Protokoll der Sitzung vom 16.03.2004

darauf hingewiesen, dass alle CSU-Abgeordneten diesem Ergebnis zugestimmt haben. Da finde ich es nicht anständig, wenn das Innenministerium den Eindruck erweckt, der Bund gehe mit schlechtem Beispiel voran, wenn man doch selber die Ursache dafür gesetzt hat.

Meine Damen und Herren, diese Kürzung von 286 Millionen Euro innerhalb von zwei Jahren auf etwas über 145 Millionen Euro tut insbesondere dort so weh, wo die Wohnungen ohnehin schon teuer sind.

Diese Kürzung wird eine preistreibende Wirkung entfalten. Sowohl beim Mietwohnungsbau als auch bei Eigentumsmaßnahmen werden die Preise anziehen. Hinzu kommt, dass eine solche Reduzierung – darüber ist sich ja wohl jeder im Klaren – gleichzeitig der Baukonjunktur, die Sie immer so beklagen, einen echten Schlag versetzt.

Nun als Zweites zu der Drucksache 15/461. Da geht es um das Modernisierungsprogramm. Dazu muss man wissen: Das ist – wir wollen es ausdrücklich loben – eine ausgesprochen gute Einrichtung des Freistaates gewesen. Man hat jedes Jahr ungefähr 18 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um damit Kredite zu verbilligen. Die Wohnungsbauunternehmen sollten dadurch ihre Wohnungen auf einen modernen Stand bringen können.

Das Problem ist dort am größten, wo es keinen Fehlbedarf gibt, also in den Ballungsgebieten, wo es einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt gibt. Die Frage ist: Warum ist das so problematisch? Der Wohnungsbau war in der ganzen Bundesrepublik, also auch im Freistaat Bayern, in den Fünfziger- und Sechzigerjahren von zentraler Bedeutung. Das weiß im Grunde genommen jeder von uns. Das war eine Folge des Zweiten Weltkriegs. Der Wohnungsmarkt hatte damals unglaublich geboomt. Das hat dazu geführt, dass ein Großteil der Wohnungen heute 40, 50 und noch mehr Jahre alt ist und deshalb einen erheblichen Modernisierungsbedarf hat. Da geht es um Wärmedämmung, um den Einbau neuer Heizungen, um den Anbau von Balkonen, um Verbesserung der Zuschnitte. Das Modernisierungsprogramm, das aufgelegt war, hatte daher wirklich große Bedeutung.

Betroffen waren gerade diejenigen Wohnungsbaugesellschaften, die diesen in der Regel preiswerten Wohnungsbestand vorhielten. Sie haben dieses Programm in besonders großem Maße abgerufen. Es handelt sich insbesondere um die in dem Verband der Bayerischen Wohnungswirtschaft – vdw – zusammengeschlossenen Genossenschaften und ehemals gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften. Das Programm war auch deshalb so beliebt, weil es keine Wohnungsbindung vorsah. Das bedeutet, die Gesellschaften konnten über die so

modernisierten Wohnungen anders als bei Sozialwohnungen selber verfügen.

Dass Sie diese Mittel streichen wollen, meine Damen und Herren, halte ich wirklich für einen ganz elementaren Fehler. Diese Förderung hat bewirkt, dass Mieterhöhungen nach Modernisierungen wegen der Vorschriften des § 559 a BGB nicht so hoch ausgefallen sind, wie es ohne diese Vorschriften der Fall gewesen wäre.

Die Förderung hat auch die bayerischen Handwerksbetriebe gestärkt. Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie sich mit denen anlegen wollen. Auch wurde die Konjunktur des heimischen Handwerks gefördert. Das Modernisierungsprogramm hat Investitionen von ungefähr 500 Millionen Euro pro Jahr ausgelöst. Dass Sie angesichts dieser Tatsachen die Förderung streichen wollen, ist unverständlich bis dorthinaus. Ich denke, Sie könnten Ihre Absicht heute noch korrigieren, indem Sie unserem Antrag Drucksache 15/461 bei der Namentlichen Abstimmung – etwa gegen ein Uhr morgens – zustimmen. Ich freue mich auf Ihre Zustimmung.

Ich bedanke mich für Ihre ungewöhnliche Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen einen schönen Abend.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Volkmann.

