ohne irgendwelche Vorschriften zu machen, wie Sie bisher im BayEUG enthalten waren. Es ist ganz wichtig, dass dies tatsächlich möglich ist.

Unsere Diskussionen haben sich an Dingen entzündet, die vorgehalten werden. Wir haben gestern einen Antrag der SPD-Fraktion, einen Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und eine Petition des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes – BLLV – beraten. Wenn ich nun das Resümee der gestrigen Diskussionen ziehe, so liegen wir in einigen Dingen auseinander. Wir wollen nicht unbedingt festschreiben, dass eine Klasse 20 Kinder hat. Der BLLV sagt, die Klassen sollten nicht mehr als 25 Schüler haben, SPD und GRÜNE sagen, es sollten nicht mehr als 20 Schüler sein. Die SPD sagt: Wir brauchen zehn Differenzierungsstunden, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fordert fünf, und wir gehen ebenfalls von fünf Differenzierungsstunden aus, die in der Regel auch gegeben werden.

(Angelika Weikert (SPD): In der Regel!)

Ja, natürlich. Sie werden in der Regel auch gegeben, und hierauf besteht auch ein Anspruch. Wir werden sehr genau darauf achten, dass diese Differenzierungsstunden auch gegeben werden.

Wir werden auch darauf achten, dass die Klassenstärke nicht mehr als 25 beträgt. Aber ich muss Ihnen hierzu sagen – darum möchte ich es nicht explizit festschreiben –: Es kann auch sein, dass eine Schule gefährdet ist und dass sie dann eine jahrgangskombinierte Klasse bilden muss. Bevor man die Klasse verlegt und die Schüler irgendwo anders hinfahren müssen, kann ich mir auch vorstellen, dass 26 oder 27 Schüler in der Klasse sind, um die Schule vor Ort zu halten. Das kommt den Eltern wesentlich mehr entgegen, als knallhart festzuschreiben: Nicht mehr als 25. Das muss eher von Fall zu Fall geregelt werden.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben das Gesetz in dieser Weise geändert, weil wir es für sinnvoll erachten und weil wir diesbezügliche Erfahrungen haben. Ich denke, wir sind gemeinsam auf

einem guten Weg, für unsere Kinder und Schüler etwas Vernünftiges zu tun.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der CSU: Bravo!)

Herr Kollege, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Staatsminister Schneider.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur ergänzen, was von den Kollegen Eisenreich und Pachner richtigerweise ausgeführt worden ist. Frau Kollegin Tolle, ich will dies auch tun, damit deutlich wird: In Spiegelstrich 3 des Problemaufrisses im Gesetzentwurf wird darauf verwiesen, dass das Gesetz für die Schülerzeitungen am 26. Juli 2006 in Kraft getreten ist, dass einige Verweisungen unstimmig waren und dass das jetzt gerichtet worden ist.

Zur Einrichtung von Teilhauptschulen hat der Kollege Pachner bereits einiges verdeutlicht. Ich möchte nur noch zu den jahrgangskombinierten Klassen einige Anmerkungen machen. Es geht hierbei auch und im Besonderen um die Stärkung des ländlichen Raums. Auch das hat Kollege Pachner gesagt. Eine absolute Höchstgrenze von 20 Schülern, die von der Opposition gefordert wird, würde bedeuten, dass, wenn sich in einer zweiten Klasse 12 oder 13 Schüler und in einer ersten Klasse neun Schüler befi nden, die neun Schüler aus der ersten Klasse nicht mehr gemeinsam beschult werden könnten und anderswo unterrichtet werden müssten.

Bei 25 Schülern kann diese Situation genauso eintreten. Es gibt wenige Ausnahmen von Klassen über 25 Schülern. Das ist in Situationen wie der folgenden der Fall: Bei 17 Erstklässlern und 10 Zweitklässlern kann man entweder eine kombinierte Klasse mit 27 Schülern bilden oder sagen: Die Zweitklässler müssen leider in eine andere Schule gehen, weil die Mindestgrenze unterschritten ist. Wenn Sie aber sagen, es spiele keine Rolle, ob sich fünf, sechs oder sieben Schüler in einer Klasse befi nden, so ist dies ein Wunschdenken bar jeder Realität und auch bar jeder Finanzierbarkeit.