Protokoll der Sitzung vom 04.12.2012

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drs. 16/14111)

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von sieben Minuten pro Fraktion vereinbart. Als Erste hat sich Frau Heckner für die CSU zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die demografische Entwicklung stellt die Sozialsysteme in der Zu

kunft vor riesige Herausforderungen. Das Gleiche trifft auch auf die Versorgung unserer Beamten in unserem Freistaat Bayern zu. Es ist unsere politische Pflicht und unsere Verantwortung, den Blick in die Zukunft zu richten und rechtzeitig zu reagieren. Aus diesem Grunde haben wir in der Vergangenheit einen Pensionsfonds gegründet und Rücklagen gebildet. Nun gehen wir in Bayern einen bayerischen Weg in der Vorsorge für unsere Beamtenpensionen. Wir gehen auch unseren bayerischen Weg, was die Finanzpolitik und den Schuldenabbau des Staates betrifft.

Zum Teil eins: Unser bayerischer Weg zur Vorsorge für die Beamtenpensionen ist der vorliegende Gesetzentwurf, der zum 01.01.2013 in Kraft treten soll. Er sieht die Zusammenlegung des bisherigen Pensionsfonds und der Rücklagen zu einem einzigen bayerischen Pensionsfonds vor. Die bereits angesparten 1,6 Milliarden werden übernommen und diesem Sondervermögen zugeführt. Weiter haben wir im Gesetzentwurf festgelegt, dass jährlich eine staatliche Zuführung zu diesem Fonds in Höhe von 100 Millionen bis zum Jahr 2030 erfolgen soll und dass zusätzlich Einzahlungen von Versorgungszuschlägen für vom Freistaat Bayern beurlaubte Beamte erfolgen sollen.

Der zweite Teil unseres bayerischen Weges: Ab dem Jahre 2031 stehen die infolge der Schuldentilgung eingesparten Zinsen in Milliardenhöhe zur Finanzierung der Pensionslasten zur Verfügung. Dieses ZweiSäulen-Modell macht uns von den Kapitalmärkten unabhängiger. Der Schuldenabbau zur Finanzierung zukünftiger Pensionen ist aus unserer Sicht genauso wichtig wie die Bildung eines Pensionsfonds. Der Einsatz des Sondervermögens soll zur Entlastung der Versorgungsaufwendungen, anders als ursprünglich gedacht, um fünf Jahre nach hinten geschoben werden, die Ansparphase läuft bis zum Jahre 2023. Wichtig für unsere Beamten ist zu betonen, dass das vorhandene Vermögen erhalten bleibt und dass die wirtschaftlich von den Beamtinnen und Beamten aufgebrachten Mittel weiterhin einbezahlt werden. In diesem Zusammenhang darf ich wieder von einem bayerischen Weg sprechen; denn im Vergleich zu anderen Ländern ist zu sagen, dass zum Beispiel Niedersachsen die Rücklagen aufgelöst hat und Rheinland-Pfalz als angeblicher Musterschüler nur eigene Landesschuldverschreibungen kauft.

Die Opposition hat in ihren Redebeiträgen bei der Ersten Lesung durchaus zu Recht davon gesprochen, dass dieses Sondervermögen Versorgungsfonds eine Erfolgsstory war. Es war eine gute Erfolgsstory in einer Zeit, als die Rendite hoch war. Ein besseres System ist es, wenn wir die Rücklagenbildung und Schuldentilgung zusammen als ein gemeinsames

Zwei-Säulen-Konzept einsetzen. Wir in Bayern wollen keine schuldenfinanzierten Rücklagen. Wir haben das Problem, dass das Vertrauen − die nächsten Redebeiträge werden das zeigen − der Opposition in ein schuldenfreies Land Bayern wohl nicht allzu groß ist. Wir aber glauben daran, und wir haben in den letzten zwei bzw. den letzten sechs Jahren gezeigt, dass es ohne neue Schulden geht. Wir werden jetzt konsequent Schulden tilgen.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf an den Redebeitrag der Kollegin Claudia Stamm vor einigen Wochen, als wir hier die Erste Lesung hatten, erinnern. Frau Stamm hat gesagt, das System, das wir in dem Gesetzentwurf anbieten, funktioniere nur − sie gesteht uns also zu, dass es funktioniert -, wenn wir tatsächlich im Jahre 2030 schuldenfrei sind. Sie hat weiter gesagt: Diese Schuldenfreiheit hat aber eine Menge unbekannter Größen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich meine, wir wären alle miteinander ganz miserable Politiker, wenn wir nicht selbst an gesteckte Ziele glaubten und nicht alles täten, um darauf hinzuarbeiten. Wir haben in den Gesetzentwurf auch noch einen Änderungsantrag eingearbeitet, demzufolge der Versorgungsbericht immer zu Beginn einer Legislaturperiode gegeben wird. Das haben wir ins Gesetz geschrieben, damit die jeweiligen Fraktionen eine ganze Legislatur Zeit haben, entsprechend daran zu arbeiten, wenn es Handlungsbedarf gibt.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, eines möchte ich Ihnen schon noch mit auf den Weg geben: Sie spielen sich hier als die großen Pensionsretter, als die großen Sorgen- und Bedenkenträger auf, ob wir diese Pensionskosten tragen können, und gleichzeitig beantragen Sie - ich sehe Herrn Kollegen Klein und Kollegen Barfuß aus dem Haushaltsausschuss - für diesen Doppelhaushalt, wenn ich das einmal zusammenzählen darf: SPD: 3.700 neue Stellen im Doppelhaushalt,

(Zuruf von der CSU: Hört, hört!)

