Vor acht Jahren schrieb ich im Auftrag meiner Fraktion einen Brief an eine große Autofirma, die in der DieselTechnologie führend ist. Uns lagen Informationen über die Feinstaubmenge bei den Autos mit der neuen DieselTechnologie vor. Der Feinstaub dieser neuen Diesel-Fahrzeuge ist viel gefährlicher als der der alten Diesel-Fahrzeuge, die rußen. Diesen groben Staub sieht man. Die neuen Diesel-Fahrzeuge sind besonders gefährlich.
Wir haben an die Autofirma in Bayern einen Brief geschrieben, da wir uns überlegten, ob wir die Dienstfahrzeuge unserer Fraktion aus Umweltgründen anders auswählen. Wir schickten einen Zeitungsartikel mit, in dem die Bedrohung aufgezeigt war. Nach einiger Zeit erhielten wir einen Antwortbrief. Darin stand schlicht und ergreifend, dass diese Problematik, wie sie im Zeitungsartikel aufgezeigt war, nicht bestehe.
Ich will Ihnen mit diesem Beispiel sagen, dass es offenbar auch für die Industrie sehr schwierig ist, sich abzeichnende Probleme rechtzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Wir befinden uns heute im Nachteil gegenüber anderen, zum Beispiel gegenüber Frankreich. Die Franzosen machen die Geschäfte zu Recht, und wir hinken nach. – Das ist aber ein anderes Thema.
Eine der Städte, die jetzt schon die Grenzwerte häufig deutlich überschreiten, ist Lindau. Lindau liegt am Bodensee und nahe den Bergen, wo es eigentlich Wind gibt. Es sollte also nicht schlecht dastehen. Schwaben hat sehr früh die Wasserkraft genutzt. Schon vor 100 Jahren wurde die elektrische Energie in andere Bereiche abgeleitet, um dort mit elektrischen Loks zu fahren. Nur das Gebiet, in dem die Energie aus Wasserkraft entwickelt und gefördert worden ist, ist bis heute nicht elektrifiziert. Schon deshalb wäre es notwendig, die Strecken in Bayern zu elektrifizieren. Ich denke an ein spezielles Projekt, das auch die Staatsregierung verfolgt und das dringend notwendig ist. Es ist die Elektrifizierung der Bahnstrecke von München über Buchloe nach Lindau im Zulauf zum NEAT-Tunnel im alpenquerenden Verkehr. Die Problematik, die wir heute diskutieren, ist ein weiteres gutes Argument für die Elektrifizierung dieser Strecke. In Lindau fahren die Diesel-Loks
auf die Insel und kehren dort um. Sie können sich vorstellen, dass der Rußpartikelausstoß beachtlich ist.
Ich kann nur hoffen, dass die Bayerische Staatsregierung zusammen mit der Bundesregierung das Projekt so schnell wie möglich realisieren kann.
Herr Kollege Kreuzer, beide, sowohl die Landesregierung als auch die Bundesregierung, sind zuständig.
Zurzeit wird das Wirtschaftlichkeitsgutachten erstellt. Ich bitte, das Projekt positiv zu begleiten, weil es bei uns einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Feinstäube leisten könnte.
Als Nächstes will ich einen praktischen Beitrag leisten. Der SPD-Arbeitskreis Umwelt besuchte vor etwa einem Vierteljahr Freiberg in Sachsen. Wir sahen uns eine hochinteressante Technologie an. Es wäre gut, wenn sich der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz und die Staatsregierung mit diesem Projekt näher befassen würden. Was passiert in Freiberg? – In Freiberg wird aus Biomasse – vorwiegend Holz – ein dieselähnlicher Treibstoff entwickelt, der bei der Verbrennung im Motor keinerlei Rußpartikel erzeugt. Das ist nicht nur wegen der Entwicklung alternativer Energien interessant, sondern mit der Beimischung von 15 % dieses Diesels wäre die Reduzierung von Feinstaub beachtlich. Mit dem Rohstoff Holz wäre dies möglich. Dadurch könnte ein wichtiger Beitrag zur Sicherung alternativer Energien im eigenen Land gefördert werden.
