Meine Damen und Herren, seit eineinhalb Jahren versuchen deshalb die drei großen Zahlerländer, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die anderen Länder von der Notwendigkeit von Reformen zu überzeugen. Wir haben die Länder mehrfach eingeladen, sich an den Verhandlungen zu beteiligen. Unter Einladung verstehe ich ebenfalls ein sehr weitreichendes Entgegenkommen. Die drei Länder haben ein sehr faires und großzügiges Angebot vorgelegt. Sie waren bereit, das bestehende System zu ändern, darüber zu reden, aber auch ein völlig neues System zu installieren. Sie waren ebenfalls hinsichtlich anderer Finanzströme gesprächsbereit. Was hätten sich die anderen Länder noch anderes wünschen können - bis auf Blankoschecks -, um ernsthaft in die Gespräche einzutreten? Meine Damen und Herren, es half alles nichts.
Einige Länder, allen voran Nordrhein-Westfalen und Berlin, haben sich in ihrer Verweigerungsecke und Empfängermentalität so häuslich eingerichtet, dass ihnen selbst Veränderungen, von denen sie im Ergebnis profitieren würden, viel zu anstrengend sind. Dies waren die Erfahrungen unserer Verhandlungen. Die Länder wollen einfach nur die Tasche aufhalten.
Dies können wir den bayerischen Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr zumuten. Hier regiert glücklicherweise nicht Rot-Grün. Hier wird solide gewirtschaftet. Es wird kein Geld verschwendet.
Ich warte darauf, dass einmal ein Kollege der bayerischen SPD Herrn Wowereit entgegentritt, der erklärt hat, dass der Wunsch nach Veränderungen des Finanzausgleichssystems vonseiten Bayerns unsolidarisch sei. Selbst Sie verlangen Veränderungen, stellen diesen unverschämten Äußerungen gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern jedoch nichts entgegen.
Zur Wahrung unserer Interessen müssen wir somit eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen. Wir sind zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgibt, aus dem Länderfinanzausgleich wieder ein gerechtes und solidarisches Ausgleichsystem zu machen. So stellt sich unser Grundgesetz den Länderfinanzausgleich vor.
Noch einige kurze Worte zu den Dringlichkeitsanträgen der SPD und der GRÜNEN: Besser kann man nicht dokumentieren, wie wenig Ihnen die bayerischen Interessen am Herzen liegen und wie weltfremd Sie insgesamt agieren.
Sie verraten die Interessen der Menschen in Bayern, indem Sie wie Ihre rot-grünen Empfängerfreunde immer wieder auf Verzögerungen setzen. Kommt von Ihnen irgendwann einmal ein Vorschlag, der zu einem Ergebnis führt und uns weiterbringt?
Wenn ich hinsichtlich der Vertretung bayerischer Interessen auf die linke Seite sehe, drängt sich mir immer wieder folgender Verdacht auf: Nicht wenige von Ihnen pfeifen lieber die Sozialistische Internationale mit, als das Bayernlied zu singen.
Das ist ein grundsätzliches Problem. Das haben wir ebenfalls im Rahmen der Diskussion zu den Eurobonds und den Eurobills gesehen. Die heiligen roten drei Könige haben eine Wallfahrt zum französischen Präsidenten unternommen, um über Europa unter Genossen zu verhandeln.
Selbstverständlich haben wir ein Konzept im Kopf. Herr Halbleib, wer glaubt, man müsse Verhandlungen in der Form vorbereiten, dass völlig fertige und nicht mehr abänderbare Konzepte erstellt werden, hat keine Ahnung. Man muss diskutieren.
Man muss Vorschläge prüfen und Kompromisse finden. Wer glaubt, man müsse Rechtsgutachten veröffentlichen, bevor Klage erhoben wird, hat wiederum von Juristerei keine Ahnung. Wir brauchen die Rechtsgutachten für die Vorbereitung unserer Klage. Das können Sie alles in der Klagebegründung lesen.
