Der bayerische Wirtschaftsminister hätte eine Menge zu tun. Er könnte die in wirtschaftlichen Fragen offenbar heillos überforderte CSU-Fraktion mit klaren Vorgaben bedienen. Wenn wir bei der SPD keinen Arbeitskreis „Hohn und Spott“ hätten, würden Sie sich um diesen Titel bewerben können. Wegen des Ladenschlusses haben sie das halbe Land der Lächerlichkeit preisgegeben. Beim Mittelstandsförderungsgesetz sind Sie nach dreieinhalb Jahren immer noch nicht sehr viel weiter mit der Beratung. Wegen der Pkw-Maut und des Wettmonopols streiten Sie innerhalb Ihrer vermeintlichen Führungsriege. Beim Antrag zum BaFin – Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – vor wenigen Wochen kam es zur offenen Konfrontation.
Kollege Dr. Runge erinnert sich gerne daran. Wegen der Breitbandversorgung müssen CSU-Abgeordnete eine Initiative ergreifen; so war in der „Welt am Sonntag“ zu lesen, oder mit uns stimmen, weil das Ministerium untätig bleibt. Beim Transrapid stehen Sie vor dem Eingeständnis des Finanzierungsdesasters. Jetzt droht die Bahn mit einem Machtwort und macht endlich Druck. Herr Minister Huber, ich verstehe, dass das für Sie besonders bitter sein muss; denn wie bei der AEG wäre es wieder Ihr Vorgänger, der die Dinge gerichtet hätte. Ich bin interessiert, was Sie uns heute zu diesem Thema sagen werden.
Sie könnten viel zu den Grundwerten der sozialen Marktwirtschaft sagen, weil es innerhalb der CSU Klärungsbedarf gibt. Es gibt irrlichternde Aussagen des Generalsekretärs der CSU, wonach Wohlfahrt und Wohlstand für alle nicht mehr zu den Kernaufgaben der Staatlichkeit gehörten. Das ist sehr interessant. Sie könnten darüber reden, wie es im Verfassungsjahr mit dem Ausstieg des Landes Bayern aus der Wirtschaftsfassung bestellt ist.
Was ist damit, dass die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit als dem Gemeinwohl unterworfen gilt? – Bei Ihnen diktieren aktuelle, gewesene und bald gewesene Industrieführer dem Ministerpräsidenten die Versatzstücke einer ihnen genehmen Politik. Was ist mit dem Anspruch auf Ausbildung? – Zehntausende junger Menschen sind ohne Ausbildungsplatz oder befi nden sich in der Warteschleife. Was ist mit dem Recht auf auskömmliche Arbeit? – Auch das ist ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung. Ein Recht auf Arbeit kennt die CSU nur in Freising, nicht in Hof und nicht in Nürnberg-Muggenhof. Das werden wir immer wieder anprangern. Was ist mit den existenzsichernden Mindestlöhnen? – Diese verweigert die CSU genauso wie die Ausweitung des Tariftreuegesetzes, wie die Einbeziehung einer Ausbildungsleistung eines Unternehmens in die Vergabekriterien. Ich erinnere mich daran, dass mich Kollege Spitzner belehrt hat, das gehe nicht. Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Ich fordere Sie auf: Tun Sie das.
Vor allem aber wäre es die Aufgabe des bayerischen Wirtschaftsministers, dem Finanzminister und dem Ministerpräsidenten einen wirklichen Gestaltungshaushalt abzutrotzen. Wie sieht es damit aus? – Nimmt man von den 1,56 Milliarden Euro die Regionalisierungsmittel des Bundes und die sonstigen Bundes- und EU-Mittel weg, bleibt ein Betrag von 430 Millionen Euro, die der Freistaat Bayern für die Wirtschaft und damit für die Menschen in diesem Land in die Hand nimmt. 430 Millionen Euro macht der Landesanteil des Freistaates Bayern im Einzelplan 07 aus. Herr Minister Huber, bei aller Freundschaft: Dafür braucht man keinen Wirtschaftsminister mehr.
