Die Vorschläge, die Sie vor Weihnachten in die Verhandlungen über die Hartz-gesetze eingebracht haben, waren K.O.-Vorschläge. Bei dem, was Sie vorgeschlagen haben, fragt man sich: In welcher Welt lebt die CSU eigentlich?
Die CSU zerstört nur, sie baut nicht auf, stiftet nur Unfrieden und versucht, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegeneinander auszuspielen. Sie versucht durch Lohndumping – das habe ich Herrn Minister Wiesheu schon vor Jahren vorgeworfen – Arbeitsplätze zu generieren. Es sind aber nie welche entstanden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Versuchen Sie, liebe Damen und Herren von der SPD, uns einmal zu erklären, welcher Teufel Sie geritten hat, in dieser Zeit und in dieser Situation eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema zu beantragen. Es ist eine Zeit, in der Ihnen die Mitglieder scharenweise davonlaufen, in denen sie aus den Gewerkschaften flüchten, die SPD eine Wahl nach der anderen verliert und innerhalb der SPD Abspaltungstendenzen mit der Initiative „Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ vorhanden sind.
Jetzt kommen Sie mit einer solchen Aktuellen Stunde. Meine Damen und Herren: Thema verfehlt. Machen Sie erst Ihre Hausaufgaben.
Herr Hallitzky, Sie haben von Strategie und Verlässlichkeit gesprochen. Inzwischen ist die Politik der Bundesregierung zum größten Risiko für die persönliche Lebensplanung der Menschen in diesem Land geworden. Ich nenne Ihnen einige Schlagworte zu Ihren arbeitsmarktpolitischen „Erfolgen“: Wir haben seit Jahren sinkende Beschäftigungszahlen, steigende Insolvenzen, das höchste Haushaltsdefizit und vieles andere mehr. Wir haben einen Negativsaldo in vielen Bereichen. Wir sind das Schlusslicht bei fast allen volkswirtschaftlichen Kennzahlen. Dabei werfen Sie uns vor, Herr Hallitzky, der Freistaat Bayern sei quasi ein Sanierungsfall. Der Sanierungsfall heißt nicht Bayern, sondern er heißt Deutschland, und Sie tragen die Verantwortung auf bundesrepublikanischer Ebene. Machen Sie dort Ihre Hausaufgaben und belehren Sie uns nicht in diesem Parlament!
Zu den Zahlen: Sie haben angekündigt, bis zum Sommer des nächsten Jahres die Zahl der Arbeitslosen in der Bundesrepublik auf zwei Millionen zu senken. Die Zahl liegt im Moment bei 4,6 Millionen. Wir haben seit dem Sommer des Jahres 2002 sage und schreibe 730 000 Beschäftigte in diesem Land verloren. Das heißt: Ihre Bilanz ist negativ und katastrophal in allen Bereichen.
Jetzt komme ich konkret zu einigen wenigen gesellschaftlichen Gruppierungen. Sie haben es nicht geschafft, die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen zu reduzieren. Es gibt nach wie vor eine hohe Zahl von arbeitslosen Ju
gendlichen. Da hilft uns keine Ausbildungsplatzabgabe oder Ausbildungsplatzumlage. Es helfen nur vernünftige Rahmenbedingungen in der Wirtschaft, die Sie aber nicht geschaffen haben.
Ich komme zu den älteren Arbeitnehmern. Nur noch kümmerliche 35 bis 40 % der 55- bis 64jährigen stehen in diesem Land im Erwerbsprozess. Damit ist Deutschland in Europa das Schlusslicht, was die Zahl der älteren Beschäftigten, die sich im Arbeitsprozess befinden, angeht.
Deshalb machen wir keinen sozialen Kahlschlag und keinen Steinzeitkapitalismus. Was wir machen, ist eine verlässliche Politik im Bereich des Arbeitsrechts und des Sozialrechts.
Sie haben doch in den letzten Jahren eine Politik gemacht, die für niemanden mehr nachvollziehbar war. Ich nenne Ihnen einige Beispiele. Als Sie 1998 angetreten sind, haben Sie die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse abgeschafft. Heute lassen Sie sich für die Minijobs, die auf unsere Initiative wiedergekommen sind, feiern. Sie haben jeden vermeintlich Scheinselbstständigen zum Kriminellen gestempelt. Was machen Sie heute? – Heute schaffen Sie Ich-AGs. Die Ich-AGs schaffen Sie nicht, weil Sie den Menschen etwas Gutes tun wollen, sondern weil Sie Kosmetik bei der Arbeitslosenstatistik betreiben wollen. Sie lügen die Menschen in diesem Land an.
