Protokoll der Sitzung vom 22.05.2007

Erste Lesungen zu Gesetzentwürfen, die ohne Aussprache an die jeweils federführenden Ausschüsse überwiesen werden sollen

Die zur Überweisung anstehenden Gesetzentwürfe sind in der Anlage 1 zur Tagesordnung aufgeführt. Die Liste enthält zu jedem Gesetzesvorhaben auch einen Zuweisungsvorschlag hinsichtlich des als federführend angesehenen Ausschusses. Gibt es dazu Änderungsvorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisungen. Wer mit der Überweisung der in der Anlage 1 der Tagesordnung enthaltenen Gesetzentwürfe an die zur Federführung vorgeschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist doch sehr spärlich, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich bitte noch einmal um das Handzeichen. – Eindeutig jede Fraktion. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist das einstimmig so beschlossen.

(Liste siehe Anlage 1)

Die Gesetzentwürfe werden dann diesen Ausschüssen zur Federführung zugewiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 b auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes zur vorläufi gen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern sowie zur Aufhebung des Sachverständigengesetzes (Drs. 15/8211) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Herr Minister Huber, bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bayerische Landtag hat gewünscht, dass ich diese Gesetzentwürfe kurz begründe. Sie sind relativ einfach und haben ein klares Ziel, nämlich Entbürokratisierung und Deregulierung.

Im Moment erfolgt die Ernennung von öffentlich bestellten Sachverständigen durch drei verschiedene Bestellkörperschaften. Wir werden dies in der Zukunft vereinfachen und bei den Kammern konzentrieren. Damit werden die Regierungen entlastet, die bisher etwa 10 % dieser Bestellungen vorgenommen haben. Das führt zur

Transparenz und zu Spareffekten und ist insgesamt wirtschaftsnäher. Eine gute Bestellung ist auch in Zukunft gewährleistet.

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, einen Augenblick. Die Anlage überträgt im Augenblick nicht das Wort des Ministers. Ich bitte, das sicherzustellen.

Es wäre schade um jedes Wort!

(Allgemeine Heiterkeit und Zurufe)

Ich habe mich schon sehr gewundert, Herr Minister. So leise sind Sie sonst nicht.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Präsident, ich möchte kurz wiederholen: Der Bayerische Landtag hat gebeten, dass ich diese Gesetzentwürfe kurz begründe. Es geht darum, das Sachverständigengesetz aufzuheben. Im Moment werden die öffentlich bestellten Sachverständigen durch drei verschiedene Bestellkörperschaften ernannt, nämlich durch die IHKs, die Handwerkskammern und die Regierungen. Wir nehmen diese Aufgabe von den Regierungen weg. Im Sinne von Privatisierung übertragen wir sie auf die Kammern. Damit wird eine gute Bestellung auch in der Zukunft gewährleistet. Es kommt zu mehr Transparenz, weil damit klare Zuständigkeitsregelungen gegeben werden. Die Regierungen werden darüber hinaus entlastet.

Als Folge davon ist eine Anpassung des Ausführungsgesetzes zum IHK-Gesetz notwendig. Außerdem nehmen wir das zum Anlass, die Vorschriften über die Buchführung der Industrie- und Handelskammern zu modernisieren.

Insgesamt ist es ein richtungweisender, bahnbrechender und guter Entwurf. Deswegen bitte ich um Zustimmung.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Was könnte es auch anderes sein? Völlig unvorstellbar!)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Herr Präsident, Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, wenn Sie auch ein bisschen spotten und meinen, das Parlament sollte sich bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfs damit noch gar nicht befassen. In der Tat, wir haben die Aussprache bei der Einbringung eingefordert, weil wir meinen, jeder Gesetzentwurf, der den Landtag erreicht, muss es wert sein, bei der Ersten Lesung bereits

behandelt zu werden. Wir glauben, dass damit Öffentlichkeit hergestellt und Aufmerksamkeit erzeugt wird.

(Thomas Kreuzer (CSU): Dann hätten Sie der Geschäftsordnungsänderung nicht zustimmen dürfen!)

Ich weiß, dass die Geschäftsordnung andere Möglichkeiten vorsieht. Ich habe aber dennoch die Absicht, es immer wieder zu tun, weil ich glaube, ein Parlament soll sich vor allem mit Gesetzesanträgen intensiv befassen, und die Erste Lesung ist eine solch intensive Befassung.

Interessanterweise wurde uns der Gesetzentwurf bereits vor drei, vier Wochen angekündigt, aber erst vor vier Tagen haben wir ihn tatsächlich ausgedruckt erhalten. Ich weiß nicht, was die Staatsregierung noch aufgehalten hat. Jetzt liegt er vor, und eine erste Einschätzung unsererseits besagt in der Tat:

(Eberhard Rotter (CSU): Sehr vernünftig!)

Es macht Sinn, die bisher drei möglichen Bestellinstitutionen zu verringern. Bisher hatten wir drei Bestellinstitutionen, künftig haben wir zwei, nämlich die Industrie- und Handelskammer und weiterhin die Handwerkskammer. Ich habe mit dem Verband der öffentlich bestellten Sachverständigen darüber gesprochen und dort erfahren, dass man sich sehr gut eine Bestellkammer vorstellen könne, weil das der Transparenz und aus Sicht der Kunden – und das sind ja die Kunden der Sachverständigen – dienlich wäre.