Nun zu den Schwerpunkten, die Kollege Traublinger zwar angekündigt, aber nur gestreift hat. Die Clusterbildung ist
ihr Kernstück. Nach den Geldausgabewellen der HighTech-Offensive ist das seit zwei Jahren der neue Ansatz. Seit 2006 ist er mit 10 Millionen Euro fi nanzpolitisch unterlegt. Die Grundsatzprobleme, auf die wir von Anfang an hingewiesen haben, bleiben. Mit dem Instrument unterstützen Sie in erster Linie die Großunternehmen. Ein Mittelständler sagte letztes Jahr zu mir, ich solle denen in München erklären, dass es Blödsinn sei, die F- und EAbteilungen der Großfi rmen zu unterstützen, während der Mittelstand nichts von der Clusterpolitik habe.
Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass Ihr Ansatz eine grundlegende Schwäche hat, weil Sie zwar von „Stärken stärken“ sprechen, Ihnen aber die regionalpolitische Ausrichtung fehlt. Das möchte ich ausdrücklich feststellen.
Bei der Hightech-Offensive haben wir gesehen: Profi teure solcher Aktionen sind, zumindest in den ersten zehn Jahren, immer die kapitalstarken Räume. Mit Ihrem Ansatz, auch wenn er gut gemeint ist, kommen Sie nicht weiter. Das müssten Sie eigentlich eingestehen, zumal es Ihnen inzwischen auch der DGB vorgerechnet und bestätigt hat. Wenn Sie immer die Starken stärker machen, dann werden Sie – wenn auch ungewollt – die regionalen Disparitäten immer größer machen. Dagegen muss etwas getan werden.
Kolleginnen und Kollegen, die CSU hat das auch endlich eingesehen. In der Nachschubliste fi ndet sich, wenn auch etwas versteckt, der Hinweis, dass man die Cluster-Politik um eine regionale Säule ergänzen müsse. Wir sagen: Danke, jetzt gehen Sie in die richtige Richtung. Sie müssten dann aber auch zugeben, dass Ihr ursprünglicher Ansatz damit im Kern gescheitert ist, bevor die Sache überhaupt zum Laufen kam. Jetzt müssen Sie schon nachsteuern, hier tun Sie das zum Glück auch. Sonst sind Sie meist nicht in der Lage, einmal eingeschlagene, fehlleitende Pfade zu verlassen.
Herr Ach, über Organisieren reden wir hier nicht, sonst müssten wir auch über Ihren Ausschuss reden. Das wollen wir hier aber heute nicht tun.
Sehr geehrte Damen und Herren, dazu passt auch, dass die neue Zeile ein Leertitel ist. Sie sagen jetzt zwar, man kann auch den Kommunen, den Städten, Märkten und Gemeinden für die Cluster-Bildung Geld geben, doch sie legen keinen einzigen Cent drauf. Deshalb ist das auch wieder nichts anderes als Täuschung.
Herr Traublinger, zur regionalen Wirtschaftsförderung: Das ist ja alles schön und gut, doch die Wirklichkeit ist anders, als Sie sie in Ihrem eleganten Darüberhinwegre
den dargestellt haben. Wenn man die EU-Mittel nämlich wegnimmt, dann sehen wir, dass der Freistaat Bayern auch hier seine Mittel gekürzt hat. Der Freistaat kürzt die Mittel für die regionale Wirtschaftsförderung auf 75,7 Millionen Euro. Das ist zu wenig, dieser Betrag ist nicht genug, um die Herausforderungen in den strukturschwachen Räumen in Bayern auch nur im Ansatz zu meistern. Wir haben deshalb den Antrag gestellt, im regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm den Betrag um 10 Millionen Euro zu erhöhen. Man könnte sogar noch wesentlich mehr fordern. Wir haben 10 Millionen gefordert. Sie haben den Antrag jedoch abgelehnt, wie Sie auch den richtigen Antrag der SPD abgelehnt haben, beim Mittelstandskreditprogramm 5 Millionen draufzulegen.
