Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

(Zuruf von den GRÜNEN: Tobi!)

Ich möchte auch den Bürgermeister Thalhammer von Niederalteich mit einbeziehen, der sich sehr intensiv mit einbringt. Ich kann Sie trösten. Ich spreche das aus, wozu die FDP einen ganz klaren Parteitagsbeschluss gefasst hat.

Lieber Herr Kollege Huber, ich bin voll und ganz bei Ihnen. Auch wir streben eine sachdienliche Lösung an. Auch wir streben ein Abwägen der Sachargumente an und wollen eine sinnvolle Lösung. Deswegen glauben wir, dass der sanfte Donauausbau eine sinnvolle Lösung ist.

Wir möchten das auch ganz gerne begründen. Unser Entscheidungshorizont ist nicht davon geprägt, dass wir bei diesem Thema ideologisch verankert wären oder weil wir ein Konjunkturprogramm für die Betonindustrie haben wollen. Wir wollen die Sachgründe aus ökologischer und ökonomischer Sicht abwägen. So hören Sie es von mir immer. Wir wollen eine faire Partnerschaft von Ökologie und Ökonomie. Wenn ich die Maßnahmen zunächst ökologisch betrachte und nach dem ökologischen Preis frage, stelle ich fest, dass bei der Variante C 280 die Staustufe ökologische Folgen hat, egal ob man sie sieht oder nicht. Es ist vielleicht optisch schöner, wenn man sie nicht sieht. Dennoch werden die Folgen durch eine ökologische Staustufe bleiben. Das hat immense Auswirkungen auf den Fluss. Da ist dann nichts mehr mit dem bayerischen Amazonas, wie die Donau in diesem Bereich häufig liebevoll genannt wird. Das hat eine leblose, sterile Donau zur Folge mit einem gleichbleibenden Wasserstand, mit wenig Bewegung im Wasser. Das wiederum hat immense negative Auswirkungen für die Fische, für die Tierwelt, aber auch für die Ufer, für die Auwälder und auch, wie wir gehört haben, fürs Ackerland. Es ist also festzuhalten: Die ökologische Wirkung ist immens.

Wenn ich mir jetzt im Gegensatz dazu die Variante A anschaue, die auch Beschlusslage der FDP-Fraktion ist, so entnehme ich einem sehr guten und sachlichen Beitrag der "Süddeutschen Zeitung" vom vergangenen Montag, dass es bei der Variante A sogar noch zu Verbesserungen der ökologischen Situation kommt. Durch diese Variante werden nämlich entlang der Donau unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten ermöglicht. Unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten

sind ein Vorteil für die Fischwelt, ein Vorteil für die Pflanzenwelt.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

Ich sehe somit die Konsequenz, dass es beim Ausbau nach Variante A sogar eine Verbesserung des ökologischen Status quo gibt. Das ist in die Gesamtdarstellung einzubeziehen.

(Erwin Huber (CSU): Das wird einbezogen!)

Schauen wir uns das jetzt von der ökonomischen Seite an. Die Variante C 280, das haben Sie in Ihrer Rede auch ehrlich zugegeben, ist massiv teurer. Sie ist nicht doppelt so teuer, sondern sie ist dreimal so teuer, so viel bisher aus dem Gutachten durchgesickert ist. Sie ist also dreimal so teuer wie die sanfte Variante A. Wenn wir uns den ökonomischen Nutzen anschauen, dann geht es nicht darum, um wie viele Tage mehr die Donau jetzt schiffbar gemacht wird. Es geht darum, wie denn die Nachfrage ist. Wie viele Tonnen Fracht würden auf der Donau transportiert? Da stelle ich fest, dass der Nutzen der Variante C 280 gegenüber der sanften Variante A marginal ist. Das Frachtaufkommen wird, soviel jetzt durchgesickert ist, auf 12,8 Millionen Tonnen geschätzt, bei der Variante A auf 11 Millionen. Das heißt, es ist nahezu genauso viel Frachtaufkommen möglich. Es stellt sich also nicht die Frage, wie viele Tage mehr ist die Donau schiffbar, sondern entscheidend ist, wie hoch die konkrete wirtschaftliche Nachfrage ist. Diese Nachfrage kann mit Variante A fast genauso befriedigt werden wie mit Variante C 280.

Demzufolge kann man zusammenfassen: Nach allem, was wir bisher aus diesem Gutachten erfahren durften, nach allem, was bislang durchgesickert ist, könnte es aus ökologischer Sicht eine klare Stellungnahme für die sanfte Variante A geben. Auch aus ökonomischer Sicht werden die Ausbauziele - ich stelle fest, den Ausbau wollen alle Fraktionen - mit der schonenden Variante A genauso gut erreicht. Meine Fraktion wird, mit Ausnahme des Fachsprechers, aufgrund der formalen Gründe, weil wir dieses Gutachten abwarten wollen, weil wir es explizit und intensiv auswerten wollen, diesen Antrag heute ablehnen. Ich betone aber, nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern aus formalen Gründen.

