Protokoll der Sitzung vom 26.06.2007

Lieber Herr Kollege, schauen Sie bitte auf die Uhr. Vor Ihnen ist eine Metropoluhr.

Augsburg muss sich von diesem Schock erst erholen. Die Metropolregion München kann dazu vielleicht beitragen, insbesondere, was den Kampf für die Ost-West-Magistrale anbelangt. Heute kann man in dreieinhalb Stunden von Paris nach Stuttgart fahren. Dann schleicht man mit einem Tempo von 60 km/h über die Geislinger Steige weiter nach Augsburg und nach München.

Es gibt sicherlich viele Aufgaben, die diese Metropolregion in Angriff nehmen könnte.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sackmann.

Herr Vizepräsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die vor mir stehende „Metropoluhr“ läuft. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Uhren im ländlichen Raum anders gehen, aber bei uns laufen sie richtig und sind in Ordnung. Ich glaube, Sie sind auf dem richtigen Weg, um das kurz aufzugreifen.

Wollen Sie sich um die Metropolregion München bewerben?

Nein, ich fühle mich da, wo ich bin, ganz wohl; das ist ganz erfolgreich.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten in den letzten Tagen eine Konferenz der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden. Dabei war unter anderem Klaus von Dohnanyi Gesprächspartner, der früher bei Ihnen in der SPD eine führende Position hatte. Es war für mich schon erstaunlich, dass er sich gestern unter anderem auch bei der Diskussion über die Föderalismusreform eingeklinkt und erklärt hat, dass gerade eine Studie der Universität Princeton ergeben habe, der Freistaat Bayern habe nach 1945 alles richtig gemacht. Er hat sinngemäß gesagt, der Freistaat habe praktisch in allen Bereichen der Förderpolitik die richtigen Ansätze gefunden. Das zeigt, dass wir ein gutes Miteinander und eine Gleichberechtigung zwischen Stadt und Land sowie eine gleichberechtigte Partnerschaft geschaffen haben.

Ich verweise deshalb darauf, weil es in den Siebzigerjahren – manch einer kann sich daran noch erinnern – ähnliche Diskussionen gegeben hat. Hans-Jochen Vogel oder Sicco Mansholt haben beispielsweise damals darüber diskutiert, die Städte in den Vordergrund zu stellen und rundherum Trabantenstädte zu schaffen. Auch Sicco Mansholt hatte diese Idee. Hans-Jochen Vogel wollte sie mit umsetzen. Der ländliche Raum war damals eigentlich nur noch für die Lebensmittelproduktion, für Urlaub, Erholung, für die Produktion von Wasser und für andere Dinge gedacht. Es gab also ganz andere Ansätze, als wir sie dann auf dem bayerischen Weg gefunden haben. Dieser bayerische Weg ist erfolgreich. Wer hätte gedacht, dass im Jahr 2007 die peripheren ländlichen Regionen in Bayern nach München in der Arbeitsplatzstatistik und bei den Zunahmen der Arbeitsplatzzahlen an zweiter Stelle stehen oder dass wir zum Beispiel in peripheren Regionen Arbeitslosenquoten von rund 4 % oder Dinge verzeichnen, die man vor 20, 25 Jahren noch nicht erwartet hätte?

Ich bin zum Beispiel über die Aussage von Oberbürgermeister Ude etwas verwundert, „irgendwann gehört man nur noch zur Metropolregion München oder Nürnberg“. Es gehört schon eine gewisse Arroganz dazu, vor allem gegenüber den Regionen, die hier Peripherie sind. Daran denkt man gar nicht. Ich habe mir heute die Diskussion angehört. Dabei habe ich mir manchmal gedacht, dass hier drinnen die Diskussionen geführt werden, die Sie eigentlich zu Hause führen sollten, nämlich darüber, wie es zwischen München und Augsburg oder zwischen München und Nürnberg hin und her geht. Das sind eigentlich Diskussionen, die Sie erst einmal selber führen sollten. Ferner war in einer Überschrift zu lesen: „München will ganz Oberbayern in den Griff bekommen.“ Auch das sind Aussagen, von denen wir im ländlichen Raum wenig begeistert sind. Das zeugt von der Arroganz eines Herrn Ude und einer Arroganz auch gegenüber dem ländlichen Raum. Unter einer gleichberechtigten Partnerschaft verstehen wir eigentlich etwas anderes.

Wir unterstützen selbstverständlich Leuchtturmprojekte, die Vernetzung mit den Universitäten, etwa mit Garching – Herr Kollege Spaenle hat es angesprochen –, und andere Dinge; diese werden natürlich mit gefördert. Aber gerade die Möglichkeiten, die sich durch die Grün

dung der Fachhochschulen und andere Bereiche eröffnet haben, haben dem ländlichen Raum in den letzten Jahren unheimlich geholfen.

