Ich werde darauf zurückkommen. Nun möchte ich der CSU ein Angebot machen, falls Sie wieder Probleme hat, die Aktuelle Stunde mit einem Thema zu besetzen. Wir
Nein, ich halte das nicht für unwichtig. Deswegen werde ich zu diesem Thema meine Ausführungen machen. Mir fällt aber auf, dass Ihre Redebeiträge ein Déjà-vu der Aktuellen Stunde der SPD zur Hochschulpolitik sind.
Nun im Einzelnen zu dem, was im Moment tatsächlich an den Hochschulen los ist. Sie haben Kürzungen vorgenommen und die Hochschulen aufgefordert, Umbaumaßnahmen vorzunehmen. Das ist der völlig falsche Weg. Zunächst muss man über Strukturen der bayerischen Hochschullandschaft reden und überlegen, welche Anforderungen die Gesellschaft an Lehre und Forschung stellt, um dann im Einzelnen an den Hochschulen die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen.
Sie kommen mir vor, als hätten Sie eine renovierungsbedürftige Wohnung, stellen dort die Möbel hinein, verlegen dann den Boden und streichen die Wände, um am Ende festzustellen, dass die Fenster noch nicht gesetzt sind.
Nun zu dem, was tatsächlich aktuell ist. Ich möchte das am Beispiel der Ludwig-Maximilians-Universität München aufzeigen. Derzeit hat die LMU noch 150 Studiengänge. Sie zeichnet sich durch ein hohes internes Vernetzungspotenzial aus; sie ist wissenschaftlich innovativ – wie viele andere Hochschulen und wie viele andere Wissenschaftsbereiche, gerade an den Rändern der Disziplinen – dort, wo Vernetzungen stattfinden und wo der Austausch zwischen den Disziplinen stattfindet. Das ist ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt.
Nun wurden die Hochschulleitungen gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, die genau diese Qualität vermindern. Sie, Herr Minister, Sie meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU haben sich nicht damit beschäftigt, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Kommunikationsprozesse an der Universität zu verstärken. Sie haben sich nicht mit der Frage beschäftigt, wie hierarchische Strukturen an der Hochschule, die dem Wissenschaftsprozess nun nachweislich nicht dienlich sind, tatsächlich verändert werden können. Sie reden heute davon, die Autonomie stärken zu wollen. Ich muss Ihnen sagen: Lassen Sie uns darüber doch diskutieren. Wir sind der Meinung, dass das Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen gestärkt werden muss. Wir wollen die Grundordnungskompetenz der Hochschulen zu einer umfassenden Organisationskompetenz der Hochschulen ausbauen. Wir wollen in diese Prozesse aber auch, weil wir von einem hierarchischen Herangehen an eine Änderung der Strukturen der Hochschulen nichts halten, alle Gruppen der Universität einbinden. Wir wollen eben nicht nur mit Professoren und Hochschulleitungen reden, sondern wir wollen auch den Mittelbau, die Studierenden und die nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter einbinden. Grund
sätzliche Autonomievoraussetzung ist für uns – diesem Punkt werden Sie wohl nicht zustimmen – die Personalhoheit für die Hochschulleitungen, die Stärkung der Hochschulleitungen und die Dienstherreneigenschaft. Die Verantwortung für Berufungen muss bei den Hochschulen liegen. Es kann nicht angehen, dass bei Berufungen dann und wann doch von oben eingegriffen wird.
Noch einmal zurück zur LMU. Wie sieht es dort aus? 15 % der Studiengänge werden dort geschlossen: Balkanphilologie, Deutsch als Fremdsprache, Geschichte der Naturwissenschaften, Hethitologie, Kunstpädagogik, Lateinische Philologie des Mittelalters, Logik und Wissenschaftstheorie, Musikpädagogik, Orthodoxe Theologie, Philologie des christlichen Orients, Semitistik, Sprechwissenschaften, Wissenschaftsgeschichte und Universitätsgeschichte, Geistigbehinderten- und Verhaltensgestörtenpädagogik, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Wirtschaftsgeographie, Geographie mit Studienschwerpunkt Sozialgeographie, Geologie, Geophysik, Kern- und Teilchenphysik, Meteorologie, Mineralogie. – Das ist die Streichliste der Studiengänge an der LMU. Ich sage Ihnen: Das ist ein Skandal,
weil der Universität nicht die Möglichkeit gegeben wurde, tatsächlich über sinnvolle Änderungen der Struktur nachzudenken. Sie ist vielmehr bedauerlicherweise dazu gezwungen, auch Studiengänge zu streichen, die ein hohes Renommee haben.
