Protokoll der Sitzung vom 17.04.2007

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, einen Augenblick. – Liebe Kolleginnen und Kollegen bei der Regierungsbank, ich habe die große Bitte, dass Sie den parlamentarischen Ablauf nicht stören. Draußen gibt es genug Platz. – Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Diese Bereiche der Gesundheitspolitik betreffen wie kaum ein anderer Sektor die Landespolitik. Wie ebenfalls kaum ein anderer Bereich ist der Gesundheitssektor von kompetenten Akteuren gekennzeichnet, die in der gegenwärtigen Zusammensetzung des Landesgesundheitsrats und dem zugrunde liegenden Gesetz nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Der Landesgesundheitsrat ist für den Landtag und die Staatsregierung ein geeignetes Gremium für fachliche Anregungen und ein Forum. Die fehlende Abbildung der gesundheitspolitischen Realität in der Zusammensetzung und eine unklare Aufgabenbeschreibung, was der Landesgesundheitsrat tatsächlich zu tun hat, haben in der Vergangenheit, gerade in den letzten Jahren, dazu geführt, dass seine Arbeit und insbesondere die Arbeitsergebnisse unzureichend wahrgenommen worden sind. Das hat letztlich dazu geführt, dass die Präsenz, gerade der parlamentarischen Vertreter, immer mehr abgenommen hat.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang feststellen, dass zur Abbildung der gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Realität möglicherweise das Verhältnis von Parlamentariern zu Akteuren des Gesundheitswesens im Landesgesundheitsrat noch stärker zugunsten der Fachleute korrigiert werden muss. Wenn wir akzeptieren und anerkennen, dass der Landesgesundheitsrat ein Beratungsgremium ist und nicht das gleiche Schicksal wie beispielsweise der Bayerische Senat erleiden soll, das irgendwann vollständig ersatzlos abgeschafft wird, wie es vor dem Hintergrund der von mir geschilderten Entwicklung die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN gefordert hat, sind im Hinblick auf die Aufgabenbeschreibung und die Zusammensetzung Konsequenzen zu ziehen.

Den drei im Bayerischen Landtag vertretenen Fraktionen ist es fraktionsübergreifend gelungen, diesen Gesetzentwurf einzubringen, der zum einen vorsieht, in Artikel 1 die Zuständigkeits- und Aufgabenbeschreibung des Landesgesundheitsrates weiterzuentwickeln. Konkret soll auf die Landespolitik abgehoben werden.

Des Weiteren soll die Zusammensetzung zulasten der parlamentarischen Vertreter verändert werden. Dafür sollen Vertreter anderer Bereiche, die bisher de facto ausgeblendet waren, zum Beispiel Heilpraktiker, die Selbsthilfe, Patientenvertretungen, Gesundheitsberufe sowie der öffentliche Gesundheitsdienst, in stärkerem Maße einbezogen werden.

Was den Vollzug dieser Änderungen anbelangt, die wir auf dem Verhandlungswege gemeinsam beraten haben, werden wir sicherlich in der Ausschussberatung noch diskutieren. Es ist notwendig festzustellen: Die Arbeit des

Landesgesundheitsrates hat nur dann Sinn, wenn wir sie konkret definieren und umschreiben. Sie hat nur dann Sinn, wenn wir die Zusammensetzung des Gremiums dem Gesundheitswesen im Freistaat Bayern anpassen. Dies ist die Grundlage dieses Gesetzentwurfs.

Ich bin recht zuversichtlich, nachdem sich alle drei Fraktionen mit ihren Vorstellungen in dem Gesetzentwurf wiederfinden, dass wir zu guten Beratungen mit der entsprechenden Änderung des Gesetzes zum Landesgesundheitsrat kommen werden.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Wahnschaffe. – Entschuldigung. Bei mir steht Kollege Wahnschaffe. Frau Kollegin Sonnenholzner, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mit seltener Einmütigkeit haben die drei Fraktionen in diesem Haus ein gewisses Unwohlsein mit der derzeitigen Struktur und Arbeitsweise des Landesgesundheitsrates geäußert und festgestellt, dass seine Abschaffung nicht die richtige Lösung wäre, sondern eine Wiederbelebung sowohl inhaltlich als auch bei der Zusammensetzung dieses Gremiums angestrebt werden soll. Das ist die Grundlage dieses Gesetzentwurfs. Wesentlicher Bestandteile hat Kollege Unterländer schon berichtet; das muss ich nicht wiederholen.

