Das Angebot muss für die jungen Menschen bereitgehalten werden. Es geht um die Qualität des Unterrichts und um das Angebot, damit sich junge Menschen gemäß ihren Fähigkeiten, Talenten und Neigungen entwickeln können.
Zu diesem Schulkonzept gehört die Durchlässigkeit. Es darf keinen Abschluss ohne Anschlussmöglichkeit geben. Jeder muss seine Entwicklung machen können, egal, welchen Weg er geht, ob über die Möglichkeiten von Fachoberschule, Berufsoberschule oder über den dualen Weg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Pfaffmann hat viele Fragen gestellt und zum Teil immer wieder falsche Zahlen verwendet. Er beantwortet aber eine Frage nicht, nämlich, warum Bayerns Schüler bei jeder Untersuchung besser sind als die Kinder aus jedem anderen Land in Deutschland. Warum ist das so?
Diese Frage wird nicht beantwortet. Warum sind die bayerischen Schüler und Schülerinnen in allen Schularten, in allen untersuchten Bereichen in Deutschland weit in der Spitzengruppe und die einzigen Schülerinnen und Schüler, die sich international messen lassen können? Diese Frage wird von der SPD nicht gestellt, weil sie sie nicht beantworten kann.
Ich war etwas überrascht, als ich Herrn Pfaffmann und Herrn Strobl zugehört habe. Vor einigen Tagen las ich in einem Heft des Bayerischen Realschullehrerverbandes, dass am 31. Oktober dieses Jahres die Herren Pfaffmann und Maget zu einem Gespräch beim Realschullehrerver
band waren. In dem Heft steht ein nicht dementierter Satz: „Die Regionalschule soll additiv zu den bestehenden Realschulstandorten gedacht und ein echtes Alternativangebot zur Realschule sein.“ Die SPD-Vertreter wollen also die Dreigliedrigkeit des Schulsystems unberührt lassen.
Innerhalb des Bildungsganges soll Neigungsdifferenzierung stattfi nden. Der Realschullehrerverband hat dazu in seiner neuesten Mitgliederzeitung Folgendes veröffentlicht, was von Ihnen nicht zurückgewiesen wurde, jedenfalls nicht bis heute.
Er schreibt: „Das Hinterfragen des Regionalschulkonzepts nach dem Unterschied zur bisherigen Hauptschule blieb wenig aufschlussreich.“ Die haben also das Gleiche gesagt. Die SPD-Vertreter, so der Eindruck der Realschullehrer, sehen in der Regionalschule eine Verbesserung des Bildungsangebots, weil damit unter einem neuen Namen die bisherige Hauptschule aufgewertet wird. Ich habe mir gedacht, endlich ist die SPD so weit. Nach dem, was ich heute wieder gehört habe, ist es doch wieder ein bisschen anders. Irgendwie werden wir doch zurechtkommen.
Zu dem Geschenk, das ich heute bekommen habe, Herr Pfaffmann: Ich hoffe, dass die Rechtschreibung in Ihren Veröffentlichungen so ist, wie es sich gehört. Ich habe zu Frau Tolle gesagt: Entweder will er nicht oder kann er nicht bis drei zählen; denn das Angebot ging an die Staatsregierung, an die CSU-Fraktion und auch an die GRÜNEN. Die GRÜNEN haben aber nichts bekommen. Vielleicht wird es ihnen noch nachgereicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch noch mit einer Mär aufräumen. Pisa legt eindeutig fest, dass nirgendwo die Koppelung von Kompetenzerwerb und sozialer Herkunft so gering ist wie in Bayern. Nehmen Sie das zur Kenntnis. So steht es im Pisa-Bericht. Sie können hundertmal etwas anders sagen, es wird trotzdem nicht richtig.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Hohes Haus! Natürlich ist es jetzt schwierig, nach dem Staatsminister noch neue Erkenntnisse zu bringen. Das Thema „Schulsterben stoppen“ oder „Schulen im Dorf halten“ wird uns nicht umstimmen, auch wenn es als Dauerthema hier im Plenum immer wieder eingebracht wird.
Herr Staatsminister hat es bereits festgehalten: Wir halten natürlich konsequent am mehrgliedrigen Schulsystem
fest, nicht weil wir unfl exibel sind, was Sie uns vorwerfen, sondern weil sich das mehrgliedrige Schulsystem eben bewährt hat. Das hat nichts mit Reformunfähigkeit zu tun, Herr Kollege Pfaffmann, sondern das ist so.
