Meine Damen und Herren, Herr Kollege Prof. Eykmann hat für diesen Beitrag gerade noch drei Minuten zur Verfügung. Wenn Sie ihn permanent durch Zwischenfragen stören, dann ist das, denke ich, keine sinnvolle Art der Beratung.
Ja, ich kann Nachspielzeit gewähren. Dann kann sich der Redner noch einmal zu Wort melden. Aber zunächst haben wir den 15-Minuten-Rhythmus.
Sie müssen wissen, hinsichtlich der 42-Stunden-Woche steht das Wort des Ministerpräsidenten, der vom Gleichklang
gesprochen hat. Das Argument des Gleichklangs gefällt Ihnen natürlich nicht, weil es bedeutet, dass man den Tarifvertrag kündigen muss, und das ist es, was Ihnen an der Geschichte überhaupt nicht gefällt. Die Frage ist nämlich nicht, ob 42 oder 41 Stunden für die Beamten des Öffentlichen Dienstes angemessen sind, sondern die Frage ist, wie man die Ungleichbehandlung von Angestellten und Beamten beseitigen kann. Dies muss nach meinem Verständnis schlicht durch die Kündigung des Tarifvertrags geschehen und/oder durch das Verlassen der TdL.
Wenn sich der Tarifpartner auf der anderen Seite in keiner Weise bewegt, muss man diesen Weg gehen; denn es kann nicht sein, dass bei der Arbeitszeit der Beamten und der Angestellten in der gleichen Dienststelle ein Unterschied von dreieinhalb Stunden besteht. Ich denke, über dieses Thema werden wir noch zu diskutieren haben, weil die Ministerpräsidentenkonferenz am 24./25. März dies klären wird.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich einen Vorschlag machen, über den Sie, aber auch wir nachdenken sollten, nämlich ob wir dann, wenn die 42-StundenWoche kommt, Überlegungen anstellen, wie es zum Beispiel in Hessen geschehen ist, dass man innerhalb der Beamtenschaft entsprechend dem Lebensalter unterschiedliche Belastungen herbeiführt. Das wäre zumindest ein Weg, der Notwendigkeit des Sparens an dieser Stelle Rechnung zu tragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der Auffassung, dass die Bayerische Staatsregierung im Gegensatz zu anderen Länderregierungen eindeutig nicht am Berufsbeamtentum rütteln lässt. Deshalb bin ich der Auffassung, dass wir dem vorgelegten Nachtragshaushalt zustimmen sollten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die diesjährigen Beratungen zum Nachtragshaushalt finden in einer historischen Situation statt. Ich denke, es ist noch nie passiert, dass für das Hohe Haus Polizeischutz angesagt war, und zwar in weitem Bogen um das ganze Gebäude. Münchnerinnen und Münchner sind quasi in Schutzhaft genommen worden; sie konnten nicht einmal mit der Straßenbahn hier vorbeifahren. Wir haben eine völlig neue Situation. Diese Regierung versöhnt nicht, sie spaltet, und zwar selbst beim Haushalt.
Meine Damen und Herren, dass Sie die Loyalität von Polizeibeamten derart strapazieren, dass sie Ihre
eigenen Kolleginnen und Kollegen, die demonstrieren, in Schach halten müssen, ist ein unglaublicher Vorgang und dieses Staates nicht würdig.
Herr Kollege Prof. Eykmann, wenn Sie davon sprechen, dass man den Tarifvertrag kündigen muss, weil zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten kein Gleichklang mehr herrscht, dann muss ich schon voraussetzen, dass Sie über Ursache und Wirkung Bescheid wissen. Die Ursache war, dass die Staatsregierung die Beamten 40 Stunden arbeiten ließ, obwohl dies in Gesetzen anders ausgehandelt war. Das Spiel könnte man natürlich auch umgekehrt treiben. Ihren Worten entnehme ich, dass Sie sich wie ein richtiger Arbeitgeber gerieren wollen nach dem Motto, wenn Ihr nicht brav seid, steigen wir aus der TdL aus, und macht ihr nicht mit, fällt uns schon noch etwas ein.
Ich bin bei Ihnen etwas verwundert. Im Übrigen darf ich Frau Naaß etwas Unterstützung zukommen lassen. Herr Professor Eykmann, wir waren beim DGB bei einer Podiumsdiskussion. Damals habe ich Ihnen eine Wette angeboten, dass unmittelbar nach der Wahl eine Haushaltssperre kommen wird und über viele andere Dinge mehr geredet wird. Das haben Sie dann als Schwarzmalerei abgezeichnet, wenn ich Sie daran erinnern darf. Das zum Thema „Gebrochen“ und was sonst noch alles nachkommt. Ich würde da etwas vorsichtig sein, es soll nämlich Leute geben, die auch länger nachdenken und sich etwas merken.
Verwegen ist der Herr Finanzminister, der Wasser predigt und Wein säuft, indem er hergeht und sich in seinem Ministerium persönlich aufpumpt, da er bisher keinen Staatssekretär hatte und jetzt einen hat. Er hätte mit gutem Beispiel vorangehen können und hätte bei sich selber als erster sparen können. Das wäre vielleicht nicht schlecht gewesen und wäre vielleicht auch gar nicht aufgefallen.
