Protokoll der Sitzung vom 18.07.2007

(Beifall bei der CSU)

Zu Wort hat sich noch einmal Frau Kollegin Stahl gemeldet.

Herr Präsident, meine Herren und Damen! Von der Frau Justizministerin wurde jetzt wieder einmal beklagt, was sie letztlich selbst zu verantworten hat. Die Situation an den Amtsgerichtszweig

stellen ist doch nicht von uns geschaffen worden. Man könnte noch einmal darüber reden, ob nicht doch sehr viel mehr anzubieten wäre, weil man schließlich noch eine ganze Reihe von technischen Vorrichtungen nutzen könnte. Lassen wir das aber einmal dahingestellt.

Herr Kollege Schindler, wenn wir immer erst bei den Haushaltsberatungen über dieses Thema diskutieren, ist es ein bisschen zu spät, weil in der Zwischenzeit immer eine Reihe von Entscheidungen getroffen wurde. Wir diskutieren immer nur über einzelne Punkte. Wir diskutieren über die Nachlasssachen oder über die Amtsgerichtszweigstelle Sonthofen. Eine komplette Debatte wird aber nicht in dem Maße geführt, wie es notwendig wäre, wenn man tatsächlich der dritten Säule das Gewicht beimessen wollte, das ihr zusteht.

(Wortmeldung des Abg. Franz Schindler (SPD))

Herr Kollege Schindler, Sie müssen nicht versuchen, die Frau Justizministerin zu verteidigen. Ich sehe Sie schon wieder in Koalitionsharmonie am Mikrophon stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weiter zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Schindler. Sie haben noch drei Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrte Frau Kollegin Stahl, was mutmaßen Sie alles in einer Nichtigkeit? Haben Sie keine anderen Sorgen? Offensichtlich haben Sie auch hier vergessen, dem Hohen Haus mitzuteilen, dass auch die GRÜNEN Zweigstellen von Amtsgerichten zur Disposition gestellt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich habe es bewusst mit Rücksicht auf die GRÜNEN nicht angesprochen. Ich werde mir aber künftig diese Rücksicht nicht mehr auferlegen, wenn Sie meinen, aus dem Umstand, dass ich das Hohe Haus nicht langweilen will, irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen zu müssen, die völlig absurd sind.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CSU)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/7944 und der Beschluss mit Bericht des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen auf Drucksache 15/8630 zugrunde. Der federführende und endberatende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfi ehlt die Annahme des Gesetzentwurfs mit der Maßgabe, dass in § 2 als Datum des Inkrafttretens der „1. Januar 2008“ eingefügt wird. Wer dem Gesetzentwurf mit dieser Ergänzung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.

Das sind alle Fraktionen. Warum haben wir dann so gestritten? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist es einstimmig so beschlossen.

Ein Antrag auf Dritte Lesung ist nicht gestellt worden. Wir führen damit gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, in einfacher Form. – Kein Widerspruch. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist dasselbe Abstimmungsergebnis wie eben. Das Gesetz ist damit angenommen. Es hat den Titel „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte im Freistaat Bayern“.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 und 14 auf:

Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Einführung von Mitwirkungsrechten für Tierschutzvereine in Bayern (Bayerisches Tierschutzver- bandsklagegesetz – BayTierSchVklG) (Drs. 15/7224) – Zweite Lesung –

Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Susann Biedefeld, Franz Schindler u. a. u. Frakt. (SPD) zur Einführung des Verbandsklagerechts für Tierschutzverbände (Bayerisches Tierschutzverbands- klagegesetz – BayTierSchVbklG) (Drs. 15/7945) – Zweite Lesung –

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit pro Fraktion beträgt 15 Minuten. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Rütting.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange ausnahmsweise einmal mit einer erfreulichen Botschaft an. Letzte Woche stand sogar im Chiemgauer Blättchen ein Artikel über Tierschutz und Qualität. Danach sehen 93 % der Landwirte die tiergerechte Haltung als wichtigste Aufgabe der Landwirtschaft, 92 % die hohe Qualität der Nahrungsmittel und nur 10 % die Nutzung der Gentechnik.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wahnsinn, Sepp Ranner! – Ludwig Wörner (SPD): Hast du deinen Laden nicht im Griff?)

