Protokoll der Sitzung vom 17.07.2008

Was machen Sie dann mit einer Konstruktion, mit einer Landesverordnung,

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wir gründen einen Arbeitskreis!)

wenn Sie in unterschiedlichen Kommunen völlig verschiedene Ausgangslagen haben? Da greift das nicht. Deswegen ist es zu kurz gegriffen, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu sagen: Alles ist gelöst, wenn wir aufgrund § 172 Satz 4 Baugesetzbuch eine Verordnung erlassen. Im Übrigen ist folgendes schon interessant, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Stadtverwaltung Münchens ist in diesen Gesprächsrunden – die letzte hat Ende Mai stattgefunden – von uns gefragt worden, ob sie denn schon konzeptionelle Überlegungen darüber hätte, wie diese Verordnung auszusehen habe. Das ist mitnichten der Fall; denn die Stadt München ist natürlich auch daran interessiert. Mitnichten ist das der Fall. Zeigt das nicht auch die Komplexität? Wir setzen dem deshalb ein Gesamtkonzept zum Milieuschutz entgegen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Am Sankt-Nimmerleins-Tag! – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wann?)

das mindestens drei Pfeiler, drei Säulen umfasst. Der erste Punkt ist die Prüfung,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Prüfung ist immer gut!)

wie das über einen Genehmigungsvorbehalt in Erhaltungssatzungsgebieten gelingen kann, wo aber die Kommune selbst darüber entscheiden kann, ob sie von diesem Recht Gebrauch macht. Rechtlich muss geprüft werden, wie ein Genehmigungsvorbehalt für ihre Belange am besten einzuführen ist.

Zweiter Punkt – ich glaube, darüber ist der geringste Streit vorhanden – ist die Frage, was geschieht, wenn Umwandlungen erfolgt sind. Beispielsweise geht es auch um Unternehmen – ich nenne hier die Namen nicht –, die im Münchner Norden größere Siedlungen gekauft haben und diese dann umwandeln. Die Landeshauptstadt München hat sich sehr um eine Kooperation mit jenen bemüht, die jetzt diese Wohnungen umwandeln. Über den Einstieg von Genossenschaften können diese Umwandlungen in Richtung einer breiten Mieterbeteiligung erfolgen. Das ist ein Instrument im Rahmen der Förderung, das sehr wohl außerhalb der Erhaltungssatzungsgebiete wirken kann, aber auch innerhalb.

Zum Dritten, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es notwendig, Instrumente der Wohnungsbauförderung

Machen Sie es jetzt, bevor die letzte Wohnung in München an Immobilienhaie verscheuert worden ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Kollege Unterländer.

(Zuruf von den GRÜNEN: Jetzt machen wir auf sozial!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das einzig Neue, was ich an Argumenten gehört habe, war, dass Herr Volkmann gesagt hat, er rege sich nie auf. Das hat nicht den Diskussionsverläufen in der Vergangenheit im Hohen Hause entsprochen. Das sei aber Ihr gutes Recht.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Verdrängung und die Strukturveränderungen gewachsener Milieus innerhalb der Großstadt München durch das Aufteilen und durch das Leerstehen von Wohnungen und durch die mit der Aufteilung verbundene Umwandlung führt in der Tat zu explosionsartigen Steigerungen der Wohnungskosten. In der Tat sind damit also ein Leerstand und damit verbundene Strukturveränderungen zu verzeichnen.

(Zuruf von der SPD: Und was tun Sie?)

Diese Veränderung des Milieus kann sowohl stadtentwicklungspolitisch als auch unter den Gesichtspunkten des Mieterschutzes nicht gewünscht sein. Es geht um Alteingesessene, um dort lange wohnende Münchner Mieterinnen und Mieter. Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen haben wir uns auf den Weg gemacht, einen Dialog zu starten.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wie lange noch?)