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Debatte war in den letzten Tagen nach der sachlich begründeten Verlautbarung unseres Umweltministers sehr intensiv. Ich sah da auch einen kleinen Zusammenhang damit,

dass die FDP-Fraktion zeitgleich ein "Donauforum" veranstaltet hat.

(Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

Da wurde man vielleicht ein bisschen nervös.

(Lachen des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Ich kann Sie aber beruhigen, das hätten Sie nicht zu sein brauchen, denn bei uns ging es generell um die Donaustrategie und beispielsweise auch um die kulturelle Zusammenarbeit der Anrainerstaaten entlang der Donau. Sie sehen, die Donau ist immer wert, dass man über sie spricht. Die Donau sollte deshalb nicht auf die Frage verkürzt werden, ob wir Staustufen wollen oder nicht.

(Beifall bei der FDP)

Ich muss sagen, ich fand Ihre Verlautbarung sehr, gut, Herr Huber, Hut ab. - Nix Erwin, sondern Marcel.

(Erwin Huber (CSU): Sie können uns nur im Doppelpack haben!)

Hut ab, dass Sie die Variante "CSU 280" als die vermeintlich schlechtere ansehen, und, dass Sie das sanfte Konzept, das seit den Koalitionsverhandlungen von der FDP gefordert wird als "das bessere Donaukonzept", anerkennen. Dazu gehört Größe. Ich finde generell, man kann auch einmal einer anderen Partei zugestehen: Jawohl, das ist doch gar nicht so verkehrt, was die gesagt haben. Im Übrigen glaube ich, wenn wir es in dieser Legislaturperioden schaffen sollten, gemeinsam als Koalition mit dem sanften Donauausbau endlich einen Schlussstrich unter diese Jahrzehnte lang andauernde Diskussion um die Donau zu ziehen, dann würden viele Bürgerinnen und Bürger das als einen wirklichen Erfolg dieser Koalition wahrnehmen. Lassen sie uns daran arbeiten.

(Beifall bei der FDP - Peter Meyer (FREIE WÄH- LER): Meinen Sie das so?)

- Ja, Sie sehen, die FDP ist an gemeinsamen Erfolgen in der Koalition interessiert. Wir sind gekommen, um zu bleiben, und wir wollen unsere Arbeit hier fortsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Ich fasse zusammen: Die Variante A, der sanfte Donauausbau, stellt eine bessere Partnerschaft von Ökologie und Ökonomie dar. Ich gehe sogar noch weiter. Nachdem der sanfte Donauausbau sogar noch ökologische Vorteile hat, ist die Variante A, der sanfte Donauausbau, nicht nur die beste Variante und die

beste Partnerschaft von Ökologie und Ökonomie, sondern es handelt sich sogar um eine Win-win-Situation von Ökologie und Ökonomie. Ich plädiere und werbe dafür, dass wir uns dieses Themas sachlich annehmen und das Gutachten erst einmal auswerten. Ich glaube, das beste Zeichen für ein unabhängiges Gutachten wird sein, was viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Land schon wissen: Das Gutachten sollte zu dem Ergebnis kommen, dass der sanfte Donauausbau eine Win-win-Situation für Ökologie und Ökonomie und damit für die Donau insgesamt wäre.

(Beifall bei der FDP)

Zwischenbemerkung: Herr Kollege Rinderspacher, bitte.

Verehrter Herr Kollege Thalhammer, der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder und mit großer Entschlossenheit für den Donauausbau mit der Staustufenvariante C 280 ausgesprochen. Ich zitiere: "Ich bin dezidiert für den Donauausbau in der Variante C 280, der Lösung mit einer Staustufe." So die "Mittelbayerische Zeitung" vom 03.11.2009. Er, Horst Seehofer, stehe ohne Wenn und Aber hinter der CSU-Linie. Einen schleichenden Abschied von den Ausbauplänen werde es mit ihm nicht geben. - Gehe ich recht in der Annahme, dass der schleichende Abschied von den ursprünglichen Positionen bei Herrn Seehofer mit dem Interview von Herrn Minister Huber begonnen hat? Wie ist Ihre Position dazu, und wie bewerten Sie dies in diesem Zusammenhang?

Zweite Frage: Ich persönlich halte es für seltsam und verwunderlich, dass der bayerische Umweltminister große Interviews in einer bayerischen Tageszeitung gibt, es aber nicht für nötig hält, zumindest nach dem derzeitigen Stand, hier im Bayerischen Landtag ans Mikrofon zu treten.

