Protokoll der Sitzung vom 25.10.2012

Meine Damen und Herren, es ist auch Aufgabe dieses Hauses und unserer Bürgerinnen und Bürger in Bayern, das staatliche Handeln zu kontrollieren. Das kann ich aber nur, wenn die Tatsachen transparent auf dem Tisch liegen, wenn sie durchschaubar sind und wenn man erkennen kann, worum es geht. Deswegen sehen wir einen positiven Ansatz in diesem Gesetzentwurf und begrüßen den weiteren Vorstoß der SPD. Allerdings muss ich auch sagen: Dies ist nicht nur ein Freiheitsinformationsgesetz, sondern auch ein Transparenzgesetz, das neue Aspekte mit einführt, zum Beispiel ein Informationsregister. Ich halte es für eine pfiffige und interessante Idee, dass man nicht erst aktiv nachfragen muss, sondern dass man Informationen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, von vornherein öffentlich macht, sodass sie zugänglich sind.

Mittlerweile gibt es Erfahrungen mit einem solchen Gesetz. In Hamburg ist eines im Oktober in Kraft getreten. Man müsste zunächst schauen, welche Erfahrungen dort gemacht werden. Leider wurde von der CSU ein Argument nicht genannt, das ich vielleicht hätte gelten lassen: Möglicherweise bedeutet das einen bürokratischen Mehraufwand.

(Petra Guttenberger (CSU): Ich habe gesagt: Es ist hoch bürokratisch!)

Denn man muss natürlich schauen, was alles in dieses Register eingestellt werden kann. Damit ist ein gewisser Aufwand verbunden, aber ich denke, dass sich dieser Aufwand unterm Strich lohnt.

Zum Schluss noch eines, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Geben Sie sich einen Ruck. Ansonsten könnte man schon den Eindruck haben, dass man freie Information im Grunde nicht will. Gerade wenn man den jüngsten Umgang mit dem ZDF sieht, kommt es einem so vor, als wolle man die freie Information aktiv unterdrücken.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. Als nächste Rednerin hat Frau

Kollegin Susanna Tausendfreund von den GRÜNEN das Wort. Bitte sehr, Frau Kollegin.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Alle Jahre wieder - das ist notwendig. Mittlerweile haben wir eine neue Situation zu verzeichnen. Im Sommer hat die Hamburger Bürgerschaft einstimmig ein Transparenzgesetz beschlossen. Das ist das erste Gesetz, das weiter geht als unsere bisherigen Initiativen. Wir halten es für nicht ganz ausgeschlossen, dass bei der CSU doch noch Vernunft einkehrt.

Freier Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu amtlichen Informationen ist der Ausdruck einer modernen Demokratie. Der freie Informationszugang ist Ausdruck einer neuen Kultur demokratischer Mitbestimmung. Wer sich umfassend informieren kann, ist auch in der Lage, sich qualifiziert einzubringen und Entscheidungsprozesse von Verwaltung und Politik nachzuvollziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Transparenz schafft Vertrauen. Informationsfreiheit ist die Voraussetzung für eine wirksame Kontrolle von Politik und Verwaltung. Sie beugt Korruption vor. Ohne ausreichende Transparenz besteht ein Demokratiedefizit. - Das ist alles bekannt, wird aber von CSU und FDP anscheinend nicht zur Kenntnis genommen. Bei der FDP ist dies nicht ganz freiwillig, weil sie sich schließlich der Koalitionsdisziplin unterworfen hat.

(Horst Arnold (SPD): Es wird geleugnet!)

Informationsfreiheit ist inzwischen ein anerkanntes Bürgerrecht. In Schweden, in den USA, in vielen anderen Ländern weltweit gibt es eine lange Tradition. Seit November 2008 gilt die Konvention des Europarats zu diesem Thema. Diese Konvention sieht das Recht vor, amtliche Dokumente einzusehen, und sie legt Mindeststandards fest.