Erlauben Sie mir aber, zwei Punkte anzusprechen, für die ich überhaupt kein Verständnis habe: Erstens. Herr Kollege Maget, ich möchte Sie herzlich bitten, gerade in der Stadt München dafür zu sorgen, dass der Beschluss über die Zweitwohnungssteuer zurückgenommen wird. Die Stadt München hat als eine der ersten Städte in Bayern die Zweitwohnungssteuer eingeführt. Damit werden Bürger und Bürgerinnen bestraft, zum Beispiel Studentinnen und Studenten, Polizistinnen und Polizisten und Lehrerinnen und Lehrer, die nach München zwangsversetzt werden, weil dort Arbeitskräfte fehlen. Diese Bürger sehen dort keine Chance, werden aber, nur weil sie dort hinversetzt werden, mit der Zweitwohnungssteuer bestraft. Das ist der falsche Weg.

(Zurufe der Abgeordneten Dr. Hildegard Krona- witter (SPD) und Franz Maget (SPD))

Ich bitte Sie ganz herzlich, diesen Beschluss baldmöglichst zurückzunehmen.

(Beifall bei der CSU)

Ein Zweites zum kommunalen Finanzausgleich: Im ländlichen Raum hat kein Mensch mehr dafür Verständnis, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der Städte beim kommunalen Finanzausgleich höher als die Bewohnerinnen und Bewohner im ländlichen Raum bewertet werden; Stichwort Einwohnerveredelung.

(Ernst Weidenbusch (CSU): Sehr richtig!)

Das war vielleicht vor 20, 25, 30 Jahren unter bestimmten Bedingungen notwendig. Aber das ist heute nicht mehr sinnvoll. Ich bitte auch hier, sich an einen Tisch zu setzen und miteinander neue Wege zu gehen; denn es ist heute Fakt, dass 25 kreisfreie Städte in Bayern 50 % der Mehreinnahmen beim Gewerbesteueraufkommen, das steigt, für sich verbuchen. Das heißt, diese Städte leben besser. Deswegen könnte man gerade jetzt darangehen, auch diese Regelung zu verändern.

Außerdem bitte ich Sie ganz herzlich, auch die Kappungsgrenze bei der Gewerbesteuer zu verändern; denn es kann nicht sein, dass gerade diese Städte, die so viel zusätzliches Geld bekommen, durch die Einführung der Kappungsgrenze Geld am kommunalen Finanzausgleich vorbei lancieren. Hier schrittweise eine Änderung herbeizuführen, wäre ein Signal der Partnerschaft für den ländlichen Raum. Darum bitte ich Sie gerade in dieser Diskussion.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Pfaffmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere es

außerordentlich, dass der Versuch, hier in diesem Hause über die Entwicklung einer Metropolregion vernünftig zu diskutieren, an der CSU gescheitert ist.

(Zurufe von der CSU)

Denn eines können wir schon feststellen: Die einzigen zentralen Aussagen, die Sie hier abgegeben haben, waren die untauglichen Versuche, den Münchner Oberbürgermeister zu kritisieren. Ich kann Ihnen sagen: Sie wären froh, wenn Sie in Bayern einen solch erfolgreichen Oberbürgermeister in Ihren Reihen hätten.

(Widerspruch bei der CSU – Zuruf von der SPD: Die Hälfte würde schon reichen!)

Ich erkenne an der Anwesenheit der Staatsregierung – ein Einsamer sitzt da –, wie groß deren Interesse an der parlamentarischen Auseinandersetzung mit einem Zukunftsthema ist. Das ist eine Schande! Es ist nur ein einsamer Kämpfer da. Auch das zum Thema, wie wichtig Ihnen diese Debatte ist.

(Zurufe von der CSU)

Herr Sackmann, Ihnen spreche ich jedes Recht ab, die Landeshauptstadt wegen Entscheidungen zu kritisieren. Wer der Stadt München seit Jahren Kosten für Lehrpersonal in Höhe von 200 Millionen Euro stiehlt oder vorenthält, hat hier nicht das große Wort zu führen.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt auch für andere Themen. Herr Pschierer, der auch nicht da ist, hat vorhin getönt, die Staatsregierung tue für den ländlichen Raum sehr viel. Was tun Sie denn? – Sie schließen die Hauptschulen und Teilhauptschulen. Damit schwächen Sie die ländlichen Regionen, Sie stärken sie nicht. Das ist Ihre Politik.

