Protokoll der Sitzung vom 14.12.2005

Herr Kollege Eisenreich, Sie sagen, die Schule würde nur beim Einsammeln helfen. Würden Sie denn sagen, dass 14 000 Stunden

(Eduard Nöth (CSU): Das hat er doch schon gesagt!)

an den Gymnasien für diese Hilfe angemessen sind?

(Engelbert Kupka (CSU): Das sind unter 0,5 % der Unterrichtsstunden! Das muss man in der Relation sehen!)

Ich komme gleich zu der Mitteilung des Bayerischen Philologenverbandes zu diesem Thema. Der Verwaltungsaufwand wird überprüft. Dies hat das Kultusministerium angeboten. Wir werden dann im Einzelfall sehen, ob das stimmt und ob die Zeit für das Einsammeln ausreichend und angemessen ist.

Im Zusammenhang mit dem Büchergeld ist der Vorwurf der Privatisierung falsch. Ich habe das schon im Ausschuss gesagt. Die Kosten pro Schüler belaufen sich je nach Schulart auf 3700 bis 5000 Euro. Das Büchergeld in Höhe von 20 bis 40 Euro entspricht in etwa einem Prozent. Wie man auf die Idee kommen kann, hier handle es sich um eine Privatisierung, ist mir ein Rätsel. In dieser Debatte ist mir jedoch vieles ein Rätsel.

Herr Kollege Eisenreich, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Tolle?

Herr Kollege Eisenreich, ich muss vorausschicken,

dass die Staatsregierung 4 Euro zahlt und diese 4 Euro auf 18 % Befreiungsfälle ausgelegt sind. Was sollen Kommunen tun, die über diese 18 % kommen, bei denen diese 4 Euro also nicht mehr ausreichen? Wissen Sie, was die tun?

Frau Kollegin Tolle, richtig ist, dass ein Unterschied zwischen den Kommunen auftreten kann. Das ist aber genau einer der Punkte, der im nächsten Jahr überprüft werden muss. Dann werden wir entscheiden, ob wir daran etwas ändern müssen. Deswegen macht man eine Überprüfung. Dazu werde ich gleich kommen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Nun zu den Themen „Bürokratie“ und „bürokratisches Monster“. – Herr Kollege Pfaffmann, Sie haben gerade sehr lange geredet und außerdem eine Zwischenfrage gestellt.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Es würde genügen, wenn Sie sagen: Ja, ich lasse die Frage zu! – Heiterkeit bei der SPD)

Herr Kollege, ich kann mich nicht erinnern, Ihnen das Wort erteilt zu haben. Herr Kollege Eisenreich, gestatten Sie die Zwischenfrage?

Herr Kollege Eisenreich, Sie sprechen immer von einer Überprüfung im Januar. Soll dabei die Abschaffung überprüft werden oder nur einige Details der Umsetzung? Wollen Sie in diese Überprüfung für Januar die Frage einbeziehen, ob das Büchergeld möglicherweise wieder abgeschafft werden soll?

Ich kann mich nicht erinnern, von einer Überprüfung im Januar gesprochen zu haben. Das ist schon einmal ein Unterschied. Einer der Punkte, bei dem Sie dazu lernen müssen, ist das Hinhören. Ihre Bereitschaft zum Missverständnis ist ohnehin groß genug. Im nächsten Jahr wird insbesondere der Verwaltungsablauf überprüft, sobald der erste Durchgang abgeschlossen ist.

Jetzt komme ich zu dem Thema „Bürokratie“. Sie sprechen immer von einem bürokratischen Monster und spielen dieses Thema in unlauterer Art und Weise hoch. Diese Regelung funktioniert an vielen Schulen und in vielen Kommunen reibungslos.

(Beifall bei der CSU)

Der Hauptgrund für den Bürokratie-Aufwand – den es tatsächlich gibt – ist die soziale Komponente. Wir lassen es uns auch von Ihnen nicht schlecht reden, dass im Einzelfall überprüft wird, ob ein Befreiungsgrund vorliegt. Das ist der Hauptgrund für die Bürokratie. Ich halte es für eine gute Sache, dass wir eine soziale Komponente eingeführt haben.

Das Kultusministerium hat angekündigt, dass im Frühjahr – das kann auch im ersten Halbjahr sein – der Ablauf geprüft wird. Dabei werden auch die Argumente in den Petitionen und die Anregungen, die in den letzten Monaten gekommen sind, überprüft. Gegebenenfalls werden dann Veränderungen und Verbesserungen vorgenommen. Genauso wird – das steht im Gesetz – die Höhe des Büchergelds nach einer bestimmten Zeit überprüft.

(Zuruf von den GRÜNEN: Aha!)

Sie sollten einfach einmal das Gesetz lesen. Das hilft hin und wieder.

Das Kultusministerium verhält sich hier in einem außerordentlich hohen Maße kooperativ. Ich denke, das verdient ein großes Lob. Herr Kollege Pfaffmann, Sie haben davon gesprochen, dass bei der Stadt München wegen des Büchergeldes fünf Planstellen nötig würden. Ich frage mich, wie die Stadt München ein ganzes Jahr lang mit fünf Planstellen das Büchergeld einsammeln will.

(Beifall bei der CSU)

Das müssen Sie mir einmal erklären. Das Einsammeln fi ndet einmal im Jahr statt. Ich frage mich, was diese Kräfte den Rest des Jahres machen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage? Darf ich bitten, dass es etwas ruhiger wird, weil sonst eine geordnete Verständigung schwer möglich ist.

