Protokoll der Sitzung vom 11.05.2004

So ist das. Diese Auffassung teilen 60 Millionen Menschen in Deutschland zusammen mit mir. Selbst auf Ihren Kongressen gibt es nur mehr ganz wenige, die Ihre Auffassung noch teilen. Herr Rabenstein hat gesagt: „Es ist in unserer Fraktion überwiegend die Meinung …“

(Ulrike Gote (GRÜNE): Die haben wenigstens noch eine Meinung!)

Es ist ja schon ein positives Zeichen, dass es in der SPDFraktion mittlerweile offenbar einen fortschreitenden Einsichtsprozess gibt. Dazu kann ich nur sagen, ich halte denen, die schon jetzt anderer Meinung sind, wirklich intensiv die Daumen, damit sie sich durchsetzen können und damit auch Sie zur besseren Einsicht kommen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Redebeiträge des Kollegen Spaenle und des Kollegen Weidenbusch umschlossen gut eine Stunde, in der deutlich gemacht worden ist, worum es uns geht. Niemand hat Anlass, daran etwas zu deuteln. Wir sind aufgerufen, bis zum Jahr 2015 für die – zumindest nach heutigem Maß – letzte starke Kohorte junger Leute die Ausbildungsbedingungen so zu perfektionieren und zu verbessern, dass die jungen Leute im internationalen Wettbewerb bestehen können. Die Zahlen sind heute bereits gerühmt worden; wir wollen den Export aus Deutschland vermehren und wettbewerbsfähig bleiben. Dazu brauchen wir die bestmöglichen Ausbildungsstätten. Dazu müssen wir Eliten fördern. Dies wurde zwar von der Union erfunden und von der FDP mitgetragen. Inzwischen erfährt diese Idee aber auch vom Kanzler und von Berlin aus Unterstützung. Nur bei unserer Opposition hat sich noch nicht herumgesprochen, dass die Elitenförderung

ein wichtiger Begriff der Bildungspolitik der nächsten Jahre sein muss.

Mit dem Bild, das Kollege Weidenbusch am Ende aufgezeigt hat, wurde ganz deutlich beschrieben, wo die Unterschiede zwischen Ihren und unseren Ansätzen liegen. Lassen Sie mich versuchen, das Bild vom Motor noch einmal aufzugreifen, der auch in der Überschrift dieser aktuellen Stunde genannt ist. Es handelt sich um einen 12-Zylinder-Motor. Ich will Ihnen die einzelnen Punkte – „Zylinder“ –noch einmal aufzählen, damit Ihnen bewusst wird, welche Akzente gesetzt werden müssen und wo Sie in bestimmten Teilen mit uns argumentieren oder wo Sie einfach danebenliegen.

Es steht fest, dass bis zum Herbst 2003 in allen deutschen Ländern, an allen deutschen Universitäten und an allen Einrichtungen der Bildungspolitik bestätigt wurde, dass Bayern und Baden-Württemberg die einzigen beiden Länder sind, in denen Wissenschaftspolitik nach neuesten Erkenntnissen gemacht wurde. Das war unbestritten, vor allem war es bei den Professoren, die Ihnen näher stehen, genauso unbestritten wie bei uns. Wir hatten eine Zeit der Verunsicherung, die wir nicht zuletzt dem Sparanspruch des Finanzministers verdanken. Der Finanzminister bekommt aber inzwischen von den Universitätspräsidenten und Fachhochschulrektoren ohne Wenn und Aber einmütig zu hören, dass diese Anforderung gut war, weil sonst in der Hochschule bis heute niemand mit sich reden ließe.

Frau Rupp, Sie haben vorhin die Einsparliste der LudwigMaximilians-Universität zitiert. Diese Liste ist keine Einsparliste, sondern sie legt die Überlegungen offen, die die 150 verschiedenen Studienrichtungen wie Physik, Chemie, Medizin, Jura und alle möglichen anderen Bereiche gemeinsam angestellt haben. Sie haben hinterfragt, ob die Studierenden bei jedem davon so gut aufgehoben sind. Wir wissen, dass auch diese Themenfelder unbestritten Spitzenfunktionen haben. Einzelne Lehrstühle können wir mit Ihnen gemeinsam stundenlang aufzählen. Die Hochschule hat sich bei ihrer Auflistung aber auf das zu beschränken, was berichtsfähig erscheint.

