Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

zu wollen, die ökologisch wirtschaftende Bauern gegen konventionell wirtschaftende Bauern ausspielt.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Um das geht es doch gar nicht!)

Das ist eine Politik, die ich nicht mittrage. Lassen Sie uns konsequent die Lebensmittelsicherheit weiter ausbauen und lassen Sie uns auch noch mehr tun: Lassen Sie uns deutlich machen, dass wir auf Frische setzen und auf Regionalität. Entscheidend ist, dass die Lebensmittel, wann immer möglich aus der Region kommen, kurze Wege haben und von heimischen Bauern erzeugt werden und nicht von irgendwoher eingeführt werden.

(Bravo-Rufe und Beifall bei der CSU)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, wenn wir die ökologische Ideologie der vergangenen Jahre, wie sie uns sieben Jahre lang aus Berlin entgegengeschallt ist, beiseite lassen und uns auf das konzentrieren, was nachhaltiges Wirtschaftswachstum bedeutet und nachhaltige Entwicklung sowie modernes Ökomanagement, dann kann sich der Freistaat Bayern in der ersten Liga in Deutschland und Europa mehr als sehen lassen. Wir setzen dann mit diesem Einzelplan einen weiteren Akzent, dass unsere Politik wirtschaftlich und fi nanziell solide untermauert ist.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Haushaltsplanes 2007/2008, Einzelplan 12, die Änderungsanträge auf Drucksachen 15/6867 mit 15/6871, 15/6886 mit 15/6891, 15/6925 und 15/6926 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 15/7044 zugrunde.

Der Einzelplan 12 wird vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen mit den in der Beschlussempfehlung Drucksache 15/7044 genannten Änderungen zur Annahme empfohlen. Wer dem Einzelplan 12 mit den vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – SPD-Fraktion und Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Einzelplan 12 mit den vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen angenommen.

Gemäß § 126 Absatz 6 der Geschäftsordnung gelten zugleich die vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge als abgelehnt. Eine Liste dieser Änderungsanträge liegt Ihnen vor.

(siehe Anlage 2)

Außerdem schlägt der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen noch folgende Beschlussfassung vor:

Das Staatsministerium für Finanzen wird ermächtigt, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über die Verpfl ichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdruck des Einzelplanes vorzunehmen.

Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU-Fraktion und SPD-Fraktion. Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN so beschlossen.

Unter Bezugnahme auf die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen Drucksache 15/7044 weise ich darauf hin, dass die Änderungsanträge auf Drucksachen 15/6925 und 15/6926 ihre Erledigung gefunden haben. Das Hohe Haus nimmt hiervon zustimmend Kenntnis.

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Beratung des Einzelplans 12 abgeschlossen. Wir können jetzt etwas früher in die Mittagspause gehen. Das bedeutet aber, dass wir uns um 12.30 Uhr hier wieder treffen. Wir haben eine halbe Stunde Mittagspause.

(Unterbrechung von 11.59 bis 12.30 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir nehmen die Sitzung wieder auf.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Haushaltsplan 2007/2008; Einzelplan 10 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen

hierzu:

Änderungsanträge von Abgeordneten der SPD-Fraktion (Drsn. 15/6649 mit 15/6660 und 15/6679), Änderungsanträge der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN (Drsn. 15/6712 mit 15/6722), Änderungsanträge von Abgeordneten der CSU-Fraktion (Drs. 15/6741 mit 15/6744)

Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von 1 Stunde und 36 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 32 Minuten, auf die SPD-Fraktion 17 Minuten und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 15 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Sie kann deshalb bis zu 32 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert.

Bevor ich die Aussprache eröffne, mache ich darauf aufmerksam, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Einzelabstimmung in namentlicher Form für ihre Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/6714 und 15/6719 – Nummern 16 und 21 der aufgelegten Liste –

(siehe Anlage 5)

beantragt hat. Frau Geschäftsführerin, darf ich kurz fragen, ist für beide Anträge je eine Abstimmung beantragt, also zwei Abstimmungen?

