Protokoll der Sitzung vom 09.11.2006

Der Modellversuch ist auf vier Jahre befristet. Wir erproben in diesem Zeitraum, was im kommunalen Alltag sinnvoll ist und was nicht. Die Vorschläge, die wir aufgegriffen haben, kommen aus dem kommunalen Bereich. Sie sind nicht unumstritten und gerade deshalb wollen wir hier auch einen ergebnisoffenen Prozess.

Am Ende der vier Jahre werden wir sehen, was dauerhaft zu ändern ist und was sich bewährt. Wir können dann auf in der Praxis erprobten Ergebnissen aufbauen und erneut entscheiden. Wir starten also ein freiwilliges, ergebnisoffenes Experiment mit Mut zum Neuen und mit Vertrauen in unsere Bürgermeister, Landräte, Gemeinde- und Kreisräte.

Die kommunalen Spitzenverbände haben den Entwurf begrüßt, allerdings wären sie gerne noch etwas weiter gegangen. Es sind auch Einwände gekommen. Wir haben diese Einwände geprüft und abgewogen. Wir meinen jedoch, dass dieser Gesetzentwurf so angelegt ist, dass er alle Optionen offenlässt. Er eröffnet Freiheit, Transparenz und Vertrauen. Mehr kann man da nicht anbieten.

Ich würde mir allerdings wünschen, dass aus der Mitte des Landtags noch mehr Vorschläge kommen. Die Staatsregierung ist da völlig offen und würde sich freuen, wenn zu den 16 und 10 Bereichen vom Landtag noch der eine oder andere Vorschlag hinzugefügt würde.

Im Vorfeld dieser Diskussion und dieser Ersten Lesung hat ein Bereich eine besondere Rolle gespielt. Das war der Denkmalschutz. Ich persönlich halte sehr viel vom Denkmalschutz und auch sehr viel vom Landesamt für Denkmalpfl ege. Ich sage dazu im Hinblick auf die neue Ausgabe des Cicero: Was den Süden stark macht, ist unsere kulturelle und historische Identität. Sie ist gewachsen und erwachsen aus einem dichten Humus unserer langen Geschichte und Kultur, zu der natürlich auch unsere bauliche Substanz gehört. Diese ist schützenswert; das wird von niemanden bezweifelt.

Ich sage auch sehr deutlich: Dass wir dieses Ergebnis haben, ist das Resultat des Denkmalschutzgesetzes von 1973, aber gleichzeitig ist es auch die Arbeit der Landräte, Oberbürgermeister und Stadträte, die den Denkmalschutz als ihre eigene Aufgabe begreifen. Und darüber hinaus ist es auch ein Ergebnis der zahlreichen Initiativen von Bürgern, die viel eigenes Geld in den Denkmalschutz investieren.

Ich habe Verständnis, wenn im Landtag auf Gefahren hingewiesen wird, die entstehen können, wenn Teile unserer Kultur unwiederbringlich verloren gehen. Ich vertraue aber den Landräten und Oberbürgermeistern, dass sie keinen Missbrauch betreiben und verantwortungsbewusst mit dem historischen Erbe umgehen. Es ist schließlich auch ihr Erbe.

Wir haben die fakultative Einschaltung des Landesamtes für Denkmalpfl ege vorgeschlagen. Die ergebnisoffene Anlage soll allen signalisieren: Wir wollen lernen. Wenn

in der Diskussion des Landtags andere Wege gegangen werden sollten, haben wir auch dafür Verständnis. Es wäre für uns kein Problem. Denn letztlich ist es das Ziel, Deregulierung zu betreiben. Im Ergebnis werden wir einen Bericht vorlegen, der zeigt, was sich bewährt hat und was nicht. Wir werden darin – da die Denkmalpfl ege enthalten bleibt – auch darlegen, was die Fachgutachten des Landesamtes für die Projekte in den Modellkommunen bedeutet haben. Dann können wir bilanzieren, was diese Gutachten bringen und was es an Zeitersparnis bedeutet, wenn wir in Bagatellfällen und Routinefällen unseren unteren Denkmalschutzbehörden mehr Spielräume geben.

Meine Damen und Herren, das ist ein gemeinsamer Weg, den wir gehen können. Ich bitte um eine gute Beratung dieses Gesetzentwurfes und um gute Vorschläge kreativer Art, um die kommunale Selbstverwaltung zu stärken. Ich danke den Oberbürgermeistern und Landräten, die hier mitmachen; das kommt unserem ganzen Land zugute.

(Beifall bei der CSU)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Rabenstein:

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Sinner, ich habe selten jemanden gehört, der so geschickt seine Meinung, die er vor wenigen Wochen noch ganz anders dargestellt hat, auf einmal so verklausuliert, dass die Niederlage, die er einstecken musste, verwischt wird.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Dafür ist er CSUPolitiker!)