Von einem Jedermannsrecht sind wir in Bayern aber noch sehr weit entfernt. Bei der CSU herrscht immer noch obrigkeitsstaatliches Denken vor. Die CSU bremst fortschrittliche Demokratie in diesem Bereich. Bayern ist Schlusslicht. Sieben Gesetzentwürfe haben wir hier im Hause schon gehabt. Sie sind allesamt abgelehnt worden, und mit dem neuen Gesetzentwurf wird dies möglicherweise auch geschehen. Das hoffe ich natürlich nicht.

Reaktionen auf kommunaler Ebene gab es allerdings schon. Dort sind inzwischen viele Satzungen für die Informationsfreiheit in der jeweiligen Kommune in Kraft getreten. Damit haben inzwischen über 25 % der

bayerischen Bevölkerung zumindest Zugang zu den kommunalen Akten und Informationen. Dies gilt nicht nur für die Städte und Gemeinden, sondern auch für manche Landkreise. Sogar der Bezirk Oberbayern ist inzwischen mit dabei. Überall dort gibt es inzwischen Satzungen für die Informationsfreiheit ohne den Nachweis eines besonderen berechtigten Interesses. Dies ist der voraussetzungslose Informationszugang, der hier nötig ist. Allerdings hat die Kostenbremse im Moment noch abschreckenden Charakter. Wir müssen auch daran arbeiten, dass wir diese Informationen kostenfrei oder gegen nur geringe Gebühr zur Verfügung stellen können.

Ziel bleibt es, dass wir hinsichtlich der Informationsfreiheit eine bayerische Regelung für alle Behörden bekommen. Dies ist aber nur der erste Schritt. Ein weiterer Schritt ist der freie Informationszugang, der sich auch auf die proaktive Haltung der Verwaltungen bezieht. Die Verwaltungen müssen verpflichtet werden, bestimmte Informationen von sich aus zur Verfügung zu stellen. Informationen müssen automatisch zur Verfügung gestellt werden und nicht erst auf Anfrage.

Dazu liegt jetzt das Hamburger Modell vor, dieses einstimmig verabschiedete Gesetz. Aufgrund dieses Gesetzes bestehen Veröffentlichungspflichten, die sehr weitreichend sind. So müssen jetzt Verträge - allerdings nur die neuen Verträge - veröffentlicht werden, ebenso Gutachten, Statistiken, Verwaltungsvorschriften und Protokolle. Es gibt ein Transparenzregister. Der Weg, der dorthin beschritten worden ist, ist sehr interessant: Das lief über ein Wiki. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger konnten an diesem Gesetz mitarbeiten.

Dieser Prozess ist nicht im Chaos gelandet. Hier wurde gut zusammengearbeitet. Dann lief es auf ein einstimmig beschlossenes Gesetz hinaus. Wir haben diese Idee aufgegriffen und auch in Bayern Mitte September ein "Transparenz Wiki" gestartet. In diesem "Transparenz Wiki" steht jetzt ein Gesetzentwurf, an dem jeder Interessierte mitarbeiten kann. Diesen Gesetzentwurf werden wir dann in den Landtag einbringen.

Die Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen sind aufgerufen, an diesem Projekt mitzuarbeiten, sodass wir auch in Bayern endlich Informationsfreiheit und Transparenz bekommen, damit sich die Bürgerinnen und Bürger gut informieren können, angeregt sind, mitzuarbeiten und sich einzubringen, sodass ein transparentes Bayern geschaffen wird, wie wir es uns vorstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächster Redner hat nun Herr Kollege Dr. Andreas Fischer von der FDP das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Informationsfreiheit hat nichts mit Misstrauen gegenüber Verwaltung und Behörden zu tun. Bei Informationsfreiheit geht es um das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern. Wir Liberale sehen die Bürgerinnen und Bürger als gleichberechtigte Partner. Wir Liberale sehen staatliche Behörden als Dienstleister. Wir wollen den mündigen Bürger.

