dringlich ist. Ich denke, es ist nur dem Plenum geschuldet, dass man dieses gewaltige Thema in einen Dringlichkeitsantrag presst. Trotzdem, Herr Kollege Thalhammer, danke ich Ihnen für den Grundkurs in Energiepolitik, dem sowohl das Auditorium als auch die Damen und Herren auf der Empore mit Interesse beigewohnt haben.
Kompliment, meine Damen und Herren von der FDP, für diese 100 Tage Regierungspartei, dass Sie in diesen 100 Tagen und in der kurzen kommenden Zeit alles regeln wollen, was 100 Jahre internationalen Bemühens um eine gesicherte Energieversorgung nicht zustande gebracht haben. Kompliment, meine Damen und Herren von der Freien Demokratischen Partei Deutschlands hier in Bayern!
Gehen wir in die Details. Gemäß Nummer 1 des Dringlichkeitsantrags soll der Gasmarkt liberalisiert werden. Im gleichen Absatz heißt es, kommunale und regionale Gasversorger sollen gestärkt werden. Meine Damen und Herren, man fragt sich wirklich, wie diese an sich diametral entgegengesetzten Anliegen zu einem Ganzen zusammengefügt werden sollen. Wir als Sozialdemokraten haben eine ganz klare Position: Die circa 200 Stadt- und Gemeindewerke sind eine verlässliche Basis für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger.
Gerade wir Sozialdemokraten - wir ganz besonders haben größtes Interesse daran, dass die Lichter nicht ausgehen, dass die Thermostate nicht auf null stehen und dass die Bürgerinnen und Bürger in warmen Wohnungen und Häusern sitzen.
Weiter heißt es im Antrag, es sollen alle Möglichkeiten zur Erweiterung der Gasspeicherkapazitäten in Bayern genutzt werden. Sehr geehrte Damen und Herren, hier gibt es riesige Vorbehalte in der Bevölkerung, auch in dem von Ihnen angesprochenen Großraum Rosenheim. Außerdem besteht der Konflikt, dass die Nutzung der Geothermie, die auch natürliche Ressourcen nutzt, in den Gebieten, wo Gasspeicher vorhanden sind, sehr starken Einschränkungen unterliegt. - Das geht nicht.
Endgültig große Oper wird der Antrag bei den Ausführungen zu Nabucco. Welche Anmaßung, diese Riesenpipeline, die Milliarden verschlingt und bei der - wie Sie schon gesagt haben - etliche internationale Partner mitwirken müssen, bis Bayern - nichts gegen Burghausen - fortführen zu wollen! - Die Frage der Finanzierung ist hier absolut ungelöst. - Und das haben Sie dankenswerterweise angemahnt - wer stellt denn bitte sicher, dass Iran die Pipeline zu jeder Zeit befüllt? - Ahmadinejad lässt grüßen.
Meine Damen und Herren, die Frage ist auch, ob unsere lieben Nachbarn, die Österreicher, davon begeistert sind, eine Pipeline durch Österreich nach Bayern zu führen. Wir kennen schließlich alle ihre Vorbehalte, wenn es um den Lkw-Verkehr geht.
Beim Energiemix haben Sie ganz bescheiden das Stichwort "Atomkraft" vergessen. Auch das Etikett "zukunftsgerichtet" ist vollkommen fehl am Platze; denn es geht um einen fossilen Brennstoff. Es ist abenteuerlich, so etwas als Lösung der Zukunftsprobleme zu verkaufen.
Unter dem Strich halten wir das für anmaßend, überflüssig, nicht zielführend, überheblich und, um das Wort abzuwandeln, wir überheben uns damit. Insofern sind wir von der Sozialdemokratie eindeutig dafür, diesen Antrag abzulehnen - bei allem Verständnis.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Freien Wähler sind der Meinung, dass der Antrag der FDP abzulehnen ist.
Das Wesentliche zu dem Thema ist heute schon gesagt worden. Herr Roos hat die Bedenken sehr gut ausgeführt.
Herr Thalhammer sprach von einer mutigen Entscheidung. Was daran mutig sein soll, ist mir völlig schleierhaft. Bei allem Verständnis für einzelne Passagen Ihres Antrags, so handelt es sich doch um eine Mogelpackung für Monopolisten. Die Verflechtung des europäischen Gasmarktes mit wenigen Anbietern lässt längst keine Stärkung des Wettbewerbs mehr zu.