Es ist ein starkes Stück, so etwas zu erleben. Es geht bei diesem Gesetzentwurf um Bürokratieabbau. Die SPDFraktion hat immer gesagt, dass sie damit im Grunde übereinstimmt. Aber es geht bei diesem Gesetzentwurf auch um den Denkmalschutz – Sie haben ihn angesprochen, Herr Minister – und dabei um eine ganz entscheidende Passage. Diese Passage haben wir kritisiert. Wie ich nun heute Morgen erfahren habe, ist genau diese Passage zurückgenommen worden. Wir werden sehen, wie sich das weiterentwickelt. Die Einsicht kam also, wenn auch spät. Sie ist gekommen und die Argumente der SPD haben sich damit durchgesetzt. Herzlichen Glückwunsch dazu, Herr Minister!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, manchmal dauert es wohl etwas länger, bis die guten Argumente der SPD von der CSU-Fraktion nachvollzogen werden. Ich möchte das noch einmal in aller Kürze darstellen. Der Gesetzentwurf wurde von den Verbänden im Vorfeld entsprechend diskutiert und von den Denkmalschützern scharf kritisiert. Denken Sie an die Sitzung, in der Sie, sehr geehrter Herr Minister Sinner, dem Landesdenkmalrat den Gesetzentwurf vorgestellt haben und an die Kritik, die daran gekommen ist.

Wir haben gedacht, es werde dadurch möglicherweise

eine Änderung geben. Nein, es ist keine Änderung gekommen und deshalb haben wir dann am 18. Oktober einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, in dem es folgendermaßen heißt:

Der Denkmalschutz in Bayern steht vor einem dramatischen Einbruch, sollte sich die Staatsregierung mit dem im Entwurf vorgelegten Gesetz zur Erweiterung und Erprobung von Handlungsspielräumen der Kommunen durchsetzen.

Über diesen Dringlichkeitsantrag haben wir namentlich abstimmen lassen, und jetzt kommt das erstaunliche Ergebnis. SPD und GRÜNE waren natürlich dafür. Fünf Abgeordnete der CSU haben sich getraut, sich zumindest der Stimme zu enthalten, da sie wohl die Einsicht gehabt hatten.

Alle anderen waren dagegen. Heute erfahren wir, dass dieselben Argumente der SPD, die damals von der großen Mehrheit abgelehnt worden sind, wie Minister Sinner verklausuliert gesagt hat, überzeugt haben.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Spaenle?

Herr Kollege Rabenstein, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass Ihr Antrag zum gegebenen Zeitpunkt nicht die Mehrheit des Hohen Hauses gefunden hat, weil dieses Argument in die Gesetzgebung eingebracht werden muss und heute, genau an diesem Platz, bei der Einbringung des Modellkommunengesetzes die entsprechende sachliche und fachliche Bewertung des Denkmalschutzes stattfi ndet? Das heißt, nicht die SPD, sondern die Meinungsbildung innerhalb der Staatsregierung und der CSU-Fraktion hat sich durchgesetzt.

(Susann Biedefeld (SPD): Das war keine Frage!)

Herr Kollege, es ist nur eine Frage gestattet, keine Kommentierung.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie brauchen bloß Ja zu sagen!)

Das war keine Frage, sondern nochmals die Darstellung, die ich gebracht habe. Wir wollten ja, dass diese Argumente, die wir gebracht haben, überzeugen und dass der Gesetzentwurf deswegen in einer anderen Form formuliert wird, wie sie auch die Verbände vorgeschlagen haben.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen fi ndet bei den Verbänden eine Anhörung statt. Diese Diskussion hätten wir uns deshalb sparen können.

Im Grunde ist es eine bittere Niederlage für Minister Sinner und damit für Herrn Stoiber, der genau wusste, was er macht, und jetzt merkt, dass er hier falsch gelegen hat

und dass die SPD und die GRÜNEN mit ihren Argumenten überzeugt haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich auf die weitere Diskussion. Ich bin froh, dass der Denkmalschutz und die Denkmalpfl ege wenigstens in diesem Bereich nicht in Gefahr geraten sind. Ich habe aber auch bei meiner letzten Rede am 18. Oktober schon gesagt, geholfen ist der Denkmalpfl ege und dem Denkmalschutz erst, wenn die Mittel dafür wieder entsprechend erhöht werden und wir das Landesamt für Denkmalpfl ege angemessen ausstatten. Ich bin deswegen froh, dass es so gelaufen ist und dass sich die Argumente der SPD durchgesetzt haben.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Herold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der ehemalige Europachef von McKinsey, Herbert Henzler, hat vor kurzem gesagt – ich darf zitieren: „Bürokratie liegt wie Mehltau auf der bundesdeutschen Wirtschaft.“ Er hat auch gesagt, dass die Umsetzungsbilanz gerade auch der Staatsregierung in Bayern zeigt, dass man auf Landesebene voll auf Deregulierungskurs ist.

