Herr Runge, einen Moment, bitte! Unabhängig davon bitte ich Sie, diese Form von Zwischenrufen herunterzufahren.
Herr Runge, ich habe Sie vorhin akustisch nicht verstanden. Ich weiß nicht, was Sie gesagt haben. Ich stelle Ihnen anheim, Ihre Äußerung ein bisschen geradezurücken.
Ich sehe keine Notwendigkeit, etwas geradezurücken. Jetzt geht es um Beispiele für die Äußerung, es werde nicht mehr und nicht weniger getan, als vorzuführen, wie seitens der Staatsregierung der Landtag immer wieder mit der Unwahrheit bedient worden ist. Deswegen sage ich noch einmal, Kollege Weidenbusch: Das war eine inszenierte Empörung; das kann der frühere hessische Ministerpräsident bedeutend besser als Sie. Sie haben durchaus auch Ihre Stärken.
- Die Randbemerkung habe ich jetzt nicht gehört. Aber das können Sie ja nachher in Gänze noch ausführen.
Ich darf darauf hinweisen, dass die Redezeit − zum Teil haben Sie es schon gemerkt − als Konsequenz der Redebeiträge der Staatsregierung um 14 Minuten heraufgesetzt wurde. Das entspricht den Regularien.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/14724 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. − Das sind die CSU-Fraktion, die FDP-Fraktion, die FREIEN WÄHLER, Frau Pauli und die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? − Ich sehe keine. Enthaltungen? − Damit ist der Dringlichkeitsantrag einstimmig angenommen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas Fischer, Dr. Otto Bertermann, Tobias Thalhammer u. a. und Fraktion (FDP) Verbraucherschutz bei Standortdaten sicherstellen (Drs. 16/14725)
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dein iPhone weiß, wo du letzten Sommer, zu Weihnachten und gestern warst. Die Regeln des iPhones mit einem bestimmten Betriebssystem, Aufenthaltsorte nicht nur zu orten, sondern auch zu speichern, und zwar ohne Zustimmung des Nutzers, konnte man schon vor eineinhalb Jahren in deutschen
Vor wenigen Wochen war es anders. Da ging es nicht nur um die Speicherung, sondern auch um die kommerzielle Nutzung solcher Daten. Bewegungsprofile − wann verlässt der Nutzer sein Haus? Wie lange hält er sich im Büro auf? Vor welchen Geschäften bleibt er stehen? − sind für die Werbeindustrie ein Wunschtraum. Aber nicht nur für Datenschützer, sondern auch für die allermeisten Bürger ist genau das ein Albtraum. Nie waren wir dem Schreckbild vom gläsernen Bürger so nah.
Genau solche Bewegungsprofile wollte vor wenigen Wochen ein Telefonkonzern zusammenstellen, gestützt auf einen Provider, der 25 Millionen Kunden in Deutschland hat. In der Tat ein lukratives Geschäftsmodell, aber eines, das das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung ganz massiv verletzt.
Der Telefonkonzern verzichtete zwar angesichts der heftigen öffentlichen Kritik auf diese Pläne und erklärte, man habe diese Möglichkeit lediglich in Erwägung gezogen und es gebe weder einen Verkauf an Behörden noch an Private. Doch das tatsächliche Problem liegt tiefer. Zu Recht hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar davor gewarnt und gesagt, er sehe einen gefährlichen Trend, dass solche Informationen zum einen immer wichtiger werden, zum anderen die Verbreitung von Smartphones zunimmt.
Nun könnte man einwenden, das Sammeln und Speichern von Standortdaten und vor allem deren Weitergabe seien bereits jetzt grundsätzlich nicht erlaubt und eine Zustimmung sei erforderlich. Bereits nach der jetzigen Rechtslage müsse dem Teilnehmer, dem Nutzer seine Einwilligung bewusst werden und diese Einwilligung protokolliert werden.
Das Problem ist aber, dass in unserem Land die Praxis anders aussieht. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass in der Lebenswirklichkeit ungeniert persönliche Daten abgegriffen werden. Untersuchungen zeigen ferner, dass 24 % der kostenlosen Apps der User ohne Information des Nutzers und erst recht ohne dessen ausdrückliches Einverständnis seinen Standort speichern.
