möchte ich ihn aufrütteln und ihm drei Zahlen nennen. Ich bin einmal gespannt, wie er diese Zahlen widerlegen möchte. Mit diesen Zahlen werden die Feststellungen, die mein Kollege Franz Schindler eben gemacht hat, klar bestätigt: Die Studiengebühren sind und bleiben unsozial, sie selektieren, sie benachteiligen bildungsfernere Schichten, sie benachteiligen jene, die das Geld dafür nicht aufbringen wollen oder die keine Schulden machen wollen. Sie benachteiligen junge Familien. Wenn beide, Frau und Mann, ein Darlehen aufgenommen haben, starten sie mit Schulden und sollen dann noch, was wir alle wollen, Kinder bekommen. Verschuldet gründet keiner eine Familie. Das ist doch wohl logisch.
Meine Damen und Herren, hören Sie gut zu, jetzt wird es spannend. 2009 haben 55.806 junge Frauen und Männer das Abitur abgelegt oder eine andere Hochschulzugangsberechtigung erhalten. Davon haben tatsächlich 41.000 Frauen und Männer studiert. Nicht studiert haben - diese Zahl macht mich wahnsinnig 14.217. Diese Zahlen, die übrigens beim Bundesamt für Statistik nachzulesen sind, spitzen sich noch einmal zu. Im Jahr 2010 gab es 60.866 junge Männer und Frauen, die die Hochschulzugangsberechtigung erhalten haben. Jetzt passen Sie ganz gut auf. Nur
33.164 haben ein Studium aufgenommen. Wer etwas Mathekompetenz hat, hat gemerkt, dass also nur jeder Zweite, der in Bayern eine Hochschulzugangsberechtigung erhalten hat, ein Hochschulstudium angefangen hat. Können wir uns das leisten? Herr Fachminister Heubisch, das heißt, dass fast 30.000 kein Studium aufnehmen, und das in einer Situation, in der wir wissen, dass der Hochschulstandort Bayern gut ist. Dieser muss aber auch nachhaltig unterstützt werden. Wir haben einen partiellen Fachkräftemangel. Den können wir nicht bewältigen, wenn es nur gelingt, jeden Zweiten mit Hochschulzugangsberechtigung an die Hochschule zu bringen.
Nachdem Sie die ersten Zahlen verdaut haben, kommen weitere Zahlen. Eine HIS-Studie sagt zur Frage, warum Menschen ein Studium abbrechen, ganz klar, dass 19 % - das ist jeder fünfte - ein Hochschulstudium aus finanziellen Gründen abbrechen. Wenn man dann noch die Abbrecher hinzunimmt, die sich durch das Jobben nebenher überfordert fühlen, sind wir bei einer Abbrecherquote von 50 %. Jeder Zweite, der abbricht, bricht entweder wegen Überforderung oder aus finanziellen Gründen ab. Das ist die zweite Zahl.
Die dritte Zahl ist der Negativ-Saldo, den wir seit 2010 haben. Ihre Mär - man könnte fast Wintermärchen sagen, weil es so kalt ist, dabei haben wir erst Herbst -,
dass so viele nach Bayern kommen, stimmt nicht mehr. Seit 2010 gehen mehr aus Bayern weg, als nach Bayern hereinkommen. Ich kann es belegen. Es stimmt nicht, dass wir bei den Studierenden ein Zuwanderungsland sind. Wir sind ein Abwanderungsland. Das kann sich Bayern nicht leisten.
Deswegen sage ich Ihnen hier und heute: Wenn wir Bayern erfolgreich in die Zukunft bringen wollen, schaffen wir die Studiengebühren ab. Sie stimmen aber jetzt gleich - auch Sie, meiner lieber Freund, Herr Schmid - mit Nein.
Geschätztes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst gilt es festzuhalten, dass wir in Bayern so viele Studierende haben wie noch nie
in der Geschichte des Freistaates Bayern. So schlecht kann es nicht sein. So unattraktiv können unsere bayerischen Hochschulen nicht sein.
Frau Kollegin Zacharias, es ist wunderbar, wenn alle diejenigen, die das Zeug dazu haben, studieren. Es muss aber nicht jeder studieren. Man kann auch eine gute Ausbildung machen.
Die Durchlässigkeit unseres Hochschulsystems zeigt uns, dass auch der Weg über die Ausbildung zur Hochschule führen kann. Dafür haben wir in den letzten Jahren gemeinsam viel entwickelt.