(Zuruf von der CSU)

Ich möchte zur Metropolregion noch Folgendes sagen: Lieber Herr Spaenle, Sie haben natürlich recht. Wo ist er denn überhaupt? - Er ist auch nicht da. Alle Debattenredner der CSU zu diesem Thema sind nicht mehr da. Auch das ist ein Beispiel von besonderem Interesse an dieser Diskussion.

(Zuruf von der CSU: Doch, Herr Sackmann ist noch da!)

Lieber Herr Sackmann, wir reden bei der Metropolregion zu Recht von der Stärkung der Regionen. Wir reden viel von Exzellenzuniversitäten.

(Zurufe von der CSU)

Auch ich fi nde das gut. Wir reden von der Stärkung des Verkehrs; auch das ist in Ordnung. Das gehört in eine politische Debatte. Ich bitte aber, bei dieser Auseinandersetzung in Zukunft eines nicht zu vergessen: Es gibt in diesem Land und in den Regionen nicht nur Menschen,

die auf Exzellenzuniversitäten gehen. Die Entwicklung von Metropolregionen hat sehr viel mit der Landespolitik zu tun. Wer nämlich hier im Hause politisch entscheidet, dass man Schulstandorte schließt, der schwächt die Entwicklung von Metropolregionen. Das ist überhaupt keine Frage; denn ein Schulstandort in einer ländlichen Region, lieber Herr Sackmann, ist Grundvoraussetzung dafür, dass sich Menschen da ansiedeln.

Liebe Frau Kollegin Bause, insofern hat die Diskussion um Metropolregionen natürlich damit zu tun, welche Politik hier im Hause gemacht wird. Selbstverständlich gehört diese Debatte hierher; denn wer sich nicht darum kümmert, dass die Rahmenbedingungen für die ländlichen Regionen in der Landespolitik gestärkt werden, braucht hinterher über Metropolregionen nicht mehr zu reden.

Sie schwächen die ländlichen Räume. Sie schwächen auch die Metropolregionen. Insofern sollten wir zu einer vernünftigen Diskussion über Metropolregionen zurückkommen, weil das eine Frage der Zukunft ist. Dann müssen wir auch über Integrationsfragen reden. Das ist völlig richtig gesagt worden. Wir können nicht nur über die Stärkung der Standorte, über Wirtschaftskraft und Exzellenzuniversitäten reden, sondern wir müssen auch darüber reden, was mit den Menschen passiert, die nicht das Glück oder das Können haben, an solchen Universitäten zu studieren.

Was passiert mit den Menschen mit niedrigerem Einkommen in diesen Regionen? Die Stärkung eines Standortes bedeutet auch sozialen Frieden am Standort. Und sozialen Frieden schaffen – das haben wir leider auch feststellen müssen – nicht nur die Großkonzerne und die Dax-notierten Unternehmen in einer Region, so gerne wir sie da haben, auch sozialer Frieden und eine gerechte Verteilung des Wohlstands sind wichtig.

In dieser Debatte müssen wir auch fragen: Kommt denn der Erfolg einer Metropolregion auch denjenigen Menschen zugute, die keinen so dicken Geldbeutel haben? Das muss auf die Tagesordnung. Bisher ist nur über die Frage geredet worden: Wie kriege ich die größten Unternehmen? Wie kriege ich Eliteuniversitäten? Wie kriege ich die besten Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Betriebe? Das ist alles schön, aber es ist nur die eine Seite. Eine Metropolregion lebt auch von der Akzeptanz der Menschen, die dort wohnen und leben. Das ist auch eine Frage der Mieten. Metropolregion bedeutet nämlich auch Steigerung der Mieten. Das sehen wir doch in München. Also muss die Landespolitik auch dafür sorgen, dass es nicht Nachteile für die Bewohnerinnen und Bewohner in dieser Region gibt, das heißt für eine vernünftige Mietpolitik. Das wird hier im Hause mitentschieden.

Herr Kollege Pfaffmann, bitte.

Ich bin gleich fertig. – Insofern bitte ich bei der Frage Metropolregion um eine überparteiliche Debatte und darum, den permanenten Versuch zu unterlassen, auf den Oberbürgermeister und sonstige politische Gegner einzuschlagen. Das Thema ist zu wichtig, um sich in parteipolitischen Auseinanderset

zungen zu ergehen. In Zukunft würde ich mir wünschen, dass die Staatsregierung anwesend ist, wenn wir solche Themen erörtern.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss berichtigen, dass Herr Staatsminister Huber zwar in der letzten Reihe sitzt, was bei ihm die Ausnahme ist, aber er ist im Plenum.

(Franz Maget (SPD): In Wahlkampfzeiten zählt jede Stimme!)

Die letzte Wortmeldung, die ich habe, ist der Herr Kollege Bocklet.