Protokoll der Sitzung vom 29.06.2004

(Ulrike Gote (GRÜNE): Deshalb ist Herr Dr. Schnappauf nicht da!)

Ich bin mir sicher, der Entwurf der Staatsregierung wird in mancherlei Hinsicht gründlicher erarbeitet und einige grundsätzliche Bedingungen berücksichtigen, die jedenfalls wir von der CSU im Entwurf der Fraktion der GRÜNEN vermissen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Durchaus, Herr Dr. Dürr.

So ist es unabdingbar für uns, die Vorgaben des neuen B undesnaturschutzgesetzes möglichst schlank umzusetzen und nicht noch aufzublähen und nur die durch das Rahmenrecht tatsächlich gebotenen Anpassungen

vorzunehmen. Die Mentalität, immer noch etwas draufzusatteln, wie wir sie hier feststellen können, ist bei uns nicht so ausgeprägt. Weiter sollten den Bemühungen um Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung sowie den Vollzugserfahrungen der vergangenen Jahre im Naturschutzrecht Rechnung getragen werden. All diesen Anliegen wird der vorgelegte Gesetzentwurf nach unserer Auffassung nicht gerecht.

So sieht der Gesetzentwurf auch dort umfassende und im Ergebnis überflüssige Neuregelungen vor, wo an sich nur einzelne Anpassungen erforderlich sind. Beispielsweise sind die Vorschriften über die Landschaftsplanung – Artikel 3 – und die Eingriffsregelung – Artikel 6 – vollständig neu gefasst. Durch die erhebliche Ausweitung der Verbandsbeteiligung würde der Entwurf zu sehr aufwändigen Verwaltungsverfahren und damit zu zeitlichen Verzögerungen führen. So ist es in der Sache überzogen und mit den vorhandenen Verwaltungskapazitäten nicht zu leisten, beispielsweise vor jeder naturschutzrechtlichen Befreiung eine Verbandsbeteiligung durchzuführen.

Auch leistet der Gesetzentwurf keinen Beitrag zur Deregulierung. Im Gegenteil: Er führt in einem Artikel 6 b Absatz 1 Satz 2 einen neuen weiteren Einvernehmensvorbehalt ein.

Zum Gesetzentwurf wird außerdem ausgesagt, dass keine Kosten entstehen. Meine Kolleginnen und Kollegen, glauben Sie denn, dass die Verpflichtung zu einer flächendeckenden Landschaftsplanung den Gemeinden, die sonst keinen Plan erstellen müssten, keine Kosten verursacht? Der Gesetzentwurf berücksichtigt insofern auch nicht die den Kommunen zugesagte Einhaltung des Konnexitätsprinzips.

Lassen Sie mich kurz auf einige Regelungen eingehen, mit denen wir von der CSU so wohl nicht einverstanden sein werden.

Erstens. Artikel 2 b des Gesetzentwurfs sieht die Schaffung eines Biotopverbundes auf mindestens 15 % der Landesfläche vor. Das Bundesnaturschutzgesetz begnügt sich mit 10 %. Ich muss gestehen, die Vorgehensweise, solche Vorhaben in Prozentzahlen festzuschreiben, ist für mich von vornherein recht zweifelhaft. Frau Paulig, ich wollte Sie schon einmal fragen: Wie sieht denn unser Bayern aus? Nach Ihren Beschreibungen dürfte sich niemand zu uns herein trauen, weil unsere Landschaft fürchterlich aussieht und erst jetzt etwas Annehmbares entstehen müsste. Ich denke aber, unsere Landwirte haben in Jahrzehnten und Jahrhunderten unsere Landschaft geprägt, die so schön ist, dass Tausende von Touristen kommen, und die auch von ihrem ökologischen Wert her artenreich und stabil ist.

Also ich denke, das sollten wir wirklich einmal sagen, denn unsere Landwirte tun ihr Möglichstes.

