Protokoll der Sitzung vom 01.12.2004

Wir alle waren sehr froh darüber, dass die Post AG in Leipzig ihr Paketzentrum bauen und eröffnen will. Über die Verlagerung aus Belgien und den Neubau in Leipzig sind wir alle sehr froh gewesen. Das ist aber nur dann möglich, wenn die Post auch die dafür erforderliche Ertragskraft hat. Deshalb frage ich Sie als anerkannten Europapolitiker: Müssen wir Deutsche bei der Liberalisierung immer als Musterknaben vorneweg marschieren, während die anderen Länder hinterherhinken und unsere Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil haben? Das kann doch in der Form nicht gehen.

(Beifall bei der SPD)

Zum ersten Spiegelstrich Ihres Antrags: Viele ärgern sich auch über die mangelnde Qualität bei der flächendeckenden Versorgung. Eine flächendeckende Versorgung erfordert aber auch höhere Kosten. Darüber sind wir uns im Klaren. Wenn Sie vom Unternehmen mehr Aufwendungen verlangen, können Sie nicht gleichzeitig das Unternehmen einer verstärkten Konkurrenz aussetzen und der Deutschen Post sagen, dass die umsatzsteuerliche Gleichbehandlung wegfällt. Im Übrigen hätten Sie die Möglichkeit, in den Antrag hineinzuschreiben: Die Staatsregierung wird gebeten, über eine Bundesratsinitiative auf die Änderung des Umsatzsteuergesetzes hinzuwirken. Sie bräuchten nicht hier im Landtag einen Antrag stellen, die Bundesregierung möge das bitte tun. Machen Sie es doch bitte selber. Sie haben die Möglichkeit, über das zweite Organ der Gesetzgebung auf Bundesebene diesen Antrag einzubringen.

Eine letzte Anmerkung. Was soll daran schlecht sein, wenn der Bundesfinanzminister darauf schaut, dass der Börsenkurs der Postaktie gut ist, damit er bei Privatisierungsmaßnahmen entsprechende Einnahmen erzielen kann? Der Bayerische Finanzminister macht das doch genauso. Früher hat man es auch so gemacht. Wenn man bei einem Unternehmen Privatisierungsabsichten hat, schaut man natürlich auf den Börsenkurs und betreibt mit den nötigen Maßnahmen, wenn es irgendwie geht, eine Kurspflege. Damit kann auch der Bund die entsprechenden Einnahmen erzielen. Hier zeigt sich wieder einmal, dass Sie die finanzielle Situation des Bundes überhaupt nicht interessiert. Sie wollen nur Ihr parteipolitisches

Süppchen kochen. Deshalb lehnen wir vonseiten der SPD-Fraktion den Antrag ab.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Bocklet.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir darüber seriös reden würden. Sie sollten meine Ausführungen sehr genau hören. Ich habe mich sehr genau ausgedrückt, weil ich die Fußangeln, die es bei diesem Thema gibt, sehr genau kenne. Das Hauptproblem besteht nicht darin, dass stationäre Einrichtungen nicht vorgehalten würden. In der Tat, die Deutsche Post AG hält zahlenmäßig im Moment noch mehr vor, als sie vorhalten müsste. Das Problem liegt im Übergang von stationären Einrichtungen auf Shops und Agenturen. Jeder hat seine Erfahrungen gemacht, was dabei vor Ort passiert. Darum geht es uns eigentlich; denn das ist das unmittelbar für den Verbraucher spürbare Defizit.

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Da sind wir uns doch noch einig!)

Herr Kaiser, ich könnte mich mit Ihnen darüber verständigen, was Sie sagen, wenn es nicht einen Konflikt gäbe, der darin besteht, dass der Bund auf der einen Seite Mehrheitseigentümer der Deutschen Post ist und auf der anderen Seite als Gesetzgeber verpflichtet ist, aufgrund EU-Rechts die Märkte zu öffnen und den Wettbewerb herzustellen. Das ist das Problem. Sie können nicht sagen, der Bund als Eigentümer der Post hat einen Vorrang im Hinblick darauf, dass er für einen möglichst guten Kurs der Postaktie sorgt; das ist sein gutes Recht. Das Problem besteht nur darin, dass wir eine Ordnung haben, wonach der Bund beide Funktionen ausübt. Einmal hat er den Eigentümerhut auf, und dabei ist er wegen der Kurse, die Sie gepflegt haben möchten, gegen Liberalisierung. Auf der anderen Seite ist er Gesetzgeber, der zur Liberalisierung verpflichtet ist, und dies nicht wegen eines Bundesgesetzes, sondern weil es eine europäische Vorgabe gibt.