Ich nenne Ihnen abschließend einige Punkte, die wir beherzigen sollten, um voranzukommen. Wir brauchen keinen Sozialabbau, aber veränderte Rahmenbedingungen im Bereich des Arbeits- und Tarifrechts. Wir brauchen die gesetzlich verankerte Möglichkeit zu Bündnissen auf betrieblicher Ebene.
Da brauchen Sie gar nicht so zu schreien. – Warum wollen Sie das nicht? Weil Sie ein anderes Menschenbild haben. Sie trauen den Arbeitern nicht, die, wenn auch in geringen Zahlen, Mitglieder in Ihrer Partei sind. Sie trauen den anonymen Strukturen in den Gewerkschaften. Sie trauen den Betriebsräten, sonst niemandem, weil diese in den Gewerkschaftszentralen Politik machen. Deshalb wollen Sie, dass sich nichts ändert.
Wir brauchen Erleichterungen bei der Einstellung von Langzeitarbeitslosen. Wir brauchen ebenso weniger Bürokratie beim Kündigungsschutz. Wir brauchen etwas, was Sie von der SPD ebenfalls nicht vorangebracht haben, nämlich weniger Lohnersatzsysteme und mehr Lohnergänzungssysteme. Dazu gab es von unserer Seite immer gute Vorschläge, aber von Ihnen ist nichts aufgenommen worden. Wir brauchen im Bereich des Abfindungsrechts andere Lösungsmöglichkeiten. Wir brauchen nicht die Option am Ende des Arbeitsverhältnisses, sondern wir brauchen die Option am Beginn des Arbeitsverhältnisses. Wenn Sie das beherzigen, meine sehr verehrten Damen
und Herren, dann würden wir in Deutschland ein Stück vorankommen. Jeder Tag, meine Damen und Herren von der Opposition, den Sie weiterwursteln, ist ein schlechter Tag für die Bundesrepublik.
Herr Hallitzky hat scherzhaft die Körpergröße unseres Generalsekretärs erwähnt. Sie brauchen gar keinen Generalsekretär mehr. Wenn ich mir die Körpergröße des Bundeskanzlers ansehe, dann komme ich zu der Meinung, dass die Kompetenz Ihres Kanzlers in direkter Proportionalität zur Körpergröße steht.
(Thomas Kreuzer (CSU): Es dürfen nur Kleine bei der SPD sprechen! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wir haben den Größten geschickt! Vielleicht ist das recht! – Gegenruf des Abgeordneten Franz Josef Pschierer (CSU): Der ist der Längste, aber nicht der Größte!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich gestern hier davon sprach, dass Moses etwas in Stein gemeißelt habe, hat Dr. Spaenle angemerkt, dass ich keine Kenntnisse über die Bibel und keine christliche Erziehung hätte. Das möchte ich zurückweisen. Ich möchte Ihnen etwas über mich erzählen, damit Sie wissen, woher Ihre Kollegen kommen.
Ich komme aus einem ziemlich christlich geprägten Elternhaus und habe eine christlich geprägte Erziehung genossen. Meine Verwandtschaft, zumindest diejenige mütterlicherseits, stand der CSU sehr nahe. Ich weiß nicht, ob Sie das freut oder nicht. Ich bin in der Tradition dieser Werte erzogen worden. Als ich mich der Sozialdemokratie zugewandt habe, waren meine Großeltern fürchterlich entsetzt und haben mich gefragt, wie ich mich denn den Linken zuwenden könne. Meine Mutter hat mir aber gesagt, das sei eigentlich egal. Ob man sich auf der Basis christlich-sozialer Werte oder sozialdemokratischer Werte engagiere, spiele keine große Rolle. Wichtig sei ein sozial verantwortliches Engagement für die Menschen, solange die Wertebasis den Menschen über die Wirtschaft und das Gewinnstreben stelle.
Ich würde ganz gern zu den gemeinsamen Werten, die zumindest in den Programmen unserer Parteien verankert sind, zurückkehren. Zu diesen Werten gehört auch eine gewisse Diskussionskultur. Ich komme nicht darum herum, etwas zu Ihnen, Herr Söder, anzumerken. Die Art und Weise, wie Sie in der Diskussion mit den Kolleginnen und Kollegen umgehen, hätte meine tiefschwarzen Groß
Es gibt keinen Beruf außer dem der Politiker, in dem die Angehörigen so dazu beitragen, dass das Berufsbild schlecht dasteht. Das ist das Ergebnis dieses Diskussionsniveaus. Gerade wenn wir hier sagen, dass wir über die Menschen reden, sollten wir einen angemessenen Umgangston wahren und nicht beleidigend werden.
