Deshalb glaube ich, dass ein verkürztes Verfahren, das Sie bisher hinsichtlich der Roma nicht konkretisiert haben, der Sache nicht gerecht wird. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie die Gemeinschaftsunterkünfte angesprochen haben. Das gibt mir die Möglichkeit, Ihnen zu sagen, dass mit Ihrem restriktiven Flüchtlingsaufnahmegesetz so viele Ausnahmen geschaffen wurden, dass im Endeffekt keiner die Gemeinschaftsunterkunft verlassen kann. Deswegen sind die Gemeinschaftsunterkünfte überfüllt. Deswegen sind auch die Erstaufnahmeeinrichtungen überfüllt. Niemand aus der Erstaufnahmeeinrichtung kommt in die Gemeinschaftsunterkunft, weil die voll ist. Die Gemeinschaftsunterkünfte sind voll, weil Sie ein schlechtes Aufnahmegesetz gemacht haben, sodass keiner ausziehen kann.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der gestellte Antrag vermischt eigentlich zwei unterschiedliche Aspekte. Zum einen geht es um die Frage - das wurde im Redebeitrag deutlich -, wie man unser Land vor Flüchtlingen schüt
zen kann. Dabei geht es unter anderem um Schnellverfahren. Auf der anderen Seite wissen wir selbstverständlich, dass die Richter entscheiden oder die Entscheidung auf europäischer Ebene oder auf Bundesebene getroffen wird. Das hat Frau Kollegin Ackermann bereits gesagt. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist viel wichtiger. Wie schützen wir unsere Flüchtlinge in Bayern? Wie verbessern wir vor dem Hintergrund einer großen Zunahme ihre Situation? Das gehört in die Sozialpolitik. Hierzu ist in Bayern ein großer Handlungsbedarf vorhanden.
Bei dem Antrag handelt es sich um einen Berichtsantrag. Das ist uns viel zu wenig. In der heutigen Zeit genügt kein Berichtsantrag mehr. Wir brauchen einen Handlungsauftrag, mit dem wir konkret etwas für die Flüchtlinge in Bayern tun können. Im Antrag wird nach den Herkunftsländern der Asylbewerber gefragt. Das wissen Sie doch: Afghanistan, Syrien, Iran und Irak. Seit Neuestem sind es auch Mazedonien und Serbien. Das ist doch alles bekannt. Sie wollen die Gründe für den Anstieg wissen. Ja, gut: Das sind Verfolgung, Krieg, Schikane und verschiedene andere Dinge. Sie fragen nach der durchschnittlichen Dauer von Asylverfahren. 44 % der Asylverfahren dauern sechs Monate, 67 % der Asylverfahren dauern weniger als ein Jahr. Das wollen Sie alles wissen. Sie wollen die Anerkennungszahlen wissen. Aus dem Irak werden 68 % der Flüchtlinge anerkannt, aus dem Iran 46 % und aus Afghanistan 24 %. Sie schreiben, dass aus Serbien und Montenegro null Prozent der Flüchtlinge anerkannt werden, obwohl das noch gar nicht bewiesen ist. Das schreiben Sie jedoch schon vorab.
Deswegen frage ich mich, was dieser Berichtsantrag soll. Der Berichtsantrag ist doch schon erledigt. Die Fragen sind schon beantwortet. Die Antworten stehen in allen Broschüren. Im Antrag steht weiter, dass darüber zu berichten sei, welche Maßnahmen unternommen werden könnten, um eine Beschleunigung der Asylverfahren zu erreichen. Uns geht es um die aktuellen Probleme. Wir wissen, dass es an Personal fehlt. Wissen Sie jedoch auch, woran das liegt? Das liegt an dem drastischen Personalabbau der Regierung Stoiber vor acht bis zehn Jahren.
Das sind die Probleme, die uns heute wieder begegnen. Sie versuchen krampfhaft, die aktuellen Probleme wieder zu lösen. Im Antrag steht nichts, auch wenn Sie mündlich erläutert haben, wie das Problem der überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen gelöst werden soll. Sie wollen ein bisschen aufstocken und Zelte sowie Container aufbauen, die vielleicht in eini
gen Monaten kommen. Der Winter kommt jedoch schnell. Dr. Bauer und ich haben uns die Gemeinschaftsunterkunft in Zirndorf angesehen. Wir meinen, die Verhältnisse sind dort untragbar. Im Moment geht es gerade noch, weil der Winter noch nicht da und die Witterung erträglich ist. Wir müssen das Problem sehr schnell lösen. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung in Bayern brauchen. Hierzu haben wir einen Antrag eingereicht, der im Sozialausschuss besprochen werden wird.