Ich sage: Wir nutzen lieber das neue Instrument des Förderunterrichts für Sie; ich biete Ihnen das im Ausschuss an, um tatsächlich inhaltlich über die anstehenden Fragen diskutieren zu können.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach § 66 Satz 7 unserer Geschäftsordnung sind Zwischenfragen in der Aktuellen Stunde nicht zulässig. Ich gebe aber zu, dass mir diese Regelung vorhin selbst nicht gegenwärtig war. Sonst hätte ich den Herrn Finanzminister als Abgeordneten gar nicht aufgerufen. – Aber damit sei das klargestellt.
Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Deutschland gehört zu den Ländern mit den längsten Ausbildungszeiten. Unsere Hochschulabsolventen haben im internationalen Vergleich ein sehr hohes Durchschnittsalter. Für die Hochschulabsolventinnen und –absolventen ergibt sich daraus gegenüber ausländischen Kolleginnen und Kollegen ein gravierender Nachteil bei der Bewerbung um attraktive, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze im In- und Ausland. Bayern hat dies frühzeitig erkannt und schon mit der Hochschulreform von 1998 die Studienstruktur reformiert. Die damaligen Maßnahmen haben bereits gegriffen. Die Studenten an bayerischen Universitäten haben nach Erhebungen des Statistischen Landesamtes im Vergleich der alten Länder der Bundesrepublik die kürzesten Studienzeiten.
Ich kann das auch mit Beispielen belegen: Bei Universitätsabsolventen mit Staatsexamensfächern konnte ein Rückgang der Studienzeiten im Zeitraum von 1993 bis 2001 um fast zwei Semester, nämlich von 12,7 Fachsemestern in 1993 auf 10,9 Fachsemester in 2001, erreicht werden. Bei den Magisterstudiengängen ist ein Rückgang von 12,2 Fachsemestern auf 11,4 Fachsemester festzustellen, bei den Diplomstudiengängen ein Rückgang von 11,5 Fachsemestern im Jahr 1993 auf 11,1 Fachsemester im Jahr 2001. In den letzten Jahren ist es zudem auch in Bayern gelungen, die Zahl der Langzeitstudierenden durch Maßnahmen wie Tutorien-Programme oder durch die Einführung von obligatorischen Zwischenprüfungen zu senken. So haben im Wintersemester 2002/2003 etwa 9300 oder 4,2 % der Studierenden die Regelstudienzeit um mehr als drei Semester überschritten; im Wintersemester 1998/1999 waren es immerhin noch über 15 000 oder 6,7 % der Studierenden. Eine weitere Verkürzung und Optimierung der Studienzeiten ist trotz der genannten, bereits erzielten Erfolge sinnvoll und erstrebenswert, auch unter demographischen Gesichtspunkten. Als Gegenbeispiel mag Ihnen Berlin dienen: Hier haben wir derzeit 10 000 Lehramtsstudenten, die im Schnitt nach 17 Semestern und im Alter von 32 Jahren endlich fertig werden. Ich denke, das ist nicht die richtige Lösung und nicht der richtige Weg.
Anliegen der CSU-Landtagsfraktion ist es, die Ausbildungszeit der Kinder insgesamt zu verkürzen. Um das zu erreichen, bedarf es zum einen einer früheren Einschulung. Das durchschnittliche Einschulungsalter beträgt derzeit 6,6 Jahre; wir wollen es auf sechs Jahre senken. Ferner streben wir eine Verkürzung der schulischen Ausbildungszeit an. Das G 8 ist sicher ein richtiger und entscheidender Schritt hierzu. Verkürzt werden soll auch die Zeit zwischen dem Abitur und dem Studiengang, der erfolgreich abgeschlossen wird. Ziel ist selbstverständlich auch eine kürzere Ausbildungszeit an der Hochschule selbst.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der vergangenen Woche haben wir eine Anhörung zum G 8 durchgeführt. Die klaren Feststellungen und Aussagen der Wirtschaftsvertreter, dass jüngere Bewerberinnen und Bewerber eindeutig bessere Einstellungs- und Berufschancen haben, haben gezeigt, dass der von uns eingeschlagene Weg richtig ist und fortgesetzt werden muss. Hierbei ist ein entscheidender Punkt die Verbesserung und der wei
tere Ausbau der Zusammenarbeit der Schulen mit den Hochschulen. Viele Studienanfänger haben unklare Vorstellungen über die Anforderungen eines Studienganges, was in der Folge häufig zu Studienabbrüchen führt. Die Anzahl der Fehlentscheidungen muss deutlich verringert werden.
