Frau Präsidentin, Herr Staatsminister, aus Ihrer Beantwortung und dem Hinweis auf die fehlerhafte Platine kann ich nicht entnehmen, auf welcher Grundlage die Staatsregierung behauptet, dass ganz sicher keine erhöhte Strahlung aufgetreten ist. In diesem Zusammenhang frage ich Sie: Wurden weitere Messungen mit anderen Messgeräten vorgenommen, um festzustellen, dass die Strahlung tatsächlich nicht erhöht war, und mit wie großer Sicherheit können Sie behaupten, dass die Messgeräte nicht in der Weise defekt waren, dass sie eine erhöhte Strahlung, die tatsächlich da war, möglicherweise nicht anzeigen konnten? Ohne Gegenüberprüfungen fehlt die Sicherheit.
Frau Präsidentin, Frau Kollegin Paulig! Die Messeinrichtungen gibt es mehrfach, sodass ganz eindeutig festgestellt werden konnte, dass an zwei Messeinrichtungen eine fehlerhafte Messung aufgrund der defekten Platine vorgenommen und an einer dritten Messeinrichtung der exakte Wert gemessen wurde. Es fand also eine Gegenkontrolle statt. Außerdem hat man festgestellt, dass der Reaktor über keine erhöhte Gammadosisleistung verfügt, sodass objektiv nachweisbar ist, dass es zu keiner erhöhten Belastung kam, sondern lediglich eine fehlerhafte Messanzeige vorlag.
Da Sie zu suggerieren versuchen, dass defekte Messgeräte Sicherheit bedeuteten, frage ich Sie, ob Ihnen bekannt ist, dass am 10.05.2004 der Reaktor wieder hochgefahren, bereits einen Tag später am 11.05.2004 wieder heruntergefahren wurde und erst am 07.07.2004 – mehr als sieben Wochen später – wieder hochgefahren wurde? Steht dieses Verhalten im Zusammenhang mit weiteren Ereignissen, beispielsweise den defekten Messgeräten oder den Problemen der Gasbildung, und inwieweit hängen diese beiden möglichen Ereignisse zusammen?
„Suggerieren“ am Anfang hätten Sie weglassen sollen, Frau Kollegin. Wir befinden uns in der Fragestunde und nicht bei der Beurteilung. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, Frau Kollegin Paulig, wie Sie wissen, befindet sich der Forschungsreaktor in der Anfahrphase. In dieser Phase ist es ganz normal, ihn hochzufahren und ihn wieder herunterzufahren. Die Einfahrphase kennzeichnet die Inbetriebnahme des Reaktors. Insofern ist es ein normales Vorgehen, dass der Reaktor herauf- und heruntergefahren wird. Man experimentiert, um Fehlerquellen auszuschalten, sollten sich welche anzeigen. Das Vorgehen ist also ganz normal.
Ich will noch einmal Folgendes sagen: Sie haben ganz offensichtlich den Eingangstext, obwohl ich ihn schon wiederholt hatte, immer noch nicht richtig aufgenommen, Frau Paulig. Dass Sie dazu überhaupt eine Frage stellen, will ich gar nicht näher bewerten.
Wir haben es mit einem ganz normalen Vorgang zu tun. Der Reaktor reagierte so, wie er reagieren muss – egal, ob die Anzeige richtig oder falsch war. Wenn dem Reaktor eine erhöhte Dosisleistung angezeigt wird, wird er heruntergefahren. Das war der Fall. Allerdings hat sich herausgestellt, dass keine erhöhte Gammadosisleistung vorlag. Der Vorgang belegt trotzdem, dass die Einrichtungen im Reaktor funktionieren. Die Sicherheitseinrichtungen funktionieren so, wie man das will; der Reaktor schaltet sich also ab, wenn das Signal kommt. Das hat funktioniert, wenngleich kein eigentlicher Anlass zur Warnung bestand, sondern lediglich eine fehlerhafte Weiterleitung des Messwertes.
Ich glaube, man sollte den Vorgang als Beispiel dafür nehmen, dass die eingebauten Einrichtungen ihre Funktion zeigen. Man sollte nichts hineininterpretieren.
Ich frage Sie noch einmal: Welche Sicherheitsprobleme traten im Zeitraum von Anfang Mai 2004 bis zum 7. Juli 2004 zusätzlich zu den fehlerhaften Messgeräten auf, und wann kann damit gerechnet werde, dass der Reaktor mit der vollen Leistung von 20 MW gefahren werden kann, da dies schon vor langer Zeit von den Betreibern für das Frühjahr 2004 angekündigt wurde?
