Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

(Adi Sprinkart (GRÜNE): Da steht „geschlossen bzw. aufgelöst“! Das ist ein Unterschied!)

Die Antwort werde ich Ihnen nachreichen.

Herr Sprinkart.

Herr Staatssekretär, enthält die Liste, die in der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht wurde, die Schulen, die aufgelöst werden sollen, oder die, die geschlossen werden sollen?

Herr Staatssekretär, ich würde bitten, sich zu verständigen und das entsprechende Zahlenwerk nachzuliefern. Herr Sprinkart, der Herr Staatssekretär hat das bereits angeboten. Ich möchte nämlich noch die Frage von Frau Kollegin Weikert aufrufen.

Frau Präsidentin, ich möchte noch einen kurzen Satz anfügen. Ich weiß nicht, ob die mir vorliegenden Listen mit denen identisch sind, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegen. Mir liegen die vor, in der die Rechtsverordnungen terminiert sind.

Der Austausch fi ndet noch andernorts statt. Nächste Fragestellerin: Frau Kollegin Weikert.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, für die Zulassung der Frage.

Herr Staatssekretär, die Stadt Nürnberg hat eine kooperative Berufsausbildung mit einem Berufsgrundschuljahr für Bau- und Metallberufe neu eingeführt. Dazu wurde eine Veränderung der Verordnung zugesagt. Ich frage Sie, wann kommt diese?

Herr Staatssekretär.

Frau Abgeordnete Weikert, die Verordnung zur berufl ichen Grundbildung wird vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen und dem Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie nach Anhörung der Landesorganisationen, der Fachverbände und der für die Berufsbildung zuständigen Stellen erlassen bzw. geändert. Das ist im BayEUG so geregelt.

Das Staatsministerium der Finanzen, die Landesfachverbände und die zuständige Stelle haben ihre grundsätzliche Zustimmung für die befristete Einrichtung eines Berufsgrundschuljahres an den kommunalen Berufsschulen in Nürnberg erteilt. Ich darf hinzufügen, dass dies auch mein Anliegen ist, für das ich mich persönlich eingesetzt habe. Das haben Sie der Presse sicherlich entnommen. Ich befi nde mich dabei auf der Seite, auf der auch Sie im Augenblick stehen.

Allerdings liegt die Zustimmung des Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie wegen grundsätzlicher Bedenken gegen die Ausweitung des vollzeitschulischen Berufsgrundschuljahres bisher nicht vor. Der Bayerische Handwerkstag hat sich schriftlich gegen das Vorhaben gewandt. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Es wird nach einer für alle Beteiligten akzeptablen Lösung gesucht.

Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Herr Staatssekretär, wird sich Ihr Ministerium in diesem Auseinandersetzungsprozess klar auf die Seite der Befürworter dieses Berufsgrundschuljahres stellen?

Herr Staatssekretär.

Frau Abgeordnete, dessen dürfen Sie sicher sein. Ein entsprechendes Schreiben meines Hauses an das Wirtschaftsministerium ist bereits verfasst. Ich selbst bin etwas irritiert über die unterschiedlichen Auffassungen, die diesbezüglich innerhalb der Wirtschaft vertreten werden. Ich selbst bin von der Wirtschaft angesprochen worden, mich dafür stark zu machen. Das habe ich mit Erfolg getan, in guter Kooperation mit dem Nürnberger Oberbürgermeister und der dortigen CSU-Stadtratsfraktion. Das haben Sie mitbekommen. Ich war wirklich irritiert, als es dann innerhalb der Wirtschaft größere Meinungsverschiedenheiten gab.

Keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist die Fragestunde geschlossen.