Mir ist in diesem Zusammenhang auch eine Pressemitteilung des Bayerischen Philologenverbandes in die Hände gefallen, in der der Vorsitzende Max Schmidt unter der Überschrift „Der Irrweg der verlängerten Grundschulzeit“ feststellt, dass Systemfragen die wirklichen Probleme verdecken, statt sie zu lösen. Es ist eben wichtig, dass wir Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrer Begabung in einer dafür geeigneten Schulform beschulen. Herr Kollege Pfaffmann, Sie lachen, aber ich gehe davon aus, dass das, was ich zitiert habe, richtig ist. Auch der Philologenverband sagt, dass eine spätere Trennung während der Pubertät wesentlich mehr Probleme mit sich bringen würde.
Jetzt zum ungerechten Bildungssystem. Der Staatsminister hat es bereits angeschnitten. Auch hier schreibt der Philologenverband:
Pisa 2003-E hat außerdem eindeutig bewiesen, dass der Zusammenhang von sozialer Herkunft und einem guten Bildungsabschluss in Bayern am geringsten in ganz Deutschland ist.
Ich möchte auch zu den Grundschulen reden. Gerade dabei tun wir alles, um die Grundschulen vor Ort zu halten. Frau Kollegin Tolle, darin sind wir uns einig. Diese Forderung wird auch vom Städtetag getragen. Er schlägt genau dies vor, was wir für richtig halten. Schulen sind leistungsfähig zu halten. Jahrgangsübergreifende Klassen sind zwischen den ersten und den zweiten Klassen oder auch zwischen den dritten und vierten Klassen zu bilden. Frau Kollegin Tolle, Sie haben beim letzten Mal geklatscht. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Um die Schulen auch bei rückläufi gen Schülerzahlen im Dorf zu halten, sind wir bereit, darüber nachzudenken, ob wir auch die Klasen 1 bis 4 zusammenlegen können, wenn es möglich ist.
Wir müssen auch über Schulverbände nachdenken. Das kann uns kein Mensch verwehren. Bei rückläufi gen Schülerzahlen müssen wir alles tun, um die Schüler im Dorf zu halten, um eine wettbewerbsfähige und leistungsfähige Schule zu erhalten. Das werden wir auch tun. Diesen Weg gehen wir weiter. Da lassen wir uns auch nicht beirren, auch wenn das Thema jedes Mal auf der Tagesordnung steht.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Schneider, ich spreche Sie direkt an. Wir wollen in diesem Plenum im Bayerischen Landtag schon festhalten, dass Sie als verantwortlicher Minister in Bayern zum Thema „Zukunft der Schulen vor Ort im ländlichen Raum“ und zum Thema „Zukunft der Hauptschulen“ keinerlei Beschlüsse des Bayerischen Landtags haben. Es gibt kein Konzept, Herr Minister, das Sie hier im Bayerischen Landtag eingebracht haben – weder im Plenum, noch im Ausschuss –, über das hier verantwortlich von allen Parteien diskutiert wurde und bei dem Sie wirklich konzeptionell Ihre Vorstellungen gebracht hätten. Wir lesen in der Presse von Beschlüssen auf CSU-Parteitagen. Wir lesen in der Presse von Ankündigungen, die Sie irgendwo auf irgendwelchen Tagungen machen. Wir lesen in der Presse von Geheimpapieren aus der CSU. Ich halte aber fest, dass es kein uns bekanntes Konzept gibt, über das der Bayerische Landtag hier diskutiert und beschlossen hätte.
Ich möchte schon einmal sagen, Herr Minister, dass die bayerischen Schülerinnen und Schüler, die Eltern und die Lehrer in diesem Land tatsächlich ein Anrecht darauf haben zu wissen, wohin die Reise geht.
Ich will auch betonen, dass Ihnen in der CSU wohl nicht so bewusst ist, wohin die Reise geht. Sie zitieren ganz gern aus Broschüren. Wir haben heute den „Bayerischen Gemeindetag“ in die Hand bekommen. Daraus zitiere ich aus einer Rede von Ministerpräsident Stoiber, dem Ministerpräsidenten dieses Landes. Ich kürze etwas ab, ich zitiere nicht alles, denn meine Redezeit ist knapp. Er sagt, dass die Schülerzahlen auf dem Land sinken, dass uns dies noch Diskussionen bringen wird. Wir müssen darüber diskutieren, so sagt er, welche Entfernungen zur Grundschule und zur Hauptschule in einem Flächenstaat wie Bayern unter den heutigen Bedingungen der Mobilität und des Buseinsatzes zumutbar sind. Er schließt dieses kurze Kapitel mit dem Satz: „Wie können wir unseren Kindern beste Bildung bieten?“ Da frage ich Sie, wie wir das können. Ich sage Ihnen: Schauen Sie in unserem Konzept nach. Keiner darf verloren gehen.