Ich wollte mit diesen Beispielen deutlich machen, dass wir bei diesem Thema und den vorhin von mir angesprochenen Themen, die uns belasten, gemeinsame Wege gehen müssen. Ich würde mir wünschen, dass wir in zwei Monaten immer noch über Feinstäube, aber auch wieder über die Ozonbelastung und die Smog-Verordnung reden werden. Nur die Lösung all dieser Probleme wird uns weiterbringen, nicht das Hüpfen von einem Thema zum nächsten.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Debatte beendet. Zu einer zusammenfassenden Stellungnahme erteile ich dem Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz das Wort.
Herr Präsident! Ich werde in der gebotenen Kürze Stellung nehmen, da das Thema seine Fortsetzung bei der Behandlung der Dringlichkeitsanträge finden wird.
Ich glaube, dass die Äußerungen, die Kollege Müller zum Schluss gemacht hat, ein bisschen mehr zur Versachlichung beigetragen haben, als die Eingangsbemerkungen des Kollegen Wörner von der SPD-Fraktion. Ich habe fast den Eindruck gewonnen, dass Kollege Müller den Kollegen Wörner meinte, als er sagte, es gebe jemanden, der
(Beifall bei der CSU – Susann Biedefeld (SPD): Ein sehr sachlicher Beitrag, daraus spricht viel Kompetenz!)
Ich glaube schon, dass Kollege Müller Recht hat, dass wir uns keine Schnellschüsse erlauben dürfen, weil das Thema auf den ersten Seiten der Zeitungen steht, sondern dass genau geprüft werden muss, wo die Feinstäube herkommen.
Die Feinstäube haben eine breite Ursachenstreuung. Johannes Hintersberger hat in seinen Ausführungen deutlich gemacht, dass wir überall ansetzen müssen – ob Haushalte, Industrie und Gewerbe oder Verkehr. Wir haben innerstädtische und außerstädtische Ursachen. Nur ein umfassendes, ganzheitliches Konzept hilft hier weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr für eine konsequente Reduktionsstrategie. Ich bin aber gegen die Kassandrarufe der GRÜNEN, die wir seit vielen Jahren kennen und mit denen immer wieder die Dinge sofort maßlos überhöht werden. Lassen Sie uns die Dinge nüchtern betrachten.
Sie sollten sich überhaupt nicht an dieser Diskussion beteiligen; denn wer so stark raucht wie Sie, setzt mehr Feinstaub frei als am Mittleren Ring freigesetzt wird.
(Beifall und Lachen bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Umso wichtiger ist es, dass Sie auf die Feinstäube aufpassen!)
Kollege Wörner sagte, die Staatsregierung habe „zurückgerudert“. Ich glaube, Sie haben sich den heutigen Beschluss nicht genau angesehen. Was ist denn die Ausgangslage? – Die Bundesregierung wird seit Jahren – seit 2001 – immer wieder aufgefordert, ein Programm vorzulegen, wie wir das seit den Zeiten von Dr. Friedrich Zimmermann gemacht haben.
Wenn ich den Verkehrssektor herauspicken darf: Seit der Einführung des Katalysators ist es in Deutschland immer nach dem gleichen System gemacht worden. Es gibt einen neuen Grenzwert der Europäischen Union. Dieser muss von der EU noch formell festgesetzt werden. Verheugen redet zwar von diesem Grenzwert, aber er ist noch nicht offiziell festgesetzt. Die Euro-V-Norm für Pkws gibt es formell noch nicht. Wenn es diesen neuen Grenzwert formell gibt, dann kann ein nationales Anreizprogramm in Kraft treten. Dazu haben wir die Bundesregierung seit 2001 immer wieder aufgefordert, weil eine Umsetzung nur national geschehen kann. Bis heute liegt kein aufkommensneutrales Konzept vor.