Meine Damen und Herren, zunächst gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den im Untersuchungsausschuss gemäß Drucksache 15/2432 am 11.11.2005 abgelehnten Beweisantrag der SPD-Fraktion bekannt. Mit Ja stimmten 49 Abgeordnete, mit Nein 96 Abgeordnete. Enthaltungen: keine. Damit ist dieser Beweisantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Dr. Thomas Beyer, Ludwig Wörner, u. a. u. Frakt. (SPD) Kürzungen für Bundeszuweisungen zum SPNV (Regio- nalisierungsmittel) abwenden (Drs. 15/4339)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Keine Kürzungen bei den Regionalisierungsmitteln für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) (Drs. 15/4346)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Joachim Herrmann, Markus Sackmann, Franz Josef Pschierer u. a. u. Frakt. (CSU) Kürzungen der Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr kompensieren (Drs. 15/4376)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Beyer.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verhandeln hier ein Thema, das in den letzten Tagen zu Recht für große Aufmerksamkeit gesorgt hat. Die Art und Weise, wie wir dies tun, nämlich mit diesen Anträgen, zeigt darüber hinaus, dass wir bereits jetzt die dahinter stehende Problematik spüren, wie wir es künftig mit Berlin halten werden. Das nämlich ist der tiefere Grund für die offensichtlich mit einer schwierigen Geburt behafteten, erst spät eingereichten Dringlichkeitsanträge der anderen Fraktionen.

Unser Antrag, so viel kann ich vorweg sagen, ist klar und eindeutig. Wir sagen, die Kürzungen, die jetzt diskutiert werden, und die bereits im Jahr 2006 eine Kürzung der Regionalisierungsmittel um 5 % enthalten, und die bis zum Jahr 2009 auf einen Gesamtbetrag von über 3 Milliarden Euro ausgedehnt werden sollen, müssen unterbleiben. Dafür muss sich Bayern einsetzen. Die Staatsregierung jedenfalls ist aufgefordert, dies im Bundesrat zu tun.

Unser Ziel ist, weiterhin ausreichende fi nanzielle Mittel für die Bahn zur Verfügung zu stellen. Aus gegebenem Anlass fügen wir hinzu – das tut die politische Konkurrenz nicht, sie hat dafür Ihre Gründe –, künftig muss im eigensten Interesse dafür gesorgt werden, dass die Verwendung der Mittel transparent erfolgt.

(Beifall eines Abgeordneten der SPD)

Ich darf zur Begründung unseres Antrags kommen. Es wird das Vorhaben diskutiert, bereits im Jahr 2006 5 % der Mittel zu kürzen. Bis zum Jahr 2009 sollen die Kürzungen bis 15 % anwachsen. Es wird eine Kürzung von 3,1 Milliarden Euro diskutiert. Diese Kürzungen werden kritisiert. Sie werden von den Gewerkschaften kritisiert, aber nicht nur von den Gewerkschaften. Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ warnt, die Bundesregierung gefährde den Bestand des Schienennetzes. Die „Allianz pro Schiene“ sagt: Ein klärendes Wort der Kanzlerin ist notwendig, um diese Fehlentscheidung abzuwenden. „Transnet“ sagt: „Ein Kahlschlag droht“. Ganze Zugverbindungen und viele Arbeitsplätze sind in Gefahr. Dazu gibt es eine Zahl, die in den Anträgen der Kolleginnen und Kollegen nicht zu fi nden ist. Anscheinend ist das Thema Arbeitsplätze dort keines. 8500 Arbeitsplätze sind nach der Erwartung der Eisenbahngewerkschaft „Transnet“ in Gefahr. Diese Eisenbahnergewerkschaft ist im Übrigen eine Gewerkschaft auch für die Beschäftigten in privaten Unternehmen.

Herr Ach, ich weiß nicht, warum die Kollegen noch nicht da sind. Wir stimmen noch nicht ab. Lassen Sie uns das ganz in Ruhe diskutieren. Es ging nicht um die Arbeitsplätze in Ihrer Fraktion. Dass Sie um die auch Angst haben, ist mir schon klar in diesen Wochen. Es ging aber um die Arbeitsplätze bei der Bahn.

Herr Ach, Sie hören vielleicht doch zu, wenn ich Ihnen sage, dass „Transnet“ darauf verweist, dass gerade in Nordrhein-Westfalen, in Baden-Württemberg und Bayern

die Hauptprobleme eines Arbeitsplatzabbaues sind. Kritik kommt zu Beginn – und so hätte ich es bis zum heutigen Tage auch erwartet – aus Bayern. Der „Münchner Merkur“ berichtet am 26. November 2005, dass Bayern offensichtlich eine Bundesratsmehrheit gegen diese Pläne sucht.

Der Städtetagspräsident Schaidinger wird zitiert: „Gerade in einem Flächenstaat wie Bayern sind wir darauf angewiesen, dass wir ein gut ausgebautes … Netz zur Verfügung haben“.

