Wo steht die Opposition tatsächlich? Wirksamkeit und konkrete Umsetzung eines solchen Berichtes müssen wir immer wieder kritisch hinterfragen. Das bitte ich Sie, allen Ernstes zu tun, weil Sie dann sehen, dass in der Prioritätensetzung die Maßnahmen, die wir auf der Basis vorhandener Daten tatsächlich bereits umsetzen können, in den Vordergrund rücken können und das Datenmaterial erst dann weiterzuentwickeln ist, wenn die Entwicklungen durch bundesgesetzliche Maßnahmen tatsächlich voll berücksichtigt sind.
Ich möchte, Frau Kollegin Ackermann, auch wenn Sie es nicht hören können, diesen Dreiklang noch einmal ansprechen. Ich denke, dass in der Tat aus sozialpolitischer Sicht dieser Dreiklang sehr wichtig ist: Wir müssen konsolidieren
und wir müssen dann die erforderlichen Reformen durchführen und die Investitionen vordringlich auch im sozialen Bereich umsetzen. Das ist Gegenstand der Regierungserklärung und der Schwerpunkte, auf die auch die CSU-Landtagsfraktion in diesem Zusammenhang setzt.
Herr Kollege Unterländer, wir kennen uns lange genug, sodass ich den Eindruck habe, es darf nicht zutage kommen, was in Bayern nicht sein darf, nämlich dass es bei uns arme Menschen gibt. Darum empfinde ich das, was Sie hier verbreiten, etwas schwierig und ich habe wirklich die Bitte, deutlich zu sagen, warum Sie den Armutsbericht nicht mehr haben wollen oder nicht mehr in der bisherigen Form haben wollen.
Ich muss Ihnen aber sagen, dass Sie mir bitte zuhören sollten, warum ich die Prioritätensetzung im Moment da sehe, wo es gerade um diese Menschen geht, um die es Ihnen angeblich auch geht. Wenn Sie Glauben machen wollen, eine Ablehnung des Sozialberichtes wäre hier Gegenstand der Diskussion, so ist das eine völlige Fehleinschätzung. Wenn Sie glauben, dass irgendwer in diesem Hohem Haus Probleme hätte mit Ergebnissen von wissenschaftlichen Erhebungen, die Auswirkungen auf die gesellschaftliche und soziale Ordnung in diesem Land haben, dann täuschen Sie sich; dann greifen Sie doch bitte auf das zurück, was Ihre Fraktion, die Fraktion der SPD selbst beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin im Zusammenhang mit der Spardiskussion in Auftrag gegeben hat. Dabei kommt nämlich unter anderem zum Ausdruck, dass Bayern bei den Sozialausgaben nach wie vor an der Spitze liegt.
Wenn Sie das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dann frage ich mich, wo Ihr politischer Realitätssinn ist. Ich glaube, Sie wollen den Sozialbericht nur instrumentalisieren, um die Realitäten nicht wahrnehmen zu müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus diesen von mir geschilderten Gründen halte ich Ihre n Antrag für nicht unterstützenswürdig, weil ich glaube, dass wir in einer realistisch verstandenen Aufarbeitung der sozialpolitischen Entwicklung für die Zukunft eine gute Grundlage haben, um die notwendigen politischen Entscheidungen zu treffen.
Wenn sich die großen Reformen auf Bundesebene auf unser Land leider voll niedergeschlagen haben, dann sind die Möglichkeiten vorhanden, weiter über diesen Bericht zu diskutieren. Als meine persönliche Meinung muss ich ganz ehrlich sagen, ich halte ihn nicht für eine entscheidende Grundlage, um hier die richtigen Weichenstellungen zu setzen. Ich bitte Sie deshalb, diesem Antrag nicht zuzustimmen.