Im Rahmen der ganzen Diskussion - das liest man immer wieder - beschweren Sie sich darüber, dass das Bundesamt Sie nicht rechtzeitig über die Zahlen der Flüchtlinge in Kenntnis gesetzt hat. Die Ministerin sagt, die anderen seien schuld. Wir meinen, die Ministerin hat sich in den letzten Monaten in einem Tiefschlaf befunden. Wir haben das Problem Zirndorf bereits im April diskutiert. Im letzten Jahr gab es schon große Probleme. Die haben sich kurzfristig etwas entschärft. Jetzt sind die Zahlen jedoch wieder dramatisch gestiegen. Man hätte schon etwas tun können. Leider wurde dieser Antrag vor einigen Monaten abgelehnt.
Wir sind ebenfalls der Meinung, dass ein Konzept der dezentralen Unterbringung unter Mitwirkung von Kommunen und Landkreisen auf jeden Fall notwendig ist. In der Vergangenheit ist es immer wieder vorgekommen, dass Flüchtlinge in Kommunen untergebracht worden sind, die das nicht wussten. Die Bevölkerung stand kopf und konnte das Problem in der Form nicht akzeptieren. Ich nenne ein Beispiel aus dem Landkreis Aschaffenburg. Dort sollen 62 Asylbewerber in einen Ort mit 2.000 Einwohnern untergebracht werden.
Meine Damen und Herren, wir müssen das gesamte Asylbewerberleistungsgesetz auf den Prüfstand stellen. Dazu haben wir eine Anhörung gefordert. Es geht um die Prüfung eines alternativen Unterbringungsmodells aus anderen Bundesländern. Insgesamt geht es um die Erstellung eines stimmigen und zukunftsfähigen Gesamtkonzepts zur Unterbringung von Asylbewerbern. Wir müssen erreichen - das ist ein ganz wichtiger Punkt -, dass Asylbewerbern schneller als bisher eine Arbeitserlaubnis erteilt wird. Zudem soll die sogenannte Nachrangigkeitsprüfung abgeschafft werden. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt.
schon beantwortet sind. Der Antrag der CSU ist für uns ein Schaufensterantrag. Eigentlich wurde er gestern in der Kabinettssitzung bereits ausführlich behandelt. Heute soll das Parlament noch einmal dazu benutzt werden, die Abschiebung der Flüchtlinge aus Serbien und Montenegro zu verdeutlichen. An dieser Stelle gilt immer noch Artikel 16 des Grundgesetzes. Demnach haben die Flüchtlinge ein Recht auf ein ordentliches Asylverfahren.
Renate Ackermann (GRÜNE) : Herr Kollege Dr. Fahn, wie stellen Sie sich das beschleunigte Asylverfahren genau vor? Soll sich das auf alle Asylbewerber beziehen oder nur auf bestimmte Asylbewerbergruppen?
Sie haben gemerkt, dass insbesondere Asylerstaufnahmeeinrichtungen wie in Zirndorf völlig überlastet sind. Mit zusätzlichem Personal könnte den Asylbewerbern die Möglichkeit eingeräumt werden, die Einrichtung in Zirndorf schneller zu verlassen. Dafür brauchen wir zusätzliches Personal.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Durch meine beiden Vorredner Frau Ackermann und Herrn Dr. Fahn - ist schon auf die Trickkiste, die der Antrag darstellt, hingewiesen worden. Im Berichtsantrag werden Fragen zu Zahlen gestellt, die Sie alle unter der Internetadresse "www.BAMF.de" aktuell nachlesen können. Dort ist alles wunderbar in Balkendiagrammen aufgegliedert. Man muss gar nicht sehr viel lesen, sondern kann es auf den ersten Blick erkennen.
Kolleginnen und Kollegen, zu der Begründung des Antrags hat kein Sozialpolitiker geredet, sondern Dr. Florian Herrmann als Innen- und Kommunalpolitiker. Der Antrag - das sage ich jetzt einfach - zielt darauf ab, den billigen Populismus, den Innenminister Herrmann gestern in der Kabinettssitzung in Überschriften verbreitet hat, über den Umweg eines Berichtsantrages in dieses Parlament einzubringen, nachdem die Sozialpolitiker einem solchen Antrag wohl nicht zugestimmt hätten.
