Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Genau genommen wird der Untersuchungsausschuss durch diese Erweiterung des Auftrags geadelt. Bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses hat der Fraktionsvorsitzende der CSU noch vom überfl üssigsten Untersuchungsausschuss, den es je im Landtag gab, gesprochen. Im Zusammenhang mit den Vorfällen bei Bruner in München hat er gesagt: Die Hintergründe und die Fehler wird der Untersuchungsausschuss aufklären.
Ich glaube, wir alle wären froh gewesen, wenn es der jetzigen Erweiterung nicht bedurft hätte. Leider brauchen wir diese Erweiterung, weil die Staatsregierung aus den Vorfällen des Jahres 2005 offensichtlich nichts oder nur wenig gelernt hat. Ich möchte nur an ein Beispiel erinnern: Uns wurden im Herbst und im Dezember 2005 große Razzien vorgeführt, bei denen der Minister selbst vor Ort war. Wir haben aber in den Akten gesehen, wie diese Razzien tatsächlich durchgeführt wurden. Sie haben nicht einmal den Namen „Razzia“ verdient. So hat ein Veterinär einmal die Bücher kontrolliert, ob die betreffende Firma Kontakte zur „Deggendorfer Frost“ hatte. Das war es. Das war keine Razzia. Hier wurde sehr lax vorgegangen.
Bei der Arbeit des Untersuchungsausschusses ist ein Punkt aufgetaucht, den Herr Kollege Müller bereits angesprochen hat: Wir haben gigantische Strafbarkeitslücken,
weil eine EU-Verordnung, die im Jahr 2002 erlassen wurde, erst im Jahr 2006 in nationales Recht umgesetzt wurde.
Ich habe das bewusst gesagt. Wir waren zu dieser Zeit beide verantwortlich. Übrigens soll es dieses Problem bei der neuen EU-Hygieneverordnung genauso geben. In dieser Zeit wart ihr allein an der Regierung. Wir werden sehen, wie lange es in diesem Fall bis zur Umsetzung dauert.
Das hat die Konsequenz, dass weder die Veterinäre, die nicht ganz unbescholten sind, noch die Unternehmer nach dem Lebensmittelrecht belangt werden konnten. Die Unternehmer sind wegen Betrugs verurteilt worden. Allein das wirft ein eindeutiges Licht auf die Gegebenheiten.
Lassen Sie mich noch einen Punkt ausführen, bei dem wir überhaupt nicht weitergekommen sind, und zwar trotz klarer Bekenntnisse und trotz klarer Erkenntnisse; das Schlimme daran ist, dass dieser Umstand deutlich macht, wer die Macht in diesem Lande hat: Minister Schnappauf hat mit unserer vollen Unterstützung – ich denke, das geht über alle Fraktionsgrenzen hinweg – gefordert, dass zum Beispiel K-3-Material zur vereinfachten Verfolgbarkeit mit Lebensmittelfarbe gekennzeichnet werden muss. Das wurde von der Fleischindustrie – mir liegt das Wort Fleischmafi a auf der Zunge; sage es aber nicht – abgelehnt, und zwar aus dem einfachen Grund, damit sie mit dem K-3-Material weiterhin machen kann, was sie will. Sie will sich in keiner Weise einschränken lassen.
Wenn ich es richtig sehe, lässt sich die Politik das gefallen und gibt in diesen Punkten nach. Also gibt es keine genauen Kontrollen, sondern weiter möglichst viel Freiräume, damit diejenigen, die Lumpereien machen wollen, das auch weiterhin können. Ich denke, wir können das nicht dulden. Ich bin guter Hoffnung, dass der Untersuchungsausschuss auch nach der Erweiterung seines Auftrags weiter Fehler aufdeckt, aus denen wir – nur so macht es Sinn – die entsprechenden Konsequenzen ziehen, um diese Fehler abzustellen, die Kontrollen zu verbessern und die Lebensmittelsicherheit zu erhöhen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Vorredner hatten wohl keine Zeit, zum eigentlichen Tages
ordnungspunkt etwas zu sagen. Es geht um die Erweiterung des Fragenkatalogs für den bestehenden Untersuchungsausschuss „Wildfl eisch und Verbraucherschutz“. Es war schon bei der Erörterung des ersten Fragenkatalogs seinerzeit so, dass Herr Kollege Müller eine allgemein politische Rede zum Verbraucherschutz gehalten hat, ohne auf den Fragenkatalog einzugehen.
Dem jetzigen Erweiterungsantrag liegt Folgendes zugrunde: Im Sommer 2006 wurden weitere Funde von Fleisch, bei dem das Haltbarkeitsdatum abgelaufen war, bekannt. Nach diesen Fällen haben sowohl die SPDFraktion als auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen länglichen Fragenkatalog entwickelt. Diesen Fragenkatalog haben wir interfraktionell besprochen und seitens der CSU-Fraktion – ich betone das in diesem Zusammenhang ausdrücklich – auf die rechtliche Zulässigkeit nach dem Untersuchungsausschussgesetz bzw. der einschlägigen Rechtsprechung hin überprüft.