Besonders positiv wird die ökologische Landwirtschaft mit deutschen Produkten in Verbindung gebracht. Das ist doch einmal erfreulich.

Jetzt zum weniger Erfreulichen. Der Tierschutz ist nach wie vor ein Stiefkind. Wir haben zwar erreicht, dass der Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen wurde. Alle haben damals jubiliert. Dabei ist diese Ver

fassungsbestimmung leider ein zahnloser Tiger. Sie bewirkt nämlich sehr wenig. In der Praxis ist sie wirkungslos. Die Tiere haben keine Stimme. Ein Esel kann zwar vor Schmerzen schreien. Ein Tier, dem die Stimmbänder durchgeschnitten werden, weil die Experimentatoren unter dem Geschrei leiden, schreit nicht mehr. Der Esel, der schreit, wird aber nicht gehört, weil er kein Recht hat. Er braucht Vertreter, die seine Rechte wahrnehmen, und das sind nun einmal die Menschen.

Bisher herrscht ein absolutes Ungleichgewicht zwischen den Tiernutzern und den Tierschützern. Ich denke nur an den Abschuss von Haustieren, zum Beispiel von Katzen und Hunden. Wir haben gerade wieder gehört, dass jährlich 3000 Katzen und 1500 Hunde von Jägern auch innerhalb der 300-Meter-Grenze abgeschossen wurden. Um für sie klagen zu können, brauchen wir ein Verbandsklagerecht. Da sind wir einer Meinung mit der SPD. Von der CSU wurde das Verbandsklagerecht, wie auch leider viele andere Anträge von uns, wie zum Beispiel zum Import von Hunde- und Katzenfellen, abgelehnt. Jetzt kommen diese Regelungen Gott sei Dank von der EU. Warum aber können wir nicht endlich einmal etwas in eigener Zuständigkeit als Land regeln? Das wäre zum Beispiel der Fall beim Verbandsklagerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Guttenberger meinte im Ausschuss zwar, es sei mit dem Tierschutzgesetz alles wunderbar. Dazu kann ich aber nur sagen: Das ist der blanke Hohn. Ich denke an das Kürzen von Schnäbeln bei Hühnern und Puten, an das Zermusen von männlichen Küken oder an das Enthornen der Kühe. Das sind doch katastrophale Maßnahmen, die nicht passieren dürften. Die Tierversuche sind zwar geringfügig zurückgegangen, im Rahmen der Gentechnik nehmen sie aber wieder zu. Unsere Forderungen nach mehr Geld für Alternativen zu Tierversuchen sind leider auch immer wieder auf taube Ohren gestoßen. Es ist nach wie vor sehr vieles im Argen, weil immer nur den Tiernutzern und nicht den Tierschützern Recht gegeben wird.

(Beifall bei den GRÜNEN – Wortmeldung des Ab- geordneten Sepp Ranner (CSU))

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, von wem? – Von Herrn Kollegen Ranner.

Halten Sie es für richtig, das Enthornen von Rindern – ich besitze solche Tiere – zu geißeln, obwohl jährlich mehrere Bäuerinnen und Bauern durch die Hörner verletzt werden? Halten Sie das für richtig? Was ist höherwertig, der Schutz von Menschen im Umgang mit Tieren oder die Enthornung? Ich glaube, da sind Sie weit weg von der Praxis.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das ließe sich mit art- gerechter Haltung vermeiden!)