Die Verbindung zwischen der abgebenden Schule, insbesondere dem Gymnasium, und der Hochschule ist nachhaltig zu entwickeln. Die Sicherung und Weiterentwicklung der Studierfähigkeit ist hier ein wichtiges Ziel der Zusammenarbeit. Mit der neuen Oberstufe des G 8, also mit Seminar 1 und Seminar 2
wird den angehenden Abiturientinnen und Abiturienten eine spürbare Hilfestellung und Orientierung für die spätere Studien- und Berufswahl gegeben. Die hier vorgesehene Zusammenarbeit zwischen Hochschule, Wirtschaft und anderen wichtigen Partnern ist ein entscheidender und wichtiger Schritt. Wir wollen die Studienberatung in der Oberstufe auch verbindlich und fest verankern.
Die Hochschulen ihrerseits müssen für ihre Studierenden mehr Eigenverantwortung entwickeln. Dazu gilt es vor allem die vorhandenen Möglichkeiten der Selbstauswahl, wie sie das Hochschulgesetz und die einschlägigen Staatsverträge bereits heute einräumen, in verstärktem Maße zu nutzen. Die Eignungsfeststellung im Bereich der Schnittstelle zwischen Schule und Hochschule ist ein geeignetes, mögliches und unterstützendes Element, das ebenfalls mit zu nutzen ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bayern wird mit dieser zukunftsweisenden Politik den aktuellen Anforderungen gerecht, in Deutschland führend bleiben und hat mit seiner Wissenschafts- und Hochschulpolitik einen leistungsfähigen Motor für Bayerns Zukunft, der nicht stottert, Herr Kollege Vogel, sondern auch ausreichend Energiezufuhr erhält und mit dieser Energie sorgsam umgeht.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst ein Satz zu meinem Vorredner, Herrn Wägemann. Ich bin auch dafür, den Übergang zwischen Schule und Hochschule zu verbessern. Wir wissen, dass wir auch überall in Bayern sehr viele Studienabbrecher oder Studenten haben, die das Fach wechseln. Allerdings verwunderte es mich schon, dass das gerade zu diesem Zeitpunkt gesagt wird; denn wir wissen alle, dass die Studienberatung an den Hochschulen aufgrund der Mittelkürzungen zurückgefahren worden ist. Die Mittel sind also nicht mehr vorhanden, um die Studenten bei Beginn des Studiums entsprechend zu beraten. Deswegen werden die Mittelkürzungen wahrscheinlich zu einer Verlängerung der Studienzeiten und leider nicht zu einer Verkürzung führen.
Aus aktuellem Anlass möchte ich etwas zu den Studiengebühren sagen. Wir befinden uns leider in einer Vorreiterrolle; denn unser Minister kann es gar nicht abwarten und hat bereits vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Rahmenbedingungen für künftige Studiengebühren in Bayern festgelegt. Das ist auch auf der Homepage des Ministeriums nachzulesen.
Studiengebühren – das klingt im ersten Moment gar nicht so schlecht. Dadurch sollen die Studienbedingungen verbessert werden, und die Studenten sollen in eine Art Kundenposition kommen. Wenn wir allerdings genauer hinschauen, erkennen wir, dass diese beiden Thesen falsch sind. Deshalb lehnen wir Sozialdemokraten Studiengebühren überwiegend ab – ich muss „überwiegend“ sagen; denn bei uns finden auch lebhafte Diskussionen statt.
