Protokoll der Sitzung vom 25.10.2012

(Beifall bei den GRÜNEN)

180 Millionen Euro waren es im vergangenen Jahr. Wie lächerlich ist das angesichts Ihres sonstigen Umgangs mit Milliarden! Unser Land soll es sich nicht leisten können, diese Summe aus dem Haushalt gegenzufinanzieren? Ich sage Ihnen: Wir könnten uns noch viel mehr leisten für gute Bildung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Überlegen Sie bitte, was Sie, insbesondere Sie von der Koalition, von der Generation, die heute und in den kommenden Jahren an die Hochschulen kommt, alles fordern. Diese jungen Menschen sollen für unsere heutigen Sozialkosten aufkommen. Sie alle wissen jedoch, wie es um unsere Sozialsysteme bestellt ist. Gleichzeitig sollen sie für ihre Rente selbst vorsorgen. Niemand macht sich mehr Illusionen, wie es mit der Rente aussehen wird, wenn die jungen Leute alt sind. Gefordert wird von ihnen zudem ein marktkonformes Studium, damit sie dem Arbeitsmarkt schnell und billig zur Verfügung stehen. Dann sollen sie auch noch möglichst viel konsumieren, damit dieses unsinnige, nur auf Wachstum getrimmte Wirtschaftssystem weiter funktioniert. Ganz nebenbei sollen sie noch für die nötigen Innovationen sorgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CSU und FDP, das alles fordern Sie von den jungen Menschen. Aber Sie sind heute weder in der Lage noch willens, die Grundlagen dafür zu legen, dass die jungen Menschen das auch nur ansatzweise schaffen können. Diese Grundlagen sind gute Bildungschancen und eine gute Ausbildung - ohne Studiengebühren!

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Ich hoffe, dass das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes zur Zulassung des Volksbegehrens für Sie der letzte Weckruf war, um noch umzusteuern. Doch wenn auch dieser Weckruf und die heutige Debatte wieder verhallen, ist es mir auch egal; denn dann kann im Januar endlich das Volk entscheiden. Im September wird es das noch einmal tun. Spätestens im nächsten Jahr sind die Studiengebühren weg, und dann ist wahrscheinlich auch Schluss mit der Regierungsbeteiligung der CSU. Ich sage nur: Ade, CSU!

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und des Ab- geordneten Professor Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER))

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nächster Redner ist Kollege Georg Schmid. Er spricht für die CSU-Fraktion. Ihm folgt Kollege Karsten Klein. Bitte schön, Herr Kollege Schmid.

Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Frau Gote, Sie haben ein Bayernbild gezeichnet, das der Realität nicht entspricht.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Bayern ist ein starkes Land. Bayern ist ein Land mit einer starken Wirtschaft. Ihren Aussagen zum Thema Bildung muss ich ausdrücklich widersprechen, Frau Gote. Richtig ist: Bayern tut für Bildung so viel wie kein anderes Land. Ein Drittel unseres Haushalts geben wir nur für Bildung aus. Welches andere Land in Deutschland kann das noch vorweisen?

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Mit welcher Politik ist es denn in den vergangenen 50 Jahren gelungen, aus unserem ehemals agrarisch strukturierten Land eines zu machen, in dem Tradition und Fortschritt eine Heimat haben und in dem wie im Hightech-Bereich zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen worden sind, sodass wir diesen Strukturwandel exzellent bewältigen konnten? Das hat auch etwas mit der guten CSU-Politik in den letzten fünf Jahrzehnten zu tun. Nur dass das klar ist, liebe Frau Gote.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben so locker über die Finanzen geredet. Glauben Sie mir: Der Weg, den andere Länder gehen, ist sicherlich nicht der richtige. Heute, also in den besten

Tagen, macht die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg 3,1 Milliarden Euro zusätzliche Schulden.

(Markus Rinderspacher (SPD): Mappus!)

In Nordrhein-Westfalen sind es in diesem bisher besten Jahr 4,6 Milliarden Euro neue Schulden. Liebe Frau Gote, das ist nicht der Weg, den Bayern gehen will, denn er stärkt nicht die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

Sie haben gesagt, in Bayern sei es nicht möglich, in allen sozialen Schichten den Aufstieg zu schaffen. Gehen wir jetzt doch einmal 30 oder 40 Jahre zurück. Ich habe vor 40 Jahren das Abitur gemacht. Liebe Frau Gote, Sie haben hier eine ganz große Märchenstunde aufgemacht. Noch nie hatte auch der sozial Schwache eine so gute Chance, nach vorn zu kommen. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Lassen Sie mich zum Thema Studienbeiträge zurückkommen. Wir haben am Montag eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs erhalten. Von ihr war auch die Opposition überrascht. Der Klage der FREIEN WÄHLER hatte sie sich nicht angeschlossen, weil auch sie der Meinung war, dass die rechtliche Situation anders zu sehen ist.

Überraschend kam das Urteil auch für uns. Jetzt ist durch das Gericht der Weg zu einem Volksbegehren und einem Volksentscheid geöffnet worden. Wir respektieren dieses Urteil.

Die Opposition hat die Entscheidung zum Anlass genommen, nicht abzuwarten, was das Volk in dem Begehren und dem Entscheid zum Ausdruck bringt, sondern damit heute ins Parlament zu gehen. Die Opposition macht es sich relativ einfach, indem sie sagt: Wir denken nicht weiter nach, sondern schaffen die Studiengebühren einfach ab; irgendeiner wird die Studienkosten schon tragen; wie das geschieht, brauchen wir nicht zu überlegen; wir übertragen alles dem Freistaat Bayern.