Dazu ist es notwendig – zurück zum Motor, erster Zylinder –. den Wandel einzuleiten. Wir wünschen uns, dass dieser Wandel von der Hochschule in ihrer Gesamtheit eingeleitet und nicht von München aus verordnet wird. Herr Vogel, Sie haben fünf Minuten lang davon geredet, wie sehr Sie vermissen, dass das Ministerium nicht vorgibt, was die Universitäten tun sollen. Was soll der Unfug? Es war eindeutig; lesen Sie in Ihrem Text nach. Ich habe von oben ganz aufmerksam zugehört. Ich habe mir sogar verbeten, dass mich jemand zum gleichen Thema anspricht, weil ich hören wollte, wo Sie Alternativen aufzeigen. Sie haben gesagt: In ein paar Monaten kommen wir damit. Heute war keine Alternative dabei.

Der zweite Zylinder sind Profilbildung und Konzentration. Das sind Begriffe, die vom Kanzler stammen, jedenfalls von ihm übernommen worden sind wie so vieles andere auch. Er sagt: „Wir brauchen Hochschulen mit einem Profil, das sich international bewährt“. Wenn Sie ihm nicht zuhören, dann kann ich Sie nicht daran hindern. Aber ich will Ihnen ausdrücklich sagen, in diesem Punkt liegt er

ausnahmsweise einmal richtig; in allem anderen bestreite ich das sehr wohl. Aber hier? Er sagt: Das übernehme ich, weil das echte Profil kennt nur Gerhard Schröder.

Eindeutig sagen uns alle aus dem wissenschaftlichen Spektrum, dass das, was wir vorgedacht haben – damit bin ich schon beim dritten Zylinder der Elitenbildung – seit dem letzten Sommer Maßgabe und Blaupause für alle anderen in Deutschland ist, die sich jetzt über das gleiche Thema Gedanken machen. In den nächsten Monaten kann man sicherlich noch manches dazu bringen oder verbessern. Ich habe überhaupt kein Problem damit, uns da korrekturfähig zu zeigen.

Der vierte Zylinder sind die Studienbeiträge, zu denen die Präsidenten der bayerischen Universitäten und die Rektoren der Fachhochschulen unisono bestätigen, dass sie ein Anteil sind, auf den sie beim Umbau nicht verzichten wollen. – Peanuts? 50 Millionen Euro für die Universitäten im Laufe eines Jahres. Das sind die Studienbeiträge in der Größenordnung, über die wir reden – 50 Millionen Euro zu haben oder nicht zu haben –, sind ein Betrag – –

(Zuruf der Frau Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜ- NE))

Verehrte gnädige Frau, das Zuhören ist Ihre Stärke nicht. Es sind aber ein paar wichtige Daten dabei.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das Reden ist Ihre Stärke nicht!)

Herr Dürr, das Reden bei Ihnen auch nicht. Wenn ich anfange, das zu qualifizieren, dann hören wir besser gleich auf.

Wenn wir schlicht und einfach an dieses Datum herangehen, dann werden Sie feststellen, dass das mehr ist als das, was wir eingespart haben. Wenn Sie beim Finanzminister abfragen, was wir in der Gegenrechnung beim Resteeinzug und bei den anderen Positionen eingespart haben, dann liegen die Studienbeiträge als Einnahmen für die Unis höher. Sie sind also wirklich ein Geldzuwachs für unsere Hochschulen. Und es geht nur um den Aufwuchs der Drittmittel in der Lehre. Geld, womit die Hochschule entscheiden kann, wo und wie sie Studierende im Studium entlastet. Dies ist von Anfang an zu Papier gegeben. Deshalb ist die Mehrheit der Studierenden selbst dafür. Denn sie will mehr gestalten und den Professoren sagen können, wo es im Studium langgeht. Die Professoren, die tüchtig sind, sind froh, dass sie durch die Einwerbung von Studierenden, die bei ihnen Studiengebühren abliefern, dazu beitragen, dass ihr Fach den Stellenwert hat, bei dem hinterher niemand darüber diskutiert, ob es abgeschafft oder an eine andere Universität abgegeben wird.

