Protokoll der Sitzung vom 04.02.2009

Herr Rotter möchte seinen Beitrag sicher gerne in Ruhe zu Ende führen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, der schwäbische Zungenschlag des Zwischenrufers zeigt, in welcher Gegend das Thema besondere Aufregung verursacht hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das können wir natürlich nicht tun. Wir können nicht die Kosten des Streckenausbaus übernehmen. Eine andere Überlegung wäre es, ob wir ähnlich wie im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung bei den Bundesfernstraßen bei den Planungen kurzfristig etwas tun können, zumal EUMittel bis zu 50 % für die Planungen an Fernstrecken zur Verfügung stehen. Das Ziel muss es auf jeden Fall sein, die Ausbaustrecke Neu-Ulm - Augsburg zeitgleich mit der Neubaustrecke Stuttgart - Ulm fertigzustellen. Stuttgart 21, also die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs und die Beseitigung des Kopfbahnhofes sowie die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm werden kommen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass dann zwischen Augsburg und Neu-Ulm ein Flaschenhals bestehen bleibt. Auf dieser Fernstrecke fahren internationale Fernzüge wie zum Beispiel der TGV und unsere ICEZüge. Diese Züge müssen auf dieser Strecke nach dem Motto "Blumenpflücken während der Fahrt erlaubt" auf 70 km/h abgebremst werden. Das kann nicht sein. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CSU)

Zu einer Zwischenbemerkung hat sich Kollege Runge gemeldet. Ich bitte Herrn Runge ans Mikrophon.

Herr Kollege Rotter, ein schöner populistischer Antrag! Sie fordern ihre eigene Bundesregierung auf zu handeln, wissen aber genau, dass Sie diese Misere durch ihre viel zu großzügigen Meldungen für den Bundesverkehrswegeplan, der bekannterweise gnadenlos unterfinanziert ist, mit verursacht haben. Drei Fernstreckenprojekte der Bahn fressen sämtliche Mittel auf. Es ist das Ypsilon in Norddeutschland, das Projekt Stuttgart 21 und die von Ihnen politisch mitverantwortete Fortsetzung der Rennstrecke von Nürnberg nach Erfurt über den Gottesgarten und den Thüringer Wald. Sie können nicht hierfür 5 Milliarden - so wird es beziffert - ausgeben und gleichzeitig viele andere Projekte fordern. Die logische Konsequenz der von Ihnen heute geforderten Ausbaumaßnahme wäre eine Verlängerung der Strecke von Ulm nach Norden über die Alb. Das wäre unheimlich schwierig zu bauen und auch zu finanzieren. Das, was Sie ausgeführt haben, ist also Wolkenkuckucksheim und sehr, sehr populistisch.

Zum Antrag der SPD, zum Nahverkehr. Sie haben richtigerweise rekurriert auf § 8 Absatz 2 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes. Aber der Bund ist bei Nah

verkehrsprojekten nicht zuständig. Der Freistaat Bayern ist selbstverständlich in der Lage, durch eigene Mittel wie Finanzausgleichsgesetzmittel, Gemeindeverkehrsfinanzierungsmittel, Regionalisierungsmittel, die angehäuft werden, und durch reguläre Haushaltsmittel einzusteigen. Also auch da macht es sich die Regierungspartei, in dem Fall die CSU, viel zu bequem. Sie stellen die Bundesregierung; es wäre schön, wenn wir frühzeitiger zu Ergebnissen kämen.

Herr Kollege Dr. Runge, die 5 Milliarden Euro, die Sie thematisiert haben, sind natürlich mitnichten für die Strecke Neu-Ulm - Augsburg vorgesehen. Hiervon wird man nicht einmal 10 % dafür benötigen. Es ist weit weniger. Das andere spielt in Baden-Württemberg. Diese Debatte führen Ihre Fraktionskollegen im baden-württembergischen Landtag. Die brauchen wir nicht in Bayern zu führen.

Im Übrigen, wenn Sie auf den gültigen Bundesverkehrswegeplan Bezug nehmen, so ist der, wenn ich mich recht erinnere, zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung so aufgestellt worden.