Deswegen ist die FDP-Fraktion der Meinung, dass hier Handlungsbedarf besteht. Wir sollten hier initiativ tätig werden, um auf Bundesebene Klarheit zu schaffen und eine mögliche rechtliche Grauzone zu beseitigen. Falls es keinen rechtlichen Handlungsbedarf gibt, sollte dafür Sorge getragen werden, dass die bestehenden Regelungen durchgesetzt werden, u. a. durch abschreckende Bußgeldandrohungen; denn
eine Regelung in diesem Bereich ohne entsprechende Sanktionierung wird schon deshalb leerlaufen, weil das wirtschaftliche Interesse, das mit solchen Bewegungsprofilen verbunden ist, ganz erheblich ist.
Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es handelt sich um ein wichtiges Anliegen. Jeder von uns konnte der Zeitung entnehmen, dass O2 seine Standortdaten veräußern wolle und mit einer bekannten Providerfirma einen entsprechenden Vertrag zur bestmöglichen Vermarktung geschlossen habe. Das verstößt gegen Gesetz und Recht. Nur durch ausdrückliche Einwilligung des Nutzers ist die Übermittlung von Standortdaten statthaft. Sowohl die Nutzung als auch die Übermittlung bedürfen also der Einwilligung. So steht es zum Beispiel in § 98 des Telekommunikationsgesetzes. Damit scheint alles klar zu sein: Der Antrag scheint entbehrlich zu sein.
Aber das ist mitnichten so. Es zeigt sich gerade dann, dass hier nicht unerfahrene Neugründer von Firmen tätig werden, sondern erfahrene Global Player, die durchaus eine große Rechtsabteilung haben, über Know-how verfügen und dennoch den Weg gegangen sind, der aus unserer Sicht gegen Gesetz und Recht verstößt. Das heißt für uns, dass der Begriff der anonymisierten Daten derzeit offensichtlich sehr weit ausgelegt werden kann. Es zeigt sich auch, dass Vorschriften ohne Bußgeldbewehrung offensichtlich nicht immer mit der nötigen Aufmerksamkeit beachtet werden.
Wir werden dem Antrag also zustimmen. Wir sehen einen Schwerpunkt des Antrages im Bereich der Definition der Anonymisierung von Daten sowie in der Schaffung von Bußgeldtatbeständen in diesem Bereich, um für jeden potenziellen Nutzer gleichzeitig die nötige Klarheit zu schaffen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Um es kurz zu machen: Auch wir stimmen dem Antrag zu. Ich möchte nur ein paar Bemerkungen machen, die sich aus dem vorher Gesagten
ableiten. Natürlich ist der § 98 des Telekommunikationsgesetzes bereits jetzt eine stringente Regelung, mit der derart kommerzielle Entwicklungen, wie sie in Spanien angedacht sind, grundsätzlich vermieden werden können. Das ist gut so, und daran sieht man, dass hier mit Bedacht operiert worden ist. Es ist aber auch klar, dass hier nicht losgelassen werden darf, weil die Kommerzialisierung von Daten ein großes Problem darstellt. Liebe Kollegen von der FDP, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass gerade Sie erkennen, dass Kommerzialisierung nicht um jeden Preis erzwungen werden muss. Wir werden Sie an anderer Stelle daran erinnern, dass Kommerzialisierung in diesem Staat nicht um jeden Preis zu erzwingen ist. Deshalb bin ich froh, dieses Beispiel zukünftig immer erwähnen zu können.
Darüber hinaus können sich Grauzonen ergeben. Kollegin Guttenberger hat es angedeutet. Herr Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, hat darauf hingewiesen, dass diese konkrete Entwicklung in Deutschland nicht möglich ist. Dabei bleibt es.
Wir haben nichts dagegen, wenn versucht wird, Gefahren einzudämmen. Da sind wir mit Ihnen im Boot. Wir wundern uns aber sehr, dass die FDP über die Bande spielt. Justizministerin in der Bundesregierung ist Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ihre Landesvorsitzende. Sie ist federführend für dieses Thema zuständig. Sie muss doch nicht auf Impulse aus Bayern warten, um ihr eigenes Haus dazu zu bringen, entsprechende Gesetzentwürfe zu erarbeiten.
