Protokoll der Sitzung vom 12.03.2008

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise darauf hin, dass beide Antragsteller, also beide Fraktionen, Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt haben. Ich sage dies, damit Sie sich bereits jetzt darauf einrichten können. Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Bause.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen jetzt zu dem Thema, das bei Ihnen die Hütte brennen lässt und das angeblich an Ihrem Wahldebakel bei der Kommunalwahl schuld ist, nämlich zum Nichtraucherschutz bzw. zum Gesundheitsschutz. Ich frage mich, wie Sie das nur schaffen: Jeden Tag denkt man, dass die CSU ihr Limit an Peinlichkeit,

an Blamage, an Kopfl osigkeit und Chaos erreicht hat. Und dann toppen Sie das am nächsten Tag noch mühelos.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was Sie hier liefern, ist wirklich eine satte Leistung. Das Gesundheitsschutzgesetz ist noch nicht einmal 100 Tage alt. 100 Tage gibt man einem Regierungschef, um zu beweisen, dass er seinen Job kann. 100 Tage sind eine Bewährungsfrist. Das Gesetz zum Gesundheitsschutz ist noch nicht einmal 100 Tage alt, da wollen Sie es schon wieder aushebeln. Sie haben sich in den letzten Tagen mit Änderungsforderungen, Ausnahmeregelungen, Übergangsfristen und mit Eingeständnissen von Vollzugsdefi ziten, mit Umgehungsvorschlägen und Aushebelungsversuchen überschlagen. Das zeigt, in welchem Chaos Sie stecken, seitdem Sie bei der Kommunalwahl einen Denkzettel bekommen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, gegen Ihr Auftreten und Ihr Erscheinungsbild ist ein Hühnerhaufen eine hoch disziplinierte Versammlung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Ministerpräsident, der heute das Fernbleiben vorzieht, hat das spanische Modell für Bayern vorgeschlagen.

(Alexander König (CSU): Der Ministerpräsident war schon da!)

Ich frage mich, was er damit meint. Meint er eine sozialistische Regierung in Bayern? Das wäre auch eine Möglichkeit.

(Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Da werden die Genossen wieder wach.

(Franz Maget (SPD): Wir würden euch mitnehmen!)

Der Ministerpräsident meinte natürlich die spanische Regelung des Nichtraucherschutzes. Was bedeutet das in der Realität? Die spanische Regelung bedeutet, dass unter dem Strich nach der Einführung des Rauchverbots in den Kneipen mehr geraucht wird als vorher. Herr Ministerpräsident, wenn Sie das wollen, sagen Sie es klipp und klar. Hören Sie aber bitte mit den Vernebelungsversuchen auf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der CSU-Vorsitzende Huber hat am Tag nach der Kommunalwahl gefordert, dass am Rauchverbot etwas geändert werden müsste. Herr Kollege Spitzner, angeblich hat ja die Debatte um das Rauchverbot überhaupt nichts mit

der Kommunalwahl zu tun. Herr Huber hat damit deutlich gemacht, welch großer Provinzstratege er ist undvor allem, welchen Stellenwert der Gesundheitsschutz bei ihm hat.

Der Fraktionsvorsitzende der CSU, der es heute auch vorzieht, nicht zu erscheinen,

(Franz Maget (SPD): Ein unglaublicher Vorgang!)

hat tagelang bei seinen Fraktionskollegen herumtelefoniert, die sich auf diversen Ausschussreisen befanden, und hat sie auf seine Linie eingeschworen, damit er als Fraktionsvorsitzender nicht beschädigt und nicht zum Sündenbock gemacht wird. Er wollte Konsequenz und Standhaftigkeit beweisen.

Das Chaos treibt täglich neue Blüten. Es werden mal mehr und mal weniger Ausnahmen gefordert. Es wird gefordert, alles so zu lassen oder alles zu ändern. Und es gibt fast jede nur denkbare Position dazwischen. Kolleginnen und Kollegen von der CSU, das ist ein Spiegel für Ihren Zustand. Sie sind dilettantisch, orientierungslos, kopfl os und völlig unfähig zum Krisenmanagement.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und dann Ihr Beschluss von heute. Er ist absolut genial. Das Gesetz gilt, aber es gilt nicht; zumindest nicht in Bierzelten und in Hallen, zumindest nicht in diesem Jahr. Wer weiß, wann es überhaupt gilt. Was ist das? Das ist nicht das Festhalten an einem konsequenten Nichtraucherschutz. Das ist der Anfang vom Ende des Nichtraucherschutzes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was passiert jetzt? Vielleicht haben Sie heute die Äußerung des Präsidenten des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, Herrn Gallus, gelesen. Ich kann ihn gerne zitieren. Meldung von heute: Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband kritisiert die von der CSU beschlossene Aussetzung des Rauchverbots in Festzelten für dieses Jahr als „Wahnsinn“ und „grobe Wettbewerbsverzerrung“. „Unter unseren Mitgliedern gibt es Riesenunmut“, sagte Verbandspräsident Gallus. „Diese Entscheidung kann ich niemanden erklären. Wir sind jetzt die Dummen“, beklagte der Wirte-Vertreter. „Die Aussetzung bis zum 1. Januar 2009 muss für alle gelten und nicht nur für die Festzelte.“

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und weiter: In Bayern gebe es pro Jahr 65 000 genehmigte Volksfeste. Das sei eine direkte Konkurrenz zu den örtlichen Lokalen, in denen weiterhin nicht geraucht werden darf. Herr Gallus könne seinen Verbandskollegen nur raten, sich jetzt selbst zu helfen und einfach Partyzelte oder Disco-Zelte auf ihrem Gelände aufzubauen. So wird es jetzt weitergehen. Da wünsche ich Ihnen viel Vergnügen!