Frau Präsidentin, Frau Paulig! Mit dieser Frage gehen Sie weit über die ursprüngliche mündliche Frage hinaus, sodass ich die Detailinformationen, was zwischen dem 3. Mai 2004 und dem 7. Juli 2004 stattgefunden hat, nicht aus dem Stegreif liefern kann. Ich bin gerne bereit, Ihre Frage schriftlich zu beantworten. Ich bitte aber um Nachsicht, dass ich das aus dem Stegreif nicht leisten kann.
Frau Präsidentin, Herr Staatsminister! Ich frage die Staatsregierung: Wie kann es passieren, dass trotz ständiger Überwachung, unter anderem durch das Bayerische Landesamt für Umweltschutz -LfU – und das Gewerbeaufsichtsamt und der Zertifizierung durch den TÜV über Jahre hinweg große Mengen von hochgiftigem Quecksilber unkontrolliert auf dem Gelände der Gesellschaft zur Sonderabfallentsorgung Bayern – GSB – in Baar - Ebenhausen unbemerkt in Lagerstätten in Vergessenheit geraten, chemisch reagieren konnten und dadurch eine Gefahr für die Umgebung darstellen?
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die in den Fässern enthaltenen Abfälle wurden weder unkontrolliert angesammelt noch sind sie unbemerkt in Vergessenheit geraten. Auch stellen diese Abfälle keine Gefahr für die Umgebung dar. Dies hat das LfU als für die GSB zuständige Überwachungsbehörde in seiner Pressemitteilung vom 14.07.2004 klargestellt.
Danach war und ist die Lagerung quecksilberhaltiger Abfälle auf dem Gelände der GSB rechtlich zulässig. Das Fasszwischenlager ist für derartige Abfälle zugelassen und ausgerüstet. Es wurde mit Planfeststellungsbeschluss vom 15.06.1990 genehmigt und erfüllt die gesetzlichen Anforderungen. Ein Risiko für die Umwelt oder die Anwohner ging und geht von den dort lagernden Gebinden nicht aus. Das LfU wie auch das Gewerbeaufsichtsamt haben bei der Überwachung der GSB auch das Fasszwischenlager turnusmäßig kontrolliert. Das Lager wurde zuletzt im Juni 2004 im Vollzug der Störfallverordnung vom Gewerbeaufsichtsamt und in getrennter Besichtigung von den beteiligten Behörden –, das waren das LfU, das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt, die Regierung von Oberbayern und das Landratsamt Pfaffenhofen – begangen. Das LfU hat bisher keine undichten Fässer festgestellt.
Das LfU hat im November letzten Jahres wegen des zum Teil fortgeschrittenen Alters der Gebinde vorsorglich veranlasst, dass die Lagerbestände zügig abgebaut werden. Seitdem wurde gut ein Drittel dieser Abfälle in eigenen oder Fremdanlagen ordnungsgemäß entsorgt. Der planmäßige Abbau der Bestände und deren Entsorgung werden vom Landesamt für Umweltschutz kontrolliert.
Herr Minister, wie kann es sein – wenn Ihre Aussagen zutreffen –, dass eine Ingolstädter Zeitung am 20.07.2004 schrieb, das LfU habe gesagt, ihm werde die Sache zu heiß, und so könne das nicht weitergehen?
Frau Präsidentin, Herr Wörner! Ich komme auf das zurück, was ich eben ausgeführt habe. Die Gebinde lagern dort seit geraumer Zeit. Das LfU hat bei seinen routinemäßigen Kontrollen festgestellt, dass sich ein Fassbestand von etwa 5000 Fässern angesammelt hat, ohne dass der Bestand verringert wird.
Das Landesamt für Umweltschutz hat dann bei der genannten Kontrolle im November des vergangenen Jahres deutlich gemacht, dass der Fassbestand aus Vorsorgegründen abgebaut werden muss, damit es nicht möglicherweise zu Schäden an den Fässern, zu Leckagen, zu Undichtigkeiten und in der Folge dann zu Entsorgungsproblemen kommt. Daher ist ein vorsorglicher Abbau des Fassbestandes veranlasst worden. Die Geschäftsführung ist dem auch nachgekommen mit der Folge, dass es jetzt etwa ein Drittel weniger Fässer sind.