Im Übrigen darf ich darauf hinweisen: Wer in einen Haushalt eine Einsparung von 20 Millionen durch die Kündigung von Tarifverträgen einstellt, den muss ich fragen: Herr Minister, woher nehmen Sie die Weisheit her, dass die Tarifparteien nachgeben? Könnten Sie uns die Mittel erklären, wie Sie es sonst erzwingen wollen. Dieser Tarifvertrag hat nämlich Nachwirkung. Jetzt müssen Sie diesem Haus einmal erklären, wie Sie da herauskommen wollen. Es sei denn, Sie zwingen Beschäftigte durch Einzelverhandlungen in den Verträgen dazu. Es fällt mir kein besonders schönes Wort dazu ein, daher lasse ich es bleiben zu sagen, welche Methode das wäre. Wer einen derart unsoliden Haushalt vorlegt, sollte über
andere Haushalte schweigen. Diese Zahlen stimmen nicht und man wird sehen, wie weit wir damit kommen.
Zu den Beamten: Sonderopfer sind genug gebracht, und zwar wahrlich genug. Die Liste ist lang und länger, als Frau Naaß aufgezählt hat. Man hat Beamte immer als Manövriermasse benutzt. Man hat gelegentlich ein bisschen Feuer gemacht, so nach dem Motto: Jetzt verunsichern wir sie etwas, das erhöht die Motivation. Vermeintlich, denn in Wirklichkeit ist es anders herum, aber das merkt man nicht, wenn man nicht selber betroffen ist. Ich sage nur: Wer darüber nachdenkt, im Vollzugsdienst der Polizei die Arbeitszeit zu verlängern – wer nur darüber nachdenkt –, der vergreift sich an etwas. Er versteht die Psyche von Menschen nicht. Wir wissen heute schon, dass die wenigsten Vollzugsbeamten, Polizisten und Feuerwehrleute überhaupt gesund das normale Pensionsalter erreichen. Dann sagen wir so locker: Na ja, ein paar Monate mehr oder weniger gehen schon noch. Ich behaupte einmal: Das führt nicht zur Motivation der Beamten der bayerischen Polizei und der Feuerwehr, sondern zu etwas ganz anderem, nämlich zum Wegtauchen und möglicherweise zum Überlegen: „Was muss ich denn eigentlich tun?“ - nicht mehr: „ Was sollte ich tun?“, sondern: „Was muss ich tun?“ Davor möchten wir warnen. Wir glauben nämlich nicht, dass die 40 Millionen, die Sie glauben, durch Arbeitszeitverlängerung bei Beamten sparen zu können, so wirksam werden. Man müsste sich im Verhältnis dazu die Fehlzeiten anschauen.
Wer dann so nebenbei noch einfließen lässt, dass demnächst auch die Ballungsraumzulage wieder ausläuft, der braucht sich nicht zu wundern, wenn dies zu großen Aufregungen führt.
Ich komme zum zentralen Punkt - es ist ein kleines Novum, was Bayern hier praktiziert: Der Herr Finanzminister erdreistet sich und hebelt über die Beamtengesetzgebung die Tarifautonomie der Gewerkschaften aus, indem er erst bei den Beamten etwas macht und dann bei den Arbeitern und Angestellten über Gleichbehandlung fabuliert. Das nenne ich rechtswidriges Aushebeln von Tarifverträgen. Wenn er dann vom arbeitsmarktpolitisch ahnungslosen Tunichtgut Söder sekundiert wird, der dann in das gleiche Horn stößt und sagt, man müsse die Tarifverträge der Gemeinden und Kommunen kündigen, dann muss ich fragen: Was hat sich da für eine Riege zusammengetan, um gegen Menschen, gegen Beamte, die Leistungen für diesen Staat, aber nicht nur für diesen Staat, sondern für die Bürger erbringen sollen, vorzugehen und so mit ihnen umzugehen?
Ich gehe davon aus, dass zumindest die Leute, die in ihren Sonntagsreden – ich sehe Herrn Peterke nicht, ich hätte ihm gern etwas zur Polizei gesagt –
darüber schwärmen, was man alles für Polizei und Beamte tun muss, das dann am Montag durch Ihr Verhalten bei den Abstimmungen wahr machen. Ich gehe davon aus, dass zumindest Herr Peterke – auch wenn Herr Professor Eykmann etwas anders gesagt hat – sich bei der Abstimmung enthält. Ich halte es für verwegen, sonst Beamten gegenüber zu treten und mit Ihnen darüber zu diskutieren, was man alles Gutes für sie tun muss.