Nein; denn es funktioniert dort, wo weniger Tiere gehalten werden. Daran ist die Massentierhaltung schuld.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lieber Herr Ranner, Sie wissen, dass ich diejenige bin, die immer sagt, dass die Bauern mehr Geld für ihre Lebensmittel, für gute Qualität bekommen müssen. Ich bin auf Ihrer Seite. Wenn wir Verbraucher jedoch so viel Fleisch essen, wie wir das momentan tun, sind die Bauern gezwungen, ihre Tiere auf engem Raum zu halten. Dadurch entstehen diese Verletzungen. Ich bin zwar keine Bäuerin, aber ich rede mit Bauern.

Gerade wir beide sind doch oft genug einer Meinung. Ich fand es zum Beispiel sehr gut, dass Herr Dr. Marcel Huber im Ausschuss das betäubungslose Schächten abgelehnt hat. Ich habe die große Hoffnung, dass wir hier – wie beim Landesgesundheitsrat – eine einvernehmliche Meinung erreichen werden. Bei einigen Themen kommen wir voran.

Das Land Rheinland-Pfalz hat beim Bundesverfassungsgericht eine Normenkontrollklage gegen die Rücknahme des Verbots der Käfi ghaltung eingebracht. Die Käfi ghaltung von Hühnern wäre nicht möglich, wenn wir ein Verbandsklagerecht hätten. Da wir das aber nicht haben, durfte dieses Verbot der Käfi ghaltung rückgängig gemacht werden. Bundesminister Seehofer hat es als großen Erfolg bezeichnet, dass künftig 33 Masthühner auf einem Quadratmeter sitzen dürfen. Stellen Sie sich das einmal vor: 33 Hühner auf einem Quadratmeter. Glücklicherweise leben diese Hühner nur ein paar Wochen; das ist aber qualvoll genug. Dagegen können wir nichts machen, weil wir kein Verbandsklagerecht haben.

Sowohl die SPD als auch wir fordern dieses Verbandsklagerecht nur für anerkannte Tierschutzverbände im Einklang mit dem Umweltministerium. Wir wollen keine Alleingänge machen. Die Befürchtung ist immer, dass irgendein „gspinnerter Tierschützer“ kommt und sich gegen irgendetwas beschwert. Das Gegenteil ist der Fall. Es hat sich gezeigt, dass es weniger Klagen gibt, wenn nur anerkannte Verbände klagen dürfen. Leider ist dieses Anliegen von der CSU bisher abgelehnt worden.

Frau Kollegin Guttenberger hat zu bedenken gegeben, dass sich kleinere Tierschutzverbände diskriminiert fühlen könnten. Das ist natürlich absurd. Im Gegensatz zur SPD sind wir aber der Meinung, dass nicht nur vier Verbände anerkannt werden sollten. Ich erinnere nur an die Vier Pfoten und an PETA, die großartige Tierschutzarbeit leisten, zum Beispiel bei der Befreiung der letzten Tanzbären. In den östlichen Staaten fand diese Quälerei noch statt. Die Tanzbären mussten auf heißen Platten tanzen. Die letzten dieser Bären wurden inzwischen befreit. Diese Tierschutzorganisationen wie Vier Pfoten oder PETA sollten im Gesetz genannt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich bitte Sie, sich diese Sache noch einmal zu überlegen. Es

wird keine Flut von Klagen auf uns zukommen, wie Sie befürchten. Das Verbandsklagerecht gibt es auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im Behindertenrecht, im Wettbewerbsrecht und beim Naturschutz. Der Baum ist auch ein Lebewesen, das nicht klagen kann. Er leidet aber genauso. Auch das Tier leidet. Es ist nicht die Frage, ob Tiere denken, sondern ob sie leiden können. Dieser Gedanke sollte stärker in unseren Köpfen Einzug halten.