Hören Sie halt einmal zu und reden Sie nicht immer, bevor Sie denken. Auf der Grundlage der Petition der ehemaligen Vorsitzenden des Mieterbeirats der Landeshauptstadt München, Frau Renate Gschwendtner, soll über Wege und Möglichkeiten gesprochen werden, wie dieser Milieuschutz sicherzustellen ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wie lange noch?)

Sie stellen sich bei dieser Fragestellung ausschließlich auf Erhaltungssatzungsgebiete ein. Das ist aus meiner Sicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu kurz gesprungen. Ich persönlich bin der Meinung, dass das ein Baustein eines umfassenden Milieuschutzes sein kann, wenn es vernünftig konstruiert ist.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Dann bauen Sie doch einmal!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was machen Sie aber, wenn diese Entwicklungen, die übereinstim

erledigt hat, die Mieter aus der Stadt herausgedrängt wurden und nur noch die geldigen Eigentumswohnungsbesitzer eine Bleibe finden können. Deswegen hätten Sie längst schon handeln müssen. Die Zeit des Prüfens und Überlegens ist endgültig vorbei.

Diese Verordnung wird natürlich, das habe ich doch gesagt, mitnichten alle Probleme lösen. Aber sie wäre schon mal ein Anfang, ein wichtiger, ein guter Anfang. Machen Sie heute diesen Anfang, und dann können wir weiterschauen, welche Instrumente wir noch haben, um den Mieterinnen und Mietern in München zu helfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Kollege Volkmann.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch ganz kurz auf Herrn Unterländer eingehen, der dankenswerterweise ausdrücklich gesagt hat, dass wir in München die Situation solcher Umwandlungsfälle mit explosionsartig steigenden Mieterhöhungen haben. Ich sage nochmals: Das führt zur Vertreibung von Menschen. Jeder, der das nicht will, hat heute die Möglichkeit, darüber zu entscheiden.

Herr Unterländer, was ich überhaupt nicht verstehe und was sonst auch kein Mensch versteht: Sie sagen, wir machen das jetzt deshalb nicht, weil das nur in Erhaltungssatzungsgebieten gilt, aber nicht außerhalb. – Dazu sage ich Ihnen zwei Dinge: Natürlich ist es in Erhaltungssatzungsgebieten am notwendigsten. Erhaltungssatzungsgebiete werden, wie Sie wissen, nur dort erlassen, wo ein Milieuschutz möglich ist. Denn der Paragraph 172 des Baugesetzbuchs stellt auf den Milieuschutz ab. Das ist ungefähr so, wie wenn sie 20 Ertrinkende haben und sagen: Die fünf rette ich jetzt nicht, die fünf lasse ich jetzt auch noch absaufen. Das ist doch widersinnig bis dorthinaus.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe die dringende Bitte: Stimmen Sie für diese Petition! Beschließen Sie, die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Das ist mein Antrag, den ich in diesem Bereich stelle. Es gibt nichts Vernünftigeres, als eine solche Verordnung auf den Weg zu bringen. Sehr geehrter Herr Unterländer, die Stadt muss diese Verordnung nicht erlassen, das muss der Freistaat tun.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie ihm das Instrument an die Hand geben, dann hat die Stadt die Möglichkeit, in den Erhaltungssatzungsgebieten solche Genehmigungen auszusprechen oder eben nicht auszusprechen.

Den Bedenkenträgern Ihrer Fraktion, auch wenn sie nicht zuhören – die allermeisten hören nicht zu – sage ich Folgendes: Ich weiß, dass es nicht nur ein konservatives,

anzusetzen. Das Projekt Soziale Stadt kann diese Ziele zwar nicht über Veränderungssperren, aber über ähnliche Instrumente sehr wohl erreichen. Dann haben wir aber für den Ballungsraum München flächendeckend für die wohnungspolitischen Brennpunkte einen Milieuschutz.

Deswegen ist aus unserer Sicht der im von der CSUFraktion eingebrachten Antrag vorgesehene Weg, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, der richtige Ansatz. Damit verbunden ist, die Eingabe von Frau Gschwendtner weiterhin in die Beratungen einzubeziehen. Das ist keine Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern der wirksamere Schutz der Mieter ohne falsche Instrumente. Ich bitte deshalb um Zustimmung zum CSU-Antrag.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Machen Sie halt einen Vorschlag!)