Ich gebe zwischenzeitlich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Mit Ja stimmten 97 Abgeordnete, mit Nein 48 Abgeordnete. Das Gesetz ist damit angenommen. Es hat den Titel „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Zuständigkeiten in der Landesentwicklung und in den Umweltfragen und des Bayerischen Landesplanungsgesetzes“.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Unterländer, wir sind hier im Bayerischen Landtag. Wir sind bayerische A b g e o rdnete und tragen hier Verantwortung in Bayern und für die Menschen in Bayern. Gerade deshalb brauchen wir die Fortschreibung des Bayerischen Sozialberichtes. Wenn Sie sagen, wir wären widersprüchlich, dann frage ich Sie, wer ist denn hier widersprüchlich? Das sind doch Sie mit Ihrer Rolle rückwärts und mit Ihrer Verabschiedung aus den einstimmigen Beschlüssen zur Fortschreibung des bayerischen Sozialberichtes.
Wenn wir die Investitionen im Sozialbereich, die Sie angesprochen haben, vernünftig umsetzen wollen, dann brauchen wir eben deshalb die Fortschreibung, damit wir die Mittel, die wir haben, zielgerichtet dort einsetzen können, wo sie notwendig und wichtig sind und wo sie bei den Menschen ankommen, die unsere Unterstützung brauchen.
Ich halte es mittlerweile für ein Trauerspiel um die Fortschreibung des Sozialberichtes. Ich darf Ihnen sagen, Sie eiern schlichtweg rum. Es gibt einen einstimmigen Beschluss des Landtags, in jeder Legislaturperiode den Sozialbericht bzw. dessen Fortschreibung vorzulegen. Die Geschichte ist die, dass 1998, also in der 13. Legislaturperiode der Sozialbericht, der Analyseband bereits bekannt war. Er wurde bis in die 14. Legislaturperiode zurückgehalten und dann von der Bayerischen Staatsregierung noch mit entsprechenden Erläuterung und der entsprechenden Lyrik versehen und erst 1999 vorgelegt. Der Sozialbericht scheint also wirklich bei Ihnen sehr unbeliebt zu sein, weil er halt auch deutliche Wahrheiten enthält. Deshalb wollen Sie ihn nicht so schnell fortschreiben, wenn überhaupt. Der erste Trick ist also, er wurde nicht fortgeschrieben in der Legislaturperiode in der er eigentlich fortzuschreiben gewesen wäre. Der zweite Trick ist jetzt, dass es jetzt am Donnerstag bei der Beratung unseres Antrages im Ausschuss deutlich geworden: Sie sagen, wir haben noch Zeit bis 2008, denn so lange
dauert die Legislaturperiode. – Das sind also zehn J a h re von der Erstveröffentlichung bis zur Fortschreibung. Das ist die Zeit von zwei Legislaturperioden. Es ist also ein eindeutiges Verzögerungsmanöver. Dann hat noch dazu Ihr Kollege Imhof gesagt: Wenn wir es nicht in der 15. Legislaturperiode machen, dann können wir die Fortschreibung ja auch in die nächste also in die 16. Legislaturperiode verlegen. Das ist Wortbruch was einen Beschluss des Bayerischen Landtags angeht.
Da frage ich mich, warum denn dieses Manöver, und ich frage mich, wovor haben Sie denn Angst? Ich darf Ihnen Frau Stamm zitieren, die zu dem Zeitpunkt der Vorstellung noch bayerische Sozialministerin war, die gesagt hat: Der bayerische Sozialbericht bietet in seinem umfangreichen Datenmaterial eine exzellente Grundlage für die Fortsetzung einer präventiven Arbeits- und Sozialpolitik in Bayern.