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Wie machen es dann die anderen Länder?)

In einer großen Zahl von Mitgliedstaaten ist dies bereits entzerrt.

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Frankreich?)

Herr Kaiser, wir sind in einem Prozess der Liberalisierung, der noch nicht abgeschlossen ist. In diesem Prozess der Liberalisierung haben wir jetzt noch einmal die Initiative ergriffen, um ein Stück vorwärts zu kommen. Der 1. Januar 2007 ist doch als Deadline vorgesehen. Bis dahin muss etwas geschehen. Der Bund zögert aber und zieht sich zurück; er macht nur das Notwendigste, und zum Teil macht er sowohl hinsichtlich der Umsatzsteuer als auch hinsichtlich der postvorbereitenden Dienste nicht einmal das Notwendigste.

Mit der Ansiedlung in Leipzig meinten Sie die DHL. Der Grund liegt ganz woanders. Die DHL muss ein europäisches Verteilzentrum bauen.

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Und dazu brauchen sie Geld!)

Das Geld dazu haben sie längst. Das Verteilzentrum wollten sie in Brüssel bauen, weil sie dort schon einen Sitz haben. Dort war der Bau aber nicht möglich, weil die dortigen Kommunalbehörden nicht bereit waren, beim Lärmschutz Entgegenkommen zu zeigen. Deswegen hat die DHL entschieden, das Postverteilzentrum nicht in Brüssel, sondern in Leipzig zu bauen. Das begrüße ich im Übrigen sehr, weil das Geld in unserem Lande bleibt.

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Das ist doch gut!)

Damit, dass man das Geld erst verdienen muss, wie Sie argumentiert haben, hat das aber überhaupt nichts zu tun. Ich begrüße, dass das Zentrum jetzt in Leipzig gebaut wird, aber ich wollte dafür schon die korrekte Begründung. Das wollte ich nachtragen.

Im Übrigen darf ich mich herzlich für die Unterstützung bedanken. Es ist eine Sache, die viele Verbraucher bei uns betrifft, und zwar nicht nur die großen, wie Sie, Herr Kaiser, vermuten. Betroffen sind die Verbraucher in der Breite. Wettbewerb an sich ist gut. Er braucht gewisse Regeln. Dafür haben wir die Regulierungsbehörde. Den Wettbewerb sollte man aber nicht gegen die Eigentümerinteressen ausspielen. Das ist Staatskapitalismus vom letzten Jahrhundert.

(Beifall bei der CSU – Dr. Martin Runge (GRÜNE): Das ist CSU-Spezialität!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sprinkart.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eine kurze Anmerkung an Sie, Herr Kollege Bocklet. Das Problem ist genau umgekehrt. Dadurch, dass die Post gerade auf dem flachen Land ihre eigenen Poststellen auflöst und in Agenturen umwandelt, muss es nicht automatisch zu einer Verschlechterung der Öffnungszeiten kommen. Ganz im Gegenteil, die Postagenturen haben üblicherweise zu den normalen Geschäftszeiten offen, was bei den eigenen Poststellen wirklich nicht zu sagen war. Die haben vielleicht bloß mehr zwei Mal in der Woche aufgehabt. Das Problem besteht darin, dass die Post die Vertragsbedingungen für die Agenturen so schlecht gestaltet, dass sehr viele der Postagenturen zu diesen Bedingungen gar nicht mehr arbeiten können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe keine weitere Wortmeldung mehr. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/2211 zustimmt, den bitte ich um

ein Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Die Fraktion der SPD. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag mit der Mehrheit der CSU angenommen.