(Beifall bei der CSU)

Ich könnte noch viele Beispiele anführen, da es aber schon rot blinkt muss ich zum Schluss kommen. Ich hätte gerne noch einige Beispiele angeführt, bin mir aber sicher, dass bei noch näherem Hinsehen weitere Ungereimtheiten zu finden sind. Die CSU-Fraktion beantragt daher die Überweisung des Gesetzentwurfs an die dafür

zuständigen Ausschüsse.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt hat sich zur Aussprache Frau Kollegin Paulig gemeldet. – Nicht mehr? Sie haben also Aussprache und Begründung in einem gemacht. Dann darf ich für die SPD-Fraktion den Kollegen Herbert Müller bitten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Änderung des Bayerischen Natur

schutzgesetzes: Frau Kollegin Paulig ist vollkommen zuzustimmen, wenn sie sagt, wir hätten auf Bundesebene eine Neuordnung, die wir bis zum nächsten Jahr in das Landesrecht umsetzen müssen. Getreu dem Motto: „Was aus Berlin von meiner Bundesregierung kommt, kann nur gut sein“, ist die Tendenz des Gesetzes durchaus richtig und es wird Zeit, das Vorhaben umzusetzen. Ich darf allerdings auch dazu sagen: Wir in der SPD sind ein klein wenig stolz darauf, dass viele betroffene Bereiche zu unserer schönen bayerischen Heimat gehören, die aufgrund der Initiative unserer Fraktion berücksichtigt worden sind. Heute ist der Name einer Person genannt worden, die sich ganz erheblich für den Erhalt der Natur, der Landschaft sowie des Landschaftsbildes in Bayern eingesetzt hat und den wir in zwei Tagen werden beerdigen müssen. Ich bin ein wenig stolz darauf, dass

Sozialdemokraten dazugehört haben. Es ist nicht alles schlecht, so wie wir es haben, es könnte aber besser sein, wenn es nicht allein die CSU zu ver

antworten hätte. In diesem Sinne würde ich Ihnen zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will auf einzelne Dinge nicht eingehen. Die Forderung nach einer Verbandsklage ermöglicht im Grunde genommen jedem Sozialdemokraten das Recht auf Rente, weil der Antrag schon so oft gestellt worden ist und schon so alt ist, dass man schon fast Rente darauf beziehen könnte. Es gibt aber einen Punkt, den ich herausgreifen möchte, bei dem ich etwas nachdenklich bin. Bei der Forderung, das Bundesnaturschutzgesetz auf Länderebene anzupassen, wird suggeriert, auf

Bundesebene sei etwas geschehen, was in den Ländern nur entsprechend angepasst werden müsste. Ich möchte unter vielen Artikel 2 c – Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft – herausgreifen. Im Absatz 2 heißt es im 3. Spiegelstrich:

Der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen, Tiere oder Mikroorganismen ist zu unterlassen.

Das klingt für den geneigten Leser ganz nett, weil es eine interessante Absichtserklärung darstellt. Eines muss man aber in diesem Zusammenhang wissen: Es gibt EU-Recht und wenn ich richtig informiert bin, hat sich die Bundesregierung bzw. hat sich Frau Künast in ihrem Ressort dem EU-Recht beugen müssen, weil die aufgestellte Forderung mit EU-Recht kompatibel sein muss. Wenn ich in einem Gesetzentwurf etwas fordere, das mit den bestehenden Rechtsgrundlagen nicht kompatibel ist, vermittelt man dem Bürger, der sich nicht näher informiert, Hoffnung auf eine Regelung, die nicht möglich ist. Deshalb würde ich Sie dringend bitten, mit dem Bundesrecht nicht kompatible Forderungen nicht in den Gesetzentwurf aufzunehmen, weil sie letztlich nicht durchsetzbar sind, selbst wenn wir es wollten. Insofern fordere ich Sie auf, diese Formulierung zu bereinigen.

Sie wissen, dass wir vor kurzem in Berlin das Gentechnikgesetz auf den Weg gebracht haben. Darin werden als Ziele für die Zukunft die Koexistenz und die freie Entscheidung der Landwirte, aber auch die der Verbraucher festgeschrieben. Das ist etwas, was wir machen können, aber man darf nicht so tun, als könne man über das Naturschutzgesetz in Bayern die Frage neu und anders entscheiden, als dies durch EU-Recht vorgegeben ist und die Bundesregierung sich dies wünscht. Ein solches Vorgehen kann ich nicht

nachvollziehen und deshalb bitte ich für die weitere Beratung darum, bei Formulierungen, die keine

Realisierungschance haben, eine Bereinigung

vorzunehmen. Dann kann man sich über den

Gesetzentwurf wesentlich fröhlicher unterhalten.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Paulig, wollen Sie sich jetzt doch noch zur Aussprache melden? – Bitte schön.