Es geht aber auch immer mehr um die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen. Das gilt beileibe nicht nur für Großprojekte. Im 21. Jahrhundert fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr als Untertanen, und das - das sage ich ausdrücklich - ist gut so.

(Beifall bei der FDP)

Über dieses Thema haben wir im Landtag mehrfach diskutiert. 2010 war die Grundlage ein Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER. Ich habe damals gefragt: "Warum soll Bayern seinen Bürgerinnen und Bürgern nicht gewähren, was viele andere Länder europa- und weltweit haben?" Was hat sich seitdem geändert? Es hat sich etwas geändert. Damals hatten weltweit 90 Länder ein Informationsfreiheitsgesetz, heute sind es 115 Länder. Diese Tendenz steigt weiter.

(Zuruf von der SPD)

Fast sechs Milliarden Menschen leben im Geltungsbereich eines Informationsfreiheitsgesetzes. Es gibt gute Gründe, Informationsfreiheit zu gewähren. Damit komme ich auf den heutigen Gesetzentwurf zu sprechen. Wo liegt die Grenze der Informationsfreiheit? Sie liegt selbstverständlich beim Datenschutz, und zwar dort, wo berechtigte Interessen Dritter und Betriebs- sowie Geschäftsgeheimnisse betroffen sind, aber natürlich auch dort, wo es um das Funktionieren von Verwaltung geht. Das alles muss in einem Gesetzentwurf berücksichtigt werden.

Natürlich erfordert ein Gesetzentwurf auch die sorgfältige Abwägung zwischen dem bürokratischen Aufwand einerseits und dem Interesse an Transparenz andererseits. Dieser sorgfältigen Abwägung werden wir uns in den Beratungen stellen.

Der Gesetzentwurf sieht ferner vor, dass der Anwendungsbereich auch für die bayerischen Gemeinden gilt. Das ist machbar. Aber ich möchte an dieser Stelle betonen - es ist schon gesagt worden -: 47 bayerische Gemeinden haben die Informationsfreiheit bereits be

schlossen. Ich sage ausdrücklich: Ich gratuliere diesen 47 Gemeinden dazu.

So sehe ich mich heute wieder einmal, ähnlich wie vor zwei Jahren, in der Rolle des Werbers; denn ich werbe als Koalitionspartner für eine ergebnisoffene Diskussion über den vorgelegten Gesetzentwurf in den Ausschussberatungen. Die FDP-Fraktion ist zu einer solchen ergebnisoffenen Diskussion bereit.

(Beifall bei der FDP und den FREIEN WÄH- LERN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe im Einvernehmen mit allen Fraktionen außerhalb der Tagesordnung auf:

Antrag der Abgeordneten Prof. Ursula Männle, Konrad Kobler, Alexander König u. a. (CSU), Dr. Linus Förster, Adelheid Rupp, Reinhold Perlak (SPD) , Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER), Anne Franke, Christine Kamm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Thomas Dechant, Karsten Klein, Jörg Rohde u. a. und Fraktion (FDP) Subsidiarität - Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank KOM(2012) 511 endg. (BR-Drs. 546/12) (Drs. 16/14208)

Eine Aussprache findet hierzu nicht statt. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten empfiehlt die unveränderte Annahme.

Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 c auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung über ein Feuerwehr- und HilfsorganisationenEhrenzeichengesetz (Drs. 16/14073) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat Herr Staatsminister Joachim Herrmann. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hunderttausende von Männern und Frauen engagieren sich in unserem Land in vielen Vereinen und Organisationen ehrenamtlich. Ganz besonders wichtig ist uns dieses Engagement vor allem in unseren Organisationen im Rettungsdienst und Katastrophenschutz. Ohne dieses ehrenamtliche Engagement könnten weder unsere Freiwilligen Feuerwehren noch das Bayerische Rote Kreuz, Malteser Hilfsdienst, die Johanniter-Unfall-Hilfe, der Arbeiter-Samariter-Bund und das Technische Hilfswerk und viele andere Organisationen ihre großartige Arbeit leisten. Wir alle verlassen uns Tag und Nacht darauf, dass dieses Engagement geleistet wird. Insofern ist es im wahrsten Sinne des Wortes für uns alle lebensnotwendig und existenziell.