Herr Kollege Wörner, das, was die Bundesregierung schließlich Anfang des Jahres 2005 vorgelegt hat, war doch von Haus aus ein untauglicher Versuch, indem man
zum ersten Mal einen Vorschlag auf den Tisch gelegt hat, die Maßnahme aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu finanzieren. Das ist noch nie gemacht worden. Auch wenn ich in Ihre Reihen schaue, muss ich sagen: Herr Bundesfinanzminister Eichel lehnt das selbst ab. Es ist überhaupt hoch interessant zu sehen, was in den letzten Tagen in den Medien zitiert worden ist. Clemens sagt: „Alles Unsinn!“, Herr Steinbrück sagt: „Maßlos überzogen!“. Die Bundesregierung hat doch selbst kein in sich schlüssiges Konzept. Vor diesem Hintergrund muss man das sehen, was heute die Bayerische Staatsregierung beschlossen hat: Wir bekennen uns zu einer steuerlichen Anreizwirkung. Wir fordern die Bundesregierung auf, ein Konzept auf den Tisch zu legen, das aufkommensneutral umgesetzt werden kann, das heißt, dass es am Ende nicht aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert wird. Am Ende wird es – wie in den letzten zehn, fünfzehn Jahren auch – von den Autofahrern getragen. Diejenigen, die ältere Fahrzeuge fahren, zahlen etwas mehr, und diejenigen, die in neuere Technologien investieren beziehungsweise ihr Fahrzeug nachrüsten, zahlen etwas weniger. Das ist die Marschrichtung. Genau das – Sie können das hoffentlich nachvollziehen; wir werden bei den Dringlichkeitsanträgen noch darüber reden – habe ich als Bayerischer Umweltminister, Herr Kollege Wörner, vor Tagen und Wochen bereits eingefordert und genau das hat heute das Kabinett beschlossen.
Ich denke, dieses Vorgehen ist ein richtiger und wichtiger Schritt, um das Thema endlich auf den Punkt zu bringen, und zwar noch in diesem ersten Halbjahr. Der Bundesfinanzminister muss ein solches Konzept vorlegen, damit es dann die parlamentarische Beratung durchlaufen kann und Ende 2005 rückwirkend ein solches Programm in Kraft treten kann.
Die zweite Anmerkung, die ich anführen möchte, weil Sie den Eindruck erwecken, die Landesregierungen in Deutschland diskutierten nur über das Thema: Die Bundesregierung hat drei Jahre gebraucht – die Richtlinie ist 1999 durch die EU in Kraft gesetzt und im September 2002 in nationales Recht umgesetzt worden. Damit hat sich Berlin eine Frist von drei Jahren zur Umsetzung genommen, nur um das europäische Recht zunächst in deutsches Recht zu überführen. Dann hat der Bundesumweltminister eine Bundesimmissionsschutzregelung auf den Weg gebracht, die keinerlei Abgrenzung zum Straßenverkehrsrecht vornimmt. Das bedeutet, dass Luftreinhalteplanung und die StVO-Norm nebeneinander stehen. Es gibt in allen 16 Ländern die gleichen Diskussionen. Deshalb haben wir heute klargestellt – Frau Kollegin Paulig, ich will das hinsichtlich Ihrer Anmerkungen sagen; Sie haben erfreulicherweise differenziert und übereinstimmende Positionen hervorgehoben –, dass wir mit diesem Maßnahmenpaket, das wir heute auf den Weg gebracht haben, einen weit reichenden Schritt gemacht haben, um zu weiteren Verbesserungen zu kommen.
Frau Paulig, Sie haben wörtlich gesagt: „Vorschläge liegen auf dem Tisch“. Das ist so aber nicht richtig. Denn auf dem Tisch des Bundes liegt keine Gesetzesinitiative. Auf dem Tisch des Bundes liegt lediglich ein Vorschlag, der
von 250 oder 350 Euro spricht, aber keine Ausformung hat. Es ist kein Entwurf da. Der Bundesfinanzminister schleppt dieses Ding seit Wochen in Berlin umher, ohne auf den Punkt zu kommen. Insofern ist die Aufforderung der Bayerischen Staatsregierung, dass schnell gehandelt werde, berechtigt. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen – Herr Kollege Wörner hat es vorhin als Subventionitis gegeißelt –: Wir haben in diesem Lande heute ganz andere politische Herausforderungen, Stichwort: 5,2 Millionen Arbeitslose. Dieses Problem brennt den Bürgerinnen und Bürgern am meisten auf den Nägeln.