Der fünfte Zylinder ist das Mehr an Autonomie. Darüber würden wir gerne mit Ihnen diskutieren. Wenn wir aber über Autonomie reden, dann gehen die Meinungen weit auseinander. Sie wollen einen gesellschaftlichen Diskussionsort; ich will eine selbstständige Universität. Ich brauche keinen politischen Verschnitt aus normalen politischen Veranstaltungen. Ich brauche einen Ort, an dem Professoren und Studierende, Junge und Alte, gemeinsam ausdis

kutieren, wie Zukunftsentwicklung aussieht. Ich brauche ein modernes bayerisches Hochschulgesetz. Dazu brauche ich erst einmal Rot-Grün in Berlin, um das Hochschulrahmengesetz abzuschaffen. Modern und offen kann ich für Bayern werden, wenn Berlin auf seine ständigen Einspruchs- und Dirigierungsrechte verzichtet. Ich schaffe es auch erst dann, wenn es uns gelingt, dafür zu sorgen, dass nicht von Berlin aus gesagt wird, wie ich mein Personal einsetze. Sie sind es doch, die uns die Juniorprofessoren aufdiktieren. Das war doch Frau Bulmahn. Wir haben ein gutes Berufungsrecht an unseren Hochschulen. Das kann man fortentwickeln. Aber auf die Frage nach der Habilitation, sie einfach abzuschaffen, ist ganz typisch für Sie. Alles, was nicht von Ihnen kommt, ist nicht akzeptabel. Wir brauchen eine breite Diskussion über dieses Thema. Deswegen klagen wir in Karlsruhe, und bleiben dabei. Wir wollen die größere Breite für Hochschulbeschäftigung.

Wir haben die eigene Studentenauswahl für die Unis oben auf dem Reparaturzettel stehen. Was wir auch da gemeinsam machen wollen, passt wieder nicht in Ihr Konzept. Sie lassen lieber jeden in die Hochschulen hinein und beklagen sich dann hinterher, dass die Hochschule die Probleme schon mengenmäßig nicht packt. Wir wollen die ZVS abschaffen, wir wollen eine ordentliche Mitarbeiterschaft insgesamt an unseren Hochschulen mit Bleibe- und Aufstiegschancen, und wir wollen mehr Forschungsmittel. Was haben Sie denn gemacht? Sie haben für Berlin angekündigt, dass Sie Forschungsgelder auf 3 % anheben. Gleichzeitig streichen Sie die Drittmittel für Forschung im Bereich des eigenen Ressorts. Sie streichen den Forschungszentren wie MPG und anderen die Möglichkeit zum Zugriff. Sie kürzen die HBFG-Mittel, damit die Länder eine schlechte Ausgangsbasis haben, wenn sie demnächst allein verantwortlich werden. Sie geben den Ländern, die vorfinanzieren, das vorverauslagte Geld nicht heraus. Wir hätten in diesem Jahr für Bayern nichts kürzen müssen, wenn Sie uns die Mittel für den FRM und anderes, was wir vorgeschossen haben, ausbezahlt hätten. Das ist doch alles Ihre Misserfolgsbilanz.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie für Berlin einmal auflisten würden, was Sie uns in Bayern schulden, dann wären Sie ganz schnell ganz klein.

Sie wollen mehr Frauenförderung? Sagen Sie das Frau Bulmahn. Wer hat denn die HWP-Mittel gekürzt und damit die Besetzung von frauenbezogenen Lehrstühlen ausdrücklich gestrichen?

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Sie wollen zuverlässige HBFG-Mittel. Die bekommen Sie nicht, wenn Sie in Berlin ständig nur streichen. Sie wollen eine ordentliche Mittelrückzahlung in diesem Bereich an Bayern gar nicht erst anmahnen.