Interessant ist, dass wir als Parlamentarier uns mit einer Reduzierung der Abgeordnetenzahl in dem Gremium selbst kasteien zugunsten der Vertreter der Gesundheitsberufe bzw. der Verbände, die bislang noch nicht im Landesgesundheitsrat vertreten waren, die aber im 21. Jahrhundert zumindest eine entscheidende Rolle im Gesundheitswesen spielen. Diese Vertreter aus dem Gesundheitswesen sollen künftig bei den Beratungsleistungen des Landesgesundheitsrates für die Staatsregierung und den Bayerischen Landtag mitwirken.

Ich bin sicher, dass durch diese Erweiterung um die schon genannten Mitglieder die Diskussion zwar nicht an jeder Stelle einfacher werden wird, sie wird mit Sicherheit aber lebendiger werden. Es wird uns sicherlich gelingen, dann tatsächlich das zu schaffen, was wichtig ist, nämlich eine Entscheidungsfindung über Themen, die die Gesundheit in Bayern betreffen. Es ist ein für mich wichtiger Gesichtspunkt, uns nicht mit dem zu beschäftigen, was in der Bundespolitik passiert, sondern wir müssen uns originär mit dem beschäftigen, was es in Bayern an Handlungsspielräumen und Notwendigkeiten im gesundheitspolitischen Bereich gibt.

Ganz besonders wichtig war mir, dass der öffentliche Gesundheitsdienst nicht mehr wie bisher durch einen Landrat, sondern durch den Verband der dort tätigen Mediziner vertreten wird. Das ist ein breiter Sektor, wo es wieder zusätzliche Aufgaben geben wird, wie zum Beispiel beim Thema Vernachlässigung von Kindern. Aus diesem Grund ist es, wie gesagt, wichtig, den öffentlichen Gesundheitsdienst einzubinden, was nicht be

deutet, dass die anderen von Herrn Unterländer schon genannten Gruppen, die jetzt neu hinzukommen, unsere Wertschätzung nicht ebenso haben.

Es gibt viel zu tun. Wir haben es mit großen Problemen – ich nenne nur die Drogensucht, den Alkoholmissbrauch, das Stichwort: Flatrate-Saufen – zu tun. Auch das sind Themen, mit denen sich dieser Landesgesundheitsrat sinnvollerweise beschäftigen muss. Ebenso steht das Thema Impfungen auf der Agenda. Es gibt also, wie gesagt, viel zu tun und ich hoffe deshalb, dass wir es schaffen, den Gesetzentwurf zum 01.07.2007 in Kraft treten zu lassen, wie es in dem Entwurf auf Drucksache 15/7870 vorgesehen ist. Dann kann der Landesgesundheitsrat nach der Sommerpause in neuer Zusammensetzung frisch und mit großem Elan seine Arbeit aufnehmen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Rütting.

Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sie sehen mich guter Hoffnung. Das hat nichts mit Ihrem Buch zu tun, Herr Prof. Gantzer,

(Heiterkeit)

sondern damit, dass ich glaube, dass ich nach vier Jahren Zugehörigkeit zu diesem Parlament endlich in meinem Bemühen Erfolg haben werde, einen meiner Anträge durchzubringen. Bisher wurden alle meine Anträge vor allem von den Damen und Herren der CSU stets abgelehnt. Es sieht nun also ganz hoffnungsvoll aus.

