Protokoll der Sitzung vom 04.02.2009

pelinebau voranzutreiben? Möchte die Staatsregierung per Gesetz die Lagerkapazitäten der Versorger hochschrauben? Gerade von einer Regierungsfraktion kann man doch wirklich konkrete Maßnahmen erwarten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Oder haben Sie vor, nur schöne Ziele zu formulieren, während die konkrete Umsetzung durch die alte Garde der CSU im Ministerium erfolgt?

Ich komme zum Schluss noch auf Punkt 6, den letzten Punkt Ihres Antrags zu sprechen. Dort wird das Märchen vom angeblich ausgewogenen Energiemix in Bayern geschrieben. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen Atomstromanteil von 60 %. Bei aller Liebe - wie kann man da von einem "ausgewogenen Energiemix" sprechen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist doch eine Vergewaltigung der Sprache. Sicher, wir haben verschiedene Ansätze, was die Atomkraft angeht. Ich will die Debatte hier gar nicht anstoßen. Sie können sich gerne zum Atomstaat Bayern bekennen, Sie können sich zur Atomabhängigkeit Bayerns bekennen. Aber lassen Sie diese Wortdreherei bitte sein.

Wir lehnen den Antrag ab, weil die entscheidende Frage der künftigen Energieversorgung darin nicht beantwortet wird. Man hat das Gefühl, an einem Tropf zu hängen und schauen zu müssen, wie man sich weiter in Zukunft versorgen kann. Das kann es nicht sein. Wir brauchen Lösungen, wir brauchen mutige Wege in Richtung einer Energiewende, kein "Weiter so", bei dem man nur auf die Atomkraft setzt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Herr Kollege. Abschließend hat sich zu diesem Tagesordnungspunkt Frau Staatssekretärin Hessel zu Wort gemeldet. - Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der ersten Januarhälfte hat der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine Europa in Atem gehalten. Auf der wichtigsten Transportroute für russisches Erdgas in die EU ist rund 14 Tage lang keinerlei Gas mehr geströmt. In Waidhaus in der Oberpfalz, dem wichtigsten Importpunkt für russisches Erdgas nach Deutschland, standen die Manometer auf null.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Dahinter stand ein schwer zu durchschauender Konflikt um Gaspreis, Transitgebühren und auch Machtpolitik. Gegenseitige Beschuldigungen, unklare, geheim gehaltene Verträge, widersprüchliche Aussagen haben nicht gerade zur Beruhigung der Gaskunden in der EU beigetragen. In einigen südöstlichen EU-Mitgliedstaaten kam es zu schmerzhaften Versorgungseinschnitten. Positiv war immerhin, dass die Gasversorgung in Deutschland und in Bayern zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt war. Aus deutschen Vorräten konnte sogar die Not in Südosteuropa etwas gelindert werden. Grund dafür ist die gut ausgebaute Infrastruktur an Gasspeichern in Deutschland und vor allem in Bayern. Grund ist auch, dass die deutschen Gasimporteure das Gas aus verschiedenen Lieferländern über verschiedene Pipelines beziehen. Grund ist auch die gute Arbeit der Techniker in den deutschen Gasunternehmen, die es in kürzester Zeit geschafft haben, die Gasströme in einem komplizierten Leitungssystem so umzulenken, dass in Deutschland niemand frieren musste. Das sollte auch einmal anerkannt werden.

Das heißt aber nicht, dass wir jetzt einfach zur Tagesordnung übergehen können. Wir müssen erkennen, dass die Energieversorgungssicherheit, eines der drei großen energiepolitischen Ziele - Sicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit -, alles andere als selbstverständlich ist. Das gilt im besonderen Maß für den Energieträger Erdgas. Beim Erdgas ist die Zahl der Lieferländer besonders gering: Russland, Iran und Katar teilen sich mehr als die Hälfte der Weltvorräte.