Auch hierzu nenne ich die Zahlen: 2002 hat das Mittelstandskreditprogramm 40,9 Millionen Euro umfasst. Seit 2006 stehen wir jetzt bei 25 Millionen Euro. Was hat Ihr Vorgänger, Herr Wiesheu, uns damals im Ausschuss gesagt, Herr Staatsminister Huber? – Er hat bei der Beratung des letzten Haushalts gesagt: Wir wollen in der schlechten Phase nicht nur Mitnahmeeffekte generieren, wir warten, bis der Aufschwung kommt; dann werden wir, in den Aufschwung hinein, beim Mittelstandskreditprogramm investieren, wir werden dieses Programm dann aufstocken. Jetzt haben wir Gott sei Dank den Aufschwung, doch die Geschichte und die CSU strafen Herrn Wiesheu Lügen: Es bleibt bei den 25 Millionen Euro.
Herr Traublinger, die zwei Millionen Euro, die sind doch Augenauswischerei, die werden Ihnen doch hinten und vorn nicht reichen.
Rosstäuscherei betreiben Sie auch in der Verkehrspolitik; denn Sie wissen, dass die Mittel für die Personenbeförderung im Ausbildungsverkehr nicht reichen. Trotzdem setzen Sie diese so gering an, dass Sie sie aus Regionalisierungsmitteln auffüllen müssen. 40 Millionen Euro werden immerhin aus Regionalisierungsmitteln genommen. Diese Gelder missbrauchen Sie; denn es wäre die Aufgabe des Freistaats, den Ausbildungsverkehr sicherzustellen.
Fast schon tragisch wird es, wenn wir die erneuerbaren Energien ansehen. Im Jahr 2000 weist der Haushalt dafür 40 Millionen Euro auf. Im Haushalt 2007/2008 sind dafür 9,2 Millionen angesetzt. Das entspricht einer Absenkung auf ein Viertel. So also trotzt die CSU dem Klimawandel? – Herzlich willkommen in der Realität!
Die Mittel für den Schienenpersonennahverkehr im Ansatz 2007 sind das Herzstück des Haushalts. Dabei sind das Bundesmittel. Wir haben hier eine Streichung hinzunehmen, das wissen Sie alle, von 1,072 auf 1,005 Millionen Euro. Das heißt, es sind 67 Millionen Euro in diesem Jahr, und weitere 15 Millionen Euro werden 2008 gekürzt. Wir
haben den Antrag gestellt, die Kürzungen durch die Mehreinnahmen bei den Steuern auszugleichen. So hatte das der Ministerpräsident dieses Landes auch angekündigt. Doch auch diesen Antrag haben Sie abgelehnt. Ich habe schon einmal gesagt. Hier zeigt sich, was das Wort des Ministerpräsidenten in Bayern wert ist.
Nach wie vor geben Sie etwa 80 % für Bestellungen aus, und wir werden auch weiterhin nachfragen, wie Sie die Zweckbindung einhalten. Wir haben das in der Vergangenheit schon getan, und immerhin wissen wir jetzt, was Sie auf der hohen Kante haben.
Zum Ausbildungsverkehr kann ich nur eines sagen: Ich habe den Betrag von 40 Millionen genannt. Sie zweckentfremden die Gelder. Das Gleiche tun Sie für Planungskosten beim Transrapid; denn, Herr Pschierer, wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass es sich nicht um ein innerörtliches Verkehrsmittel handelt.
GVFG-Mittel sollen deshalb nicht zum Einsatz kommen. Wenn Sie dieses Projekt, entgegen aller Vernunft, doch in Angriff nehmen wollen, dann dürfen Sie keine Regionalisierungsmittel dafür verwenden.
Dann gibt es den Punkt „Streichung der ÖPNV-Investitionsmittel an die Kommunen“, es geht weiter um die privaten Verkehrsunternehmen und die Busförderung. Wenn Sie alles zusammennehmen, kürzen Sie in diesem Haushalt etwa 100 Millionen Euro bei einer Kürzung der Regionalisierungsmittel um 67 Millionen. Das heißt, Sie kürzen die Investitionsmittel noch mehr als die zur Begründung angeführten Regionalisierungsmittel des Bundes, wogegen wir gekämpft haben, anders als Sie. Der Landesverband der Omnibusunternehmer, nicht unbedingt eine Arbeitsgemeinschaft der SPD, sagt Ihnen, das führt zu einer rein rechnerischen Erhöhung der Tarife um 7,7 %. Was das in Bayern in der Fläche bedeutet, nachdem Sie durch die Zuweisungskürzungen um 37,5 Prozent 2004 schon manchen Bus gestrichen haben, muss ich Ihnen nicht erklären.
