Protokoll der Sitzung vom 04.12.2012

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Das habe ich auch so nicht gesagt!)

- Sie haben aber kritisiert, dass all diese Maßnahmen im Stimmkreis von Minister Heubisch vorgesehen seien, und gemeint, die anderen hätten wohl nicht gut genug verhandelt.

Minister Heubisch hat seinen Stimmkreis nun einmal in der Münchner Innenstadt. Dort sind die Maxvorstadt mit dem Kunstareal und auch die beiden Universitäten. Das ist nicht Folge eines Gemauschels, sondern das sind einfach die geografischen Gegebenheiten. Ich fand unsäglich, was Sie vorhin von sich gegeben haben. Wenn ein Kulturkonzept gefordert wird, muss es auch sinnvoll sein. Dann dürfen wir gerade nicht die Frage stellen, wer für seinen Stimmkreis das meiste herausgeholt hat, sondern welcher Standort sinnvoll ist.

(Beifall bei der FDP - Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Warum wird denn nur einer geprüft?)

- Der andere Standort ist der Finanzgarten. Dieser liegt genauso in seinem Stimmkreis wie das Kunstareal, der Marstall und alle bekannten Standorte, die meines Wissens jemals im Gespräch waren. Das wäre also auch so, wenn jemand anders diesen Stimmkreis hätte.

(Zurufe von der SPD und den FREIEN WÄH- LERN - Unruhe − Glocke des Präsidenten)

Das wäre auch so, wenn der Herr Minister seinen Stimmkreis in Thalkirchen hätte und Sie Ihren in der Innenstadt hätten. Es ist einfach sinnvoll; wer bis drei zählen kann, kann das auch nachvollziehen. Ihre Aussage vorhin war billigste Polemik.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Reichhart (FREIE WÄHLER))

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Reichhart, Sie haben jetzt nicht das Wort. − Bitte schön, Frau Kollegin.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Reichhart (FREIE WÄHLER))

− Frau Kollegin, lassen Sie sich von diesen Zwischenrufen nicht stören.

(Lachen bei der SPD)

Herr Reichhart, Sie können sicher sein, dass das nicht daran liegt. Man kann wohl nicht davon sprechen, dass die Region um den Starnberger See vernachlässigt werde, sondern wir schauen, wo es Bedarf gibt und wo wir Prioritäten setzen müssen. Wir gehen nicht danach, wer für seinen Stimmkreis am lautesten kräht − wie Sie gerade −, sondern uns geht es darum, welche Investitionen für eine zukunftsweisende Kunst- und Kulturpolitik sinnvoll sind.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Mar- kus Reichhart (FREIE WÄHLER))

Lassen Sie uns zu einem Bereich kommen, der über die Kulturförderung hinausgeht, der Kunst- und Kreativwirtschaft. Ja, das ist eine Wachstumsbranche. Das Wirtschaftsministerium fördert Kultur- und Kreativunternehmen im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Aktivitäten. Sie können gern ins Internet schauen: Unsere Fraktion − ich war dafür verantwortlich − hat gerade ein zukunftsweisendes Positionspapier zur Weiterentwicklung der Kreativwirtschaft verabschiedet. Wir fordern die Gründung einer Servicestelle für Unternehmen und Selbstständige aus der Kultur- und Kreativbranche.

(Zuruf von der SPD: Macht es doch! Ihr seid doch an der Regierung!)

- Ja, genau. Wir sind in sehr enger Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium. Ich habe gerade gesagt, dass wir das Positionspapier frisch verabschiedet haben, und gehe fest davon aus, dass das auch umgesetzt wird. Schauen Sie ins Internet und lesen Sie, was dort steht. Schauen Sie sich unser Positionspapier an und geben Sie uns mehr als zwei, drei Wochen Zeit, vielleicht ein paar Monate. Wir wollen auch den Dialog zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Kulturpolitik ausbauen sowie die Vergabekriterien und Förderbedingungen anpassen. Es gilt nun alle politischen Hebel in Bewegung zu setzen, um den Faktor Kreativwirtschaft, der wirklich ein Standortfaktor ist − insoweit stimme ich Ihnen zu −, auszubauen. Das werden wir tun; darauf können Sie sich verlassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Ausführungen und auch jene des Ministers haben gezeigt, dass wir,

(Widerspruch bei der SPD)

dass die Koalition und insbesondere auch das von Wolfgang Heubisch geführte Ministerium gemeinsam an einem Strang ziehen und unsere Verantwortung für das Kulturland Bayern ernst nehmen. Bayern ist reich an Kultur. Die Kultur und die Kreativität in unseren Köpfen sind unser Potenzial. Wir Liberale glauben im Gegensatz zur Opposition nicht daran, dass staatliche Vorgaben und Lenkung zu mehr Kultur führen − im Gegenteil: Kunst muss frei sein.