Noch ein Letztes, Herr Kollege Hallitzky: Sie haben Ihr ganz berühmtes Konzept, das Sie am 4. Mai dieses Jahres als ein von Frau Professor Nathalie Behnke entwickeltes Modell vorgestellt haben, hier als Stein der Weisen eingebracht. Wir waren bereit, dieses Konzept in die Verhandlung zwischen den Ländern einzubeziehen. Es ist in der Verhandlungskommission von den GRÜNEN abgelehnt worden, hauptsächlich von den GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen. Das betrifft Ihr Konzept und ist die Wahrheit.
Zum Schluss zum Wahlkampfvorwurf: Dieser Vorwurf ist geradezu lächerlich. Sie wissen alle, dass wir bereits seit mehr als eineinhalb Jahren verhandeln und eigentlich schon früher bei Nichterfolg der Verhandlungen eine Klage überlegt haben. Wir haben dies aus Rücksicht auf Ministerpräsident Kretschmann in Baden-Württemberg zurückgestellt, der erklärt hat, er sei neu im Amt und wolle nicht sofort klagen, sondern zuerst verhandeln. Das haben wir getan. Wir haben mit ihm - gemeinsam mit Vertretern aus Hessen - die Verhandlungen geführt. Deswegen ist die Klage nicht schon früher erhoben worden. Das war der Grund; das hat mit dem Wahltermin überhaupt nichts zu tun. Deswegen ist der Vorwurf absurd.
Eines ist aber in Bezug auf Wahlen richtig: Die Menschen in Bayern sollen vor der Abstimmung wissen, wer bayerische Interessen vertritt. Die Interessen werden von der Staatsregierung und den sie tragenden Parteien vertreten.
Ihres eigenen Redebeitrags Ihre eigene Argumentation zu widerlegen. Wenn das kein Wahlkampfauftritt war, den Sie hier hingelegt haben, dann weiß ich nicht, was ein Wahlkampfauftritt im Bayerischen Landtag ist.
Die Situation nach Ihren Ausführungen ist fast noch schlimmer als vorher. Jetzt sagen Sie nicht nur, die Verfassungswidrigkeit habe sich innerhalb von fünf oder sieben Jahren seit Inkrafttreten entwickelt. Das behaupten Sie in der juristischen Argumentation. Noch schlimmer ist, dass Sie behaupten, die Prognosen der Staatsregierung über die Auswirkungen des Länderfinanzausgleichs seien so schlecht gewesen, dass sie zu diesem Ergebnis geführt hätten. Das bedeutet nicht nur, dass Sie damals schlecht verhandelt haben, sondern auch, dass Sie hinsichtlich der Prognosen und Ihrer wirtschaftlichen Kompetenz noch schlechter sind, als Sie es im Landtag zugeben.
Radikaler kann man sich nicht demaskieren, wenn man im Bayerischen Landtag in einer solchen Situation als Vertreter der Staatsregierung, als Staatsminister in der Staatskanzlei, davon spricht, man habe ein Konzept im Kopf. Ich bitte Sie: Es sind viel zu ernste Themen, auch im Bund-Länder-Ausgleich. Ich erwarte von der Staatsregierung, dass sie nicht nur ein Konzept im Kopf hat, was ich bezweifle, sondern auch, dass sie im Landtag vorträgt, was sie konkret am Länderfinanzausgleich ändern will. Dass Sie es bisher nicht getan haben, spricht für sich. Wie Sie agieren, ist keine Interessenvertretung des Landes Bayern,. Es ist auch keine Interessenvertretung gegenüber den bayerischen Bürgern, wenn Sie sich weigern, die berechtigten Fragen der Vertreter des Landtags in diesem Haus zu beantworten.
Herr Kollege Halbleib, wenn Sie Interesse an einem wirklichen Wahlkampf haben, dann lade ich Sie gerne ein, mich einmal einen Tag in Bayern zu begleiten. Danach wissen Sie, dass das keine Wahlkampfrede gewesen ist.
