sondern man hat, wie ich meine sehr weise, gesagt: Wir warten den Ausgang der verschiedenen anhängigen Verfahren ab, und zwar sowohl den Bürgerentscheid als auch das Hauptsacheverfahren bei Gericht. Deswegen, so denke ich, hat dieses Verfahren insgesamt durchaus eine neue Qualität.
Ein Letztes zur Betroffenheit und zu dem, was Sie, Herr Pointner, gesagt haben. Manches wird auch durch Wiederholung nicht richtiger. Sie müssen die Unterlagen genauer lesen. Es ist doch nicht richtig, dass in Zukunft von der dritten Startbahn aus 500 Flugzeuge die betreffenden Ortschaften in 60 Meter Höhe überfliegen. Auch wenn Sie sich schon sehr kundig gemacht haben, würde ich Ihnen doch empfehlen, sich die Unterlagen noch einmal anzuschauen.
Manche Aussage auch von Ihnen, Herr Dr. Magerl, ist in der Länge der Debatte nicht richtiger geworden. Sie haben die Prognosen des Flughafens München angesprochen und sagten, die Zahl der Flugbewegungen habe in den letzten Jahren stagniert. Das ist in der Tat so. Dagegen kann man gar nichts sagen. Aber dies als Begründung dafür anzuführen, dass der Flughafen keine dritte Startbahn braucht, ist geradezu absurd. Das ist selbsterfüllend. Wenn die Kapazitätsgrenze erreicht ist, ist es doch logisch, dass die Zahl der Flugbewegungen nicht mehr zunehmen kann, meine Damen und Herren.
Der Flughafen München ist weltweit einer der Flughäfen, die mit einem Zwei-Bahnen-System die meisten Flugbewegungen abwickeln. Auch dies sollten Sie wissen, Herr Dr. Magerl.
Nun noch eine Bemerkung zu den Kosten, weil mich das, was Sie dazu gesagt haben, Herr Dr. Magerl, ärgert. 1,2 Milliarden Euro sind eine Menge Holz. Es ist wichtig, und es ist auch Gegenstand des Bürgerentscheids, dass kein Steuergeld dafür verwendet wird; aber es ist auch wichtig darauf hinzuweisen, dass ein wesentlicher Anteil dieser 1,2 Milliarden Euro für Ausgleichsmaßnahmen im Umland in die Hand genommen wird, für ökologische Ausgleichsmaßnahmen, für Dinge, die mit diesem Projekt eben nicht unmittelbar zu tun haben. Ich denke, es wäre fair, in der Debatte auch hierauf hinzuweisen.
Am Ende stellen wir einerseits fest: Wir haben ein breites Bündnis auf der Seite derjenigen, die sagen: Jawohl, wir brauchen den Flughafen München. Herr Pointner, weil Sie es angesprochen haben: Ihm gehören inzwischen auch DAX-Konzerne wie Infineon an. Auch die SPD ist dabei, und lieber Kollege Huber, ich kann bestätigen: Der Kollege Rinderspacher hatte in Trudering einen Infostand. Das hat mich sehr gefreut. Bürgermeister Ude ist inzwischen aus Mykonos zurück. Auch das ist gut für das Projekt.
Auf der anderen Seite stellen wir fest: Es ist die übliche Allianz der Nein-Sager, die sich hier zusammengefunden hat, die zu allen in die Zukunft gerichteten Projekten, die man in dieser Republik finden kann, Nein sagt. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Münchner Bürger das am Ende richtig einschätzen werden.
Ich komme zum Schluss: Kommenden Sonntag gibt es zwei Möglichkeiten. Diejenigen, die gegen die Startbahn stimmen, stimmen für die Illusion, dass man das, was wir haben, einhausen kann, sie stimmen für Provinzialität,
und sie stimmen am Ende für Rückschritt. Diejenigen, die für die dritte Startbahn stimmen, stimmen für Wachstum, für Arbeitsplätze und für Zukunftsgestaltung. Dafür lohnt es sich zu kämpfen. - Vielen Dank.
Danke, Herr Kollege Blume. Ein weiterer Redner wurde von der CSU angemeldet. Bitte sehr, Herr Dr. Herrmann.