Herr Kollege, es tut mir leid, Sie unterbrechen zu müssen. Ich bitte, das Fotografieren im Plenarsaal zu unterlassen.
Die Bindung des Gaspreises an den Ölpreis wirkt global und wird in den nächsten Jahren unausweichlich weltpolitischen Krisen und wirtschaftlichen Gewinnmaximierungstrategien unterliegen. Der fossile Brennstoff ist ein Auslaufmodell. Investitionen in eine verbesserte Erdgasinfrastruktur werden absehbar in wenigen Jahren ins Leere laufen, weil heute Kapazitäten geschaffen
werden, die wir morgen nicht mehr brauchen dürfen. Kollege Graf von Lerchenfeld hat die Nabucco-Pipeline angesprochen. Sie führt in Krisengebiete. Wer sagt uns denn, dass wir wirklich Gas aus dem Iran in die Pipeline bekommen würden? Wer sagt uns denn, dass Aserbaidschan und Kasachstan wirklich Gas liefern werden? Heute haben sie langfristige Verträge mit Russland. Woher soll das Gas für die neue Pipeline kommen?
Die Freien Wähler halten die massive Förderung dezentraler, regenerativer Energien für wesentlich sinnvoller.
Würden wir die Milliarden Euro in erneuerbare Energien stecken, wäre das heute ein richtiger Schritt zur Nachhaltigkeit. Das wäre ein Konjunkturmotor erster Klasse. Das hier im Lande eingesetzte Kapital für erneuerbare Energien und Energieeffizienz würde ausschließlich dem Wirtschaftskreislauf der Region zugeführt werden,
würde den Mittelstand und das Handwerk fördern, Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen und fiele den Großkonzernen nicht in die Hände. Wir brauchen Investitionen für Biomasse, Biogas, Photovoltaik und synthetische Biokraftstoffe. Hinter der Forderung im FDPAntrag nach einem ausgewogenen Energiemix bei der Stromerzeugung verbirgt sich nichts anderes als eine Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke und der Neubau von Gaskraftwerken. Beides können nur Übergangstechnologien von gestern sein, die mit den uns allen bekannten negativen Begleiterscheinungen und Risiken behaftet und mit dem Klimaschutz und der Energiewende schwer vereinbar sind. Sie nützen nur den Energiekonzernen, verhindern den kleinzelligen und krisensicheren Ausbau kommunaler und dezentraler Energieerzeugung und schaden den erneuerbaren Energien als nachhaltige Daseinsvorsorge.
Die FDP, liebe Kolleginnen und Kollegen, erweist sich mit ihrem Antrag wieder einmal als folgsamer Erfüllungsgehilfe der Großindustrie.
Hinter dem dauerhaft missbrauchten Begriff "Liberalisierung", liebe Liberale, verbirgt sich Ihre Politik von gestern und die Stärkung von Monopolisten.
Vielen Dank, Herr Kollege. Entschuldigen Sie noch einmal die Unterbrechung. Nächste Wortmeldung: Herr Hartmann.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP hat mit ihrem Dringlichkeitsantrag einen wichtigen Punkt auf die Tagesordnung gesetzt. Ob der Antrag wirklich dringlich ist, kann man in Frage stellen.
Wegen einer jahrzehntelang verfehlten Energiepolitik ist die Abhängigkeit von importierten Energieträgern gewaltig gestiegen. Das betrifft Öl, Gas, Kohle und Uran. Immer auf der Suche nach dem billigsten Energieträger, hat die Politik vergessen, auf regionale und nachhaltige Energieträger zu setzen.