(Beifall bei der CSU)

Danke, Herr Kollege. Die nächste Wortmeldung hat Herr Dr. Barfuß.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Was mein Freund Bernhard Roos vorhin bei der Beratung zur Drucksache 16/338 zu den Dringlichkeitsanträgen gesagt hat, stimmt: So dringlich sind die alle miteinander nicht. Das gilt nicht nur für den Dringlichkeitsantrag von unserer Fraktion, sondern für die von allen fünf Fraktionen. Man muss sich wirklich fragen, wenn Sie permanent fordern, Bürokratie abzubauen, warum Sie jeden Tag eine neue Bürokratie einführen wollen. Mir gefällt das nicht, aber wenn die anderen es so machen, zwingen sie uns, dass wir da mitmachen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Das ist Demokratie, nicht Bürokratie! Das ist was anderes!)

- Ich freue mich über die Demokratie. Nur ist es populistisch, zu schreien, dass das alles Geld kostet und die Bürokratie aufbläst. Was wollt ihr also? Dann sollte man sagen, dass Demokratie Geld kostet, Frau Kollegin. Als Haushälter sage ich Ihnen, dass Sie künftig sagen sollten, woher das Geld kommt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dann dürfen wir nichts mehr beantragen, was Geld kostet!)

- Sie bringen mich jetzt nicht draus. Ich bin nur hier neu, nicht in der Politik. Da bin ich schon seit über 30 Jahren

tätig. Man merkt manchen hier an, dass sie das noch nicht so lange sind.

(Beifall bei der FDP)

Zum Dringlichkeitsantrag. Es gab schon im Kabinett von Herrn Ministerpräsident Beckstein die Erkenntnis, dass hier Bedarf besteht. Wir haben am 7. Juni die Wahlen zum Europäischen Parlament. Wer von transeuropäischen Netzen redet, der muss abgestimmt fragen - wir sind ja Gott sei Dank in allen Parlamenten vertreten -, wo der Bottleneck ist, was man hier noch schließen muss, und das ist eben diese Strecke.

Wenn Sie es genau lesen, so heißt es: Aufnahme der Planung. Als langjähriger Bürgermeister weiß ich, dass man zunächst einmal plant. Dann hat man das in der Schublade. Und wenn irgendeine Regierung ein Konjunkturprogramm macht, dann kann man das aus der Schublade holen. Leider verfährt die Deutsche Bahn AG etwas anders. Die sagt immer, erst wenn wir Geld haben, fangen wir mit dem Planen an. Dagegen wehren wir uns mit diesem Dringlichkeitsantrag.

Die Infrastruktur muss in alle Richtungen ausgebaut werden. Darum haben wir das Interesse, dass es so kommt. Deswegen würde ich Sie herzlich bitten, dass Sie dem zustimmen.

Was den Antrag der Kollegen der SPD betrifft, dann ist das Programm, wenn meine Information stimmt, längst überzeichnet. Das Programm ist von 2008 bis 2012 aufgelegt. Nach meinen Informationen ist es bereits ausgebucht. Wenn es in Berlin gelingt, in das Programm wieder mehr einzustellen, dann sind wir freudig erregt und werden Ihren künftigen Anträgen zustimmen.

Wir bitten Sie um Zustimmung zu diesem in Sinne des Hauses wirklich dringlichen Dringlichkeitsantrag.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Eine zweite Zwischenbemerkung von Herrn Dr. Runge. Bitte.

Das ist jetzt nicht als Zwischenbemerkung gedacht, sondern als Zwischenfrage. Herr Kollege Barfuß, nachdem Ihr Vorredner meine Anmerkung nicht verstehen wollte, stelle ich an Sie die Frage: Sind Sie bereit, sich dafür einzusetzen, dass auf das milliardenschwere Projekt Nürnberg - Erfurt verzichtet wird, um die Mittel für andere Projekte in Bayern freizubekommen?

Nach meiner Kenntnis gibt es unterschiedliche Töpfe. Wenn dem nicht so sein sollte, bin ich gerne bereit, mich mit Ihnen an den Tisch

zu setzen, damit Sie mir das erklären. Aber ich habe als Bürgermeister gelernt, dass es unterschiedliche Töpfe gibt und es gar nichts bringt, wenn man verzichtet, weil es dann ein anderer ausschöpft. Aber mein Angebot zur Unterredung steht.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Danke, Herr Dr. Barfuß.

Die 15 Minuten wären jetzt vorbei, aber ich hielte es für ein bisschen schwierig, wenn wir die Debatte komplett aus dem Zusammenhang reißen würden. Darum schlage ich vor, wir machen diesen Tagesordnungspunkt fertig. Wenn Sie damit einverstanden sind, fahre ich fort.