(Markus Rinderspacher (SPD): Jetzt ist die Provinzialität am Mikrofon, um mit Herrn Blume zu sprechen!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht zum ersten Mal vertrete ich heute als Stimmkreisabgeordneter von Freising eine "dissenting opinion". Das mache ich gemeinsam mit den anderen "dissenting voters", nämlich mit den Kollegen Schwimmer aus Erding und Seidenath aus Dachau.
Es ist bekannt, dass wir in der Flughafenregion gegen die dritte Startbahn sind. Wir machen es uns wahrlich nicht einfach. Häufig werden die dritte Startbahn sowie andere Infrastrukturprojekte zum Anlass genommen, um generell mit der Politik der Staatsregierung bzw. der erfolgreichen Politik der CSU in den letzten Jahrzehnten abzurechnen. Daran beteiligen
wir uns selbstverständlich nicht. Wir stehen selbstverständlich zu der Politik, die Bayern in den letzten Jahrzehnten vorangebracht hat, und wir stehen auch zu der Bedeutung von wichtigen Infrastrukturprojekten. Auf der anderen Seite sind wir vor Ort in der Region und gerade auch als Stimmkreisabgeordnete in der Verantwortung, etwas genauer hinzuschauen, welche Auswirkungen bestimmte Projekt vor Ort in der Region haben.
Wir im Umfeld des Flughafens erbringen bereits jetzt und schon seit geraumer Zeit quasi ein Sonderopfer für ganz Bayern dadurch, dass wir die negativen Auswirkungen eines internationalen Großflughafens tragen, während alle anderen in Bayern Vorteile von diesem haben. Aus diesem Grunde sind wir in der Region nicht bereit, weitere Belastungen zu akzeptieren. Wir sagen, dass der Bedarf für eine dritte Startbahn nicht nachgewiesen ist, was für uns Voraussetzung wäre.
Ich will aber auch ganz offen sagen: Ich halte wenig von dem Bürgerentscheid in München, weil es grotesk ist, dass nur diejenigen abstimmen, die letzten Endes die Vorteile einer Flughafenerweiterung nutzen können, aber die Nachteile, die wohl unbestritten sein dürften, eben nicht zu tragen haben. Das wäre so ähnlich, als wäre in Freising darüber abgestimmt worden, ob in München Hochhäuser gebaut werden oder nicht. - Nun mag man sagen, dass der Vergleich juristisch hinkt; aber Tatsache ist, dass es in Freising so empfunden wird.
Übrigens wird durch eine solche Art und Weise auch der Wert von plebiszitären Elementen generell ad absurdum geführt; denn über Projekte, die alle betreffen, muss auch von allen abgestimmt werden können; sonst kommt es zu Zufallsergebnissen. Umso grotesker ist es, wenn jene, die abstimmen, so wie in München, überhaupt nicht betroffen sind. München wird keinen zusätzlichen Verkehr, keinen zusätzlichen Lärm, keine weitere Kosten und auch keinen Verlust an Heimat haben. Dies auf dem Rücken des Umlandes auszutragen, nur weil es Unstimmigkeiten innerhalb der Münchner Stadtratskoalition gibt, halten wir für sehr problematisch.
Unterstellt, am Sonntag stimmt eine Mehrheit für die dritte Startbahn, so ist das Thema damit nicht ausgestanden. Die Gerichtsverfahren werden weiterlaufen, und aus den genannten Gründen wird in der Region eine Entscheidung in München nicht akzeptiert werden. Deshalb hat ein solcher Bürgerentscheid auch keine Befriedungsfunktion. Daher ist es grotesk, das Thema mit diesem Bürgerentscheid voranbringen zu wollen.
Ich lade Sie deshalb ein, sich im Zuge der weiteren Diskussionen, die, ganz gleich, wie es am Sonntag ausgeht, weiter stattfinden werden, vor Ort über die Situation und über die Auswirkungen zu informieren, die eine dritte Startbahn zum Beispiel auf Attaching hätte. Man könnte auch andere Ortschaften wie Pulling, Lerchenfeld und Berglern im Landkreis Erding nennen; aber in Attaching wird es eben am deutlichsten. Dort ist über 1.500 Jahre eine intakte Dorfgemeinschaft gewachsen, mit allem, was wir uns darunter vorstellen. Dort wird man durch die Auswirkungen der dritten Startbahn, durch den Überflug und Ähnliches im Grunde keine echte Perspektive mehr haben. Wir aus der Region halten diesen Preis für zu hoch. Ich bin nicht jemand, der den Nutzen der dritten Startbahn einfach negiert. Ich nehme die Vorteile durchaus zur Kenntnis und auch wahr. Aber es ist eben nicht möglich, diesen Nutzen in der Region zu verargumentieren.