Dazu kommt das katastrophale Versagen bei der Liberalisierung des Gasmarktes. Wir haben praktisch keinen Wettbewerb im Gasnetz. Der Punkt, den die FDP zu Recht in ihrem Antrag unterbringt, ist die echte Liberalisierung des Gasmarktes, weil die Stärkung des Wettbewerbs vor allem der kommunalen und kleinen Gasversorger dringend gegeben sein muss. Die GRÜNEN sind für mehr Transparenz bei der Zusammensetzung des Gaspreises. Über die Erweiterung der Speicherkapazitäten kann man sicherlich diskutieren. Es geht auch darum, alternative Leitungsnetze und Pipelines zu schaffen. Man sollte aber die Sache nicht überdramatisch sehen. Man hat das Gefühl, dass jedes Jahr wieder das gleiche Spiel gespielt wird: Russland und die Ukraine streiten um den Gaspreis. Das ist kein Grund zur Panik; denn es ist ein Trugschluss, dass Deutschland nur alleine von Russland abhängig ist. Wir haben eine Reihe von Lieferanten aus dem westlichen Bereich. Hinzu kommt, dass Deutschland über 20 Milliarden Kubikmeter Zwischenlager für Erdgas verfügt. 3,5 Milliarden Kubikmeter sind bereits im Bau. Die Jahresmenge, die Deutschland verbraucht, beträgt dabei 88 Milliarden Kubikmeter. Wir haben einen relativ großen Puffer. Wir hatten auch noch keine ernsten Versorgungsengpässe.
Wir haben also noch Zeit zum Handeln, das heißt, uns Gedanken zu machen, wie wir von der Abhängigkeit vom Gas wegkommen. Dieses Thema, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, taucht in Ihrem Antrag nicht auf. Das ist traurig.
Die Beobachter der Weltenergiemärkte sprechen selten davon, wie lange die fossilen Energieträger noch reichen werden. Es geht auch darum, was sie eines Tages kosten werden, wann das Maximum der Förderung erreicht sein wird und die Förderung wieder abfällt.
Manche Studien gehen für das Erdgas von 10 bis 15 Jahren aus, bis der Höchstpunkt der Förderung erreicht sein wird. Beim Öl werden wir den Höchstpunkt der Förderung bereits in den nächsten Jahren erreichen. Es muss also klar sein, dass wir letztendlich vom Gas wegkommen müssen.
Der Ansatz der FDP ist interessant. Seit Jahren wurde die Abhängigkeit vom Gas politisch vorangetrieben. Wir importieren mehr Gas als früher. Das kann nicht der Ausweg aus der Energiekrise sein.
Einiges ist bereits auf den Weg gebracht worden. Ich erinnere an das Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG -, das von der rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebracht wurde. Es hat die Abhängigkeit von fossilien Energieträgern deutlich reduziert. Auf dem Gebäudesektor kommt man langsam, leider sehr langsam, voran. Gerade hier müsste mehr Tempo kommen. Es ist erstaunlich, dass die neue Energieeinsparverordnung - EnEV - weiter verzögert wird. Das ErneuerbareEnergien-Wärmegesetz - EEWärmeG - gilt bisher nur für Neubauten. Wir alle wissen aber, dass die Altbauten der große Bereich sind, wo wir Energie sparen könnten. Die Landesregierung hätte Möglichkeiten, etwas in die Wege zu leiten. Bis jetzt wird nicht gehandelt.
Mit einer konsequenten Energiewendepolitik wäre es möglich, für eine ökologische Energieversorgung zu sorgen und sie ökonomisch sinnvoll zu gestalten. Die Wertschöpfung soll in der Region bleiben. Die Gelder sollen nicht in den Weltmärkten verschwinden.
Letzte Woche legte der Bundesverband Erneuerbare Energien e.V. - BEE - eine Studie vor, die davon ausgeht, dass bei dem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2020 der Anteil der erneuerbaren Energien im Stromsektor bereits bei 47 % liegen könnte. Dies gilt trotz Atomausstieg und ohne einen weiteren Neubau von Kohlekraftwerken.
Bereits im Jahr 2001 hat die Deutsche Energie-Agentur in der sogenannten Netzstudie darauf hingewiesen, dass der Gasverbrauch im Strombereich durch den Anstieg der erneuerbaren Energie rückläufig sein wird.
Ganz kurz noch konkret zu Ihrem Antrag: Ich weiß nicht, was sich die Kollegen von der FDP bei der folgenden Formulierung denken: "... sich in geeigneter Weise mit Nachdruck dafür einzusetzen,...". Schwammiger kann man es kaum formulieren. Fällt Ihnen denn keine konkrete Maßnahme ein, kein konkretes Instrument, mit dem Bayern hier aktiv werden kann? Oder soll die Staatsregierung hier Gelder bereitstellen, um den Pi