Der Transport von Erdgas erfolgt leitungsgebunden, was die Versorgung besonders verwundbar macht. Eine Strategie zum Erhalt und zur Verbesserung der Gasversorgungssicherheit muss aus meiner Sicht folgende Punkte umfassen:

Erstens. Unser Energiemix muss so breit wie möglich sein. Das gilt besonders für die Stromerzeugung. Der Atomausstieg würde zwangsläufig zu einem massiven Anstieg der Gasverstromung in Deutschland führen. Das wäre schlecht für die Strompreise, schlecht für die CO2-Bilanz und ganz besonders schlecht für unsere Versorgungssicherheit. Erdgas ist zu kostbar für die Stromerzeugung in der Grundlast.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens. Wir müssen die Energieeffizienz in unserem Land weiter steigern. Die dreistelligen Millionenbeträge aus dem bayerischen Klimaprogramm und demnächst aus dem Konjunkturprogramm des Bundes, die allein in die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude in Bayern fließen werden, sind gut angelegtes Geld.

Drittens. Wir müssen heimische Rohstoffe verstärkt nutzen. Mittelfristig können 15 % des bayerischen Gas

verbrauchs durch heimisches Biogas bereit gestellt werden. Dieses Potential müssen wir realisieren.

Viertens. Wir müssen unsere Gasspeicherkapazitäten weiter ausbauen. Dazu gibt es in Bayern noch Möglichkeiten, vor allem aber in den anderen EU-Ländern muss hier viel mehr getan werden. Kollegin Müller setzt sich hierfür bereits ein.

Für den unvermeidlichen Erdgasimport müssen wir neue Lieferländer und neue Transportwege erschließen, Stichwort: Diversifizierung. Ich begrüße es sehr, dass sich die FDP-Fraktion hierzu vertieft Gedanken gemacht hat. Ein besonders wichtiges Projekt ist hierbei auch die sogenannte Nabucco-Pipeline aus der Türkei nach Mitteleuropa. Über diese Rohrleitung kann künftig Gas aus Zentralasien und dem Mittleren Osten nach Deutschland gelangen. Die deutsche Gaswirtschaft muss sich auch stärker als bisher im Geschäft mit LNG engagieren, also Erdgas, das in verflüssigter Form auf dem Seeweg transportiert und am Zieltransporthafen ins Leitungssystem eingespeist wird. Für Bayern wäre dabei der Bau eines LNG-Terminals nördlich der Adria besonders vorteilhaft.

Aber auch die Pipeline durch die Ostsee, der sogenannte North Stream, muss vorankommen, auch wenn der Lieferant hier Russland heißen wird. Jede neue Leitung ist eine Verbesserung für unsere Versorgungssicherheit.

Klar ist aber auch: Es handelt sich hier um Großinvestitionen, die nicht vom Staat oder gar von der EU, sondern von den Unternehmen der Energiewirtschaft vorzunehmen sind. Aufgabe des Staates ist es, für Rahmenbedigungen zu sorgen, die solche Investitionen möglich machen, etwa in der Außenpolitik oder bei der Gestaltung des regulatorischen Rahmens. Wir werden deshalb in den nächsten Wochen das Gespräch mit der Gaswirtschaft suchen und sogleich gegenüber Bund und EU für Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit eintreten. Bayern muss und wird die treibende Kraft einer Energiepolitik sein, bei der Versorgungssicherheit ganz oben auf der Prioritätenliste steht.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Danke, Frau Staatssekretärin. - Frau Kamm, melden Sie sich zu einer Zwischenintervention?

Ich habe die Ausführungen der Staatssekretärin mit Interesse gehört und möchte fragen, ob das Wirtschaftsministerium auch Vorstellungen zur Energieeinsparung hat.

Frau Hessel, Sie dürfen noch vorne am Rednerpult bleiben und müssen die Frage beantworten.

(Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

- Sie muss nicht, aber sie darf. Frau Staatssekretärin Hessel, seien Sie so freundlich und kommen Sie noch einmal ans Rednerpult.