Der Präsident der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, die für uns die Verkehre bestellt, sieht die Einsparung kritisch und sagt, „das würde uns weh tun“. Die „Allianz Pro Schiene“ verweist darauf, dass der Freistaat Bayern einer der größten Verlierer dieser Pläne ist.

Das heißt, alle Fachleute und Praktiker sind sich in der Ablehnung einig. Das wird schon interessant, wenn man sieht, wie sich der Ministerpräsident dazu äußert. Der Ministerpräsident erklärt am 29.11.2005 laut der „Passauer Neuen Presse“, „Diese Sparpläne beim Nahverkehr bleiben ohne Auswirkungen auf den Freistaat“. Wie er das begründet, weiß ich nicht. Er sagt, es wird keine negativen Auswirkungen auf den Freistaat haben.

Wir haben das überschlägig durchgerechnet. Ausgehend von einem Minus von 1 Milliarde Euro ist Bayern mit mindestens 115 Millionen Euro betroffen. Das sind 10 % der jährlichen Mittel. Ist das nichts, Herr Stoiber?

Ich fi nde, der Realitätsverlust des Bayerischen Ministerpräsidenten wird ein weiteres Mal bestätigt. Es wird aber noch besser. Während das Verkehrsministerium noch unter dem damaligen Verkehrsminister auch laut Erklärungen von Herrn Spitzner den Widerstand organisiert, erklärt der Ministerpräsident – das mag vielleicht ein erster Hinweis auf die künftige Linie des Ministeriums sein –: Bayern wird sich nicht gegen die Kürzungen wehren. Das werde man natürlich mittragen usw. Es wird auf die Interessen der Großen Koalition verwiesen.

Herr Stoiber, wenn Sie am Erfolg der Großen Koalition so interessiert sind, dass Sie sagen, Sie können sich im Interesse Bayerns nicht mehr wehren, warum sind Sie dann eigentlich nicht gleich dort geblieben?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Warum wollten Sie dann zur mangelnden Freude Ihres eigenen Anhangs nach Bayern zurückkommen?

Ich frage allen Ernstes: Wo vertritt der Ministerpräsident in diesem Zusammenhang die bayerischen Interessen? Ich sehe es nicht, wenn er sagt, er wird sich nicht gegen die Kürzungspläne wehren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Kürzungen bei Regionalisierungsmitteln werden nicht erst seit kurzem diskutiert. Nach dem Papier von Koch und Steinbrück bezeichnet man sie als Subventionen. Tatsächlich sind Leistungen für ein ausreichendes Verkehrsangebot in der Fläche Leistungen der staatlichen Daseins

vorsorge. Man begibt sich schon begriffl ich aufs Glatteis, wenn man von Subventionen spricht. In der Sitzung des Vermittlungsausschusses vor Weihnachten 2003 – da hat auch Herr Huber mitgewirkt – ist es zum Glück gelungen, die geplanten Kürzungen, gegen die sich Herr Wiesheu zu Recht immer gewehrt hat, zu begrenzen. Man hat um 2 % gekürzt und hat bereits ab 2005 beginnend die Kürzungen wieder zurückgenommen. Das heißt, wir hatten wieder ein Aufwachsen der Mittel. Das war also eine einmalige Absenkung 2004 um 2 %.

In den Verhandlungen über die Große Koalition ist es nicht gelungen, entgegen dem Entwurf im Vertrag klarzustellen, dass die Regionalisierungsmittel keine Subventionen sind.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wer ist in der Großen Koalition?)

Es ist auch nicht gelungen, ein klares Bekenntnis für die Beibehaltung zu erlangen. Wir haben sibyllinische Formulierungen, die der CSU Gelegenheit geben, einen Dringlichkeitsantrag zu formulieren. Zum Beispiel auf Seite 47 des Koalitionsvertrags: „… auch weiterhin den ÖPNV mit einem ausreichenden Finanzierungsbeitrag auf hohem Niveau zu fördern“.

Dann eine banale und nichts sagende Formulierung ohne eine Zahl: „Die Regionalisierungsmittel dienen der Finanzierung und Aufgabenwahrnehmung des ÖPNV“.