Das sollten Sie sich merken! Das gilt auch für Frau Staatsministerin Stewens, die gerade vorhin verkündet hat, genau dort zu kürzen und zu streichen, wo der Sozialbericht deutliche Defizite aufgezeigt hat. Der Sozialbericht zeigt nämlich auf, dass es auch in einem reichen Land wie Bayern, Armut gibt. Das Wort von der Bildungsarmut wird deutlich in den steigenden Zahlen von Kindern und Jugendlichen ohne Schulabschluss. Der Zugang zur Bildung ist stark abhängig vom sozialen Status. Wir finden deutliche Zusammenhänge von fehlender Kinderbetreuung –
Sie können sich dann noch einmal melden, Herr Unterländer, jetzt rudern Sie halt nicht so – vom Familieneinkommen, von Alleinerziehenden und von Kinderarmut sowie von der Gesundheit außerdem von regionalen Unterschieden, die es eigentlich laut Bayerischem Landesentwicklungsprogramms nicht geben dürfte. Auch sie werden im Sozialbericht deutlich aufgezeigt. Sie fangen beim Einkommen an und hören bei der Lebenserwartung auf.
Der Bericht gibt eine Fülle von Informationen als Arbeitsgrundlage für unsere Politik, für die bayerische Landespolitik. Wer das sehen will, der sieht es und wer lesen kann und lesen will, der liest es auch. Deshalb ist eine zeitnahe Fortschreibung notwendig. Wir haben dies als SPD-Fraktion im sozialpolitischen Ausschuss am vergangenen Donnerstag mit dem Antrag eingefordert. Aber Sie haben den Antrag am vergangenen Donnerstag abgelehnt.
Berichterstatter war, konnte ich nicht nachvollziehen; die kann keiner nachvollziehen. Da hieß es, das sei zu teuer. Das kostet rund 500 000 Euro. Wer sich die größte Landesregierung aller deutschen Bundesländer leisten kann, kann auch die Fortschreibung eines Sozialberichts finanzieren.
Wer sich eine PR-Aktion mit bunten Anzeigen in allen Zeitungen und mit Flyern für die Kürzungen im Nachtragshaushalt 2004 leisten kann, kann auch die Fortschreibung finanzieren.
Die plötzlich auftauchenden Mehrkosten von 50 Millionen DM beim Bau der Pinakothek der Moderne sind bezahlt worden. Da frage ich mich, was so schwierig daran sein soll, die Fortschreibung des Sozialberichts zu finanzieren.
Wir als SPD-Fraktion werden einen Haushaltsantrag dazu stellen, damit Sie nicht sagen können, dass im Haushalt kein Geld für die Fortschreibung eingestellt ist. Das weitere Argument, das gegen unseren Antrag und den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN vorgebracht wird, ist genauso wenig zielführend. Ich bedauere ganz besonders, dass das Herr Imhof gesagt hat. Schließlich ist Herr Imhof ein ehemaliger Mitarbeiter der Caritas. Deshalb halte ich die Argumentation für besonders schlimm, dass man die Fortschreibung nicht mehr in dieser Legislaturperiode durchführen könne und dass man bis 2008 Zeit hätte; man könne das auch in die nächste Legislaturperiode verschieben. Meine Kolleginnen und Kollegen der CSU, das geht gegen das Selbstverständnis des Parlaments. Wir stehen beim DGB im Wort, der der eigentliche Initiator des Sozialberichts ist, und auch bei den Wo h l f a h r t sverbänden. Sie nehmen Ihre eigenen Beschlüsse nicht ernst. Das ist eine schlimme Entwicklung. Hat Ihnen denn die Staatsregierung schon alle Zähne gezogen, sodass Sie sich wirklich nichts mehr trauen?