Selbstverständlich hat das bayerische Staatsminsterium auch Vorstellungen zur Einsparung der Energiepolitik.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Politikeinsparung, das glaube ich!)

- bzw. der Energie. Wir haben natürlich entsprechende Vorstellungen. Es ist nur die Frage, dass Energiesparen erstmal, glaube ich, eine Sache der Einzelnen vor Ort ist, nicht eine Anleitung, die von oben kommen kann. Wir sanieren jetzt mit viel Geld die Energieeffzienz der Gebäude. - Ist die Frage damit beantwortet?

(Beifall bei der FDP)

Danke, Frau Staatssekretärin.

Von der FDP wurde soeben namentliche Abstimmung zu diesem Dringlichkeitsantrag beantragt, weshalb wir jetzt nicht über den Antrag abstimmen können. Ich kann nur mitteilen, dass mir zu diesem Tagesordnungspunkt keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Wir warten, bis die Viertelstunde um ist; dann werde ich die Abstimmung durchführen.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Georg Schmid, Renate Dodell, Erwin Huber u. a. und Fraktion (CSU) Prof. Dr. Georg Barfuß, Brigitte Meyer, Dr. Franz Xaver Kirschner und Fraktion (FDP) Ausbau der Bahnstrecke Neu-Ulm - Augsburg (Drs. 16/339)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Harald Güller, Dr. Paul Wengert u. a. und Fraktion (SPD) Ausbau der Bahnstrecke Neu-Ulm - Augsburg hier: Dreigleisiger Ausbau im Vorortverkehr westlich von Augsburg (Drs. 16/354)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und bitte Herrn Rotter ans Mikrophon.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Dringlichkeitsantrag

auf Drucksache 16/339 wollen die Regierungsfraktionen die Staatsregierung auffordern, mit Nachdruck bei der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG die unverzügliche Aufnahme der Planungen für die Ausbaustrecke Neu-Ulm - Günzburg - Dinkelscherben Augsburg einzufordern. Bei diesem Streckenabschnitt handelt es sich um das Herzstück des transeuropäischen Netzes Projekt Nummer 17, Paris - München Bratislava. Dieser Streckenabschnitt ist im Übrigen der wichtigste West-Ost-Korridor im bayerischen Schienennetz. Ich erinnere daran, dass diese Strecke auch für den ICE-Verkehr von Westdeutschland über Stuttgart, Ulm und Augsburg nach München von enormer Bedeutung ist.

Im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans sind bereits als Projektbestandteile die Anhebung der Höchstgeschwindigkeit zwischen Ulm und Augsburg sowie der dreigleisige Ausbau des Abschnitts Neu-Ulm - Neuoffingen enthalten. Bisher fanden folgende Baumaßnahmen zwischen München und Ulm statt: Beim Abschnitt München - Augsburg der viergleisige Ausbau und eine Geschwindigkeitserhöhung auf 230 km/h; das voraussichtliche Investitionsvolumen wird 550 Millionen Euro betragen, die Fertigstellung ist für Ende 2010 vorgesehen. Das Projekt Neu-Ulm 21, das den viergleisigen Ausbau der Donaubrücke sowie die Tieferlegung des Bahnhofs Neu-Ulm und eine verbesserte Einfädelung der Illertalbahn aus Richtung Kempten umfasste, ist bereits Ende 2007 abgeschlossen worden. Der Freistaat hat diese Maßnahme ausnahmsweise vorfinanziert und sich auch an den endgültigen Kosten beteiligt. Alle übrigen Projektbestandteile des Ausbaus der Strecke Ulm - Augsburg sind derzeit in den Planungen von Bund und Bahn finanziell nicht hinterlegt. Es gibt also keinen konkreten Realisierungshorizont. Daher stellen wir diesen Antrag und fordern zum wiederholten Male den Bund und die Bahn auf, endlich mit den Planungen zu beginnen. Die Staatsregierung soll sich beim Bund insbesondere dafür einsetzen, dass er die Finanzierung für die bereits im vordringlichen Bedarf enthaltenen Projektbestandteile sicherstellt und die Planungen einleitet. Im Rahmen der nächsten Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans soll auch der weitere Ausbau der Strecke Ulm - Augsburg, nämlich der dreigleisige Ausbau im Vorortverkehr westlich von Augsburg, in den vordringlichen Bedarf aufgenommen werden.