Dabei ist – auch das sei einmal gesagt – der „Schuss ins Blaue“ unzulässig, wie wir hoffentlich alle mittlerweile wissen. Es müssen also zumindest tatsächliche Anhaltspunkte für gewisse Sachverhalte gegeben sein, damit Fragen im Sinne derartiger Fragenkomplexe zulässig sind. Demgemäß haben wir in dem ursprünglich vorgelegten Fragenkatalog entsprechende Bereinigungen vorgenommen, wie zum Beispiel die Streichung dieser üblichen allgemeinen Formulierungen wie „Fragen nach anderen bayerischen Firmen“. Ein weiteres Beispiel ist ein ganzer Fragenkomplex zu einer Kontrollsituation auf der Bundesautobahn, der im ursprünglichen Entwurf des Fragenkatalogs vorhanden war, aber einvernehmlich gestrichen worden ist.
Darüber hinaus mussten wir auch bei diesem Fragenkatalog die zeitliche Rückwirkung der einzelnen Fragen prüfen und weiterhin prüfen, ob tatsächlich für den jeweiligen Zeitraum Anhaltspunkte vorhanden sind, die es rechtfertigen, derartige Fragen in einem Untersuchungsausschuss zu stellen. Für Medienvertreter ist es vielleicht von Interesse, dass auch sie hierauf nicht unerheblichen Einfl uss haben. Wenn in einzelnen Medien gewisse Behauptungen aufgestellt werden, kann das einen genügenden Anhaltspunkt für zulässige Fragen in einem Untersuchungsausschuss geben. Von daher kommt auch hier der vierten Gewalt – wie wir sie mittlerweile nennen -, den Medien, eine hohe Verantwortung bei ihrer Berichterstattung über derartige Fälle zu.
Des Weiteren haben wir die üblichen Unterstellungen, die man sich offensichtlich nicht ersparen kann sowie vorweggenommene Wertungen oder vorweggenommene Urteile gestrichen und haben im Ergebnis – ich darf das so sagen – ziemlich schnell ein Einvernehmen über den nunmehr vorliegenden ergänzenden Fragenkatalog von insgesamt 31 Fragen erzielt. Wir halten diesen Fragenkatalog für zulässig und stimmen ihm daher zu. Im Wesentlichen betrifft der Fragenkatalog die beiden Fälle Bruner und Reiß; so ist der Name der beiden Firmen, in denen entsprechende Vorkommnisse Mitte des letzten Jahres aufgetreten sein sollen.
Ich will es mir verkneifen, in der Breite auf die Äußerungen des Kollegen Müller oder des Kollegen Sprinkart
zu antworten, die hier bereits vermeintliche kleine Zwischenberichte oder populistische Anmerkungen zu noch nicht vorhandenen Zwischenberichten des derzeitigen Untersuchungsausschusses abgegeben haben. Es ist auch bezeichnend, wenn Sie zu einem Zeitpunkt – ohne es als Frage zu stellen –, zu dem der Untersuchungsausschuss seine Arbeit noch gar nicht abgeschlossen hat und es noch keinen Endbericht gibt, einfach in den Raum stellen, staatliche Stellen seien ihren Aufgaben nicht gerecht geworden, hätten Fehler begangen und und und. Ich denke, derartige Äußerungen sollten einem Endbericht vorbehalten bleiben.
Eines kann ich von unserer Seite wiederholen, weil es kritisch angesprochen wurde – der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses hat es mir eben im persönlichen Gespräch bestätigt –: Nach allem, was wir bisher wissen, und nach allem, was sich bisher im Untersuchungsausschuss zugetragen hat, scheint dieser Untersuchungsausschuss im Ergebnis tatsächlich der überfl üssigste zu sein, den dieses Parlament jemals eingesetzt hat. Gleichwohl stimmen wir den Fragen zu, weil sie zulässig sind.
Damit ist die Rednerliste abgeschlossen. Herr Kollege Müller, Sie haben noch zehn Sekunden – nein, Sie sind schon im Minus.
Ich darf mich trotzdem bemühen, die Zwischenbemerkung kurz zu machen. Herr Kollege König, zu Ihrer letzten Bemerkung, was die Bedeutung des Untersuchungsausschusses angeht: Dazu wurde schon vorhin von Herrn Sprinkart einiges gesagt, was Ihre Reihen bezüglich der Bewertung dieses Ausschusses betrifft und ich nicht zu wiederholen brauche.