(Beifall bei der FDP)

Kultur muss dort gefördert werden, wo sie blüht. Wir brauchen engagierte freie Künstler. Ich bin stolz auf unsere Kunst und Kultur; denn dass es funktioniert, sehen wir jeden Tag, wenn wir hinausgehen, wenn wir in die Regionen gehen, wenn wir in die Museen, in die Konzerte, zu den Menschen gehen. Darauf bin ich stolz. Dafür danke ich unserem Minister Wolfgang Heubisch ganz herzlich. Ich kann nur sagen: Weiter so!

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Als Nächster hat Kollege Dr. Thomas Goppel von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Vizepräsident, Herr Ministerpräsident, Herr Staatsminister, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Während im Umgriff unserer Nachbarländer − selbst in Baden-Württemberg soll das zweite SWR-Symphonieorchester aufgelöst werden; auch die Proteste aus der Fachwelt nutzen da nichts -, in unserer Nachbarschaft Schmalhans dabei ist, die Küchenhoheit über den Tischen der Künstler zu erobern, können wir uns heute mit einer Zuwaage für die Musik und mit einer stattlichen zweiten Finanzspritze für die Kultur und ihre Sparten insgesamt befassen. Gleichwertiges gibt es in Deutschland nicht.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Im Rahmen ihres Kulturkonzeptes steuert die Staatsregierung im nächsten Doppelhaushalt mit rund 50 Millionen Euro zusätzlich mehr als nur ein flächendeckendes Museumskonzept bei. Sie setzt dabei ein regionalpolitisches Signal ersten Ranges. Das sucht man in jedem anderen deutschen Land vergebens, egal, ob dort Rot-Grün oder eine sonstige Koalition regiert. Das mag man beklagen, meine Damen und Herren auf der linken Seite des Hauses. Die hiesigen Melodien werden, gemessen an den Misstönen, die andere Landesregierungen auslösen, schalmeienuntermalt sein, wenn das Bedauern in den anderen Ländern intoniert wird, das Ihre Verantwortlichkeit erzeugt. Das ist so. Wir wünschen niemandem, dass es so bleibt. Ich möchte aber jeden Vergleich der linken

Seite in diesem Haus mit Bayern zurückweisen, da es kein einziges Land gibt, das nur annähernd Vergleichbares zu leisten sich bereit macht − bereit macht, noch nicht einmal kann. Wenn die Länder wenigstens sagen würden, was sie möchten. Sie hören aber da nicht einmal einen Vorschlag. Mit der Kultur ist es Sense.

(Zuruf von der SPD: Berlin!)

- Dort ist Kultur erst recht Sense. Die geben nur unser Geld aus. Die sind nur dabei, das Geld, das sie aus Bayern abziehen, auszugeben. So kann ich auch gestalten. Was geben Sie, was holen Sie aus Berlin nach Bayern zurück?

Das Kulturnetz der Museen in Bayern, das die Staatsregierung so nachhaltig und regierungsbezirksdeckend strickt, kann und darf nach unserer Ansicht aber auch nicht alles sein. Die beiden Regierungsfraktionen haben deshalb die weiteren kulturellen Haushaltstitel unter die Lupe genommen, um dort im Rahmen der Bestandssicherung und einer der Teuerungsrate geschuldeten Aufbesserung den zugegeben meist auch jetzt noch besserungsfähigen Finanzschub nicht zu verpassen, der es erlaubt, auch in schwieriger werdenden Zeiten, also in den nächsten beiden Jahren, die bayerische Flagge hochzuhalten.

Was ist die Folge? - Jetzt nehmen wir von hier aus zusätzlich die Mittel in die Hand, die als Voraussetzung dafür gelten, dass sich Kultur im ganzen Land etablieren kann und ausdehnt. An den 26 Millionen Euro der sogenannten Fraktionsreserve oder politischen Reserve partizipieren nach unserem gemeinsamen Plan mit der FDP die nichtstaatlichen Orchester − angeblich, laut Opposition, bekommen sie nichts -, die Sing- und Musikschulen − angeblich bekommen sie nichts -, die Laienmusikverbände − angeblich bekommen sie nichts −, aber auch die Zweigmuseen. Die zusätzlichen Wünsche der FDP, was die ergänzenden konkurrierenden freien Musikträger angeht, nehmen wir mit, auch wenn die Diskussion im Lande immer so war, dass wir zuerst die Kommunen stärken wollen, weil wir wissen, dass sich die Kommunen zurückziehen, sobald wir jemanden als freien Anbieter unterstützen. Das ist ein Streitpunkt; es ist so. Das ist ein Streitpunkt, den wir nicht wegdiskutieren können. Nicht zuletzt bekommen die bisher öffentlich weniger wahrgenommenen bildenden Künste im Gegensatz zu dem, was gesagt worden ist, Raum, museumspädagogische Konzeptionen und Häuser. Das ist ein Einstieg, nicht mehr und nicht weniger.

Den Bamberger Symphonikern stellen die Parlamentarier den Qualitätsnachweis aus, den die finanzministerielle Sparabsicht in Oberfranken für erheblich preis

werter als Münchner Verhältnisse erklärt hatte und deshalb kleinschreiben wollte.