Ich meine, Frau Meyer entsprechend zu kennen und zu verstehen. Wahrscheinlich hätte Ihr Koalitionspartner auch nicht zugestimmt. Somit haben Sie das über den Weg eines Berichtsantrages gemacht.
Sie kennen die Zahlen. Sie wollen Gründe für den Anstieg der Zahl der Asylbewerber wissen. Ist Ihnen und den Rechtspolitikern Ihrer Fraktionen bewusst, dass es im Grundgesetz den Artikel 16 a gibt und Asyl ein individuelles Recht ist, eine individuelle Prüfung voraussetzt und es bei 40.000 Anträgen in diesem Jahr bis zum jetzigen Zeitpunkt wohl 40.000 unterschiedliche individuelle Gründe gibt, um Antrag auf Asyl in der Bundesrepublik zu stellen? Es ist ein individuelles Recht, und dieses individuelle Recht - auch das ist bereits gesagt worden - setzt eine vernünftige Prüfung voraus. Sie sehen die Problematik vor dem Hintergrund der Asylbewerberzahlen aus Serbien und Mazedonien. In einer Stellungnahme des dafür zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge diese Presseerklärung ist unter www.bamf.de abrufbar - weist das Amt ausdrücklich darauf hin, dass Ende September 2012 11.351 Asylsuchende aus den fünf Herkunftsländern Afghanistan, Irak, Pakistan, Iran und Syrien nach Deutschland gekommen sind. Das Bundesamt ist seit Monaten bei der Bundesregierung vorstellig, weil es mit der Zunahme der Anträge eine Grundlast sieht, die dazu führt, dass die Anträge nicht mehr zeitnah bearbeitet werden können. Deshalb kommt es zu langen Verfahrensdauern, die im Übrigen sowohl Kollegin Ackermann als auch alle anderen Kolleginnen und Kollegen, die in der Flüchtlingsarbeit aktiv sind, sowie die Flüchtlinge selbst bemängeln, die zurzeit zu Fuß nach Berlin unterwegs sind. Frau Tolle hat das zuletzt im Sozialausschuss herausgearbeitet. Diese Grundlast ist vorhanden, und die Anträge aus Serbien und Mazedonien sind erst in den letzten Monaten gekommen.
Ich sage ganz deutlich: Auch wir wissen, dass die Anerkennungsquote der Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien - wir sind nicht blöd; man kann das an den Balken erkennen - nahe gegen null geht. Aber sie geht nicht gegen null. Es gibt 19 anerkannte Serben und fünf Anerkannte, die aus Mazedonien kommen. Es ist also keine Quote von 0,0, sondern sie geht gegen null. Ich betone aber noch einmal: Es handelt sich um eine Einzelprüfung, und die Quote ist nicht hundertprozentig.
Wir wissen auch, dass es sich bei den Menschen, die aus Serbien und Mazedonien zu uns kommen, um eine Fluchtbewegung innerhalb Europas aus Armut handelt. Das wissen wir und wir müssen entsprechende Problemlösungen finden. Diese können wir aber
nur in Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn finden. Wir können die Probleme nicht dadurch lösen, dass die Bundesrepublik, ohne mit den europäischen Nachbarn gesprochen zu haben, die Visumsfreiheit infrage stellt. Ich frage Sie, Kolleginnen und Kollegen der CSU: Wollen wir eine europäische Politik der Annäherung oder der Ausgrenzung? Diese Fragen stehen hinter dieser Problematik.
Ein Allerletztes - vielleicht bringt Sie das ein bisschen zum Nachdenken -: Die Europäische Union hat vor ein paar Tagen den Friedensnobelpreis bekommen. Sie hat ihn sicher nicht für solche Äußerungen bekommen und sicher nicht für solche Handlungen, sondern dafür, dass wir die ethischen und moralischen Grundsätze, die in unserem Grundgesetz, aber auch in der Sozialcharta der Europäischen Union verankert sind, als verantwortliche Politiker ernst nehmen. In diesem Zusammenhang fordere ich Sie auf, das Thema Asyl und Flüchtlinge als wahre Demokraten und Rechtspolitiker zu behandeln und nicht mit billigem Populismus abzutun.