Trotz dieser großen Herausforderung und obwohl wir keine neuen Abgaben, neuen Steuern und keine neuen Subventionen wollen, haben wir uns heute für einen Weg entschieden, wonach Kraftfahrern in Deutschland – so wie in den letzten zehn, fünfzehn Jahren auch – ein Anreizprogramm aus der Kraftfahrtzeugsteuer gewährt wird, das sich letztendlich aufkommensneutral finanziert. Besitzer von Altfahrzeugen zahlen etwas mehr und die anderen, die neue Technologien nutzen, etwas weniger.
Ferner will ich ganz offen – damit kein Missverständnis im Raum bleibt – zu dem seitens des Bundes nicht geklärten Verhältnis zwischen dem Bundesimmissionsschutzrecht, § 40, und der Straßenverkehrsordnung, § 45, Stellung nehmen. Beide Normen geben eine Rechtsgrundlage für verkehrsbeschränkende Maßnahmen. Das Immissionsschutzrecht findet sich im Luftreinhalteplan wieder und das Straßenverkehrsrecht liegt in der Vollzugskompetenz der Kreisverwaltungsbehörden.
Herr Präsident, ich würde meine Ausführungen gerne im Zusammenhang zu Ende bringen. Danach werde ich die Zwischenfrage zulassen.
Es handelt sich um eine rechtliche Frage, die in einer politischen Diskussion schwer zu vermitteln ist. Letztendlich hat die Bundesregierung bei Erlass der neuen Immissionsschutzregelung versäumt klarzustellen, welche Regelung – Straßenverkehrsrecht oder Immissionsschutzrecht – vorrangig ist. Beide Normen stehen nebeneinander. Deshalb haben sich die Bezirksregierungen – sowohl in Bayern als auch andernorts – schwer getan, diesen Konflikt zu entscheiden, weil er vom Bund als Normgeber nicht entschieden worden ist.
Wir haben heute als Landesregierung für unser Land klargestellt, dass die Kreisverwaltungsbehörden, die für den Vollzug der StVO zuständig sind, auch bei den Problemen im Zusammenhang mit den Feinstaubemissionen entscheiden können, um zeitnah und maßgeschneidert für die örtlichen Verhältnisse, auf § 45 StVO gestützt, verkehrsbeschränkende und verkehrsleitende Maßnahmen vornehmen können. Ich glaube, dass damit für die weitere Arbeit der kreisfreien Städte – das gilt nicht nur für München, sondern auch für alle Luftbelastungsgebiete und die Bezirksregierungen – eine ganz entscheidende Klarstellung erfolgt ist: Die kreisfreien Städte können von den Möglichkeiten des § 45 StVO Gebrauch machen. Sie wer
den selbstverständlich von den Bezirksregierungen beraten werden. Selbstverständlich müssen die Maßnahmen geeignet und verhältnismäßig sein, aber die Kommunen können in ihrer Vollzugsverantwortung von den gegebenen Möglichkeiten Gebrauch machen.
Wir haben die Debatte zu den rechtlichen Grundlagen des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der Straßenverkehrsordnung auf unseren Antrag hin im Umweltausschuss bereits behandelt. Ist Ihnen bekannt, Herr Staatsminister, dass es der Stadt München von der Regierung von Oberbayern nicht erlaubt worden ist, verkehrsbeschränkende Maßnahmen zur Luftreinhaltung umzusetzen, weil diese derzeit nicht im Luftreinhalteplan enthalten sind? Ist es derzeit möglich, dies sofort, auch wenn die Maßnahmen noch nicht im Luftreinhalteplan stehen, umzusetzen?
Frau Kollegin Paulig, Sie haben offensichtlich meine eben gemachten Ausführungen nicht aufmerksam genug verfolgt.