Die Vorschläge, die Sie machen, soll sie beachten. Sie kann sie beachten, denn noch ist sie an der Regierung. Wenn in Berlin von Ihrer Warte aus vernünftige Arbeit betrieben wird, müsste jetzt schon eine Antwort vorliegen. Wenn das nicht der Fall ist, ist der Umkehrschluss erlaubt, dass die Bundesjustizministerin offensichtlich die Landtagsfraktion aus München braucht, um in Berlin eine vernünftige Politik zu machen. Das ist auch ein Grund dafür, dass wir das im Jahr 2013 abstellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Impulse aus Bayern sind gut, wenn sie zu einem guten Ziel führen. Der Antrag der FDP wird von uns unterstützt, weil er in die richtige Richtung geht. Sicherheitsexperten mahnen schon seit Jahrzehnten den Datenschutz
Die neuen und heutigen Geräte haben viel mehr technische Möglichkeiten als die normalen Handys von früher. Standorte können übermittelt und gespeichert werden. Dadurch können von den Handynutzern immer mehr Bewegungsprofile hergestellt werden. Auf diesem Planeten gibt es sieben Milliarden Menschen. Fünf Milliarden davon haben ein Handy. Die Dichte wird immer größer. Für Werbeunternehmer ist es durchaus interessant, auszuforschen, wer wo gerade ist. Letztlich erfolgt damit nichts anderes als die Vermessung unserer Gesellschaft. Weil wir uns dagegen wehren, dass unsere Gesellschaft immer mehr berechenbar und vermessbar wird, weil wir die Privatsphäre und die Individualität der Menschen schützen wollen, halten wir es für sinnvoll, sich gegen das Einbrechen von Dämmen zu wehren.
Es werden immer mehr Probleme sichtbar. Apple hatte mit dem neuen iPhone 4 die Möglichkeit geschaffen, Bewegungsprofile herzustellen. Das wurde erst später abgestellt. Telefonica hatte die Möglichkeit geschaffen, die Daten an Werbefirmen zu veräußern. Dadurch würden die Verbraucher immer mehr mit unsinniger, aber vielleicht auch mit auf sie genau zugeschnittener Werbung belästigt. Die Verbraucher werden dadurch von der Werbung getrieben. Bei einer Demonstration in Dresden ließ sich die Polizei auflisten, wer sich in der Nähe der Demonstration aufhielt. Auch das konnte über die Smartphones nachvollzogen werden. Da wir nicht wollen, dass wir alle immer mehr überwachbar und durchschaubar werden, werden wir diesem Antrag der FDP zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verbraucherinnen und Verbraucher fühlen sich bei der Nutzung ihrer Smartphones und Handys nicht ausreichend geschützt. Mit dem fehlenden Vertrauen haben Sie vollkommen Recht. Vertrauen verdienen nur die, die substanzielle Anstrengungen für ausreichende ITSicherheit und Datenschutz vorweisen. Dazu gehören viele Hersteller von Handys und Apps leider nicht.
Gegenwärtig sind die Sicherheitsstandards in Bezug auf persönliche Daten wie zum Beispiel Bewegungsprofile, aber auch in Bezug auf Kontendaten und Adressdaten alles andere als ausreichend. Bei den derzeitigen Unsicherheiten kann man eigentlich nur davon abraten, das Handy für Bank- und Bezahlfunk
tionen sowie für andere sensible Funktionen zu nutzen. Auch bei Bewegungsdaten ist Vorsicht geboten.
Das Ausspionieren von persönlichen Daten muss endlich wirksam unterbunden werden. Wir müssen sicherstellen, dass die Verbraucher wirklich selbst entscheiden können, wem sie zu welchen Daten Zugang erlauben wollen. Dementsprechend müssen auch die Voreinstellungen von Apps konzipiert werden. Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar hat daher für die Unternehmen einen Leitfaden zur Speicherung von Telekommunikationsdaten vorgestellt. Darin wird dargelegt, wie die Nutzer durch plakative Hinweise über Ortungsfunktionen informiert werden sollen, wie Warnsignale in die Geräte eingebaut werden sollen, die eine Ortung optisch oder akustisch melden, sodass man es sieht. Die Ortung soll nur bei ausdrücklich gewünschter Freigabe durch den Nutzer aktiviert werden können. Dem Nutzer soll es ermöglicht werden, die Ortungsfunktion leicht und jederzeit zu deaktivieren. Die Standortdaten sollen nicht gespeichert werden, soweit die Nutzer nicht ausdrücklich einwilligen und dies für die Nutzung des Dienstes, der vom Nutzer gewünscht ist, erforderlich ist. Soweit der derzeitige Katalog.