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Zwei namentliche Abstimmungen!)

Dann bitte ich, das so bekannt zu geben.

Nun eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Herr Kollege Unterländer, München.

(Zuruf von der SPD: Europa!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass die Präsenz des Hohen Hauses nichts mit dem Stellenwert der Sozialpolitik zu tun hat,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): So sieht es aus!)

sondern mit der gerade erst zu Ende gegangenen Mittagspause.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir, die Aussprache zum Einzelplan 10 zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen zur Sozialpolitik zu nutzen. Im Entwurf des Sozialhaushalts, also des Einzelplans 10, für die Jahre 2007 und 2008 drückt sich eine zentrale Botschaft aus: Das soziale Bayern hat Zukunft.

In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, immer wieder darauf hinzuweisen, dass der Sozialstaat an sich keine unzeitgemäße Konstruktion ist, sondern dazu dient, die Solidarität mit den Schwächeren in dieser Gesellschaft herzustellen und dort, wo der Einzelne zur Selbsthilfe nicht in der Lage ist, Unterstützung zu leisten. Das Sozialstaatsprinzip in Bayern hat in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass unser Staat als solcher von einem großen Teil der Gesellschaft akzeptiert wird und dass das Gemeinwesen stabil geblieben ist. Deshalb ist all denjenigen eine Absage zu erteilen, die das bayerische Sozialstaatsmodell ablehnen und als Ursache für wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Fehlentwicklungen sehen.

Aufgrund gesellschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Veränderungen und wegen der Frage der Passgenauigkeit der einzelnen sozialpolitischen Maßnahmen ist es aber notwendig, eine Weiterentwicklung vorzunehmen. Erforderlich ist hierzu auch, dass zwischen bayerischer Sozialpolitik und wirtschaftlicher Entwicklung immer wieder ein Zusammenhang hergestellt wird. Gestaltungsmöglichkeiten der Sozialpolitik sind abhängig von Steu

ereinnahmen und Beitragsleistungen. Diese wiederum stehen in einem engen Zusammenhang mit positiver wirtschaftlicher Entwicklung. Nur wer hier einen Zusammenhang herstellt – das möchte ich ausdrücklich feststellen –, kann glaubwürdige und zukunftsorientierte Sozialpolitik betreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch im Freistaat Bayern erleben wir gesellschaftliche Herausforderungen, die durch eine präventive, aktivierende und fördernde Sozialpolitik eine Antwort fi nden werden.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Haben Sie das auch schon bemerkt?)

Vor Ihnen, Herr Kollege Wahnschaffe.

Trotz der hervorragenden und somit auch erfreulichen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und beim wirtschaftlichen Wachstum, wo der Freistaat Bayern eine Ausnahmerolle spielt, muss uns zu denken geben, dass rund 10 % aller Schulabgänger ohne Schulabschluss sind und geringer Qualifi zierte auf dem Arbeitsmarkt trotz der Reformen weiterhin Probleme haben, eine Zukunftsperspektive zu fi nden. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang die bestmögliche Förderung von Kindern und Jugendlichen zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Dies bedeutet, dass die frühkindliche Erziehung und Bildung weiter ausgebaut werden muss, um auch das Vorkommen von Gewalt in Familien und Schulen eindämmen zu können.

Auch die Verbesserung der Situation von Familien und Alleinerziehenden und deren Kindern ist eines der großen sozial- und gesellschaftspolitischen Anliegen. Das Auseinanderdriften von ärmeren und reicheren Bevölkerungsschichten, das sich in Bayern aufgrund der guten wirtschaftlichen Situation nicht so stark fi ndet wie in anderen Gebieten der Bundesrepublik, verbunden mit der Tatsache, dass immer mehr Menschen aus Verschuldung und Transferleistungen nicht mehr herauskommen, muss für uns alle den politischen Handlungsbedarf erkennbar machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine besondere politische Herausforderung wird in der Behindertenpolitik die Zunahme der Zahl derjenigen Menschen mit Behinderung sein, die das 60. und 65. Lebensjahr überschritten haben. In den nächsten Jahren wird mit einer Steigerung um 25 % bis 40 % zu rechnen sein. Behindertenpolitische Konzepte zu deren Betreuung müssen in der politischen Wahrnehmung realisiert und umgesetzt werden.