Kollege Wörner, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe bei wiederholten Gelegenheiten – Herr Wörner, Sie werden sich an die Sitzungen des Umweltausschusses erinnern – immer wieder deutlich gemacht, dass wir in der GSB ein konsequentes Aufräumen brauchen – ich darf es einmal so nennen –, ob das nun seinerzeit die personelle Neuordnung in Geschäftsführung und Aufsichtsratsvorsitz war oder ob es auch ein Aufräumen im organisatorischen Sinne ist. Dazu gehört auch, dass man Dinge nicht über Jahr und Tag einfach ansammelt und stapelt, auch wenn damit keine Gefahr verbunden ist. Zu einer Sondermüllentsorgungseinrichtung, noch dazu, wenn der Freistaat Bayern Mehrheitsgesellschafter ist, gehört auch, dass eine Vorbildfunktion wahrgenommen wird. Das Landesamt hat daher, wie ich meine, zu Recht gesagt: Freunde, ihr könnt nicht einfach immer weiter ansammeln und dann den Bestand halten, ihr müsst das Fasslager wieder reduzieren, wieder abbauen. Insofern ist es ganz in meinem Sinne, dass dort auch organisatorisch „aufgeräumt“ wird, so dass am Ende der Wegstrecke die GSB personell, organisatorisch und strukturell neu ausgerichtet ist.
Ich habe im Ausschuss angekündigt, dass wir auch die Strukturen überprüfen, dass wir ein Gutachten in Auftrag gegeben haben. Wir machen damit insgesamt auch deutlich, dass die Sondermüllentsorgung eine Aufgabe ist, die auch auf die Zukunft ausgerichtet sein muss. Dazu gehört auch, dass der Betrieb, wie ich schon gesagt habe, so geführt wird, dass er Vorbildcharakter für die Sondermüllentsorgung im Freistaat hat.
Herr Minister, ich frage Sie: Besteht die Möglichkeit, dass das Ansammeln der Fässer dadurch geschehen ist, dass die GSB – nach mir vorliegenden Berichten – Waren, Schadstoffe oder belastete Güter zu Dumpingpreisen angenommen hat, die sie dann nicht verwerten konnte, weil sie sonst noch stärker in die roten Zahlen gekommen wäre, als sie es jetzt ist? Könnte das im Zusammenhang damit stehen, dass sich die Fässer so aufgestaut haben?
Frau Präsidentin, Herr Wörner, zu dem Inhalt der Fässer oder zu den Preisen, zu denen die Geschäftsführung deren jeweiligen Inhalt angenommen hat, kann ich aus den Stegreif keine Detailinformationen geben; jedenfalls sind mir keine Informationen bekannt, ob es da einen Zusammenhang gibt.
Tatsache ist jedenfalls, dass die Fässer dort lagern dürfen. Das ist ein genehmigtes Fasslager. Tatsache ist auch, dass von diesen Fässern keine Gefahr ausgeht, dass aber seitens der Aufsichtsbehörde, des Landesamtes für Umweltschutz, aus Vorsorgegründen dafür gesorgt wurde, dass das Fasslager reduziert, also abgebaut wird.
Herr Staatsminister, angesichts der erneut bekannt gewordenen Schlamperei bei der jahrelangen Lagerung von Fässern mit hochgiftigem Material, unter anderem Quecksilber, frage ich Sie, ob Sie die Beurteilung dieses Betriebs als einen EU-ökoaudit-zertifizierten Betrieb noch weiter aufrechterhalten können oder ob es schleunigst notwendig wäre, die Zertifizierung zurückzunehmen, bis alle Vorfälle einigermaßen geklärt sind.
Frau Präsidentin, Frau Paulig. Da Sie von Vorfällen sprechen, will ich noch einmal in aller Ruhe und Sachlichkeit darauf hinweisen, dass es sich erstens um ein genehmigtes Fasslager handelt, dass zweitens von den dort gelagerten Fässern keinerlei Gefährdung für die Bürgerschaft und die Umwelt ausgegangen ist und dass drittens von den Aufsichtsbehörden vorsorglich dafür gesorgt worden ist, dass die Geschäftsführung mit der Reduzierung, dem Abbau der Gebinde beginnt. Das ist ein Prozedere, das nicht gegen Recht und Gesetz verstößt.