Aufgrund der Ergebnisse des Sozialberichts gab es die erste Armutskonferenz der Wohlfahrtsverbände zur Situation der Kinder und Jugendlichen in Bayern. Themen dabei waren die Bildungsarmut, die Armut von Kindern von Alleinerziehenden, Integrationsschwierigkeiten usw. Daraus hat sich ein Antrag entwickelt, dem Sie auch zugestimmt haben, nämlich die Fortschreibung des bayerischen Sozialberichts um das Kapitel „Kinder und Jugendliche in Bayern“ zu erweitern. Das war ein einstimmiger Beschluss. Davon wollen Sie jetzt nichts mehr wissen. Am 31. März findet die zweite Armutskonferenz der Wohlfahrtsverbände statt, die sich mit eben jenen Bereichen beschäftigen wird, in denen
Sie kürzen wollen und die einen Sprengstoff im bayerischen Sozialbericht darstellen, nämlich mit den Themen „Jugendliche in Bildung und Beruf“, „Menschen in besonderen Notlagen“, „Alte Menschen“, „Ehrenamt“ und „Selbsthilfe“.
Wir stimmen dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu, denn wir haben bereits in der letzten Woche im Ausschuss einen Antrag auf Fortschreibung gestellt. Diesen Antrag haben Sie abgelehnt. Ihnen wäre dringend anzuraten, hier mitzumachen und nicht wortbrüchig zu werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat im Jahr 1996 auf der Grundlage von zwei Anträgen – von der CSUFraktion und der SPD-Fraktion – beschlossen, dass der Sozialbericht von der Bayerischen Staatsregierung erarbeitet wird.
Im Frühjahr 1999 wurde der Bericht zur sozialen Lage in Bayern dem Landtag vorgelegt. Das war durchaus eine gute Datengrundlage und eine gute Grundlage für die bayerische Sozialpolitik, gar keine Frage. Der Sozialbericht, der hier im Bayerischen Landtag intensiv diskutiert wurde, hat gezeigt, dass die soziale Lage in Bayern
im Vergleich zum übrigen Deutschland durchaus gut ist. – Herr Kollege Wahnschaffe, Sie wissen das sehr genau. Der Anteil der Sozialhilfebezieher in Bayern liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
E h e p a a re mit Kindern und Alleinerziehende in Bayern waren im Vergleich mit den alten Ländern weniger häufig in der Gruppe der Niedrigeinkommensbezieher, und der Anteil der überschuldeten Privathaushalte war im Vergleich der alten Länder in Bayern unterdurchschnittlich. Da, wo Defizite aufgezeigt worden sind, ist mittlerweile nachgebessert worden; ich erinnere nur an das 313-Millionen-EuroProgramm für die Kinderbetreuung. Dahinter steckt eine gewaltige finanzielle Anstrengung des Freistaates Bayern.
Jetzt kommen wir zur Fortschreibung des Sozialberichts von 1999. Wir müssen uns gerade vor dem Hintergrund der schwierigen finanziellen Situation sehr genau überlegen, was wir uns tatsächlich zurzeit noch leisten können. Wir müssen alle öffentlichen Ausgaben exakt hinterfragen, auf den Prüfstand stellen und Schwerpunkte setzen. Wir können nicht auf das unbedingt Notwendige verzichten, aber durchaus Wünschenswertes zurückstellen. Bei der Schwerpunktsetzung für die Ausgaben in meinem Haushalt habe ich den Sozialbericht als „Wünschenswertes“ eingestuft. Die Kosten wurden hier schon genannt: eine halbe Million Euro. Diese Zahl ist aber nur eine Fortschreibung der Kosten im Jahr 1999. Im Landtag wurden ja noch zusätzliche Ausgaben beschlossen; ich erinnere an die Kinder- und Jugendhilfe. Dahinter steckte eine hervorragende wissenschaftliche Arbeit. Wir müssen die Qualität erhalten. Wir haben uns auch überlegt, ob wir einen einfacheren Sozialbericht erstellen sollen. Einen solchen Bericht hätte ich dem Bayerischen Landtag aber ungern vorgelegt; der wäre auch angegriffen worden. Deshalb ist es wichtig, dass zusätzlich zu den Sozialdaten in Bayern eine wissenschaftliche Ausarbeitung vorliegt. Der Sozialbericht wäre daher schon teurer geworden.