Angesichts der Bedeutung dieses Engagements ist es wichtig, dass wir vor allen Dingen langjähriges und beständiges Engagement von Männern und Frauen in diesen Organisationen auch seitens des Staates besonders anerkennen und auszeichnen. Dieses ehrenamtliche Engagement wird nicht in Euro und Cent vergütet. Es ist aber wichtig, dass wir unsere Anerkennung und Dankbarkeit für dieses Engagement sozusagen ideell zum Ausdruck bringen. Wir haben aufgrund der quantitativ und qualitativ bedeutenden Rolle der Freiwilligen Feuerwehren seit Langem die Anerkennung und staatliche Auszeichnung für die langjährige Tätigkeit im Feuerwehrdienst gesetzlich verankert. Ebenso verankert haben wir die Auszeichnung für das Bayerische Rote Kreuz, das in Bayern als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine rechtliche Sonderstellung innehat.

Interessanterweise sind in den letzten Jahren die anderen großen Rettungsorganisationen von sich aus auf uns zugekommen. Sie haben zu verstehen gegeben, dass sie, auch wenn die Feuerwehren als kommunale Einrichtung und das Bayerische Rote Kreuz als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine rechtliche Sonderstellung haben, es trotzdem nicht ganz nachvollziehen können, warum es für diese beiden Organisationen die besondere staatliche Anerkennung und die staatlichen Ehrenzeichen gibt, für die anderen Organisationen jedoch nicht, bei denen die Menschen in der Tat ein genauso verdienstvolles und

wichtiges Engagement leisten. Wir haben diese Idee gerne aufgegriffen. In den letzten beiden Jahren sind intensive Gespräche geführt worden.

Vor diesem Hintergrund schlage ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Absprache mit diesen Organisationen nun vor, dass wir die anderen großen Organisationen im Rettungsdienst und Katastrophenschutz bei dieser staatlichen Ehrungsmöglichkeit gleichstellen. Wer konkret geehrt wird, wird uns von den jeweiligen Organisationen vorgeschlagen. Es ist richtig, vor allen Dingen die Ehrenzeichen für langjährige Tätigkeiten, etwa für 25 und 40 Jahre lang geleistete Dienste, in Zukunft nicht nur für die Freiwilligen Feuerwehren und das Bayerische Rote Kreuz, sondern auch für die ehrenamtlich Aktiven bei den Maltesern, den Johannitern, beim Arbeiter-Samariter-Bund und bei der DLRG vorzusehen.

Interessant war für mich - darauf sind wir fast ein bisschen stolz -, dass selbst der Bayerische Landesverband des Technischen Hilfswerks, welches bekanntlich eine Bundesanstalt ist, zu verstehen gegeben hat: Auch die THWler in Bayern wären dankbar, wenn sie in die Ehrungsmöglichkeit einbezogen würden.

Ich glaube, dass es sich um eine gute Entwicklung handelt, wenn auf die Anerkennung durch den Freistaat Bayern besonderer Wert gelegt wird und eine Auszeichnung von den ehrenamtlich Aktiven als besondere Wertschätzung empfunden wird. Es ist wichtig, diese Gleichstellung herbeizuführen. Wir haben die Regelung mit vielen Beteiligten im Vorfeld abgestimmt. Ich lege Ihnen den Entwurf heute zur Beratung vor und wäre sehr dankbar, wenn es zu einer breiten Unterstützung aus dem Hohen Haus für diese sinnvolle Erweiterung käme.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat Kollege Stefan Schuster von der SPD das Wort.