Ich erteile das Wort der Frau Kollegin Tolle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe im Dezember eine Ehrennadel für 30-jährige Mitgliedschaft in meinem Sportverein bekommen. Deswegen ist es mir ein großes Vergnügen, Ihnen hier ein paar Worte zu den Kürzungen im Sportbereich zu sagen.

„Sport tut Bayern gut. Nie war der Sport so wichtig wie heute.“ Sie werden sich erinnern, dass das Worte des Ministerpräsidenten waren.

Warum tut Sport Bayern gut? Warum war der Sport nie so wichtig wie heute? Weil sich der Ministerpräsident seit Ende der Bundestagswahl 2002 im Wettkampf mit Frau Angela Merkel befindet. Leider hat er immer noch nicht bemerkt, obwohl sich dazu schon Herr Glos und der Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten geäußert haben, dass ihn Frau Merkel längst überholt hat und das Rennen eigentlich schon vorbei ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Er ist ein schlechter Verlierer!)

Genau! Vielleicht merkt er auch nicht mehr, wann das Ende naht oder ob es schon da ist. Der Sparathlet Stoiber rennt munter weiter. Das soll ja gesund sein, so sagt man.

Auf seinen Rennen rasiert er schnell mal die Sportvereine, die – Sie werden sich an den Jugendbereich erinnern – ungefähr 0,02 % des Haushaltsvolumens ausmachen. Auch hier gilt der zweite Teil meiner Ausführungen am heutigen Abend. Sie sparen dort, wo es eigentlich überhaupt nichts bringt. Worte und Taten klaffen auseinander.

Dazu bringe ich auch wieder ein Zitat des Ministerpräsidenten. Er sagte:

Sport ist die verbindende Klammer für unsere Gesellschaft. Seine Integrationskraft vereint Menschen, die nach Alter, Herkunft und Lebensbedingungen oft unterschiedlicher kaum sein können.

Gut gesagt.

Bereits im letzten Jahr haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitspartei, zugesagt, dass die Zuschüsse an Sportvereine in Darlehen umgewandelt werden. Allein in meinem Landkreis kostet das drei Sportvereine, die zudem noch unter dem Hochwasser gelitten haben, die Existenz.

Jetzt wollen Sie weitermachen. Ich sage Ihnen zur Verdeutlichung Zahlen aus meinem Landkreis. Dort haben die Sportvereine 110 000 Übungsstunden abgehalten. Sie befürchten, dass die Kürzungen ungefähr 320 000 Euro ausmachen werden. Die Sportvereine beklagen einen falschen Mitteleinsatz.

Jetzt zitiere ich aus einem Schreiben eines BLSVFunktionärs aus meinem Landkreis:

Dass die Mittel, die der Freistaat noch zur Verfügung hat, falsch eingesetzt werden, zeigt sich auch beim Bau des neuen Münchner Stadions, wo in die Infrastruktur 200 Millionen Euro investiert werden. Dieser Betrag wird durch die Stadt München und den Freistaat Bayern, also durch Steuergelder, zur Verfügung gestellt. Dabei tränen uns die Augen. Denn hier zeigt sich: Wenn es um die Verteilung der Finanzmittel geht, dann herrscht ein Gefälle in Bayern von Nord nach Süd.

Sportvereine, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sind aber keine Bittsteller, sondern Partner, weil sie erhebliche Leistungen für die Allgemeinheit erbringen. Sie fördern unsere Gesundheit. Junge Menschen lernen dort, dass der Weg zum Erfolg hart erarbeitet werden muss. Sie lernen in einer Zeit, in der viele meinen, sie kämen nur durch böse Fouls

zum Ziel und dass es für eine erfolgreiche Mannschaft mehr braucht als elf Stars.

Sportvereine sind auch ein wichtiges Element in den Kommunen. Sie tragen zur Identifikation mit dem Wohnort bei und leisten einen wichtigen Beitrag zum sozialen Leben.

Durch Ihre Sparpolitik gefährden Sie diese Errungenschaften. Denn jeder Sportverein lebt zwar durch ehrenamtliche Arbeit, kann seine gemeinnützigen Leistungen aber nur dann erbringen, wenn er auch finanziell unterstützt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die ohnehin niedrigen Mittel für die Sportvereine sind gut angelegt, weil sie eine hohe Verzinsung für unser kommunale Leben, unsere Gesundheit und unsere Jugend bringen. Ich finde, Sie sollten diese gute Geldanlage nicht sausen lassen, sondern unserem Antrag zustimmen, die Kürzungen im Sportbereich zurückzunehmen.