Zum Hauptgrund, warum wir diese in Bayern geplanten Studiengebühren ablehnen. Sie sind sozial ungerecht. Es ist sozial ungerecht, Studiengebühren einzuführen. Dabei ist es egal, ob es sich um nachgelagerte Studiengebühren handelt oder ob sie mit einer sozialen Komponente versehen werden. Tatsache ist, dass gut betuchte Eltern leichter das Studium und natürlich auch die Studiengebühren ihrer Sprösslinge zahlen können. Dagegen werden Studenten aus sozial schwächeren Schichten nicht eine solche Unterstützung bekommen. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, deswegen wird die soziale Selektion verschärft. Das lehnen wir ab.
Ich möchte deutlich sagen: Auch wenn man soziale Komponenten einbaut – das habe ich gesagt –. tut sich bei vielen im Kopf eine Schere auf. Es gibt ein psychologisches Moment, das viele Eltern und natürlich auch Kinder aus sozial schwächeren Familien von vornherein vom Studium abhält. Soziale Barrieren entstehen. Man ist dann von vornherein eher bereit zu sagen: Na ja, mach das, was dein Vater oder deine Mutter schon gemacht hat und studiere lieber nicht; wer weiß, welche Schulden wir uns sonst anhäufen. Wir Sozialdemokraten, seit über 100 Jahren die Partei der sozialen Gerechtigkeit, lehnen deswegen zusätzliche Kosten ab. Wir führen die soziale Gerechtigkeit nicht nur als Argument an, sondern wir können ihren Effekt auch nachweisen. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass die Zahl der Studenten aus sozial schwächeren Familien zurückgegangen ist, als bestimmte Maßnahmen ergriffen worden sind.
Ich möchte als ein erstes Beispiel die Verschärfung des BAföG 1982/1983 ansprechen – lange ist es her. Die Umstellung auf Darlehensbasis trotz sozialer Komponente hat dazu geführt, dass zuerst Arbeiterkinder und darunter vor allem wieder Mädchen auf ein Studium verzichtet haben. Wir Sozialdemokraten wollten aber gerade diese Gruppe zu einem Studium animieren, weil es darauf ankommt, was die Kinder und Jugendlichen im Kopf haben, nicht darauf, was der Vater in der Geldbörse hat. Deswegen lehnen wir Studiengebühren ab.
Ein weiteres Beispiel aus aktuellen Zeiten. Als Österreich im Wintersemester 2001/2002 Studiengebühren eingeführt hat, ist die Zahl der Studenten ebenfalls zurückgegangen. Wir brauchen in Bayern aber eher mehr Studenten als weniger Studenten. Deswegen liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ist die Einführung von Studiengebühren der falsche Weg. Wir müssen mehr Studenten aus Arbeiterfamilien das Studium ermöglichen. Deswegen sollten wir die Studienbedingungen noch verbessern, statt sie durch Studienbedingungen zu verschlechtern.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den neuesten Zahlen des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft ist die Innovationsdynamik der deutschen Unternehmen erlahmt. Im letzten Jahr wurde in dieser Republik erstmals seit 1992 weniger für Forschung und Entwicklung ausgegeben – kein Wunder bei den schlechten Rahmenbedingungen von Rot-Grün und deren verheerender Bilanz der Forschungspolitik.
Sie haben schon Recht, Frau Gote, es fließt zu wenig Geld. Der Anteil der Ausgaben des Bundes für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt liegt bei 2,52 % – das haben wir in der letzten Woche gehört. Bereits in den Achtzigerjahren waren wir schon einmal bei 2,8 %. Das geplante Ziel von Frau Bulmahn, 3 % zu erreichen, liegt damit in weiter Ferne.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, in den nächsten fünf Jahren sind in der Republik Investitionen von Staat und Wirtschaft in Höhe von 10 Milliarden Euro nötig, wenn der Spitzenplatz der deutschen Forschung gesichert werden soll.
Wir bezeichnen unsere bayerische Hochschulpolitik als Motor für die Zukunft unseres Landes. Ein gut laufender Motor ist das eine. Er muss aber seine Kraft auch übertragen können. Eine Verzahnung muss vorhanden sein, nämlich eine Verbindung zwischen Politik, Hochschule, Wissenschaft und Wirtschaft. Vor allem vom Laufen der Wirtschaft hängt die Zukunft ab. Der Austausch von Wissen bringt entscheidende Vorteile und kann sich für manches Unternehmen als lebenswichtig, ja als überlebenswichtig erweisen.