Die Staatsregierung benimmt sich nach Gutsherrenart, die Ihre Beamten hält wie Sklaven. Wie man es gerade braucht, so macht man es mit ihnen. Das ist Geisterbahn fahren, das ist kein Arbeitsverhältnis mehr und wir könnten viele Beispiele aufzählen, wo sie Beamte demotivieren, wo Sie Beamte regelrecht dahin treiben, wo wir sie nicht haben wollen, nämlich in den geistigen Ausstieg aus ihrem Job. Ich bitte Sie deshalb, diesen Sparanträgen in dieser Form nicht zuzustimmen, sondern unseren Anträgen zuzustimmen. Wir glauben, es ist notwenig, diesen Staat funktionsfähig zu erhalten und nicht in Richtung Privatisierung zu treiben, nach dem Motto: „Das taugt ja sowieso alles nichts, das kostet nur Geld“ – so vermitteln Sie das permanent -, sondern wir müssen sagen: Wir wollen einen starken Staat, der für die Bewohnerinnen und Bewohner Bayerns da ist und die Leistungen erbringt, die notwendig sind.
Bevor ich das Wort zu den nächsten Wortmeldungen erteile, möchte ich angesichts der bisher gemeldeten Rednerliste etwas Orientierung über den Zeithorizont geben: Wir haben insgesamt noch 23 Wortmeldungen. Wenn die Redezeiten ausgeschöpft werden, haben wir einschließlich einer Antwort der Staatsregierung ungefähr 6 Stunden plus 2 Stunden Abstimmung. Ich bitte Sie, sich mental darauf einzustellen. Im Ältestenrat ist beschlossen worden, dass die Sitzung in jedem Fall durchgezogen wird und auch nicht durch die Schwelle über Mitternacht irgendetwas verfällt. Es ist allen selbst überlassen, die Wirkung einer solchen Demonstration abzuschätzen. Das ist nicht meine Aufgabe.
Wir beginnen mit dem Komplex Soziales. Erste Wortmeldung: Herr Wahnschaffe. – Herr Kollege Wahnschaffe ist nicht da. Dann verfällt zunächst diese Wortmeldung. Dann erteile ich Frau Dr. Strohmayr das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zur Sozialpolitik doch noch einige mir wichtige Dinge anmerken: Eingeweihte wissen es schon seit langem: Der Bayerische Ministerpräsident braucht vier Tiere, um zu überleben, nämlich einen Löwen, damit seine Partei zittert, ein Pferd,
das in der Fraktion ackert, einen Pfau, der ihn im Fernsehen vertritt und einen Esel, der alles zahlt.
Sehr geehrte Frau Ministerin Stewens, böse Zungen behaupten, Sie seien Teil des Zoos. Ich schließe mich ausdrücklich dieser Meinung nicht an, möchte Ihnen aber gratulieren: Sie haben es geschafft; ich meine damit Ihre Metamorphose von einer fachkompetenten Staatsministerin zu einer gnadenlosen Terminatorin Stoiberscher Sparpolitik.
Das soll ihnen erst einmal jemand nachmachen: den bayerischen Sozialetat so mir nichts dir nichts in fast jedem Posten zur Unkenntlichkeit zu zerfetzen. Nun können Sie wohl nicht anders, als Ihrem Chef heftig zu applaudieren, wenn dieser öffentlich immer wieder trommelt: Wir wollen Familien mehr fördern als bisher. Wie verlogen, wie zynisch!
Was aber haben Sie in Wahrheit für Familien, für Alte, Behinderte, Kranke und Benachteiligte in unserer Gesellschaft getan? Sie kürzen die Zuschüsse für das Familienprogramm um 40 %. Sie kürzen das Jugendprogramm um 14 %. Sie reduzieren den Landesaltenplan um 17 %. Sie mindern den Schutz des ungeborenen Lebens um 15 %. Sie kürzen den Zuschuss für den Abbau von Gewalt gegen Kinder und Frauen um 12 %. Sie kürzen bei den Mitteln für die Betreuung von Ausländer- und Aussiedlerfamilien um 20 %. Sie streichen bei der Insolvenzberatung, bei den Betreuungsvereinen sogar um 100 %, und Sie kürzen die Mittel für das Netzwerk Pflege. Beim Landeserziehungsgeld sparen Sie 20 %. Fürwahr, das ist ein bitterer Sparcocktail aus Ihrer Giftküche.
Ich frage mich: Was hat dieser Cocktail mit der von Ihnen, Frau Ministerin und Herr Stoiber, immer wieder behaupteten Stärkung der Familie zu tun?
Das Gegenteil ist der Fall. Ihre Pläne sind unsolidarisch und wirken nicht zugunsten, sondern zulasten kommender Generationen.
Familien sind für Kinder und Erwachsene, für das Zusammenleben der Generationen und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt von besonderer Bedeutung. Familien erfordern ein nachhaltiges
Planen der Politik, weil sie sich nicht nur am Erhalt des Bestehenden, sondern an der Lebensperspektive der Kinder orientieren. Nur ein familienfreundlicher Staat ist ein zukunftsfähiger Staat. Deshalb dürfen staatliche Hilfen für Familien, für Kinder und Jugendliche nicht zur Manövriermasse haushaltspolitischer Zielsetzungen gemacht werden.