Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Jetzt haben wir es. Herr Staatsminister, bitte.

Die Frau Präsidentin weist in geschickter Weise auf die Notwendigkeit einer Fragestellung hin. Frau Kollegin Peters, in der Tat haben wir es mit einem Prozess zu tun. Wir befi nden uns in einem gestuften Verfahren und haben in der ersten Stufe im Rahmen der geltenden Vorschriften eine vorläufi ge Einstufung vorgenommen. Nun kommen die weiteren Erkenntnisse hinzu. In der zweiten Stufe wird eine endgültige Bewertung abgegeben, sodass dann die Einstufung abschließend vorzunehmen ist.

Nächste Frage: Herr Kollege Hallitzky. Bitte, Herr Kollege.

Guten Morgen, sehr geehrter Herr Dr. Schnappauf. Schade, dass drei Zusatzfragen gestellt wurden, ich hätte auch noch etwas zu fragen gehabt zu Mittelwertbildung und Ähnlichem. Meine Frage:

Aus welchen Gründen und auf welcher rechtlichen Grundlage wurde das Verfahren zur Ausweisung der „Nadelwälder zwischen Außernzell und Jederschwing“ als Naturschutzgebiet unterbrochen, und inwieweit spielen bei der Unterbrechung des Verfahrens Interventionen von am Kies- oder Sandabbau interessierten Personenkreisen eine Rolle?

Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Hallitzky, die Regierung von Niederbayern hat Mitte 2003 das Inschutznahmeverfahren eingeleitet, um das Gebiet „Nadelwälder zwischen Außernzell und Jederschwing“ als Naturschutzgebiet auszuweisen. Im Verfahren wurden Einwendungen aufgrund des Vorkommens von Quarzkies als hochwertigem Rohstoff für die Siliziumindustrie erhoben. Nach Aussage des für Rohstoffversorgung zuständigen Wirtschaftsministeriums sei der Quarzkies wegen seines niedrigen Titananteils für die Siliconherstellung ganz besonders gut geeignet. Es handle sich danach um Bayerns einziges Quarzkiesvorkommen, das als Rohmaterial für die Wacker-Chemie GmbH zur Siliconherstellung infrage komme. Wegen der Bedeutung für die Rohstoffsicherung haben sich die Firma Wacker-Chemie

GmbH und der Bayerische Industrieverband Steine und Erden e. V. für den Abbau eingesetzt.

Zwischenzeitlich wurde ein bergrechtliches Verfahren für den Abbau von Quarzkies eingeleitet. Da der Schutzzweck und der Gebietsumgriff der geplanten Verordnung von dem möglichen Kiesabbau-Vorhaben berührt werden, ist das bergrechtliche Verfahren abzuwarten und dann das Inschutznahmeverfahren fortzuführen.

Die Ausweisung eines Naturschutzgebiets liegt gemäß Artikel 7 Absatz 1 des Bayerischen Naturschutzgesetzes im Ermessen der Behörde; da bereits keine Pfl icht zur Ausweisung eines Naturschutzgebiets besteht, kann das Verfahren auch ohne weiters unterbrochen werden.

Zusatzfrage: Herr Kollege Hallitzky.

Herr Staatsminister, ist es korrekt, dass es sich bei dem geplanten bzw. im Verfahren befi ndlichen Naturschutzgebiet um schutzwürdige Lebensraumtypen nach der FFH-Richtlinie der EU handelt?

Herr Staatsminister, bitte.

Das ist korrekt, wenngleich es keine Pfl icht zur Ausweisung eines Naturschutzgebietes gibt.

Weitere Zusatzfrage: Herr Kollege Hallitzky.

Habe ich den zweiten Teil Ihrer Ausführungen richtig verstanden, dass das Verfahren nicht abgebrochen, sondern unterbrochen worden ist und dass Sie mit der Wiederaufnahme und dem Abschluss des Verfahrens rechnen?

Herr Staatsminister.

Sie haben richtig verstanden, dass das Verfahren unterbrochen ist. Es kann jederzeit fortgeführt werden.

Sie wollten eine Zusatzfrage stellen, Frau Kollegin Peters? – Dann waren Sie die Erste. Das ist allerdings die letzte Zusatzfrage.

Herr Staatsminister, welche Möglichkeit hat die Gemeinde, das Verfahren zu beschleunigen, wenn sie das Naturschutzgebiet will?