Bevor wir in der Aussprache fortfahren, darf ich bekannt geben, dass die CSU-Fraktion für ihren Dringlichkeitsantrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Frau Kollegin Meyer, bitte.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Fakt ist: Die Asylbewerberzahlen steigen seit 2008 kontinuierlich an. Sie steigen in diesem Jahr massiv, und es sind sehr viele Asylbewerber aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak, Serbien und Mazedonien zu verzeichnen. Fakt ist außerdem, dass diese Entwicklung uns in ganz Deutschland betrifft, überall herausfordert und uns überall vor große Probleme stellt. Dabei ist es völlig egal, wie in den einzelnen Bundesländern regiert wird, ob Schwarz-Gelb, Rot-Grün oder Rot-Rot, egal wie zum Beispiel in Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen regiert wird. Es zeigt sich, dass keines dieser Länder ausreichende Kapazitäten hat und in allen Bundesländern eine Unterbringung in Ersatzunterkünften der unterschiedlichsten Art notwendig ist. Für uns in Bayern bedeutet dies, dass wir momentan vor allen Dingen in Erstaufnahmeeinrichtungen von ankommenden Asylbewerbern überrollt werden.
Ein weiteres Problem stellt die Tatsache dar, dass die Gemeinschaftsunterkünfte für Neuankömmlinge ebenfalls keinerlei Platz haben. Sie haben das richtig geschildert, Frau Kollegin Ackermann. Wir können jetzt lange darüber diskutieren, was man noch alles bes
ser, schneller oder anders hätte machen können. Ich gebe gerne zu - ich denke, das weiß hier auch jeder -, dass mir manches nicht schnell genug gegangen ist. Jetzt geht es aber darum, wie wir aktuell die akuten Probleme anpacken, und es geht darum, zügig Maßnahmen zu ergreifen. Wir sind das den Menschen schuldig, die ankommen, und wir sind es auch den Mitarbeitern schuldig, die in den Einrichtungen arbeiten müssen, sowie den Mitarbeitern der Wohlfahrtsverbände, die sich ehrenamtlich einbringen.
Es geht nicht um die Frage, ob wir Sachleistungen wollen oder ob wir abschrecken wollen. Wir müssen schauen, die betroffenen Menschen würdig unterzubringen. Wir müssen wirkungsvoll vor Ort agieren, und deshalb wurde ein Gipfel einberufen, auf welchem man sich überlegt hat, was getan werden kann. Wir müssen schnell Erweiterungsmöglichkeiten schaffen. Lieber Herr Kollege Fahn, Sie fordern schon lange eine dritte Aufnahmeeinrichtung; ihre Errichtung würde in diesem Fall viel zu lange dauern. Das hilft aktuell überhaupt nicht.
Ich habe deshalb klar zum Ausdruck gebracht, dass das nicht das vordringliche Ziel sein kann. Es kann sein, dass wir eine solche brauchen, wenn die Zahlen in der Zukunft weiter so ansteigen. Im Moment würde sie uns jedoch nicht weiterhelfen. Im Moment bewegen wir uns auf einem schmalen Grat. Wir müssen unsere Sprache gut wählen. Wir müssen auch alle aufpassen, wenn wir uns gegenseitig die Schuld zuweisen. Das hilft in der öffentlichen Diskussion nicht weiter.
Richtig ist: Alle Asylbewerber, die zu uns kommen, haben einen Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren. Es muss garantiert bleiben, dass das individuelle Recht für diese Asylverfahren gilt. Legitim ist aber auch, darüber nachzudenken, eventuell auf europäischer Ebene Maßnahmen zu ergreifen. Wir müssen mit Vertretern der anderen europäischen Länder - das ist bisher immer betont worden - zum Beispiel über eine Visapflicht nachdenken. Wir müssen auch auf Bundesebene über Maßnahmen nachdenken.
Lieber Herr Kollege Fahn, der von Ihnen gestellte Antrag zielt eindeutig nur auf die Bundesebene ab und beinhaltet, was dort gemacht werden soll. Auf Bundesebene kann jedoch im Moment nicht so viel gemacht werden, um die Situation vor Ort zu entspannen. Deshalb brauchen wir diesem Antrag nicht zustimmen.
Dem Antrag der CSU-Fraktion, einem Berichtsantrag, werden wir selbstverständlich zustimmen. Es ist wichtig, Informationen darüber zu erhalten, was wir in Zukunft tun können. Der entscheidende Schritt wird sein, die Menschen vor Ort zu entlasten, Personal einzustellen, um spürbare Verbesserungen vor Ort zu erreichen. Dafür kämpfen wir in der FDP, gemeinsam mit der CSU. Wir kümmern uns darum, die Situation vor Ort zu verbessern.