Sie haben gesagt, die SPD wisse nicht, was sie wolle. Sie wissen ganz genau, was wir wollen. Sie haben es selbst immer wieder kommentiert und zitiert. Sie übernehmen es manchmal nach 20 Jahren Vorlaufzeit, wie zum Beispiel die Diskussion über die Ganztagsschule. Sie übernehmen es in Bayern für ein Promille der Grundschüler, Sie übernehmen das eine oder andere, halten aber ganz sklavisch an Ihren Überzeugungen fest. Sie scheuen, wie die Kollegin Tolle gesagt hat, die Diskussion über eine Schulstruktur und über eine längere gemeinsame Schulzeit, seien es sechs oder neun Jahre oder wie auch immer. Sie weisen jede Diskussion an dieser Stelle zurück.
Dabei will ich jetzt auf einen Punkt kommen, der die Qualität der Schule betrifft. Kollege Waschler sagt, er wolle
die Schule in möglichst guter Qualität vor Ort halten. Kollege Waschler, das meine ich sehr ernsthaft: Wir sollten uns angewöhnen, nicht nur über die Begriffe zu reden und einfach etwas in den Raum zu schmeißen. Wir sollten auch wirklich defi nieren, was Qualität an der Schule heißt. Qualität an der Schule kann nicht nur heißen, wie es von Ihnen immer wieder, auf einen Nenner gebracht, bei mir ankommt, die Besten in Bayern in möglichst kürzester Zeit zu den besten Ergebnissen zu bringen.
Das kann es aber nicht sein. Wer in diesem Land oder in Europa über Bildung diskutiert und über die Qualität von Bildungssystemen redet, meint stets ebenso wie die Bundeskanzlerin – die das inzwischen auch schon weiß –, die Familienministerin oder wer auch immer, keiner darf verloren gehen, wie wir es in unserem Konzept genannt haben. Das ist letztlich die Ausgangsbasis für die Qualität von Schulen. Herr Kultusminister, in Bayern misst sich die Qualität von Schulen daran, wie es in Bayern die 5000 Schulen schaffen, genau die Defi zite in Ihrem bayerischen Bildungsbericht aufzuarbeiten; wie sie es schaffen, mehr Kindern zu einem Abschluss zu verhelfen und Kinder zu integrieren, seien es Migrantenkinder, seien es Kinder, die aus bildungsfernen Schichten stammen, oder Kinder, die mehr individuelle Förderung brauchen. Genau das macht die Qualität der Schule aus. Dazu brauchen die Schulen vor Ort Qualitätsmerkmale, und dazu gehört viel: die Eigenständigkeit von Schulen, etwa eigene Entscheidungen treffen und vor Ort die Verantwortung für die Schüler übernehmen zu können, die ihnen übertragen wurde. Dazu bedarf es in Bayern der richtigen Rahmenbedingungen, mehr Lehrer, kleinere Klassen und mehr Ganztagsschulen. Dann kommen wir voran.
Herr Minister Schneider, die SPD hat Konzepte vorliegen. Es wäre an der Zeit, dass Sie uns klar machen, wohin die Reise geht.
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Auch wenn es schon später Nachmittag ist, könnte man der SPD und den GRÜNEN eigentlich „Guten Morgen“ sagen, da sie endlich bei der Hauptschule angekommen sind. Sie haben bisher die Hauptschule nicht im Visier gehabt.
(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Deswegen haben Sie sie zugemacht! – Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)
Wir mussten dafür kämpfen, dass die Hauptschule weiterhin ein wichtiger Bildungsfaktor im dreigliedrigen Schulsystem ist.
Sie stellen bei einer Aktuellen Stunde einen Antrag zum Thema „Schulsterben“ und fordern für die Zukunft eine neunjährige gemeinsame Schulzeit. Das bedeutet, dass Schulen mindestens zwei- bzw. dreizügig sein müssen, um die Schüler je nach Niveau zu beschulen.
In Wirklichkeit bedeutet das Schulsterben. Mit Ihren Bildungszentren werden Sie das fl ache Land zum Verlierer machen. Das ist Tatsache.