Frau Zacharias, ich lasse momentan geistig einen Lkw-Fahrer auf der Autobahn A 7 vor meinen Augen vorbeifahren. Ich überlege mir dabei, wie der die Debatte verfolgen würde. Der Lkw-Fahrer hat seinen Führerschein, der im Durchschnitt 3.000 Euro kostet ich habe es gerade bei Google nachgesehen - selber bezahlt. Der Lkw-Fahrer, der Rechtsrat braucht, geht zum Rechtsanwalt und bezahlt ihn voll und ganz. Der Lkw-Fahrer, der ein Haus bauen will, geht zum Architekten und zahlt ihn voll und ganz. Angesichts dessen stellt sich die wichtige gesellschaftspolitische Frage: Soll dieser Lkw-Fahrer die Ausbildung aller in Bayern studierenden künftigen Akademiker zur Gänze mittragen, oder können wir von den Studierenden einen überschaubaren eigenen Beitrag verlangen? Ich meine, das lässt sich verantworten.
(Zuruf von der SPD: Das ist doch gar nicht die Frage! Mit Ihrer Argumentation könnten Sie auch von Schülern Geld verlangen!)
Das lässt sich verantworten, wenn Studienbeiträge sozial vertretbar ausgestaltet sind. Was das angeht, haben wir in dieser Legislaturperiode gemeinsam viel entwickelt. So begründen bestimmte familiäre Gründe Befreiungstatbestände, die dazu führen, dass in Bayern gegenwärtig ein Drittel aller Studierenden von Studienbeiträgen befreit sind.
Damit nicht genug: Mit dem Studienbeitragsdarlehen kann jeder, der sich nur im Ansatz finanzielle Sorgen
macht, schlicht und einfach die Hand heben und sagen: Ich möchte mich jetzt nicht um die Studienbeiträge kümmern und will keinen Stress durch zusätzliches Jobben. Ich will mich auf das Studium konzentrieren und nehme das Darlehen in Anspruch. - Die Solvenz wird nicht geprüft; er bekommt es einfach.
Falls er später nicht so gut verdient, wird gestundet. Ich bin dankbar, dass das Einkommen, das mindestens erzielt werden muss, damit man überhaupt in die Verlegenheit kommt, Studienbeiträge zurückführen zu müssen, noch einmal angehoben wird; das Bruttogehalt muss bei über 2.000 Euro liegen.
Ich bin der Staatsregierung auch dankbar, dass sie sich eines anderen Problems angenommen hat - die Frage ist immer wieder aufgeworfen worden -: Was geschieht, wenn die ganz Familie Angst hat, ob sich der Sohn oder die Tochter doch zu sehr verschuldet, wenn er/sie das Darlehen in Anspruch nimmt und die Zinsen auflaufen? - Angesichts dessen halte ich es für sehr sinnvoll, eine Zinsgrenze einzuziehen. Eine Deckelung bei fünf Prozent ist ein riesiger Schritt für diejenigen, die vielleicht nicht geneigt waren, das Angebot eines Studienbeitragsdarlehens anzunehmen. Dafür, dass hier Abhilfe geschaffen wird, gilt der Bayerischen Staatsregierung mein ausdrücklicher Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wichtigste ist das gilt es in jeder Debatte im Plenum und im Ausschuss zu betonen -: In Bayern darf niemand, der studieren will, wegen der Studienbeiträge auf der Strecke bleiben.
Meine Redezeit läuft ab. - Wichtig ist auch die Verwendung der Studienbeiträge. Sie müssen auch den Studierenden zugutekommen, die gezahlt haben. Die Restmittel sind abzubauen. Ich denke, wir sind insoweit endlich auf einem guten Weg. Dann ist das Beitragssystem, das wir in Bayern haben, ein sozialpolitisch und gesellschaftspolitisch rundum gut vertretbares System.
Wenn andere sauer sind und fragen, warum wir hier Studienbeiträge verlangen, während sie in anderen Bundesländern nicht verlangt werden, obwohl wir so viel in den Länderfinanzausgleich zahlen, dann kann das kein Argument sein. Das Argument muss sein: Wir müssen uns vom Länderfinanzausgleich entlasten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es gleich vorwegzuschicken: Herr Jörg, wir hatten vorher eine gute Debatte, und ich schätze auch die Beiträge. Mir gefällt es aber überhaupt nicht, wenn Sie hier beginnen, verschiedene Teile der Bevölkerung gegeneinander auszuspielen. Das wollen wir hier nicht haben.
(Lebhafter Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD - Zuruf von der CSU: Es geht auch um Gerechtigkeit!)
- Immer mit der Ruhe! Es geht mir darum, die Debatte auf die Studenten bezogen zu führen und nicht zu sagen: "Die müssen zahlen, weil andere auch etwas zahlen."
Man muss sich doch die Frage stellen: Warum werden hier Studienbeiträge erhoben? Die Antwort kann doch nicht sein: Weil sich sonst der Lkw-Fahrer aufregt oder weil der Lkw-Fahrer etwas zahlen muss.
Wir müssen uns doch angesichts des Auftrags, den uns Artikel 138 der Bayerischen Verfassung gibt, Bildung zu garantieren, fragen, was wir uns leisten können und was wir uns nicht leisten können. In der heu