Wenn man über die Summen, um die es geht, spricht, muss man wissen, dass es um eine zusätzliche Belastung in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages geht. Hierüber muss man ein paar Minuten nachdenken und sich dann auch noch ein paar Tage Zeit lassen. Dankenswerterweise haben Sie, Herr Piazolo, auch so gesprochen.

Natürlich ist eine neue Situation eingetreten, die im Übrigen nicht nur im Parlament, sondern auch in der Öffentlichkeit zu einer Diskussion führt. Diese Frage wird auch in der breiten Bevölkerung vehement disku

tiert. Dabei werden die unterschiedlichsten Argumente gebraucht. Es wird gefragt: Kann es sich der Freistaat Bayern in diesen guten Tagen leisten, die Studienkosten zu tragen? Ist es richtig, dass wir über den Länderfinanzausgleich für andere Länder etwas finanzieren, in denen die Studiengebühren nicht verlangt werden, aber in Bayern müssen die bezahlt werden?

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Auch darüber wird natürlich geredet.

Der Entscheid wird nur die Frage zulassen: Sollen die Studiengebühren abgeschafft werden oder nicht? Weitere Fragen sind nicht zu beantworten. Am Ende gibt es nur ein Ja oder Nein. Es wird nicht über Details entschieden. Aber mit Abschaffung ist es nicht getan, sondern dann erhebt sich die Frage: Wie geht es weiter? Welche Konsequenzen sind zu ziehen? Es sind noch viele Fragen offen und zu klären. Diese wollen wir ergebnisoffen diskutieren.

Es ist gut, wenn man bei einer so wichtigen Entscheidung nach einer so langen Vordebatte, die wir geführt haben, innehält und sich zwei, drei Wochen Zeit nimmt, um darüber nachzudenken, welche Fragen sich neu stellen. Natürlich gibt es solche Fragen. Ich glaube, es ist ein Zeichen von Stärke, innezuhalten und sich Zeit zum Überlegen zu nehmen. Das ist jedenfalls gut und richtig.

Wir haben gestern eine intensive Debatte in der Fraktion geführt. Es gab 30 Wortmeldungen. Ich habe noch nie eine so intensive Debatte mit allerbesten Argumenten pro und kontra erlebt wie gestern in der CSU-Fraktion. Es ist richtig und wichtig, die Fragen intensiv zu diskutieren, bevor wir eine endgültige Entscheidung treffen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir werden auch mit unserem Koalitionspartner sprechen müssen. Es gibt doch einen Koalitionsvertrag. Hektik wäre fehl am Platz. Wir sollten uns für den Abwägungsprozess Zeit nehmen. Allerdings sollten wir die Dinge auch nicht auf die lange Bank schieben.

Das Ergebnis der Abwägung werden wir im Parlament diskutieren. Hier ist der richtige Platz. Diese Vorgehensweise ist der richtige Weg.

Heute werden wir den Antrag ablehnen. Wir werden in die Diskussion einsteigen und dann entscheiden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Zu einer Intervention hat Frau Kollegin Schopper das Wort.

Herr Kollege Schmid, Sie kommen mir ein bisserl vor wie der Märchenonkel beim Sandmännchen. Sie haben hier eine Bildungslandschaft gezeichnet, in der Milch und Honig fließen.

Zu der Zeit, als ich zur Schule ging, gab es noch die Möglichkeit, dass nicht nur der Rechtsanwaltssohn oder die Arzttochter auf das Gymnasium gehen konnte. Ich war ein Profiteur des damaligen Bildungsaufrufs. Aber heute haben wir nur formal eine Durchlässigkeit, indem gesagt wird: Jeder hat eine Chance und möge sie nutzen. De facto haben wir heute ein so ständisches Bildungswesen wie kaum jemals zuvor. Jetzt gilt der Satz: Sag mir den Beruf deines Vaters, dann sage ich dir, in welche Schule du gehst.

(Beifall bei den GRÜNEN - Lachen bei der CSU und der FDP)

Dann zu den Studiengebühren. Ich weiß nicht, wie alt Ihre Kinder sind. Mein ältester Sohn studiert jetzt. Ich kann sagen: Auf die Familien kommt durch das Studium eine Belastung zu. Ich kann diese tragen, indem ich meinem Sohn das Geld gebe, damit er vernünftig wohnen und leben kann. Da ist aber mit 800 Euro noch nicht viel ausgerichtet.

Im Zeichen des Bologna-Prozesses können die Studenten nicht mehr so jobben, wie es zu meiner Zeit möglich war. Dadurch entsteht eine Belastung, die nicht nur die soziale Schere auseinandergehen lässt. Jeder, der heute zur Uni geht, überlegt sich: Welche Aussichten habe ich später? Habe ich auch eine Möglichkeit zur Refinanzierung, wenn es mir wirtschaftlich nicht gut geht?

Was über die Studiengebühren hinaus aufgewendet werden muss, wird am Küchentisch gemeinsam überlegt.

Sie haben von Ihrer gestrigen Diskussion gestern in der Fraktion gesprochen. Sie haben gesagt, dass es da viel Aufregung gab und sich 30 Sprecher gemeldet haben. Herzlichen Glückwunsch! Vielleicht wachen Sie dadurch auf.

Wenn Sie der Meinung sind, dass die CSU-Fraktion hier die Herzkammer sei, dann habe ich das Gefühl: Sie haben einen Herzinfarkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Frau Schopper, es stimmt nicht, was Sie sagen. Wir sind altersmäßig gar nicht so weit auseinander. Ich habe vor 40 Jahren das Abitur gemacht. Wir liegen da in einer ähnlichen Kategorie.

Ich komme aus einfachen Arbeiterverhältnissen. Damals war es verdammt schwierig -

(Zuruf der Abgeordneten Theresa Schopper (GRÜNE))

- Schreien Sie doch nicht so! Wollen Sie meine Antwort jetzt hören oder nicht? - Okay.