Aus diesem Überblick folgt: Sie legen einen Haushaltsentwurf vor, der nicht auf der Höhe der Zeit ist. Schlimmer aber - Sie begehen den historischen Fehler, die Investitionsquote abzusenken. Wir sagen, wir brauchen 15 %. Das sagt auch Herr Faltlhauser. Doch Sie machen das Gegenteil. Seit Herr Stoiber Ministerpräsident ist, hat sich die Investitionsquote halbiert auf 12,85 %. Die Landeshauptstadt hat hierzu im Vergleich eine Investitionsquote von 17,2 %.
Herr Ach, die Investitionsquote sinkt im Jahr 2008 auf 11,75 %, Sie sollten deshalb etwas ernsthafter bei der Sache sein. Unter Herrn Stoiber hat sich die Investitionsquote trotz der 7 Milliarden Euro aus den Privatisierungserlösen halbiert. Das ist ein Armutszeugnis!
Trotz der erkennbaren Auswirkungen ändern Sie Ihr Handeln nicht. Draußen liegen die aktuellen Zahlen druckfrisch aus – vielen Dank, Herr Staatsminister Huber –, und die konjunkturellen Daten zeigen die Entwicklung im ersten Halbjahr 2006. In diesem Zeitraum ist das Wirtschaftswachstum in Bayern nicht überdurchschnittlich, verehrter Herr Kollege Traublinger. Mit 2,1 % liegen die Zahlen exakt im Bundesdurchschnitt der alten Länder, sie liegen sogar hinter manchem neuen Bundesland. Der Freistaat liegt auf Platz 5, und das bedeutet, der Freistaat ist wirtschaftspolitisch gesehen Mittelmaß.
Das sind die Zahlen, die der Minister in seiner Broschüre heute vorlegt. Nachdem Sie die Zahlen nicht lesen wollten, musste ich sie eben vortragen.
Wir haben eine andere Politik vorgeschlagen und konkrete Vorschläge für Investitionen gemacht. 220 Millionen Euro sind – das wissen Sie, Herr Staatssekretär Meyer –, richtig fi nanziert. Es wurde hier etwas Falsches behauptet, wir fordern keinen einzigen Euro Neuverschuldung. Sie kennen den Gegenvorschlag, den wir gemacht haben. Herr Kollege Dupper wird ihn morgen vorstellen. Es geht um 220 Millionen Euro, die Sie nicht investieren, nicht in den Wohnungsbau fl ießen lassen, nicht in den Straßenbau, nicht in den öffentlichen Personennahverkehr, nicht in die Sportstätten, nicht in den Mittelstand, nicht in die Breitbandversorgung im ländlichen Raum, nicht in die Erhöhung der Mittel für den Hochwasserschutz, nicht in die regenerativen Energien, nicht in die Kläranlagen, nicht in die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude, nicht in die Schulhaussanierung, nicht in die maroden Universitätsbauten. All das könnten Sie mit uns zusammen tun. Ohne neue Kreditaufnahme würden Sie dann die Investitionsquote um 0,6 % steigern.
Das ist zwar nicht sehr viel, aber es wäre ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung. Das wäre eine Politik für mehr Arbeits- und für mehr Ausbildungsplätze, das wäre eine Politik für mehr Wachstum in Bayern. Ich fordere Sie deshalb heute noch einmal auf, gerade bei der Investitionsförderung umzudenken. Dazu gehört auch der Länderfi nanzausgleich. Wir haben gestern konkrete Vorschläge gemacht, die allein eine Erhöhung der Investitionsquote in Bayern um 1,5 % bewirken würden. Ich fordere Sie auf, mit uns an einem Strang zu ziehen; denn so wird dieser Haushalt den wirtschaftspolitischen Möglichkeiten dieses schönen Landes nicht gerecht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Beyer aufzugreifen: Dies hier ist ein kleiner
Haushalt. Zum großen Teil sind die Mittel, wie wir alle wissen, durchlaufende Mittel. Trotzdem widerspreche ich Ihnen, Herr Kollege Dr. Beyer. Wir sagen, das ist ein wichtiger Haushalt, ein wichtiges Ressort.