Ein weiterer Schritt auf diesem Kurs ist der Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Gesetz zur Erweiterung und Erprobung von Handlungsspielräumen der Kommunen. Dadurch werden nicht nur die Kompetenzen der Kommunen erweitert, sondern es werden, wie ich meine, Bürokratie abgebaut und Verfahren massiv beschleunigt. Wir, die CSU-Fraktion, begrüßen und unterstützen diesen Gesetzentwurf, weil er in das große Konzept „Verwaltung 21 – Reform für ein modernes Bayern“ passt und weil wir darauf aufbauend einen regelrechten Paradigmenwechsel erreichen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr überzeugt davon, dass Bayern das Land mit den wenigsten Vorschriften werden wird. In den Jahren 2003 und 2004 hat die Staatsregierung über 350 Einzelvorschläge zum Abbau kommunaler Standards in der Mehrzahl positiv beschlossen. Herbert Henzler zum Stand der Entbürokratisierung befragt, antwortete kürzlich – ich darf Ihnen zitieren: „In Bayern die Note 2 plus, im Bund eine 3 bis 4, in der EU eine glatte 5.“

Das Maßnahmenpaket der Bayerischen Staatsregierung mit mehr als 220 Vorschlägen hat drei Grundlinien: Die Verwaltungsvorschriften sollen so weit wie möglich gestrichen werden; von verbleibenden Vorschriften darf abgewichen werden; die unterste sinnvolle Ebene soll über sie entscheiden dürfen, und dies ist ein ganz wichtiger Faktor. Deshalb sollen Modellkommunen die Möglichkeit erproben, bestimmte Vorschriften nicht mehr anzuwenden, ohne dabei aber materielle Standards zu verschlechtern. Anknüpfend an diese Initiativen der Staatsregierung zum Abbau kommunaler Standards sollen auch mit diesem vorliegenden Gesetzentwurf auf kommunaler Ebene die

landesrechtlichen Spielräume sowohl im eigenen als auch im übertragenen Wirkungskreis für die politisch Verantwortlichen vor Ort erweitert werden. Als ehrenamtlicher Bürgermeister einer Gemeinde begrüße ich dies sehr.

Es sollen zugleich Impulse für eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Verwaltung in den Regionen gegeben werden, was wir, die CSU-Fraktion, sehr begrüßen. Ein Teil des Vorhabens besteht in der sofortigen Aufhebung von Vorschriften des Landesrechts, durch die die Kommunen belastet werden.

Die weiteren Regelungen betreffen Erleichterungen von Standards, die für eine Probephase von vier Jahren innerhalb ausgewählter Modellkommunen erprobt werden sollen. Gerade auch im letzten Jahr der Erprobungsphase soll beurteilt werden, ob sich die Erleichterung bewährt hat und landesweit umgesetzt werden soll.

Herr Rabenstein, Sie haben Ihre Ausführungen nur auf das Thema „Denkmalschutz“ fokussiert, das soeben angesprochen worden ist. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung enthält natürlich auch Vorschläge zum Bereich des Denkmalschutzgesetzes. Dieser Bereich wurde, wie Sie alle wissen, nicht nur in der Öffentlichkeit – und das fi nde ich gut so –, sondern auch in unserer Fraktion intensiv diskutiert. Ich sage Ihnen aber auch aus eigener Erfahrung als verantwortlicher Bürgermeister: Kommunen und Denkmalschutz befi nden sich nicht selten in einem Spannungsverhältnis. Auf der einen Seite defi nieren sich viele Städte und Gemeinden auch über ihr sogenanntes baukulturelles Erbe und sind zu Recht stolz auf ihre durch Denkmäler verkörperte Geschichte. Auf der anderen Seite empfi nden die Gemeinden das Denkmalschutzgesetz gewissermaßen als Einengung ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit und der sich aus ihr ergebenden Gestaltungsfreiheit.

Ich möchte hier nochmals deutlich betonen, dass in keinster Weise eine Reduzierung des Denkmalschutzes vorgesehen war oder vorgesehen ist. Gerade auch aus diesem Grund sind wir der Meinung, dass man auf eine Aufnahme im Gesetzentwurf verzichten kann. Deswegen wird die CSU-Fraktion, wie Sie wissen, zu diesem Bereich „Denkmalschutzgesetz“ einen Änderungsantrag einbringen.

Zum Thema „Entbürokratisierung“ oder „Deregulierung“ sage ich abschließend: Was die Bürger nicht schützt und dem Staat wenig nützt, wird abgeschafft. Bayern muss und wird das Land mit den wenigsten Vorschriften werden.

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Kamm.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Mit diesem Gesetzentwurf der Staatsregierung wird im Titel vorgegeben, dass es darum ginge, den Handlungsspielraum der Kommunen zu erweitern. Allerdings soll das nicht einfach so, sondern im Rahmen eines vierjährigen Modellversuchs inklusive einjähriger Evaluierungs- und Auswer

tungsphase geschehen.

Wir brauchen aber keinen vierjährigen Modellversuch, um irgendwelche Eigenüberwachungsverordnungen anzupassen. Wir brauchen keinen vierjährigen Modellversuch, um es den Landkreisen zu ermöglichen, nach Anhörung des Jagdbeirates – wie es hier steht – zu entscheiden, ob auf die Pfl icht zur Vorlage von Trophäen bei öffentlichen Hegeschauen verzichtet werden soll. Wir brauchen auch keinen vierjährigen Modellversuch mit einjähriger Evaluierungsphase, um es kreisfreien Städten und Landkreisen zu ermöglichen, ihre Kfz-Zulassungsbehörden zusammenzulegen.