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin, das sind die üblichen Möglichkeiten einer Kommune, sich in ein Verfahren einzubringen. Die Gemeinde kann sich an die Regierung und an das Land

ratsamt wenden, sei es durch den Vortrag des Bürgermeisters oder durch einen Beschluss des Gemeinderats, und so auf eine Fortführung oder Beschleunigung des Verfahrens hinwirken.

Nächste Frage: Herr Kollege Sprinkart.

Wie genau lautet der Aktenvermerk des Landratsamtes Deggendorf über Informationen eines Mitarbeiters der Deggendorfer Frost GmbH zur doppelten digitalen Buchführung im Zusammenhang mit der Umdeklaration von K3-Material, wurde dieser Aktenvermerk dem Mitarbeiter zur Bestätigung durch Unterschrift vorgelegt, wenn ja, hat er unterschrieben?

Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das Umweltministerium hat die Beantwortung dieser Frage mit dem Justizministerium abgestimmt. Danach möchte ich folgende Antwort vortragen: Wie Herr Staatssekretär Bernhard am 08.12.2005 vor dem Umweltausschuss des Landtags dargelegt hat, haben zwei Bedienstete des Landratsamts Deggendorf am 05.12.2005 die Deggendorfer Frost GmbH erneut kontrolliert. Anlässlich dieser Kontrolle hat ein Mitarbeiter der Deggendorfer Frost GmbH behauptet, im Lagerbetrieb sei Material der Kategorie 3 zu Lebensmitteln umdeklariert worden. Das sei jedoch, so wörtlich, in „Nacht- und Nebelaktionen“ geschehen, so dass es, so der Mitarbeiter weiter, „niemals und für keinen Kontrolleur möglich gewesen war, die Machenschaften des Herrn Keck aufzudecken. Die einzige Möglichkeit, Verdacht zu schöpfen, wäre eine ‚echte’, eingehende Buchprüfung der kompletten Akten durch einen Sachverständigen gewesen.“

Über die Behauptungen des Firmenmitarbeiters am 05.12.2005 existiert kein Aktenvermerk des Landratsamts, der von diesem unterschrieben worden wäre. Das Landratsamt hat seine Erkenntnisse aus den mündlichen Aussagen des Mitarbeiters am Folgetag, am 06.12.2005, in einem schriftlichen Bericht an das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz niedergelegt, der von den beiden Kontrolleuren des Landratsamts Deggendorf unterzeichnet worden ist.

Das Landratsamt hat ebenfalls am 06.12.2005 die Staatsanwaltschaft über die Angaben des Mitarbeiters der Deggendorfer Frost GmbH informiert. Die Staatsanwaltschaft hat die weiteren Ermittlungen aufgenommen.

Zusatzfrage: Herr Kollege Wörner.

Herr Staatsminister, inwieweit sind Ihre Auskünfte präzise, nachdem Sie auf Auskünfte verweisen, die Herr Staatssekretär Dr. Bernhard am 08.12.2005 im Umweltausschuss vorgetragen hat? Danach hat Ihr Haus das betreffende Unternehmen in Deggendorf nach den Vorkommnissen geschlossen. In der ARD hat am vergangenen Montag der Landrat – der,

so glaube ich, auch Ihrer Partei angehört – genau das Gegenteil dessen behauptet, was Sie zu Papier gebracht haben. Inwieweit sind Ihre Aussagen richtig? Nach den Vorkommnissen ist man dessen nicht sicher.

Herr Staatsminister.

Herr Kollege, die Aussagen sind immer präzise und zutreffend für den jeweiligen Kenntnisstand, den eine Behörde, ein Ministerium zum jeweiligen Zeitpunkt hat bzw. haben kann. In dieser Angelegenheit haben wir eine Fortsetzungsgeschichte über mehrere Monate hinweg erlebt. Staatssekretär Otmar Bernhard hat genau wie ich immer den jeweiligen Erkenntnisstand zugrunde gelegt. Der Ermittlungsstand, der Kenntnisstand der Behörden ist deshalb Basis für die Aussagen in den jeweiligen Gremien.

Weitere Zusatzfrage: Herr Sprinkart.

Herr Staatsminister, Sie haben einen Teil meiner Frage nicht beantwortet, nämlich die Frage, ob der Aktenvermerk, auf den sich Ihre Erklärung bezieht, dem Mitarbeiter zur Unterschrift vorgelegt wurde. Sie haben erklärt, dass er nicht unterschrieben hat. Ich weiß aber nicht, ob ihm der Vermerk zur Unterschrift vorgelegt wurde, um die Aussage zu untermauern.

Herr Staatsminister, das war zwar keine Frage, aber bitte.