Das Bedürfnis von 80 % bis 90 % der älteren Menschen, auch im Pfl egefall in der vertrauten Wohnumgebung zu bleiben, stellt uns vor eine politische Querschnittsaufgabe. Wir müssen diese Entwicklung verbunden mit dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ in der Pfl ege aktiv begleiten. Ein Thema, das über die sozialpolitischen Fragestellungen hinausgeht, ist die Frage, ob die soziale Infrastruktur im ländlichen Raum auch in Zukunft aufrechterhalten werden kann. Wir müssen die Diskussion, die das Hohe Haus seit Jahren in der Schulpolitik führt, auch in der Sozial-, Familien- und Gesundheitspolitik führen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die beabsichtigte Gesundheitsreform, festgelegt im Entwurf eines Wettbewerbsstärkungsgesetzes für die gesetzliche Krankenversicherung, ist so angelegt, dass es gerade für einen Flächenstaat wie den Freistaat Bayern zu erheblichen Problemen kommt. Schließlich fehlt es manchmal an der Zielgenauigkeit der Eingliederungshilfe oder Pfl ege gerade deswegen, weil Kosten- und Abgrenzungs- sowie Verlagerungsprobleme zwischen Pfl egekassen, Krankenkassen, Sozialversicherungsträgern und den örtlichen und überörtlichen Kostenträgern der öffentlichen Hand eine optimale und zielgenaue Förderung verhindern.

(Zuruf der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

Ich komme noch darauf zu sprechen. Seien Sie nicht so ungeduldig, Frau Kollegin Ackermann.

Die Konsequenzen aus diesen Problemstellungen fi nden sich im Entwurf des Doppelhaushalts 2007/2008 der Bayerischen Staatsregierung ebenso wieder wie in Ergänzungsanträgen der CSU-Landtagsfraktion. Aus unserer Sicht lassen sich die Handlungsoptionen und die notwendigen Maßnahmen in zehn Punkten zusammenfassen.

Erstens. Die frühe Förderung von Kindern und Jugendlichen hat absolute Priorität. Der quantitative und qualitative Ausbau der Kinderbetreuung ist dabei unser zentrales Anliegen. Wir müssen vor allen Dingen im Zusammenhang mit dem Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz und darüber hinaus, was die Stärkung und Begleitung der Eltern im Erziehungsprozess anbelangt, klare Signale für die Zukunft setzen, und das tun wir auch. Die weitergehende Sprachförderung unserer Kinder in den Kindertagesstätten, die Vernetzung von Kindergarten und Grundschule, die konsequente Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans, entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung der Erzieherinnen, die Stärkung des Netzes der Eltern- und Familienbildung für alle Eltern und das Aufrechterhalten eines vielfältigen sozialen Netzes in der frühkindlichen Förderung sind dabei unsere Schwerpunkte. Hier ist der Freistaat Bayern in einer absoluten Vorreiterrolle in der gesamten Bundesrepublik.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das soziale Bayern wird immer stärker!)

Zweitens: Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik müssen ebenso wie die Bildungspolitik im Freistaat Bayern darauf ausgerichtet sein, auch denjenigen eine Perspektive zu geben, denen droht, die Schule ohne qualifi zierten Abschluss verlassen zu müssen. Gleiches gilt für Fördermaßnahmen für Beschäftigungslose mit geringerer Qualifi kation. Die vorhandenen Förderprogramme sind hierfür die angemessene Basis.