Ich wollte folgende Frage stellen: Wie beurteilen Sie den Umstand, dass bei den Sitzungen des Untersuchungsausschusses alle wichtigen Ministerien mit einem akkreditieren Vertreter an jeder Sitzung teilnehmen – es handelt sich um vier oder fünf Vertreter der verschiedenen Ministerien –, aber gleichzeitig – am Anfang ist mir das gar nicht aufgefallen – in den Reihen der Zuschauer fünf, sechs oder sieben Personen sitzen, die immer eifrig mitschreiben. Ich habe dann das letzte Mal gefragt: Wer ist denn das eigentlich? Dann habe ich zur Antwort bekommen, das seien weitere Vertreter des Umweltministeriums. Fünf oder sechs Personen sitzen dort, schreiben mit, obwohl es ein Protokoll gibt. Ich muss Ihnen sagen: Wer Planstellen bei der Lebensmittelkontrolle abgebaut hat und zulässt, dass die betreffenden Mitarbeiter im Ausschuss sitzen, zeigt zum Ersten, dass er sein Geschäft nicht kennt, und zum Zweiten, dass er die Sache offensichtlich sehr wichtig nimmt und die akkreditierten Vertreter des Ministeriums oder der Staatskanzlei für nicht ausreichend hält. Das sollte Ihnen genügen.
Herr Kollege Müller, da haben wir es wieder einmal: Ihnen kann man es nicht recht machen. Ist keiner von der Staatsregierung da, beschweren Sie sich und beklagen Sie sich, sie kümmerten sich nicht, sie säßen nur im Ministerium rum, es sei keiner da, der eine Auskunft geben könne. Sind zwei da, sind Ihnen zwei zuviel oder zuwenig. Sind drei da, sind Ihnen in jedem Fall drei zuviel. Es zeigt nur, Herr Müller: Man kann es Ihnen nicht recht machen. Sie sollten anerkennen, dass der Ausschuss zumindest seitens des Ministeriums so wichtig genommen wird, dass den Ausführungen dort im Detail gefolgt wird, man sich mit diesen Ausführungen auseinandersetzt und, soweit daraus Schlüsse zu ziehen sind, diese Schlüsse zieht. Wenn Sie das kritisieren, dann stellen Sie sich mit Ihrem Ausschuss selber in Frage.
Wir stimmen jetzt ab, nämlich über die Erweiterung des Untersuchungsauftrags – um die geht es nämlich heute. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfi ehlt auf Drucksache 15/7300 die unveränderte Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Gegenstimmen? – Auch keine. Dann ist dem Antrag zugestimmt worden.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, HansUlrich Pfaffmann, Karin Pranghofer u. a. u. Frakt. (SPD) Nachtragshaushalt für den Ausbau der Ganztagshauptschulen vorlegen (Drs. 15/7388)
Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bekenntnis zu zügigem fl ächendeckenden Ausbau von Ganztagshauptschulen in einem Nachtragshaushalt verbindlich festschreiben (Drs. 15/7395)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Auch hier haben wir probeweise eine neue Redezeitregelung: pro Fraktion 30 Minuten.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich vorausschicken, dass wir die neue Strategie der CSU und der Staatsregierung, Ganztagsschulen als
Wir können gemeinsam daran arbeiten, dass Ganztagsschulen fl ächendeckend ausgebaut werden. Dazu gehört aber auch eine gewisse Ehrlichkeit, weshalb ich einen Blick in die Historie werfe. Von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, sind wir es nämlich gewöhnt, dass Sie sich jahrelang weigern, ein politisches Thema aufzugreifen, doch irgendwann kommen Sie dann drauf, und dann behaupten Sie, Sie hätten das Thema erfunden.
Deshalb will ich an dieser Stelle einen kleinen Rückblick auf die letzten zwei Jahre wagen. In den vergangenen zwei Jahren haben wir nahezu 20 Anträge mit dem Inhalt beraten, mehr Ganztagsschulen an Bayerns Schulen zu installieren. Sie haben alle 20 Anträge abgelehnt.
Wir haben bei jeder Haushaltsdebatte, ob das der Doppelhaushalt war oder der Nachtragshaushalt, Geld beantragt, um die fl ächendeckende Einführung von Ganztagsschulen zu realisieren. Sie aber haben konsequent jeden dieser Anträge abgelehnt.
An dieser Stelle darf ich auch darauf hinweisen, dass der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband vor 17 Jahren – das war im Januar 1990 – erstmals mehr Ganztagsschulen gefordert hat. Bereits vor 17 Jahren, das muss man sich vorstellen, hat der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband Ganztagshauptschulen für sinnvoll erklärt. Deshalb ist es wohl mehr als berechtigt, wenn man heute, im Jahr 2007 sagt: Guten Morgen, liebe CSU! Guten Morgen, Sie haben nach 17 Jahren endlich die Wichtigkeit dieser Schulform erkannt.
Sie versuchen in den letzten Wochen und Monaten sich als die Retter der Hauptschule zu präsentieren. Mit diesem Bild darf ich aufräumen. Im letzten Jahr haben sie die Mittel für unsere Hauptschulen dramatisch gekürzt. Dramatisch! Ich darf Ihnen das noch einmal vor Augen führen: Im Nachtragshaushalt 2006 haben Sie bei den Volksschulen 422 Stellen gestrichen. Im Doppelhaushalt 2007/2008 haben Sie 1660 Stellen bei den Hauptschulen gestrichen. 1660 Stellen!