Hierzu hat die SPD einen weiteren Dringlichkeitsantrag nachgereicht, zu dem ich der Einfachheit halber gleich Stellung nehmen darf. Damit wird die Staatsregierung aufgefordert, "den dreigleisigen Ausbau im Vorortverkehr westlich von Augsburg aus Mitteln des Bundesschienenwegeausbaugesetzes § 8 Abs. 2 in eigener Zuständigkeit des Freistaats Bayern zeitnah zu realisieren". Mit den Worten "in eigener Zuständigkeit" ist

natürlich die Finanzierung mit bayerischen Mitteln gemeint. So einfach, liebe Kolleginnen und Kollegen dürfen wir es dem Bund nicht machen. Wir können nicht sagen: Wenn du nicht willst, was wir wollen, bezahlen wir es selber. Darauf läuft nämlich Ihr Ergänzungsantrag hinaus. Dem kann so nicht zugestimmt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich habe eingangs gesagt, dass es um das Herzstück einer europäischen Magistrale, des transeuropäischen Netzes Nummer 17 Paris - Bratislava geht. Vom dreigleisigen Ausbau im Vorortverkehr westlich von Augsburg profitieren ganz wesentlich der Schienenpersonenfernverkehr und der Güterverkehr auf dieser Strecke, wenn Nahverkehrszüge hin und wieder auf das dritte Gleis umgeleitet werden können. Es wäre völlig systemwidrig, wenn wir ÖPNV-Mittel für eine derartige Fernverkehrsstrecke einsetzen würden.

Im Übrigen wissen die Antragsteller offensichtlich nicht, wie hoch die Mittel, die sie dafür einsetzen wollen, pro Jahr dotiert sind. Wir bekommen vom Bund Jahr für Jahr 20 Millionen Euro für Maßnahmen, die dem Schienenpersonennahverkehr dienen sollen. Diese Mittel bekommen wir wohlgemerkt bayernweit und nicht für eine einzelne Strecke. Der dreigleisige Ausbau von Augsburg Richtung Dinkelscherben würde ein Mehrfaches dieser Jahrestranche beanspruchen, die im Übrigen bereits auf Jahre hinaus festgelegt ist. Damit würden andere Projekte im Freistaat Bayern nicht zum Zuge kommen, für die wir aber die Nahverkehrsmittel brauchen, weil diese Strecken keine Fernverkehrsstrecken sind. Aus guten Gründen ist die Zuständigkeit so geregelt, dass bei Ausbaumaßnahmen an Fernverkehrsstrecken der Bund finanziell zuständig ist. Daher sollten gerade Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihren Parteigänger, den Bundesverkehrsminister Tiefensee, nicht aus der Verantwortung entlassen. Es kann nicht sein, dass die Länder an Fernverkehrsstrecken Ausbaumaßnahmen finanzieren müssen. Das können die Länder nicht schultern. Daher müssen wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, eine kurze Unterbrechung bitte. Könnten Sie ein bisschen leiser sein, liebe Kolleginnen und Kollegen? Ich weiß nicht, was an diesem Tagesordnungspunkt so dramatisch aufregend ist, dass alle schwätzen müssen.

(Harald Güller (SPD): Der falsche Inhalt von Herrn Kollegen Rotter!)

Herr Rotter möchte seinen Beitrag sicher gerne in Ruhe zu Ende führen.