Der Landesgesundheitsrat wurde 1953 gegründet mit dem Ziel, die Abgeordneten in gesundheitspolitischen Fragen zu beraten. Das mag damals in Ordnung gewesen sein, aber inzwischen sind 50 Jahre vergangen, und ich habe schon vor vier Jahren bemängelt, dass die Patientenvertreter, die Naturheilpraktiker und auch die Psychotherapeuten fehlen. Das wurde damals allgemein anerkannt, aber es hat sich nichts getan. Der Rat war fast nie beschlussfähig. So waren im vergangenen September von den 15 dazugehörenden Abgeordneten nur noch zwei vertreten, nämlich Herr Kobler und ich. Und da war er wieder nicht beschlussfähig. Ich empfand ihn dann doch als überflüssig und habe meiner Fraktion vorgeschlagen, die Abschaffung zu beantragen. Das hat dann allerdings eine ziemliche Panik ausgelöst, wie ich gehört habe, aber es hat immerhin dazu geführt, dass endlich Gespräche stattfanden. Ich bin wirklich glücklich, sagen zu können, dass alle Forderungen der GRÜNEN in diesem Gesetzentwurf nun enthalten sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich denke an die Patientenvertretungen, die Mitglied werden, an die Naturheilkundler, an die Heilpraktiker. Ich hoffe, dass wir in dieser Zusammensetzung nun endlich zu vernünftigen Diskussionen kommen.

Statt der 15 werden es in Zukunft nur noch zehn Abgeordnete sein; das genügt sicherlich auch, wenn wirklich alle zehn anwesend sind und nicht nur zwei, wie ich es eben dargestellt habe. Dann können wir sicherlich alle eine gute Arbeit vollbringen.

Immerhin war dieser Antrag auf Auflösung nötig, um etwas in Bewegung zu bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das gibt auch jeder zu. Sogar der Präsident des Landesgesundheitsrates, Prof. Hahn, sagte, gut dass Sie das gemacht haben; jetzt kommt endlich Bewegung in die Sache.

Ich hoffe also sehr, dass wir eine fraktionsübergreifende Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf erreichen. Ich freue mich auf weitere fraktionsübergreifende Diskussionen und hoffe, dass Sie unsere Anträge in Zukunft öfter für gut befinden und dann auch annehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Damit besteht Einverständnis. Es ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Bestellung von Mitgliedern für den Stiftungsrat der Sudetendeutschen Stiftung

Der Vorsitzende des Stiftungsvorstandes, Herr Dr. Hartmut Singbartl, hat mitgeteilt, dass die fünfjährige Amtsperiode des Stiftungsrats der Sudentendeutschen Stiftung mit Ablauf des 26. Juni 2007 endet.

In den neu zu bestellenden Stiftungsrat entsendet der Landtag gemäß Artikel 8 Absatz 3 Satz 1 des Gesetzes über die Errichtung der Sudentendeutschen Stiftung wiederum fünf Mitglieder, die nicht dem Landtag angehören müssen. Nach d´Hondt hat die Fraktion der CSU das Vorschlagsrecht für vier Mitglieder, die SPD-Fraktion für ein Mitglied. Vonseiten der CSU-Fraktion wurden als Mitglieder vorgeschlagen: Frau Christa Matschl, Herr Reinhard Pachner, Herr Prof. Dr. Gerhard Waschler und Herr Josef Zellmeier.

Die SPD-Fraktion hat Frau Christa Naaß als Mitglied vorgeschlagen. Gibt es dazu den Wunsch nach einer Aussprache? – Das ist nicht der Fall. Über die zu bestellenden Mitglieder können wir gemeinsam abstimmen. Gibt es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstimmen. Wer mit der Bestellung der vorgeschlagenen Persönlichkeiten zu Mitgliedern des Stiftungsrats der Sudentendeutschen Stiftung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Enthaltung seitens des BÜNDNISSES 90/

DIE GRÜNEN, ansonsten mit den Stimmen der beiden anderen Fraktionen so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Absatz 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(siehe Anlage)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 8 und 9 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Susann Biedefeld u. a. u. Fraktion (SPD) Einbeziehung des Bayerischen Tierschutzbundes in die Steuerungsgruppe Wildtiermanagement/Große Beutegreifer (Drs. 15/7237)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Managementpläne für Wildtiere (Drs. 15/5714)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Abschuss von Braunbär Bruno im vergangenen Sommer hat sich die CSU-Staatsregierung und insbesondere Herr Staatsminister Schnappauf bis auf die Knochen blamiert.

(Beifall bei der SPD)

Erst war der Bär willkommen. Selbst Minister Schnappauf war einer der ersten, der den Bären in Bayern willkommen hieß. Dann wurde Bruno zum Problembären, und dann war der Bär tot. Bruno tot!