Zum Thema „Soziale Sicherheit und sozialer Frieden“ möchte ich zwei Dinge aussprechen. Das eine ist die Ausbildungsplatzumlage, das andere sind die steuerfreien Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit. Ich sage Arbeitsplatzumlage, nicht –abgabe, weil man bei einer Abgabe etwas abgibt, bei der Umlage bekommen diejenigen etwas dafür, dass sie etwas tun. Ich denke, Sie haben wahrscheinlich schon damit gerechnet, dass dieses Thema in der Aktuellen Stunde drankommen kann, und ich könnte mir auch vorstellen, dass der eine oder andere in den Reihen der CSU jetzt mit den Augen rollen und sagen wird: Oh Gott, schon wieder dieses Thema!
Aber ich möchte Ihnen dieses Thema mit einem ganz konkreten Beispiel aus der Region, aus der ich komme, aus Augsburg, deutlich machen. Es geht um die Firma Siemens. Siemens möchte seine Lehrwerkstätte in Augsburg schließen, aber das betrifft nicht nur Augsburg. Insgesamt gibt es 53 Plätze in Deutschland, wovon 32 bleiben. In Bayern sind es zehn Standorte, davon sollen sieben geschlossen werden. In Augsburg soll eine Lehrwerkstätte geschlossen werden, die in der gesamten IT-Branche als vorbildliche Lehrwerkstätte gilt. Experten meinen sogar, es gebe im süddeutschen Raum keine vergleichbare Lehrwerkstätte im IT-Bereich. Sieben weitere Betriebe sind mit in der Verbund-Ausbildung.
Aber es gibt auch keine Not, es werden keine roten Zahlen geschrieben. Vielmehr werden schwarze Zahlen geschrieben, es werden Gewinne gemacht. Zwei Drittel werden fremd ausgebildet, und dafür gibt es eine Vergütung. Es gibt also keinen Grund, diese Lehrwerkstätte zu schließen, daher waren wir entsetzt. Ihr Kollege von der CSU, Herr Johannes Hintersberger, war mit dabei beim Krisengespräch in dieser Firma, wo wir gesagt haben, wir können es nicht verstehen. Aber die Verantwortlichen vor Ort sagen ganz einfach, die Entscheidungen werden in der Ferne vom Konzern getroffen. Eine Identifikation mit dem Standort, der in Augsburg auch daher rühren könnte, dass sich die Stadt Augsburg sehr engagiert hat, gibt es nicht. Da geht es einfach nur um das Gewinnstreben. Einem Diktat der Wirtschaft nach Gewinnstreben dürfen wir uns im Interesse der Menschen nicht beugen, weil wir ähnliche Voraussetzungen in allen Regionen schaffen müssen. Wenn sie es einfach nach München verlegen wollen, müssen wir uns damit beschäftigen. Aber Politik soll auch steuern. Außerdem verpflichtet Eigentum nach Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes. Wenn die Politik sich dieser Verantwortung entziehen möchte, dann muss man im Interesse eines Wertedenkens – und damit bin ich wieder bei den gemeinsamen Werten – die Menschen
Das zweite Thema, das ich noch benennen möchte, sind die Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit. Es ist so, wenn Sie einfach einmal die –
Ja, okay, ich sehe es. Das ist das Lehrgeld, das man zahlen muss. Sehen Sie, Herr Söder, die Auseinandersetzung mit Ihrer Person hat ein bisschen dazu beigetragen, dass ich keine weiteren Argumente für die Menschen nennen kann. Das ist eigentlich schade, aber ich denke, wir sollten die Wertediskussion im Interesse der Politik noch einmal führen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf als Sozialpolitiker zu dem Theater, das Sie veranstaltet haben, Stellung beziehen. Arbeitnehmerrechte – ich glaube, diese Auffassung müssten Sie doch auch vertreten können – werden am stärksten durch Arbeitslosigkeit ausgehöhlt.
Das größte Problem für unsere Arbeitnehmer ist die Arbeitslosigkeit. Es ist ein Irrglaube der SPD, dass ausschließlich über Arbeitsmarktpolitik – und die Diskussionsbeiträge zeigen, dass Sie dazu tendieren – Arbeitslosigkeit bekämpft werden kann.
(Joachim Wahnschaffe (SPD): Aber das ist doch Ihr Papier, das sich damit beschäftigt! Darum geht es doch!)