Herr Minister, Sie benutzen sonst so gern den Begriff „One-Stop-Agency“. In diesem Fall haben Sie eine TwoStop-Agency geschaffen. Wir werden sehen, wie sich das künftig bewährt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Braucht’s alles nicht!)

Ansonsten haben wir im Ausschuss noch die Möglichkeit nachzufragen, warum diese Parallelität trotzdem bestehen bleibt. Es hilft den Verbrauchern – das ist der eigentliche Grund, warum das vom Verband der Sachverständigen gewünscht worden wäre –, klar einschätzen zu können: Wer bestellt die Sachverständigen? Von wem werden sie bestellt? Wer führt die jeweiligen Listen? Es ist ja hinlänglich bekannt, dass es mittlerweile eine Art Wildwuchs bei den Sachverständigen gibt mit der Konsequenz, dass sich viele als Sachverständige darstellen, es aber bei genauerem Hinsehen nicht sind. Es ist schon vernünftig, den bestellten und damit auch vereidigten Sachverständigen zu behalten und ihn auch entsprechend herauszustellen.

Es ist auch richtig, dass ansatzweise das EU-Vorhaben aufgegriffen wird, die Qualität von Sachverständigen zu sichern. Wir wissen freilich: Qualitätssicherung geht noch viel weiter als nur bis zur Bestellung. Allerdings – das möchte ich schon bei der Ersten Lesung anmerken – besteht der Nachteil in den Kosten. In der Begründung des Entwurfs wurde dargestellt: Bisher kostete die Bestellung maximal 300 Euro bei der Bezirksregierung, künftig

werden es maximal 1300 Euro sein, das ist mehr als eine Vervierfachung. Das heißt, dass der Preis für die Übertragung der hoheitlichen Aufgabe auf die IHKs tatsächlich bei den Sachverständigen zu Buche schlägt. Es muss schon angemerkt werden, dass dieser Preis auch bezahlt werden muss.

Alles in allem ist es richtig, diesen Weg zu gehen. Aber die Anmerkungen mussten schon sein hinsichtlich des Preises und der Parallelität und Nichtzusammenfassung auf eine Bestellkammer.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Rotter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Staatsminister Huber diesen spannenden Gesetzentwurf schon begründet hat

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Spannend?)

und Frau Kollegin Dr. Kronawitter das Recht der Opposition zum Ausdruck gebracht hat, in Erster Lesung zu jedem Gesetzentwurf zu sprechen, obwohl die Geschäftsordnung eigentlich einen anderen Regelfall vorsieht,

(Karin Radermacher (SPD): Das ist ein eigenartiges Verständnis des Parlaments!)

wird Ihnen das natürlich zugestanden. Aber Sie mussten insgesamt auch einräumen: Es ist eine ganz vernünftige Sache. Aber es geht halt darum, mit Mühe noch irgendwelche Haare in der Suppe zu fi nden.

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Wieso denn?)

Da ist Ihnen zum einen eingefallen, wenn die Regierungen künftig schon nicht mehr zuständig sein sollen, dann schaffen wir nur noch eine aus den beiden Wirtschaftskammern. So waren Ihre Ausführungen auf jeden Fall zu verstehen. Sie haben sich auch auf den Verband der Sachverständigen berufen.

Ich meine, es ist richtig und sinnvoll, dass die Regierungen dafür nicht mehr zuständig sind,

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dann hat die CSU ihre Ruh!)

dass das bayerische Sachverständigengesetz aus dem Jahr 1950, das ohnehin veraltet ist, abgeschafft wird. Ohnehin sind nur etwa 10 % der Sachverständigen über diesen Weg nach dem Sachverständigengesetz bestellt worden, sodass es mit Sicherheit kein Problem ist, wenn diese sich künftig von den Industrie- und Handelskammern bestellen lassen.

Dass damit höhere Kosten verbunden sein werden, liegt daran, dass die Regierungen bzw. der Staat bislang keine kostendeckenden Tarife dafür verlangt hat. Wir haben das

praktisch mit dem Geld des Steuerzahlers subventioniert, was natürlich nicht unbedingt sinnvoll ist.

Zudem wollen wir das Gesetz über die Industrie- und Handelskammern von überholten Bestimmungen entlasten. Es soll zugleich mit diesem Gesetzentwurf an die Einführung der kaufmännischen Buchführung in Industrie- und Handelskammern angepasst werden, die ab 2007 fl ächendeckend bei allen Industrie- und Handelskammern bereits rechtsaufsichtlich genehmigt worden ist.

Schließlich geht es darum, dass die aufgrund des IHKGesetzes bestehende Möglichkeit der Übertragung von zusätzlichen Aufgaben auf unsere Industrie- und Handelskammern entsprechend präzisiert wird.

Ich gehe davon aus, dass angesichts dieser guten Argumente dieser spannende Gesetzentwurf allseits Zustimmung fi nden wird. Jedenfalls werden wir ihn zügig beraten und dann auch beschließen.