Ich freue mich, dass Bischof Gregor Hanke den Tierschutz sehr unterstützt, und bin zuversichtlich, dass sich dieses Denken weiter verbreiten wird. Ich werde jetzt keine fünfzehn Minuten brauchen. Frau Kollegin Biedefeld wird auch noch sprechen. Ich würde mir aber von der SPD wünschen, dass sie unserem Gesetzentwurf zustimmt, den sie im Ausschuss wegen der geringfügigen Frage abgelehnt hat, wie viele Verbände ein Klagerecht erhalten sollten. Wir sind hier großzügiger. Wir haben dem Gesetzentwurf der SPD zugestimmt. Vielleicht kann sich die SPD einen Ruck geben und unserem Gesetzentwurf auch zustimmen. Ich hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen von der CSU unserem Gesetzentwurf auch noch zustimmen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Landtagsfraktion hat einen eigenen Gesetzentwurf zur Einführung einer Tierschutzverbandsklage für Tierschutzverbände eingebracht. Dieser Gesetzentwurf zielt in die gleiche Richtung wie der Gesetzentwurf des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Uns geht es darum, den Tieren eine Stimme zu geben. Werte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Bayern hat heute wieder einmal die Chance, sich beim Tierschutz an die Spitze der Bewegung zu setzen, weil jetzt die Möglichkeit besteht, vonseiten des Landes entsprechende Regelungen auf den Weg zu bringen. Darauf werde ich in meinen weiteren Ausführungen noch eingehen.

Gegenwärtig können nur Tierhalter bzw. Tiernutzer die Gerichte anrufen. Ein Tierhalter kann zum Beispiel klagen, wenn ihm Tierschutzaufl agen nicht passen. Ein anderes Beispiel: Ein Tierexperimentator kann klagen, wenn ihm die Behörde einen Versuch untersagen will. Das bedeutet: Wer weniger Tierschutz durchsetzen will, der darf klagen. Ich habe das an diesen beiden Beispielen aufgezeigt. Wer den Tieren jedoch zu dem Schutz verhelfen will, der ihnen eigentlich rechtlich zusteht, dem sind die Hände gebunden, weil wir nach wie vor keine Möglichkeit haben, über das Tierschutzverbandsklagerecht einzuschreiten.

Wir haben in unserem Gesetzentwurf klar aufgezeigt, welchen Verbänden wir dieses Tierschutzverbandsklagerecht einräumen wollen. Hier unterscheidet sich unser Gesetzentwurf vom Gesetzentwurf des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wir haben vier Verbände genannt, wobei ein Verband eine Dachorganisation für eine

Vielzahl von kleineren Tierschutzorganisationen ist. Es handelt sich um wenige große, ausgewählte und anerkannte Tierschutzverbände, denen die Möglichkeit zur Verbandsklage eingeräumt werden soll. Wir haben diese Verbände im Gesetz ausdrücklich namentlich aufgeführt. Es handelt sich um den bayerischen Tierschutzbund, den Bund gegen den Missbrauch der Tiere e. V., Landesverband Bayern, Animal 2000 – Menschen für Tierrechte Bayern – und das Bündnis Bayerischer Tierrechtsorganisationen. Dieses Bündnis ist die Dachorganisation für viele einzelne Tierschutzorganisationen.

Wir haben diese Verbände namentlich aufgeführt, weil sie über bayernweite Strukturen verfügen und hinter ihnen sehr viel Sachverstand und Fachverstand steckt. Dieser Sachverstand bezieht sich auf die rechtlichen Fragen und die fachliche Ausrichtung. Diese Verbände wären kompetente und seriöse Partner, von denen eine kompetente und seriöse Arbeit zu erwarten ist. Daran besteht für uns kein Zweifel.

Neben dem Verbandsklagerecht wollen wir in unserem Gesetzentwurf auch mehr Mitbeteiligung und Mitspracherecht regeln. Die Tierschutzverbände sollten zu allen fachlich einschlägigen Gesetzen und Verordnungen gehört und von vornherein früher in die entsprechenden Verfahren einbezogen werden. Bei einer solchen frühzeitigen Einbeziehung von Verbänden mit Sach- und Fachverstand könnten eventuell auch Verfahren verkürzt werden. Wenn der Sachverstand frühzeitig einfl ießt, könnte auch eine größere Transparenz erreicht werden. Das ist unser Ziel. Deshalb fordern wir dies mit unserem Gesetzentwurf ein.