Die Fakten, die uns zu diesem Urteil über die schwarze Null kommen lassen, sind erstens die höchste Neuverschuldung nach dem Krieg im Jahr 2005, gewissermaßen im Vorgriff, zweitens die erstmalige Hereinnahme von Eon-Anteilen oder – anders formuliert – das erstmalige Verkaufen von Eon-Anteilen, um den laufenden Haushalt zu decken, und drittens das Flüssigmachen der Darlehen an die beiden Flughafengesellschaften in Höhe von 420 Millionen Euro. Ich will darüber nicht urteilen, ich habe es schon in der Einbringungsrede gesagt, dass wir Ihnen da auch beistehen. Im nächsten Jahr hilft Ihnen die schon angesprochene Mehrwertsteuererhöhung, die auch noch einmal 900 Millionen Euro bringen soll. Das bedeutet aber, dass Sie mit den regulären Einnahmen die laufenden Ausgaben nicht decken können. Das ist auch jedem klar geworden.
Die Bürgerinnen und Bürger können bei Ihnen lernen, dass es ans Eingemachte geht, wenn bestimmte Ausgaben zu fi nanzieren sind. Lieber Kollege Ach, dabei muss ich auch Kritik an Ihnen üben, denn Sie nennen das noch „nachhaltige Finanzpolitik“. Ich bitte Sie doch darum, diesen Begriff, der schon endgültig desavouiert ist, nicht mehr zu benutzen. Nachhaltig ist schon etwas anderes.
Gespart wurde aber anscheinend doch nicht genug, oder es waren Maßnahmen, die kläglich oder erbärmlich zu nennen sind. In der „Süddeutschen Zeitung“ gab es einen Artikel zu lesen über eine Kürzung von 1500 Euro, verteilt auf zwei Jahre, für den „Naturwissenschaftlichen Verein für Schwaben e.V.“ Dieser Verein hat eine 160-jährige Geschichte. Die Leute machen eine gute Arbeit, genießen Vertrauen und Ansehen in der ganzen Welt, helfen der Staatsregierung bei der Erstellung der roten Liste und bekommen dann 1500 Euro weniger. Mehr ist der Staatsregierung diese Arbeit nicht mehr Wert. Wirklich kürzen könnte man dagegen bei der Förderung des Nahluftverkehrs, die inklusive der Verpfl ichtungsermächtigung 10 Millionen verschlingt. Da vermeidet man zu sparen, obwohl sogar Luftfahrtunternehmen sagen, die Förderung von Nahluftverkehrsfl ughäfen sei eine Verschwendung von Steuergeldern. Firmen wie die Lufthansa sagen uns das, also Firmen, denen sie sonst wie zum Beispiel bei Franz Josef Strauß den roten Teppich auslegen. Das aktuellste Beispiel dafür in den Medien ist heute der Flughafen Augsburg, der für die Geschäftsfl iegerei mit 4,4 Millionen Euro vom Freistaat subventioniert werden soll. Das bedeutet, dass wir mit Steuergeldern die Mitarbeiter einer der größten Milchfi rmen Bayerns unterstützen, die zu ihrem Chef in die Schweiz fl iegen müssen, der hier keine Steuern zahlen will. Das fördern wir noch mit Steuermitteln, so sieht unsere bayerische Wirtschaftsförderung aus.
Ich habe schon in meiner Eingangsrede darauf hingewiesen, dass sich die Denkmalschützer in Bayern freuen würden, wenn sie für ihre Aktivitäten nur einen Bruchteil dieser Summe zur Verfügung hätten.
Wir als grüne Landtagsfraktion haben uns mit unseren Anträgen sorgsam verhalten. Wir haben keine überproportionalen Ausgaben beantragt und Gegenfi nanzierungen durch Einsparvorschläge unterbreitet. Wir waren uns der Verantwortung für den Staatshaushalt bewusst.
Unsere Schwerpunkte liegen in den Feldern Bildung, Soziales und Substanzerhalt, eben dort, wo die Not auch in Bayern am größten ist.
So sehen wir die große Chance in der Hauptschule darin, mit mehr Personal kleinere Klassen zu bilden, um Schülerinnen und Schüler besser fördern zu können. Wir geben ihnen damit auch bessere Chancen auf dem rauen Ausbildungsmarkt. Wir haben gestern darüber debattiert, dass in Bayern 13 000 Jugendliche nichts haben, doch denen geben Sie keine Perspektive. Wir haben auch mehr Lehrerstellen für alle Schularten beantragt. Aus
diesem Grund unterstützen wir ausdrücklich die Petition des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, die nachher noch zur Abstimmung ansteht. Die Menschen haben verstanden, worum es geht: Wir brauchen mehr Personal in allen Schularten. Wir können es uns weder fi skalisch noch gesellschaftspolitisch leisten, hier zu sparen. Mit Verschiebebahnhöfen Ihrer Art ist das Problem jedenfalls nicht zu lösen.