(Adi Sprinkart (GRÜNE): Das war es schon!)

Herr Kollege Sprinkart, aus dem Stegreif kann ich nicht beantworten, ob das Landratsamt Deggendorf, die Behörde vor Ort, versucht hat, den Vermerk unterschreiben zu lassen. Ich habe nur den Erkenntnisstand der örtlichen Behörde mitgeteilt, wonach die zuständige Verwaltung den Aktenvermerk dem Ministerium zugeleitet hat. Was vorab in der unteren Verwaltungsbehörde vorgenommen wurde, um die Unterschrift zu erhalten, kann ich aus dem Stegreif nicht beantworten. Das müsste beim örtlichen Amt erfragt werden.

Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Sprinkart.

Herr Staatsminister, Sie haben vorhin erklärt, dass die Umdeklaration in Deggendorf in einer „Nacht- und Nebelaktion“ passiert sei, so dass der Veterinär diese auch nie hätte bemerken können. Bei durchschnittlich zwei Kontrollen pro Jahr frage ich Sie, wie hoch muss der Aufwand der Verschleierung sein, dass solche Vorgehensweisen nicht bemerkt werden. Wenn nur zweimal im Jahr kontrolliert wird, ist die Wahrscheinlichkeit, so jemanden zu fi nden, so groß wie ein Sechser im Lotto.

Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Kollege Sprinkart, ich darf zunächst einmal darauf hinweisen, dass der Ausdruck „Nacht- und Nebelaktion“ ein Zitat war, und zwar von dem Mitarbeiter, der die Zeugenaussage gemacht hat. Es ist also keine Aussage, die ich aus eigener Erkenntnis gemacht hätte. So wurde die Sache dargelegt, berichtet und die Art der Betrügerei beschrieben. Es wurde gesagt, dass die Aktion „niemals und für keinen Kontrolleur“ aufzudecken gewesen wäre. So hat das der Betreffende gegenüber der örtlichen Behörde dargestellt.

Wir haben ein hohes Maß an Kontrolldichte in Bayern. Wir haben etwa 1500 Kontrolleure im Einsatz, von der Lebensmittelüberwachung bis hin zu den Veterinären.

(Heidi Lück (SPD): Die haben doch eigene Aufgabenbereiche!)

Sie kontrollieren die entsprechenden Einrichtungen, von den Schlachthäusern über die Zerlegebetriebe bis hin zu den Kühlhäusern.

Ich will noch einmal deutlich machen, dass von jedem Bürger erwartet wird, dass er die Gesetze einhält. Das muss auch für die Unternehmen gelten und erst recht für Unternehmen in der Lebensmittelbranche. Die Gesetze sind für alle da, sie sind von allen zu beachten. Deshalb kann es nicht sein, dass man gerade für die Lebensmittelbranche sagt, es kann jeder darauf loswirtschaften, und am Ende muss der Staat alles kontrollieren. Wir können nicht hinter jedem Metzger und hinter jedem Fleischmakler einen Kontrolleur stehen haben. Das ist objektiv unmöglich. Das wissen Sie doch selbst. Das heißt, wir müssen von allen die Einhaltung der Gesetze erwarten und erzwingen, durch konsequente Beprobung und durch eine Verschärfung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Wir haben das hier im Parlament, und Herr Kollege Seehofer hat das im Deutschen Bundestag angekündigt.

Ich persönlich bin auch dafür, dass wir die Verantwortlichen verstärkt einem Informationsdruck aussetzen. Sie sollten bei Fehlverhalten mit ihrem Namen in der Öffentlichkeit stehen, sozusagen am Pranger des 21. Jahrhunderts, wenn sie von den Normen abweichen, um auf diese Art und Weise abschreckend zu wirken. All das ist Teil unserer Vorgehensweise in Bayern ebenso wie bei der Bundesregierung.

Letzten Endes, das will ich abschließend sagen, ist bei hoher krimineller Energie, wie sie in diesem Fall offensichtlich im Einsatz war, keine hundertprozentige Gewähr gegeben, dass so ein Vorfall durch staatliches Handeln von vornherein vermieden werden kann.

Wenn sie aber auffl iegt, muss auch klar sein, dass mit aller Konsequenz und aller Härte des Gesetzes gegen die Täter vorgegangen wird, sie im Einzelfall zur Rechenschaft zu ziehen, aber auch um andere abzuschrecken.

Vielen Dank. Ich darf nun Frau Kollegin Rütting bitten, ihre Frage zu stellen.