Die nächste Wortmeldung hat Herr Güller.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Um es kurz zu machen, dem Dringlichkeitsantrag von CSU und FDP kann man ohne Weiteres zustimmen. Es steht nichts Falsches drin. Es steht das drin, was alle schwäbischen Abgeordneten aller Fraktionen seit Jahren sagen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Genau!)

Wir sagen, die Strecke von Stuttgart über Ulm nach Augsburg muss ausgebaut werden, muss schneller werden, und zwar möglichst bald. Es ist also kein Fehler in dem Antrag, allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch kein Fortschritt. Es steht drin, man solle jetzt mit den Planungen beginnen. Toll, super. Wir fordern auch die Staatsregierung auf, sich nicht nur dafür einzusetzen, sondern sich mit Nachdruck einzusetzen. Dass wir das machen, finde ich Klasse.

(Beifall bei der SPD)

Und wir sagen in diesem Antrag, dass der Bundesverkehrswegeplan zur Finanzierung dienen soll. Auch das ist richtig. Toll. Das wissen wir seit ungefähr 15 Jahren. Das wiederholen wir immer wieder gebetsmühlenartig. Insofern ist es richtig, auch in dieser Periode, dass sich die schwäbischen Abgeordneten der CSU und die neuen Abgeordneten der FDP jetzt bei ihrer Fraktion durchgesetzt haben und diesen Antrag als Fraktionsantrag durchgebracht haben. Klasse. Wir stimmen zu.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Rotter, jetzt weiß ich aber auch, warum Sie hier keinen Augsburger haben reden lassen, sondern einen, der ein bisschen weiter weg wohnt und sich auf Unkenntnis herauszureden versucht.

(Georg Schmid (CSU): Das macht der Rotter nie!)

Bei Ihrer Rede kommt die fundamentale Unkenntnis des Nahverkehrsraums Augsburg zum Ausdruck. Bei dem dritten Gleis, das in Ihrem Antrag auch genannt ist, von Augsburg über Neusäß nach Diedorf - Gessertshausen - Dinkelscherben handelt es sich um ein Gleis, das nach allen Aussagen der Deutschen Bahn nicht für den Fernverkehr genutzt wird, sondern für eine Verbesserung des S-Bahn-ähnlichen Verkehrs in der Region Augsburg gebraucht wird. Das wollen wir.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Dann muss man sich aber auch klar dazu bekennen, aus welchem Topf des Bundesverkehrswegeplans es zu bezahlen ist. Nach § 8 Absatz 2 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes stehen dem Freistaat Bayern aus Regionalisierungsmitteln des Bundes jährlich, Sie haben es genannt, Herr Rotter, ca. 20 Millionen Euro zur Verfügung. Über dieses Geld kann einzig und allein der Freistaat Bayern durch eine Anmeldung der jeweiligen Strecke verfügen. Man muss die Strecke nur anmelden.

Dass die letzte Staatsregierung bereits alle Mittel für die nächsten fünf Jahre angemeldet hat, ohne einen Euro für den Großraum Augsburg auszugeben, das sollten Sie mit Ihrer alten Staatsregierung ausmachen, aber nicht sagen, dass wir keinen Antrag stellen dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Sie verschieben wiederum den dringend notwendigen Ausbau der Infrastruktur in der Region Augsburg auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, indem Sie uns auf einen Topf in Berlin verweisen, wo dieses Projekt nun einmal - wenn man von der Region ein bisschen Ahnung hat einfach nicht hineingehört.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Genau!)

Leider, Herr Kollege, entwerten Sie damit ein Stück weit Ihren eigenen Antrag. Sie machen wiederum das Spielchen, auf die anderen zu zeigen und die Region Augsburg und ganz Schwaben im Regen stehen zu lassen. Ich bitte Sie, diese Haltung noch zu ändern und endlich klarzumachen, was auch einige Bundestagsabgeordnete Ihrer Fraktion inzwischen gesagt haben: Es sind Mittel aus § 8 Abs. 2. Freistaat, melde diese Mittel an. Dann wird zumindest in fünf Jahren in Augsburg gebaut. Wir sind inzwischen schon mit Kleinigkeiten zufrieden bei dieser Staatsregierung.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Güller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?