Sie werden mit einer Flut von Klagen zu rechnen haben, weil jeder, der keine Ausnahmegenehmigung bekommen hat, versuchen wird, diese auf dem Klageweg durchzusetzen. Ich wünsche Ihnen auch dabei viel Vergnügen. Das Schlimmste an dieser Diskussion ist aber, dass Sie damit das Signal geben, es gibt hier zwar ein Gesetz, aber die Leute dürften es ohne weiteres missachten, weil die Durchsetzung dieses Gesetzes die CSU nicht interessiert. Das Nichtraucherschutzgesetz, das Gesundheitsschutzgesetz, ist offenbar das unbeliebteste Gesetz, das Sie hier je verabschiedet haben. Das machen Sie Tag für Tag mit all Ihren vielfältigen Äußerungen deutlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben gesagt, das Münchner Kreisverwaltungsreferat habe Ihnen in einem dramatischen Brief Sicherheitsbedenken und Sicherheitsschwierigkeiten genannt, sodass das Gesetz leider nicht umgesetzt werden könnte. Ich fi nde es gut, wenn Sie derart schnell auf Briefe aus der Landeshauptstadt oder auf Briefe des Herrn Oberbürgermeisters reagieren. Ich werde Herrn Ude sagen, dass er einen Brandbrief an den Herrn Ministerpräsidenten schicken soll, in dem er große Sicherheitsbedenken beim Transrapid nennt. Dann wäre dieses Projekt übermorgen schon beerdigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich halte es für bodenlos, dass Ihr Fraktionsvorsitzender auf die Frage in der Pressekonferenz, warum er dieser Ausnahme zustimmt, erklärte, dass die Sicherheitsbedenken auf der Wiesn gravierend seien und als Beispiel dafür das Attentat auf der Wiesn aus dem Jahr 1981 genannt hat. Das halte ich für absolut bodenlos und unsäglich. So etwas ist nicht tragbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das zeigt, in welch verheerender Lage sich Ihr Fraktionsvorsitzender befi ndet.

Wir haben einen Dringlichkeitsantrag gestellt, in dem drei Dinge festgestellt werden:

Erstens. Das Gesetz gilt. Es wird umgesetzt und es wird vollzogen. Es gibt Kontrollen und Verstöße werden geahndet. Meine Damen und Herren von der CSU, das sind Selbstverständlichkeiten in einem Rechtsstaat, die wir Ihnen wieder ins Bewusstsein rufen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens. Die Rechtsunsicherheit wird durch klare und eindeutige Vollzugshinweise beseitigt. Es gibt keine weiteren Ausnahmeregelungen.

Drittens. Es gibt keinen Anlass und keinen Spielraum für die Vollzugsbehörden, den Vollzug für bestimmte Zeiträume oder Orte auszusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das steht in unserem Antrag. Dieser Antrag bekräftigt das Gesundheitsschutzgesetz, das Sie, die SPD und die GRÜNEN, im Dezember gemeinsam beschlossen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie diesem Gesetz im Dezember 2007 zustimmen konnten, gibt es keinen Grund, unserem Dringlichkeitsantrag im März 2008 nicht zuzustimmen. Wenn Sie heute die erste Ausnahme beschließen, dann werden weitere Ausnahmen folgen. Der Nichtraucherschutz würde damit Zug um Zug eingeäschert. Am Ende wird das Gesundheitsschutzgesetz das Papier nicht mehr wert sein, auf dem es steht. Wenn Sie sich nicht endgültig lächerlich machen und den Gesundheitsschutz nicht vollends in der Pfeife rauchen wollen, dann stimmen Sie unserem Dringlichkeitsantrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen ist viel von der Glaubwürdigkeit in der Politik geredet worden. Auch hier und heute ist von Mitgliedern der Staatsregierung die Frage der Glaubwürdigkeit aufgeworfen worden. Ich glaube, dass sie das überwölbende Thema für die Diskussion ist, die wir heute führen.

Wir haben in diesem Hause eine lange, sehr ernsthafte und zum Schluss auch erfolgreiche Debatte über den Gesundheitsschutz und für den Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens geführt. Ihr heute durch Abwesenheit glänzender Fraktionsvorsitzender Schmid hat sich dabei als kraftvoller Macher präsentiert und Ihnen einen Kurs aufgedrückt, von dem man nicht so recht wusste, wie lange Sie ihn mittragen würden. Dieses Gefühl hat uns nicht getrogen. Die SPD-Fraktion hat an der einen oder anderen Stelle Bedenken gegen den Gesetzentwurf der Staatsregierung gehabt. Wir hätten es lieber gesehen, wenn Sie unseren Gesetzentwurf unterstützt hätten. Dazu waren Sie aber nicht in der Lage.

Unsere Bedenken waren gegen die geschlossenen Gesellschaften gerichtet. Die Praxis in diesem Land zeigt, dass die Lücken, auf die wir Sie hingewiesen

haben, von fi ndigen Wirten ausgenützt werden, um das Gesetz zu konterkarieren. Auch das hätte man sich sparen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)