Lassen Sie mich zum Ende kommen; es reicht auch. Sie haben heute Nachmittag nichts angeboten, nicht gesagt, was Sie tun wollen. Ich habe nicht das Geringste ent

deckt, von dem man sagen könnte, das entwickelt bayerische Hochschulen weiter.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜ- NE))

Was ich Ihnen vorgetragen habe, ist einvernehmliche Äußerung der elf bayerischen Universitätspräsidenten beim Ministerpräsidenten in der letzten Woche unter der Prämisse: Wir haben nach den drei Monaten gemeinsamer Unruhe über das, was über uns hereinbrechen könnte, festgestellt, dass uns diese Bayerische Staatsregierung zuverlässig mit dem Landtag im Rücken die nächsten Jahre begleitet.

Manfred Ach und der Haushaltsausschuss haben den Resteeinzug mit Zustimmung des Finanzministers gestoppt und damit die Mittel ergänzend verfügbar gemacht. Alles, was Sie behaupten, stimmt letztlich schon deshalb nicht mehr.

Deswegen war es heute wichtig, Sie daran zu erinnern, dass Sie Ihre Hausaufgaben in Berlin machen sollten. Sie sollten nachlesen, wie der Stand der Universitäten in Bayern tatsächlich ist. Dann formulieren wir gern gemeinsam die neuen, die echten Ziele und wirken daraus ein neues Konzept. Frau Kollegin Gote, Sie sind dann gefordert, die Gerbera nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Kompostierung zu betrachten, sondern auch der Aussaat und der Ernte, und dazwischen die Blüte zu registrieren. Erst dann kommt die Form ihrer Aufarbeitung.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Wenn Ihnen das rechtzeitig einfiele, dann wären Sie bei manchen aktuellen Fragen beweglicher. – Herr Dr. Dürr, wenn Sie schweigen würden, dann wäre das Parlament entlastet.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet. Ich bitte, die Gespräche bei der Besuchertribüne einzustellen.

Ich rufe jetzt auf:

Tagesordnungspunkt 2

Wahl des Präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofs

Nach Artikel 80 Absatz 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Bayern wählt der Landtag auf Vorschlag der Staatsregierung den Präsidenten des Rechnungshofs.

Mit Schreiben vom 28. April 2004 hat der Ministerpräsident mitgeteilt, dass der Präsident des Obersten Rechnungshofs, Herr Alfons Metzger, mit Ablauf des Monats Juni dieses Jahres in den Ruhestand tritt und die Staatsregierung beschlossen hat, als dessen Nachfolger den derzeitigen Amtschef des Staatsministeriums für Umwelt,

Gesundheit und Verbraucherschutz, Herrn Ministerialdirektor Dr. Heinz Fischer-Heidlberger, dem Landtag für die Wahl zum Präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes vorzuschlagen.

Gibt es dazu Wortmeldungen? – Frau Gote hat sich zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Gote, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen das Amt des Rechnungshofspräsidenten sehr ernst. Der Rechnungshof hilft uns bei unserer Arbeit, bei einer unserer wichtigsten Aufgaben, nämlich der Kontrolle der Staatsregierung. Das ist auch eine unserer vornehmsten Aufgaben. Wir halten es deshalb für besonders wichtig, dass der Präsident des Obersten Rechnungshofs unabhängig ist, dass der Rechnungshof unabhängig ist. Wir üben daher Kritik an diesem Wahlverfahren. Wir haben diese Kritik auch schon 1999 angemeldet, und wir bleiben dabei.

(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Ihnen fällt auch nichts Neues ein!)

Die Kritik bezieht sich auf das Verfahren, und sie bezieht sich auf den politischen Stil.

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Mehr als Zweidrittelmehrheit geht nicht! – Christine Stahl (GRÜNE): Ach, Herr Spaenle!)

Herr Spaenle, das kommt schon noch.

Zum Ersten: Die Auswahl erfolgt allein durch die Staatsregierung. Das könnte man sich durchaus auch anders vorstellen.