Noch ein Wort zur Jugendsozialarbeit, Herr Vorsitzender Ach. 86 Stellen haben Sie eingerichtet, 350 wollen Sie einrichten, und zwar bis zum Jahr 2013. Diese Jahreszahl fi el zum ersten Mal. Sie wollen also jährlich 36 neue Schulsozialarbeiter an die Schulen bringen. In diesem Jahr lassen Sie sich für sechs neue Stellen feiern. Das ist doch nicht ehrlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, das wird doch nie der Fall sein!
Im sozialen Bereich haben wir versucht, die Kürzungsorgie der letzten beiden Jahre etwas aufzufangen, gerade was die Förderung der Familien angeht, die Insolvenzberatung oder die Asylberatung. Hier, bei den Schwächsten in der Gesellschaft, ist das Geld auch gut angelegt. Wir wollen mittelfristig das Landeserziehungsgeld abschaffen und die frei werdenden Gelder in die Kinderbetreuung stecken. Die Diskussion darüber hat nach dem Vorstoß der Bundesfamilienministerin inzwischen selbst die CSU erreicht. Im besten Falle handelt es sich hier um eine Summe von 98 Millionen Euro, die für andere Maßnahmen zur Verfügung stünde. Es ist von uns sicher nicht vermessen, Herr Finanzminister, wenn wir Sie auffordern, die steigenden Steuereinnahmen, die Ihnen für den Monat März prognostiziert wurden – allein 19,4 % mehr an Ländersteuern, 16 % mehr an Körperschaftsteuer – in „sicherlich sinnvolle Maßnahmen“ – hier zitiere ich Frau Kollegin Hohlmeier aus dem Ausschuss – zu stecken. Wenn Sie sich die höheren Steuereinnahmen anschauen, dann legen Sie unsere Anträge daneben und schauen Sie, was Sie damit fi nanzieren können.
Als letztes Beispiel möchte ich den vom Obersten Rechnungshof angemahnten Sanierungsstau bei Staatsstraßen und bei Brücken ansprechen. Auch hier wären mehr Gelder für den Erhalt – ich wiederhole: für den Erhalt, Herr Kollege Ach – notwendig. Der ORH spricht hier von fehlenden 35 Millionen Euro, und das in jedem Jahr. Höhere Steuereinnahmen könnten dazu führen, dass die Versprechungen der Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wie sie auch heute wieder gemacht wurden, tatsächlich wahr werden und diese Mittel im Haushalt 2007/2008 erhöht werden. Die Leiter der Straßenbauämter sind enttäuscht, Herr Finanzminister, sie haben ohnehin schon einen kleinen Etat. In diesem Jahr hat ihnen der Winterdienst auch noch ein Viertel oder mehr ihres Haushalts abverlangt. Da wird mehr Geld gebraucht, wenn unsere Staatsstraßen nicht endgültig zur Lachnummer, zur Schlaglochparade werden sollen.
Verantwortliche Haushaltspolitik kann nicht nur bedeuten, die aktuellen Haushalte zu sanieren, sie muss auch
bedeuten, die Werte zu erhalten. Das haben Sie offensichtlich in den letzten Jahrzehnten versäumt, sonst würde es Ihnen der ORH nicht immer wieder vorhalten. Das gilt aber nicht nur für Straßen, sondern auch für staatliche Gebäude. Insofern muss man dem Papst richtig dankbar sein, nicht nur, dass er aus Bayern kommt, sondern dass er auch nach Bayern kommt. Dank des Papstes wird jetzt nämlich endlich an der Universität in Regensburg etwas getan. Wir hätten uns gewünscht, dass diese 500 000 Euro, die für den Eingang der Universität in Regensburg verwandt werden, damit der Papst zumindest einen schönen Eingang präsentiert bekommt – hier sieht man doch potemkinsche Dörfer –
Die Änderungen beim Kommunalen Finanzausgleich wurden schon angesprochen. Die Einführung eines Demographie-Faktors bei den Schlüsselzuweisungen ist sicher sinnvoll.
Bei allem Selbstlob, liebe Kolleginnen und Kollegen der Staatsregierung, bleibt aber festzustellen, dass die Schlüsselmasse nicht auf dem Niveau des Jahres 2005 gehalten werden konnte. Ich weiß, woran das liegt. Ich weiß, dass die Schlüsselmasse sich am Aufkommen orientiert. Früher hat sich die Staatsregierung aber mit eigenen Mitteln im Ausgleich stärker engagiert, als dies in diesem Jahr der Fall war. Die Schlüsselmasse ist deshalb auch um 1,7 % gesunken. Aus diesem Grund sehen wir die Aufstockung des Kommunalanteils im allgemeinen Steuerverbund als unabdingbar an. Die Kommunen in Bayern brauchen weiterhin und noch stärker die Unterstützung der Staatsregierung, auch wenn sie momentan eine gute Steuerbilanz haben.
In diesem Zusammenhang bin ich gespannt, wie die Staatsregierung die Mittel für die Mittagsbetreuung und für die Ganztagsschulen aufbringen wird, wenn jetzt die IZBB-Mittel nicht mehr vorhanden sind. Das Programm läuft aus. Ich bin gespannt, welches Programm die Staatsregierung in diesem Zusammenhang aufl egen wird.