Herr Kollege Müller, nur zu dem Punkt der Ausbringung gentechnisch veränderter

Organismen eine kurze Ergänzung: Inzwischen ist durch eine Bundestagsentscheidung vom Juni das Bundesnaturschutzgesetz genau in diesem Punkt exakter gefasst worden. Wir müssen nun schauen, was der Bundesrat damit macht. Dort geht es um den Schutz der ökologisch sensiblen Gebiete vor der Einbringung gentechnisch veränderter Organismen. An diese

Neuregelung des Bundesnaturschutzgesetzes passe ich unsere Formulierung dann gerne an.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Umwelt- und Verbraucherschutz als federführenden Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2 d Gesetzentwurf der Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann, Dr. Hildegard Kronawitter (SPD) zur Änderung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (Drucksache 15/1235) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Bitte schön, Herr Kollege Pfaffmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ein Problem, das in verstärktem Maße immer mehr Eltern in Bayern betrifft. Es geht um die Finanzierung des Schulbesuchs ihrer Kinder.

Derzeit ist vorgesehen, dass bei Ersatzschulen, sofern sie anerkannt sind, der Freistaat 66 Euro pro Monat übernimmt. Wenn die Kinder in eine Ersatzschule gehen, wird dieses Geld zugezahlt. Wir haben das Problem einer Petition entnommen, die in Oberbayern gestellt wurde. Auf der anderen Seite ist nach wie vor das eherne Prinzip der kostenlosen Schule sehr wichtig. Wir müssen immer wieder feststellen, dass das Prinzip der kostenlosen Schule durch immer mehr Kosten, die den Eltern aufgebürdet werden, aufgeweicht wird. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Diskussion der

Lernmittelfreiheit. Es entstehen immer mehr Kosten und die Eltern müssen immer mehr bezahlen.

Nun haben wir in Bayern die faktische Situation: Wenn Kinder in eine solche Ersatzschule gehen und die Ersatzschulen die Kosten über die zu erstattenden 66 Euro hinaus erhöhen, dann werden die Eltern für diesen Anteil zur Kasse gebeten. Das bedeutet die faktische Abschaffung der kostenfreien Schule. Das gilt vor allen Dingen in den Fällen, in denen keine Alternativen vorhanden sind. Es gibt Landkreise in Bayern, in denen es anerkannte Ersatzschulen, aber alternativ dazu keine öffentlich rechtlichen Schulen gibt. Die Kinder sind sozusagen gezwungen, in eine Ersatzschule zu gehen. Wenn diese Ersatzschulen die Gebühren über 66 Euro hinaus erhöhen, dann müssen die Eltern die Differenz bezahlen, obwohl sie faktisch keine Alternativen haben, als die Kinder in eine solche Schule zu schicken. Das bedeutet eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Kindern, die öffentlich-rechtliche Schulen besuchen und es widerspricht ganz eindeutig dem Prinzip der Schulgeldfreiheit.

Unser Gesetzentwurf zielt darauf ab, diesen Umstand zu beseitigen, indem gefordert wird, den Eltern, die dieses erhöhte Schulgeld bezahlen müssen und die keine Alternative einer öffentlich-rechtlichen Schule im

Einzugsbereich haben, die Kosten voll zu erstatten.

Man kann nämlich nicht sagen: Ihr müsst eure Kinder in die Ersatzschule schicken und die Gebühren bezahlen, wir übernehmen die Kosten nicht. Das ist ein Fehler im System. Ich denke, hier ist eine Änderung des Schulfinan zierungsgesetzes enorm wichtig, vor allem auch, um die Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Kindern, die in öffentlich-rechtliche Schulen gehen und keine Gebühren

bezahlen, zu beheben. Außerdem ist das Prinzip der kostenfreien Schule aufrechtzuerhalten.

Wir werden in den Ausschüssen über diesen Umstand diskutieren müssen. Hier gibt es einen riesigen Handlungsbedarf. Ich hoffe, wir werden eine Lösung finden.

(Beifall bei der SPD)