Wir kommen zum

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Susann Biedefeld, Herbert Müller und anderer und Fraktion (SPD)

„Bayerisches Klimaschutzbündnis“ mit Zielen und Inhalten zum Leben erwecken (Drucksache 15/2212)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ruth Paulig, Dr. Christian Magerl und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wirksamer Klimaschutz in Bayern (Drucksache 15/ 2241)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Wörner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen. Der Grund unseres Antrags war wieder einmal einer jener ominösen Pakte, von denen man glaubt, damit in Bayern alles retten zu können. Wir sind der Meinung, dass solche Pakte auch einen Inhalt haben müssen. Diesen Inhalt haben wir vermisst. Deshalb haben wir diesen Dringlichkeitsantrag gestellt. Wir sind der Meinung, dass es nicht ausreicht -

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wo ist denn das Umweltministerium?)

Ein guter Hinweis. Ist jemand hier aus diesem Hause? Oder ist das schon im Hause Wiesheu gelandet? – Aber der ist auch nicht da.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Der ist auch nicht mehr da, der ist schon erledigt!)

Was machen wir jetzt, Herr Präsident?

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Da kommt er schon!)

Aber der hilft uns nichts.

Herr Kollege, es liegt bei Ihnen, was Sie jetzt tun.

Ich hätte schon gerne, dass zumindest der Minister jetzt da ist.

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Er ist da! – Ruth Paulig (GRÜNE): Aber nicht der Richtige!)

Die Zeit läuft jetzt doch nicht.

Die Zeit läuft schon, aber ich kann die Uhr stoppen. Ich schlage Ihnen vor, Sie fahren fort, und in der Zwischenzeit wird abgeklärt, wer das Ministerium vertritt.

Offensichtlich ist sich der Minister seiner Sache so sicher, dass er gar nicht mehr anwesend sein muss – was ich bedauern würde –, oder er kann die Wahrheit nicht ertragen.

Fakt ist, dass die Absenkung der CO2-Emissionen in Bayern nicht gelungen ist. Vielmehr haben wir eine Mehrproduktion von rund 4 Millionen Tonnen seit 1990 erreicht. Wir sollten aber ein Ziel festschreiben und dieses auch kontrollieren, nämlich die Absenkung um rund 20 % auf 70 Millionen Tonnen. Das wäre der Natur und den Menschen in Bayern angemessen. Das wäre noch nicht der große Erfolg, aber ein erreichbares Ziel. Dazu haben wir folgende Punkte aufgelistet:

Wir wollen einen jährlichen Klimaschutzbericht, weil es nicht ausreicht, ein Ziel zu formulieren, ohne es jährlich zu kontrollieren. Wir müssten dann nach fünf oder zehn Jahren wieder feststellen, dass mit einem Pakt nichts erreicht wurde, außer dass Papier beschrieben wurde, wofür das Geld und die Bäume, die dafür gefällt werden müssen, zu schade sind. Wir wollen die Evaluierung der jeweils eingeleiteten Maßnahmen, um damit eine Erfolgskontrolle zu erreichen.

Für die Paktteilnehmer muss es verpflichtende Ziele geben, kein Wischiwaschi. Die Ziele müssen definiert und die Erfolgszonen klar beschrieben sein, sodass sie kontrolliert werden können. Wir fordern mehr Markteinführung für Biomasse. Es ist verwunderlich, dass von der CSU nichts kommt, weil dies ein drittes Standbein für die bayerischen Landwirte sein könnte. Hier müsste im wahrsten Sinne des Wortes „Gas gegeben“ werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir meinen, dass es dringend notwendig ist, ein bayerisches Programm zur Wärmeerzeugung, Stromgewinnung, Kraftstofferzeugung aus Biomasse aufzulegen und dieses stärker als bisher zu fördern und voranzubringen. Versprechen nützen nichts. Ein Blick in den Haushalt zeigt, dass die Mittel nicht erhöht wurden. Die Haushaltsansätze wurden nicht erhöht. Wir sind der Meinung, dass ein Teil der dritten Tranche der Privatisierungserlöse fast verschwunden ist und man wesentlich mehr bräuchte, um dies zu klären.