FREIE WÄHLER: 3.600 neue Stellen, und die GRÜNEN waren sehr bescheiden mit 1.600. Wenn wir uns über künftige Kosten Gedanken machen, dann müssen wir auch schauen, dass eine Chance besteht, diese einmal zu tragen und eine Aufblähung unseres öffentlichen Dienstes zu vermeiden.

(Inge Aures (SPD): Aufgabenerfüllung, Frau Kollegin!)

So einen großen Pensionsfonds können wir heute gar nicht einrichten, dass jemals auch nur im Ansatz daraus die Pensionskosten bezahlt werden können.

(Inge Aures (SPD): Nehmen Sie die bayerische Landesbank, 10 Milliarden!)

Dabei brauche ich noch gar nicht zu erwähnen, wie Sie die Versorgungskosten der Zukunft weiter nach oben treiben wollen, wenn ich mir das Rentenkonzept der SPD anschaue, das jetzt auf den Markt gekommen ist, und wenn wir die Pensionen immer an die Rente anpassen:

(Christa Naaß (SPD): Gerechtigkeit!)

Sie führen die Lebensarbeitszeit wieder auf 65 zurück, Sie schaffen eine Solidarrente. Sehr verehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie herzlich: Lassen Sie uns gemeinsam die Personalkosten der Zukunft im Blick behalten und gemeinsam daran arbeiten!

(Beifall bei der CSU und der FDP - Inge Aures (SPD): Im Blick und im Geldbeutel!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Naaß; bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Heckner, wenn die 10 Milliarden Euro der Landesbank nicht gewesen wären, dann müssten wir jetzt überhaupt nicht über den Versorgungsfonds sprechen, dann wäre das überhaupt kein Thema.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CSU - Inge Aures (SPD): Ganz allein sind die dafür zuständig!)

Denn dann müssten wir nicht bis zum Jahr 2030 32 Milliarden Euro Schulden abbauen, dann wären es nämlich 10 Milliarden weniger. Sie haben viel versaubeutelt. So war es doch!

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CSU)

Im Rahmen der geplanten Schuldentilgung bis 2030 muss auch die Vorsorge für künftige Versorgungslasten neu geregelt werden - das ist Ihre Begründung des Gesetzentwurfs. Ich sage, liebe Kolleginnen und Kollegen: Intelligentes Sparen schaut anders aus.

(Beifall bei der SPD)

Sie stellen ohne Not ein Gesetz auf den Kopf, ein Gesetz, das eine große Akzeptanz über die Parteigrenzen hinweg in diesem Hohen Hause hatte. Sie kürzen den Pensionsfonds ohne Not und verschieben damit Lasten in die Zukunft. Das ist Ihre Art von Politik - wieder einmal ein Beispiel dafür, dass Sie nicht in der Lage und willens sind, eine nachhaltige Politik zu ge

stalten. Wieder einmal ein "Drehhofer", oder ein "Dröder" nach dem Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern?

Ich erinnere daran - Sie waren auch alle mit dabei -, dass von der CSU damals die Einführung des Pensionsfonds zum 1. Januar 2008 hoch gelobt wurde,

(Unruhe − Glocke der Präsidentin)

eine Maßnahme, die die SPD-Landtagsfraktion bereits im Jahr 1996 gefordert hatte. Als einen "historischen Moment" hatte Herr Huber die Einführung des Versorgungsfonds bezeichnet; man stehe vor einem bedeutenden Schritt. Herr Stoiber war der Meinung, dass der Versorgungsfonds ein weiterer Meilenstein für eine solide Finanzpolitik sei.

(Ingrid Heckner (CSU): War er auch!)

Man sichere dadurch den Spielraum für eine gestaltungskräftige Politik. Wie gestaltungskräftig und wie historisch die Politik dieser Staatsregierung ist, wurde schon im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt 2010 offenkundig: Auf einmal wollten CSU und FDP von dem so hoch gelobten Erfolgsmodell Pensionsfonds nichts mehr wissen und deckelten die Zuführungen auf 70 Millionen anstatt der damals vorgesehenen 105 Millionen Euro. Die Deckelung soll nur das Jahr 2010 betreffen - so Herr Hüllmantel vom Finanzministerium. Der Kollege Herold war der Meinung, die Deckelung werde ein einmaliger Vorgang bleiben, der durch die Haushaltssituation bedingt sei. Herr Barfuß sagte, er halte es für notwendig, dass diese Maßnahme einmalig bleibe. Kolleginnen und Kollegen von CSU und FDP, Sie können sich doch selbst nicht mal ernst nehmen. Vor zwei Jahren noch so, heute so was wollen Sie denn eigentlich?