Ich fasse zusammen: Die Staatsregierung weicht in diesem Nachtragshaushalt nicht von ihrer falschen Politik ab, sich zugunsten vordergründiger Sparpolitik von den wichtigen Aufgaben des Landes abzuwenden. Stattdessen muss sie sich diesen Problemen offensiv stellen, und zwar in einem Maße, dass die Probleme wirklich angepackt werden. Höhere Einnahmen müssen aus diesem Grund direkt in die Bildung und in den Sozialhaushalt fl ießen, in den Erhalt von Gebäuden und Straßen, in den Hochwasserschutz und in die Altlastensanierung. Herr Finanzminister, ich gehe nicht davon aus – das ist eine kleine Petitesse am Rande, dass Sie Ihren Haushalt nur auf dem Rücken der Liebesdienerinnen sanieren wollen, die sich am Rande der WM einer Steuerschätzung unterwerfen müssen, wie das eine große Boulevardzeitung kolportierte.
Nur ein Wort zur neuen Immobilienagentur. Wir waren dafür, dass es sie gibt. Wir hoffen aber, dass die ImBy – Immobilien Freistaat Bayern – nicht nur gegründet wurde, um ein Austragsstüberl für verdiente Beamte zu schaffen. Das sollte nicht der Fall sein. Wir als grüne Landtagsfraktion lehnen den vorliegenden Nachtragshaushalt 2006 unabhängig davon ab.
Als nächste Wortmeldung habe ich Herrn Kollegen Pfaffmann. Obwohl ich ihn kenne, sehe ich ihn nicht. Damit ist die Wortmeldung gemäß § 105 Abs. 3 der Geschäftsordnung entfallen. Ich bitte daher Herrn Staatsminister Dr. Faltlhauser ans Rednerpult.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich glaube, der heutige Tag, an dem wir in Zweiter und Dritter Lesung den Nachtragshaushalt verabschieden, ist für die Haushaltspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, nicht nur für dieses Land, von außergewöhnlicher Bedeutung. Wenn ein Land erstmalig einen ausgeglichenen Haushalt, das heißt, einen Haushalt ohne neue Schulden, vorlegen kann, dann ist dies ein Signal, nicht nur für die Bürger dieses Landes, sondern das ist ein Signal für die gesamte Bundesrepublik Deutschland.
Ich glaube, dieses Haus und insbesondere der Haushaltsausschuss unter dem Vorsitz von Manfred Ach und dem stellvertretenden Vorsitz von Herrn Kollegen Kaiser können stolz darauf sein, dass sie dies gehalten haben. Es ist nicht ganz einfach, den verschiedenen Wünschen nicht Rechnung zu tragen. In dieser Gesellschaft, die von
Dieser Haushalt ist ein Dokument der Beweglichkeit und der Gestaltungsfähigkeit für die Zukunft. Nur wenn wir heute sparen, können wir Herausforderungen in der Zukunft bewältigen.
Nur wenn wir heute sparen und nur das, was dringend notwendig ist, im Haushalt niederschreiben, können wir die nächste Generation vor weiter hinzukommenden Belastungen schützen. Die bisherigen Belastungen aus den Renten wie auch aus den Haushalten sind ohnedies groß genug.
Das, was Bayern hier macht, ist ein Beispiel für die übrigen Länder. Es gibt praktisch kein Land, das nicht erklärt: Wir streben den ausgeglichenen Haushalt an. Zwar haben nicht alle Länder dies terminiert, aber einige haben es durchaus getan, wie Kollege Ach schon dargelegt hat. Sachsen-Anhalt hat in der Koalitionsvereinbarung den Zielpunkt 2011 gesetzt. Allerdings muss ich sagen, das wird dort sehr schwer sein, insbesondere deshalb, weil man in die gleiche Koalitionsvereinbarung hineingeschrieben hat, dass man die Kindergärten für Benutzer kostenfrei stellen will. Das ist ein schönes Ziel, aber mit hohen Kosten verbunden. Solche Länder stehen vor dem Entweder-oder: Entweder will man das Beliebige, was möglicherweise am Markt der Meinungen vorhanden ist, realisieren, oder man will einen ausgeglichenen Haushalt. Einen ausgeglichenen Haushalt zu realisieren ist kein einfacher Weg, es ist unbequem und unpopulär und führt zu Kritik. Wir haben das miterlebt. Trotzdem stehen wir dazu, und ich glaube, die Bürger erkennen dies als konsequente Haltung an.
Niedersachsen hat laut Finanzplan ein Ziel von 2013, Brandenburg erstaunlicherweise auch 2011, und Mecklenburg-Vorpommern ist mit dem Ziel 2010 vorgeprescht. Sachsen, glaube ich, meine Damen und Herren, ist das einzige Land, das nach meiner heutigen Vorausschätzung den ausgeglichenen Haushalt wie geplant im Jahr 2009 realisiert.