(Beifall bei der SPD)

Offensichtlich muss das Herr Zeil machen. Ich halte das für eine Missachtung des bayerischen Parlaments und für einen Mangel an politischer Kultur.

(Zurufe von der CSU)

- Sie reden noch? - Dann nehme ich das zurück. Herr Thalhammer, sind Sie wie ich der Auffassung, dass der, der solche Interviews gibt, konsequenterweise als Abgeordneter im Bayerischen Landtag dann auch dem Antrag von SPD, GRÜNEN und FREIEN WÄHLERN zustimmen müsste, wie Sie selbst es tun? Müsste Herr Huber in der Konsequenz nicht mit der Opposition stimmen, wie Sie es selbst tun?

(Beifall bei der SPD)

Nein. Herr Fraktionsvorsitzender, prinzipiell hat jeder Abgeordnete das Recht zur freien Meinungsäußerung. Das gilt auch für Minister und das gilt vor allem dann, wenn es die Opposition gern anders hätte.

Ich möchte auch feststellen, dass jetzt gleich der stellvertretende bayerische Ministerpräsident sprechen wird. Ich sehe deshalb keine Missachtung des Parlaments, sondern ich sehe das Ganze sogar als ziemlich hoch angesiedelt an. Des Weiteren ist auch einmal klarzustellen, dass wir als Parlament dankbar sein sollten, vielleicht auch ein bisschen glücklich, dass unser Ministerpräsident so häufig hier sitzt. Das hat wirklich Respekt und Anerkennung verdient. Danke schön dafür.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Und ob, mit was auch immer, ein Meinungsbildungsprozess zustande kam, das weiß ich nicht. Das habe ich auch nicht zu bewerten. Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich Ihnen aber von meinem intimen Meinungsbildungsprozess berichten.

(Unruhe bei der SPD)

Ich habe am Anfang gedacht, dieser sanfte Donauausbau, das ist doch nichts Halbes und nichts Ganzes. Ich bin den ersten Argumenten gefolgt und habe gedacht, oh, da wären unglaublich mehr Tage schiffbar. Für jemanden, der wie ich nicht nur die Ökologie sieht, sondern auch die Ökonomie, war eigentlich klar: Wir müssen das gescheit ausbauen. Ich hatte immer noch das große Konzept einer durchgehenden, leistungsfähigen Transportstraße von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer vor Augen, wo man eine Engstelle nicht brauchen kann. So war meine anfängliche Annäherung. Ich musste mit der Zeit feststellen, dass die Idee, die Nordsee mit dem Schwarzen Meer zu verbinden, aus einer ganz anderen Zeit stammt. Man hat damals noch gemeint, dass die Rohstoffe, beispielsweise vom Ruhrpott, tonnenweise nach Südosten transportiert werden. Man konnte sich damals nicht vorstellen, dass wir heute auch mit osteuropäischen Ländern ausgeglichene Handelsbilanzen haben. Das hat mich in meiner Überzeugung bestärkt, dass wir derzeit keinen Bedarf für diesen krassen Ausbau haben. In der Partnerschaft von Ökonomie und Ökologie hat in meinen Augen die Ökonomie etwas abgenommen. Ich sehe des Rätsels Lösung in einem sanften Donauausbau, der die Ökonomie und die Ökologie stärkt. Deswegen erscheint mir das als eine vernünftige Lösung.

(Beifall bei der FDP)

Für eine weitere Zwischenbemerkung hat sich Herr Kollege Dr. Runge gemeldet.

(Dr. Martin Runge (GRÜNE): Ich ziehe zurück!)

Dann darf ich jetzt für die Staatsregierung Herrn Staatsminister Zeil das Wort erteilen. Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über einen sinnvollen Donauausbau wird nach jahrzehntelangen Diskussionen und vielen Gutachten nicht durch einen - im Übrigen mit Fehlern gespickten - Dringlichkeitsantrag der Opposition entschieden, sondern in einem geordneten Verfahren.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Lachen des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄH- LER))

Wenn man den Antrag liest, stellt man fest, dass es da zum Teil auch an Sachkenntnis fehlt. Man kann der Variante C 280 manches nachsagen und vieles an ihr kritisieren, nur nicht, dass sie unwirtschaftlich wäre; denn die im Rahmen der Studie des renommierten Planco-Instituts vorgenommene Wirtschaftlichkeitsprognose ergibt nicht nur für die Variante A, sondern auch die Variante für C 280 ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Deshalb seid ihr dagegen!)

Wie Sie auf die geradezu absurde Zahl von 9.000 ha beeinträchtigten Schutzgebietes kommen, ist mir ein Rätsel. Wenn es zwei Nullen weniger wären, wäre es immer noch zu viel, aber zumindest die richtige Größenordnung.