Es liegt an der Geschäftsführung, dieses Fasslager abzubauen und in einem Umfang fortzuführen, der dem Üblichen entspricht. Sicherlich hat sich dort mehr zusammengeballt, als wünschenswert ist; das ist keine Frage. Deshalb habe ich ja auch auf die Frage vom Kollegen Wörner hin deutlich gemacht – ich will es auch Ihnen, Frau Paulig, noch einmal sagen –, dass ich dafür eintrete, dass die GSB in jeder Beziehung ihrer Vorbildfunktion gerecht wird. Der Freistaat Bayern ist dort Mitgesellschafter, Mehrheitsgesellschafter. Insofern sollte die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat den Betrieb an jeder Stelle so führen, dass er jederzeit nicht nur alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt – das ist sowieso klar –, sondern zum Beispiel auch die von Ihnen genannten Kriterien eines zertifizierten Betriebes. Insofern wird sich die GSB selbst als Betrieb einer Revalidierung, einer erneuten Überprüfung stellen müssen. Dabei wird sich herausstellen, ob sie die Kriterien erfüllt oder nicht. Ich meine, dass die GSB alles tun muss,
um auf jeden Fall die Zertifizierung bestätigt zu bekommen. Auch der vorsorgliche Abbau des Fasslagers ist ein Beitrag, um der Funktion eines Vorbildbetriebes gerecht zu werden.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Damit sind die Zusatzfragen zu dieser Frage erschöpft. Ich darf zur Frage Nummer 13 und damit zur letzten Frage der heutigen Fragestunde Frau Kollegin Tolle aufrufen. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach dem der Sanierungsvertrag zwischen dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt MainSpessart, Herrn Landrat Armin Grein, und der Firma Hunger Anfang Juni 2004 unterzeichnet wurde, frage ich die Staatsregierung: Warum findet auf dem unmittelbaren Nachbargelände keine Sanierung statt, obwohl es sich bei der Außengalvanik um eine Grenzbebauung handelt und Chrom VI äußerst mobil ist und Teilflächen des Grundstückes ebenfalls kontaminiert sind? Presseberichten zufolge ist die Sanierung der Innengalvanik laut des von der Firma Hunger beauftragten Gutachters und Sanierers Gerling Consulting bereits seit 1992 abgeschlossen gewesen. Warum wird diese nun nochmals begutachtet und gegebenenfalls saniert, und warum enthält der geschlossene Vertrag keine unmittelbaren Sanktionen?
Frau Präsidentin, im Grunde genommen handelt es sich um drei Fragen. Zur ersten Teilfrage, der Sanierung der Außengalvanik beziehungsweise des angrenzenden Grundstückes: Die Vorbereitungen für die Sanierung der Außengalvanik auf dem Gelände der Firma Hunger haben begonnen. In der Zusammenschau der Ergebnisse aus vier Sachverständigengutachten liegen keine Hinweise auf eine sanierungsbedürftige Verunreinigung des Bodens der Firma OWI vor. Im Zuge der Sanierungsarbeiten wird der Grenzbereich der Firma Hunger zur Firma OWI jedoch intensiv beprobt und untersucht, um sicher abschätzen zu können, ob und wie sich der Chromatschaden gegebenenfalls im Boden ausgebreitet hat. Soviel zu Ihrer ersten Teilfrage.
Die zweite Teilfrage betrifft die erneute Begutachtung der Innengalvanik. Nach der Stilllegung der Innengalvanik sind nunmehr Untersuchungen in einem größeren Umfang möglich. Der von der Firma Hunger beauftragte Sachverständige hat daher vorgeschlagen, zusätzliche Bohruntersuchungen durch die mächtigen Fundamente hindurch sowie im Umfeld der Innengalvanik vorzunehmen.
Diese Untersuchungen müssen zunächst einmal abgeschlossen werden. Erst dann ist zu entscheiden, ob weitere Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden müssen.
Nun zur dritten und letzten Teilfrage, zum Sanierungsvertrag: Die Formulierung in § 3 des Sanierungsvertrages schließt die Möglichkeit mit ein, dass das Landratsamt bei Nichteinhaltung des Vertrages durch die Firma Hunger KG
nach Abmahnung die erforderlichen Maßnahmen ordnungsrechtlich anordnen kann. Die Vertragsbeteiligten streben nach dem Willen des Vertrages eine einvernehmliche und erfolgreiche Sanierung an.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Minister! Warum wurde für die Sanierung des Hunger-Geländes nur Chrom VI als Sanierungsparameter festgelegt?