Für alle, die hier schon länger sitzen, darf ich ein Fußballergebnis bekannt geben: Lübeck führt gegen Bremen 1 : 0.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin.

Das Wort hat Herr Kollege Werner.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben vor 20 Minuten den sozialpolitischen Sprecher der CSU hier als Häufchen Elend stehen sehen, der eine Pflichtübung absolviert hat, die ihm selber wehtat. Weil ich ganz genau weiß, dass die Kürzungen, die gerade im Sozialbereich vorgenommen werden, ihm selbst wirklich wehtun, habe ich das als Pflichtübung empfunden. Natürlich hat er sich auch den Ausflug in die Bundespolitik nicht ersparen können, nicht wahr, Herr Unterländer. Er hat die Belastungen der Rentner ins Feld geführt, die im Vergleich zu dem, was in Bayern passiert, viel, viel schlimmer seien.

Mein spezielles Thema ist nun die Kürzung beim bayerischen Blindengeld. Die Belastungen für die Rentnerinnen und Rentner sind in diesem Jahr auf etwa 20 Euro im Monat beziffert worden. Was Sie den blinden Menschen in Bayern zumuten, ist eine Kürzung von monatlich 88 Euro. Wenn Sie diese Kürzungen auf Bundesebene nun so schrecklich bewerten, müssen Sie doch selbst einsehen, dass Sie hier katastrophale Kürzungen vornehmen.

(Beifall bei der SPD)

Und dabei finden Sie hier in Bayern noch nicht einmal den Anlass, der zu diesen Problemen in der Rentenversicherung geführt hat. Ich meine die Tatsache, dass unter Ihrer Regierungsverantwortung die Rentenkassen geplündert wurden.

(Unruhe)

Wenn Sie zum Beispiel nicht die Deutsche Einheit zum großen Teil aus den Rentenkassen finanziert hätten, könnte der Rentenversicherungsbeitrag um 3 % niedriger sein. Ich glaube, dann müsste bei uns im Lande kein Mensch über derartige Einschnitte in der Rentenversicherung diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Diese Kürzungen beim Blindengeld sind ein besonders infamer Versuch, sich an einer Bevölkerungsgruppe schadlos zu halten, die unter einer ganz besonderen Behinderung leidet. Sie ist auf ganz besondere Weise an der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gehindert, und das für das fragwürdige Ziel, als erster auf der ganzen Welt einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorlegen zu können.

(Blasius Thätter (CSU): Wieso ist das fragwürdig?)

Fragwürdig ist es deshalb, weil Sie dieses Ziel nicht erreichen werden. Das ist das Schlimme dabei. Sie werden dieses Ziel nicht erreichen. Das Ganze ist denkwürdig sowohl im Hinblick auf Ihr parlamentarisches Selbstverständnis, als auch im Hinblick auf Ihren ungenierten Griff in den Geldbeutel der blinden Menschen. Denkwürdig war auch Ihre Weigerung, die Gesetzesänderung im zuständigen sozialpolitischen Ausschuss zu beraten. Sie haben da ein Ausmaß an Feigheit offenbart, das zu uns Bayern eigentlich passt wie die Faust aufs Auge.

Am Ende dieser Haushaltsberatungen stehen die 17 000 blinden Menschen in Bayern ohne ausreichende Unterstützung da und gleichzeitig werden Sie Ihr Ziel eines ausgeglichenen Haushalts im Jahre 2006 dennoch verfehlen. Ihre heutige Sparpolitik ist mit einer der Gründe dafür, warum Sie dieses Ziel nicht erreichen werden. Sie begeben sich in eine Teufelsspirale nach unten, die zunächst den Aufschwung bremst, später die Steuereinnahmen sinken lässt und zuletzt den Staat seinen Aufgaben noch weniger gerecht werden lässt. Dafür können Sie von uns kein Verständnis erwarten.

(Beifall bei der SPD)

Schon gar nicht stoßen sie bei den betroffenen blinden Menschen in Bayern auf Verständnis. Aber das ficht Sie alles gar nicht an, getreu nach dem Motto Ihres Sherpas: Huber, wenn Sie den Teich trocken

legen wollen, dürfen Sie nicht die Frösche fragen. Dieser Vergleich kommt bei den blinden Menschen ausgesprochen „gut“ an. Dafür sollten Sie sich schämen.

(Beifall bei der SPD)