Das Wort hat nochmals Frau Kollegin Bause.

Kolleginnen und Kollegen! Herr Obermeier, Ihre billige Polemik fällt auf Sie selbst zurück. Mich trifft es nicht,

(Beifall bei den GRÜNEN)

aber es zeigt den Betroffenen, welche Bedeutung Sie ihrem Anliegen beimessen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Genau das ist es!)

Sie sagen, unser Vorgehen würde den Interessen der Petentin zuwiderlaufen. Das ist wirklich absolut lächerlich. Die Petentin hat seit Jahren Gespräche geführt, verhandelt, Sie informiert, worum es geht. Sie hat gesagt: Die meisten wissen ja gar nicht, wie dramatisch die Situation auf dem Münchener Mietwohnungsmarkt ist. Sie hat Aufklärungsarbeit betrieben. Sie war bei Gesprächskreisen und in Runden dabei, bei denen man nach einer besseren Lösung gesucht hat. Sie hat wirklich, sehr, sehr viel Zeit investiert. Sie wurde aber immer wieder vertröstet; das Thema wurde immer wieder vertagt, es wurde immer wieder verschoben. Nach zwei Jahren hat sie gesagt: Jetzt muss endlich eine Entscheidung her. Genau darüber habe ich mit ihr gesprochen.

Deswegen haben wir jetzt diesen Antrag gestellt: weil es nicht angehen kann, dass Sie immer wieder sagen: Wir müssen erst noch einmal prüfen. Gegen Ihren wunderbaren Antrag, Herr Unterländer, ist nichts zu sagen, aber Sie können doch nicht jahrelang prüfen, während in der Zwischenzeit eine Wohnung, ein Mietshaus nach dem anderen in München umgewandelt wird. Wo bleiben denn in der Zwischenzeit die Mieter?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie können doch nicht so lange überprüfen und überlegen und tun und machen, bis wir überhaupt keinen Milieuschutz mehr brauchen, weil sich das Thema von allein

Sie haben hier eine Geschichte aufgezogen, der eine Petition zugrunde liegt. Die CSU hat nämlich recht: Sie stammt vom 10.03.2006; diese Petition gibt es also seit über zwei Jahren. Jetzt, ausgerechnet im Wahlkampf, kommt diese Frage plötzlich wieder auf. Das fällt auf!

Ich sage Ihnen noch etwas dazu, was mich bei dieser ganzen Diskussion sehr überrascht hat: Offensichtlich ist nicht bekannt, dass die Wohnraumförderung bei uns in Bayern sehr hoch angesiedelt ist. Wir haben heuer fast 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Den Hauptanteil dieses Betrags nämlich 38 Prozent, erhält die Landeshauptstadt München, gerade für die Gebiete im Geltungsbereich der von der Petentin und von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begehrten Verordnung. – Meine Damen und Herren, das ist kein Pappenstiel, das sind keine Peanuts. Der Bevölkerungsanteil würde mit Sicherheit diese 38 Prozent nicht erreichen. Wir werden uns außerdem, das hat der Kollege Unterländer schon sehr deutlich gesagt, in diesen Fragen weiterhin, auch mit der Petentin zusammensetzen. Wir wollen eine Verbesserung der Wohnraumbilanz durchsetzen,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das hätten Sie schon lange tun können!)

da können Sie noch so schreien, Frau Scharfenberg – und wir werden das zu einer vernünftigen Lösung, nicht zu einer Bürokratisierung führen.

Eines möchte ich Ihnen auch sagen: Was passieren kann, wenn Ihre bürokratischen Ideen durchgesetzt werden, ist, dass wir in Teilen unserer Stadt München eine Situation bekommen, die wir alle nicht wollen, dass dort nämlich nichts mehr gemacht wird. Das wäre genau der falsche Weg, den wir hier mit Sicherheit auch nicht wollen.