(Beifall bei der SPD)

Eine in die Zukunft gerichtete Politik ist das nicht. Entgegen dem Versprechen, dass es sich beim Einfrieren der Zuführungen um eine einmalige Sache gehandelt habe, wurde im laufenden Doppelhaushalt nicht einmal mehr gedeckelt, nein, es wurden sogar die ganzen Zuführungen ausgesetzt, und mit diesem Gesetz schreiben Sie eine dauerhafte Deckelung bis zum Jahr 2030 vor. Versprochen und gebrochen - das war schon das Markenzeichen von Herrn Stoiber, versprochen und gebrochen − so geht es bei Herrn Seehofer weiter. Von einer verlässlichen, nachhaltigen Politik ist nichts zu sehen und zu spüren. Vor zwei Jahren so und heute so - wo ist denn da die Verlässlichkeit, Herr Kollege Weiß?

(Beifall bei der SPD)

Ohne Not führen Sie in der Frage der Pensionsvorsorge einen Politikwechsel herbei, und genau das ist es: Sie handeln wider jegliche Vernunft. Schon bei der Einführung im Jahr 2008 wussten Sie, dass es sich bei den Ansparungen nur um die Abflachung der Spitze eines Eisberges handeln kann.

Zur Situation damals, im Jahr 2008: Die Versorgungsausgaben wurden regelmäßig aus dem laufenden Haushalt gezahlt, und das ist auch heute noch der Fall - im Gegensatz zu den Kommunen, die immer schon Rückstellungen bilden mussten. Die Zahl der Versorgungsempfänger steigt jedoch - von damals 100.000 auf 169.100 im Jahr 2035. Das ist eine Steigerung um 69,3 % Im Jahr 2030 wären also 9,2 Milliarden Euro für Pensionsleistungen erforderlich, die man aus dem laufenden Haushalt zahlen müsste. Im Jahr 2040 sind das 12,5 Milliarden und im Jahr 2050 15,2 Milliarden Euro, und Sie wollen mir erzählen, dass ein Staatshaushalt in der Lage sei, das aus dem laufenden Haushalt zu bezahlen? Deshalb haben wir damals dieses Gesetz beschlossen, 500 Euro pro neu eingestellten Beamten in diesen Versorgungsfonds einzuzahlen. Das ist sinnvoll gewesen, obwohl wir damals schon ein anderes Modell favorisiert hätten: eine versicherungsmathematische Lösung, durch die wesentlich mehr in diesen Fonds eingezahlt worden wäre; das wäre sinnvoller gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, ein Zwischenbericht des Finanzministeriums über die Versorgungsrücklage und den Versorgungsfonds aus dem Jahr 2010 hat Folgendes ergeben: Seit der Auflage der Versorgungsrücklage im Jahr 1999 beläuft sich die jährliche Wertentwicklung auf 4,61 %. Dieser Wert ist beachtlich - so das Finanzministerium. Beim Versorgungsfonds hieß es, seine Wertentwicklung sei derzeit traumhaft hoch - traumhaft! Die Wertentwicklung belaufe sich auf 14,34 % Man könne also von einer echten Erfolgsstory sprechen, und Frau Kollegin Heckner, Sie bedankten sich daraufhin - so kann man es im Protokoll nachlesen − für das kluge Anlageverhalten des Finanzministeriums und waren der Meinung, dass die Zukunft der Beamtenversorgung gesichert sei - so Ihre eigenen Aussagen.

(Zuruf der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Das ist noch nicht so lange her. Was wissen Sie denn, was im Jahr 2025 oder 2030 für Erträge zu erwarten sind? Das wissen Sie genauso wenig.

(Zuruf der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Okay, diese Erfolgsstory haben Sie bereits im Jahr 2010 beendet. Mittlerweile sind dem Versor

gungssystem 1,22 Milliarden Euro entzogen worden, die im Jahr 2030 dem System zur Verfügung gestanden hätten, die Sie aber nicht eingespeist haben, weil Sie 10 Milliarden Euro für die Landesbank versemmelt haben.

(Beifall bei der SPD)

Soviel zur Seriosität Ihrer Finanzpolitik. Sie verschieben Lasten in die Zukunft. Ihr Kind, der Pensionsfonds, das jetzt erst vier Jahre alt ist, lassen Sie dabei systematisch verhungern und brüsten sich noch damit. Mit dem heutigen Gesetzentwurf bleiben nur mehr ein finanzpolitisches Feigenblatt und ein magersüchtiges Kind übrig, das sich leider nicht mehr so entwickeln kann, wie es eigentlich der Fall sein sollte.

(Beifall bei der SPD)

Die Steuermehreinnahmen haben Sie zum großen Teil bei den Haushaltsberatungen genutzt und schön über das Land verteilt.