Abschließend sage ich: Ich bin froh darüber, dass wir die Infrastrukturmaßnahmen auf den Weg bringen und vor allem ein Junktim hergestellt haben. Der Ministerpräsident hat es deutlich gemacht: Infrastrukturmaßnahmen müssen erst unumkehrbar auf den Weg gebracht werden, bevor die dritte Startbahn gebaut wird. Der Finanzminister möchte den Flughafen zu einem Vorbildflughafen in Bezug auf Lärmschutz machen. All dies hilft uns in der Region weiter. Nun sollten die Hausaufgaben der letzten zwanzig Jahre wirklich gemacht werden, bevor über weitere Belastungen für unsere Region nachgedacht wird.
Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Dr. Söder um das Wort gebeten. Danach spricht Herr Staatsminister Zeil.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bayerische Staatsregierung steht ganz klar zu der dritten Start- und Landebahn. Sie ist eine unverzichtbare strategische Zukunftsinvestition.
Bayern boomt. Bayern boomt auch dank dieses Flughafens. Wir haben in Deutschland unterschiedliche Entwicklungen. Der Franz-Josef-Strauß-Flughafen ist die Zukunft. Es gibt andere - wie der Willy-BrandtFlughafen -, die fast schon Vergangenheit sind, bevor sie begonnen haben.
Aber wir spüren, dass wir aufgrund des sich derzeit zeigenden Erfolges an die Kapazitätsgrenzen stoßen. Deswegen besteht die eigentliche Herausforderung darin, zu fragen: Was bewirkt das eigentlich, wenn es keine dritte Start- und Landebahn gibt? Was bewirkt das dann für die Wirtschaft, die Menschen und die Zukunft Bayerns?
Eines ist ganz klar: Alle Prognosen der Vergangenheit bezüglich Verkehrsaufkommen und Verkehrswachstum sind weit übertroffen worden. Die dritte Start- und Landebahn wird das Tor Bayerns zur Welt weiter öffnen. Ein Nein würde bedeuten, dass Bayern sein Tor zur Welt schließen soll. Das wäre der völlig falsche Weg.
Wenn ein Signal gegen die dritte Start- und Landebahn gesetzt würde, würde es bedeuten, dass nicht nur keine Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch strategische Umorientierungen in der Entwicklung der internationalen Luftfahrt stattfinden würden. Der Flughafen München würde nicht der Zukunftsflughafen sein. Vielmehr würden andere Flughäfen in Europa diesen Platz einnehmen. Das würde nicht nur einen Verlust an Standortattraktivität, sondern auch weiter steigende Wartezeiten bedeuten.
Neben allen Wirtschaftsfragen darf man eines nicht verkennen: Wenn die Kapazitätsgrenzen erreicht sind, Wartezeiten entstehen, in Schlangen und Schleifen geflogen werden muss, dann gehören die Urlauber zu den Hauptleidtragenden. Wir sollten abseits der Möglichkeit, etwas für die Wirtschaft zu tun, auch an die Menschen denken, die ihren verdienten Urlaub machen wollen. Auch diese brauchen einen Service. Die dritte Start- und Landebahn ist auf die Dauer auch ein Serviceangebot für die diejenigen Menschen, die Urlaub machen wollen. Auch um diese kümmern wir uns in Bayern.
Denken wir auch an die Wirkung eines Jobmotors! Wir haben in den letzten Jahren enorme Effekte auf dem Arbeitsmarkt erlebt. - Lieber Christian Magerl, du bist einer derjenigen, die seit vielen Jahrzehnten einen fast schon kleinen Kreuzzug auf diesem Gebiet führen. Du hast im Sommer 1995 der "Süddeutschen" gesagt, die wirtschaftlichen Belebungseffekte im Flughafenumland seien eigentlich marginal. Aber diese Prognose war falsch; das Gegenteil ist der Fall. Seit 1992 sind fast 20.000 neue Arbeitsplätze entstanden.