Nein, jetzt ist a Ruh, weil ich nämlich noch weitere Punkte des Kollegen aufnehmen möchte. Vielleicht sagt er dann insgesamt noch einmal etwas.

Sie sagen, die Befürworter seien mit der Lupe zu suchen, es gebe keine Freunde in der Sache. Unabhängig davon, dass das so nicht stimmt – man hört tatsächlich auch eine ganze Reihe von Leuten, die das aus pädagogischen Gründen für gut fi nden –, will ich Ihnen in Einem Recht geben: dass diese Entscheidung unpopulär ist.

(Christa Steiger (SPD): Sie ist falsch!)

Auch die Begeisterung für diese Maßnahme hält sich in engen Grenzen, im Übrigen – insofern sind Ihre Zitate richtig – auch in der CSU. Aber ich habe das von Anfang an festgestellt. Ich werbe nicht um Begeisterung für diese Maßnahme, sondern um die Einsicht in die Notwendigkeit dieser Maßnahme. Die Zeiten erfordern leider – das sage ich dazu – auch unpopuläre Maßnahmen. Es erweist sich im Übrigen auch bei einem Blick nach Berlin, wo Kollegen von Ihnen Verantwortung tragen, dass auch unpopuläre Entscheidungen notwendig sind.

Ihre Antwort dagegen ist immer die gleiche: Sie fordern nur Geld. Sie fordern, fordern, fordern, und mehr bringen Sie nicht zustande. Das ist sehr bedauerlich.

(Beifall bei der CSU)

Sie gaukeln damit den Bürgern vor, dass alles so bleiben kann wie bisher. Aber das ist nicht so.

Zwischen sozial reden und sozial handeln gibt es einen Unterschied. Sie reden nur und wir handeln. Ihr Motto heißt schlechtreden und fordern. Wer noch sozialer sein will, braucht Geld, und ich frage Sie: Wo steht denn das Füllhorn, Herr Pfaffmann, wo dieses Geld fl ießt? Wo ist die Gelddruckmaschine? Sagen Sie uns das einmal.

(Zuruf der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))

Dann brauchen wir Ihre Hilfe im Übrigen auch nicht, um dieses Geld auszugeben. Das können wir, mit Verlaub, sogar besser.

Ihr Politikstil ist der Politikstil der Vergangenheit. Wir sagen klar, was Sache ist. Deswegen ist eine Elternbeteiligung notwendig, leider, aber sie ist maßvoll, und wir machen nicht in dem Stil weiter, Versprechungen auf Kosten der Zukunft zu machen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Nöth. Dazwischen darf ich bekannt geben, dass namentliche Abstimmung beantragt wurde.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Wir haben am 26. Juli 2005 im Bayerischen Landtag das Büchergeld beschlossen. Der erste Durchgang ist noch nicht gelaufen. Die Gelder, die eingenommen wurden, sind noch nicht ausgegeben,

(Zuruf der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD))

und jetzt sollen wir dieses Gesetz bereits wieder einkassieren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit uns ist das nicht zu machen, das will ich Ihnen ganz deutlich sagen.

(Zurufe von der SPD)

Ich will Ihnen auch sagen, dass Ihre Argumente, je öfter Sie sie einbringen, mit keiner Sekunde besser werden. Wir haben in den Ausschüssen, vor allem im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, auch anhand der vielen Petitionen, die wir genauso ernst nehmen wie Sie, sehr sorgfältig abgewogen und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass wir Ihrem Gesetzesvorschlag auf keinen Fall zustimmen können.

Ich bin dem Kollegen Eisenreich sehr dankbar dafür, dass er gesagt hat, die Zeit spreche momentan nicht für Populisten. Was Sie eingebracht haben, das ist Populismus pur.

(Beifall bei der CSU)

Dass Sie die Vergangenheit eingeholt hat, will ich an einem Beispiel feststellen: Ich erinnere mich sehr gut an den Bundestagswahlkampf, wo Sie vehement gerade

unter sozialen Gesichtspunkten die ehrlich gemeinte und vorgetragene Mehrwertsteuererhöhung der CDU/CSU abgelehnt haben – und nachher waren Ihnen 2 % nicht genug, Sie haben noch einen dritten Punkt draufgesetzt. Ich muss Ihnen ganz offen und ehrlich sagen, das zeugt von Ihrem persönlichen Verhalten.

(Beifall bei der CSU – Karin Radermacher (SPD): Vergessen Sie da nicht was?)

Wir müssen uns angesichts unserer Haushaltszahlen auch mit solchen Fragen beschäftigen. Das gehört zum politischen Geschäft. Politik ist keine Schönwetterveranstaltung, sondern wir müssen auch darauf schauen, dass die Haushalte gesichert werden. Das, was wir eingeführt haben, ist maßvoll. Wenn ich zehn Monate Schulzeit pro Jahr anrechne, dann sind es 2 Euro Büchergeld im Monat im Grundschulbereich und im weiterführenden Schulbereich monatlich 4 Euro. All die Personen, Frau Kollegin Tolle, die Sie genannt haben, zahlen bekanntlich kein Büchergeld. Sowohl Alleinerziehende als auch Sozialhilfeempfänger, von denen Sie immer wieder sprechen, sind befreit. Es war uns insgesamt ein großes Anliegen, dass diese soziale Komponente eingebaut worden ist.