Schlechte Prognosen: Ich will dazu zwei Dinge sagen. Es ist damals in Anbetracht der Situation ein optimales Verhandlungsergebnis erzielt worden, nachdem die allermeisten Länder völlig unterschiedliche Interessen haben. Dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland so massiv auseinanderentwickelten, wie dies geschehen ist, wobei manche
Länder, in denen Ihre Partei Verantwortung trägt Rot-Grün in allererster Linie -, regelrecht abgestürzt sind, war schwer vorhersehbar. Genauso hätte auch niemand vor wenigen Jahren gedacht, wie glänzend sich der Freistaat Bayern nach vorne entwickelt. Auch das muss gesagt werden. Wir haben eine sehr positive Entwicklung.
Ich bleibe dabei: Der damalige Ausgleich war richtig verhandelt. Er ist aber aufgrund der Entwicklung, vor allem aufgrund des finanziellen Auseinanderlaufens der Verhältnisse in diesem Staat, inzwischen überholt und meines Erachtens unrechtmäßig geworden. Dies werden wir überprüfen lassen. Mir hat noch niemand gesagt, warum diese rechtliche Überprüfung für Bayern Nachteile bringen sollte. Auch Sie haben vorhin keine Ausführungen darüber gemacht. Ich glaube, dass die Klage die Verhandlungen nicht zum Erliegen bringt, sondern beschleunigt. Ich glaube auch, dass wir gute Chancen haben, insgesamt einen Erfolg zu erzielen. Unsere Bevölkerung ist dringend darauf angewiesen. Wir in der CSU achten darauf, auch künftig unsere Staatsaufgaben für die Menschen in Bayern erfüllen zu können und hierfür die entsprechenden Finanzmittel zu haben.
Wir haben noch zwei Zwischenbemerkungen, zunächst von Herrn Kollegen Pohl, dann von Herrn Kollegen Hallitzky. Als Nächster: Herr Kollege Pohl.
Herr Staatsminister, wir sind uns im Ziel einig. Auch wir sind der Meinung, dass man versuchen sollte, diesen schlecht verhandelten Länderfinanzausgleich gerichtlich zu kippen und für Bayern besser zu verhandeln. Darüber sind wir uns einig. Wenn Sie allerdings davon sprechen, dass der Verlauf der Entwicklung damals unvorhersehbar war, dann muss ich Sie fragen: Sie prangern durchaus nicht ganz zu Unrecht Berlin an, aber Berlin war schon damals von Herrn Wowereit regiert, aktuell ist sogar die CDU mit in der Regierung. Da muss man doch aus Ihrer Sicht davon ausgehen, dass die Verhältnisse in Berlin zumindest besser sind, als Sie es im Jahr 2002 waren.
Wenn Sie erklären, dass sich die Verhältnisse in Bayern außergewöhnlich gut entwickelt haben und dafür die Staatsregierung verantwortlich machen, dann muss ich sagen: Seit vier Jahren ist die CSU nicht mehr allein an der Regierung und die FREIEN WÄHLER sind im Bayerischen Landtag.
Herr Kollege Pohl, zumindest haben Sie in diesem Land nichts durch gewonnene Abstimmungen im Bayerischen Landtag verändert; das muss ich feststellen. Ich habe dem, was ich gesagt habe, nichts hinzuzufügen. Bayern hat sich in den letzten Jahren außergewöhnlich gut entwickelt, was die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt angeht. Dies hat natürlich dazu beigetragen. Ich hoffe, dass sich Berlin berappelt. Ob es die CDU allein richten kann, wage ich zu bezweifeln. Ob es in dieser Koalition angesichts der Mehrheitsverhältnisse möglich ist, wage ich zu bezweifeln. Ich würde es Berlin gönnen, weil sich Berlin in einer verheerenden Situation befindet.