Bei der neuen, dritten Start- und Landebahn werden 11.000 neue Arbeitsplätze entstehen, und zwar für alle Formen der Beschäftigung. Die Beschäftigung gerade bei Flughäfen hat einen hohen Anteil sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Das heißt, hier werden Arbeitsplätze regional und überregional geschaffen, die für alle wichtig sind.
Herr Pointner, Sie fragen: Wo kriegen wir die Arbeitskräfte her? Brauchen wir die überhaupt? - Stellen Sie sich einmal vor, wir würden solche Debatten jetzt in Spanien, Griechenland, Italien und anderswo führen. Dort erkennen wir sichere Chancen auf Arbeitsplätze. Aber so gut kann es uns doch wirklich nicht gehen, dass wir glauben könnten, Arbeitsplätze könne man einfach wegschieben. Wir müssen Zukunftsinvestitionen tätigen, damit Bayern und Deutschland auch in der Zukunft wettbewerbsfähig sind.
Die Region hat - Kollege Herrmann hat das ebenfalls angesprochen - einen erheblichen Anstieg des Steueraufkommens gehabt. Man muss sich das einmal über zehn Jahre hinweg anschauen. Im Landkreis Erding hat sich das Aufkommen verdreifacht und im Landkreis Freising verdoppelt. Daran sieht man, dass wir eine enorme Wertschöpfung haben. Das gilt nicht nur für diese beiden Landkreise, sondern für die gesamte Region: für München und Bayern.
Deswegen brauchen wir ein klares Ja zur Startbahn, weil es, wie die Vorredner gesagt haben, massive Verbesserungen für die wirtschaftliche Entwicklung bedeutet.
Das Wachstum, das wir haben, soll jedoch qualifiziert sein. Wir sagen in der Debatte nicht einfach: Die dritte Start- und Landebahn soll kommen, egal, welche Nebenwirkungen das hat. Was wir wollen, ist genau das Gegenteil.
Es wurde schon angesprochen: Von den geschätzten 1,2 Milliarden Euro sind, wie es Herr Kollege Blume schon angeführt hat, tatsächlich nur 600 Millionen Euro für den Bau vorgesehen. Das Übrige ist für diejenigen Maßnahmen vorgesehen, die dafür getroffen werden sollen, dass die Einbettung in ökologische Notwendigkeiten und die Berücksichtigung der Fragen des Lärmschutzes mit den Anwohnern so sensibel und so gut wie möglich erfolgen und so abgestimmt werden, wie es eine solche Großmaßnahme verlangt, und damit Akzeptanz geschaffen wird. Ich glaube, wir werden damit ein Vorbild dafür erleben, wie eine in der Tat große, entscheidende und einschneidende Maßnahme im Einklang mit den Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt werden kann.
Dazu müssen tatsächlich ökologische Flächen in erheblichem Ausmaß ausgewiesen werden. Hierbei gibt es eine spannende Situation. Schon bei der früheren Entscheidung hieß es, die Durchführung könne zu einem Einbruch des Artenschutzes führen. Aber das Gegenteil ist der Fall gewesen. Gerade an den Flughäfen, auch am Flughafen München, haben sich für die Populationen der Arten ganz neue Möglichkeiten ergeben. Daraus ist zu schließen, dass wir eher positive Effekte erleben werden als das Gegenteil.
- Dass Sie sich von den FREIEN WÄHLERN auf diesem Gebiet nicht gut auskennen, sehe ich Ihnen nach. Aber was ich sagte, ist in der Tat der Fall. Der Flughafen München gehört bezüglich der Artenvorkommen zu den Top-five-Gebieten. Zu diesem Schluss muss man kommen, wenn man sieht, was sich dort entwickelt hat.
Hier verhält es sich jedenfalls anders, als es der Vorschlag der FREIEN WÄHLER in Nürnberg beinhaltete, den Flughafen im Norden Nürnbergs abzureißen und im Süden neu aufzubauen. Solche Schnapsideen disqualifizieren, wenn man über so ein Thema redet.