(Zuruf von der SPD)

Ein Antrag, der gestellt wird, sagt noch lange nicht, dass wir nicht längst so denken, wie Sie gemeint haben, denken zu wollen. Also: Alles, was recht ist.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Das Trachtenzentrum in Niederbayern wird zusätzlich gefördert, weil die Parlamentarier wohl doch besser beurteilen können, ob und in welchem Umfang auch dort Nachwuchsarbeit die Grundlage für die Bestandssicherung bildet. Wenn wir wollen, dass bestimmte Teile unserer Kulturarbeit auch in Zukunft in Blüte stehen, müssen wir ihnen mit Blick auf den Nachwuchs entsprechende Hilfen zuteil werden lassen.

Ein besonderer Brocken der Zusatzförderung, die dem Landtag, nein: nur den Regierungsfraktionen wirklich am Herzen liegt, findet sich mit einem Anteil am Gesamtpaket von rund 16 % mit 3,7 Millionen Euro für die nichtstaatlichen und nichtkommunalen Theater wieder, die uns das aufgewachsene Bürgerinteresse im ganzen Lande beschert hat, ohne konkret genug zu bedenken, dass auch Schauspieler ein Anrecht auf einen Vertrauensschutz für die Bezahlung und Verrentung nach der Berufszeit haben. Wir müssen schon etwas dafür sorgen, dass diejenigen, die wir da beschäftigen, am Ende auch in einer Sicherheitszone landen. Die nichtstaatlichen Orchester dürfen mit weiteren 1,5 Millionen Euro je Jahr rechnen, die Sing- und Musikschulen zweimal mit einer Dreiviertelmillion Euro. Das freut den Präsidenten des Bayerischen Musikrates, weil dies beweist, dass Politik sehr wohl weiß, dass es sonst Wortbruch dessen, was vor Jahresfrist gesagt wurde, bedeutet hätte.

Die Opposition sei daran erinnert: Die hier verkündeten Zahlen passen zu den Beratungsvorlagen, die die debattierenden Haushaltsvertreter von den Verbänden an die Hand bekommen haben.

Besonders erfreulich ist, dass die Laienmusik erneut einen finanziellen Aufwuchs erfährt − zum einen wird die Fraktionsreserve dafür genutzt, zum anderen das Kulturkonzept. Es ist die CSU, die da spurt und spurtet. Die Kollegen engagieren sich im Ehrenamt und schaffen neue Bindungen, die sich auch in den Haushaltsverhandlungen spiegeln. In der Blasmusik lassen die Kollegen Peter Winter, Berthold Rüth, Manfred Ländner und der aus Amtsgründen besonders geforderte Staatssekretär im Finanzministerium, Pschierer, nicht nach, uns den noch immer ersichtlichen Nachholbedarf in der Finanzierung vor allem der Jugendar

beit ins Gewissen zu reden und dort rumoren zu lassen. Nicht verschwiegen sei, dass wir das Engagement auf CSU-Seite nicht allein bei uns sehen. Herr Kollege Wengert − ich sehe ihn gerade nicht -, Sie müssen zugeben: Wir sitzen da am längeren Hebel und, für uns in der CSU gesagt, wir wollen das auch bleiben.

Den Vorsitzenden des Landesdenkmalrates − das darf ich ehrlich sagen − wurmt es, dass nicht auch noch ein bisschen mehr Geld für die Denkmalpflege zu beschaffen war. Wenn Mann und Frau bedenken, dass jeder investierte Euro in altes Gemäuer sechs bis acht private Euro generiert und dass damit ein vordergründig oft sehr umstrittenes Thema Freunde gewinnen kann, dann nehmen sich die zwei Millionen Staatsmittel im Entschädigungsfonds mehr, die die Kommunen noch einmal mit zwei Millionen Euro aufstocken, doch eher spärlich gegenüber den Summen aus, die die beiden Nutznießer, Staat und Kommunen, früher schon einmal investiert haben. In dem Umfang, in dem wir gleichzeitig bei der Denkmalpflege sagen, dass die Menschen die Dinge erhalten müssen, muss auch die Gegenleistung erkennbar abgeliefert werden können.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Das ist im Moment nicht der Fall. Ich bitte alle, auch den Haushaltsausschuss, darüber noch einmal nachzudenken − nicht jetzt, im Moment, sondern von jetzt an für die nächsten Runden.

Wenn Mann und Frau bedenken, dass das so ist, müssen wir anpacken. Da sind auch die 400.000 Euro, die der Bodendenkmalpflege zugeschrieben sind, so etwas wie ein zischender Tropfen auf dem heißen Stein, wie ich als ehemaliger Minister weiß. Immerhin haben aber die Regierungsfraktionen mit dem Sonderprogramm erreicht, dass es zischt und damit ein Geräusch erzeugt wird, das die Exekutive hoffentlich hört und für den nächsten Anlauf speichert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das, finde ich, muss uns der oppositionelle Neid, dessen der Handlungslähmung geschuldetes Entstehen ich nachvollziehe, lassen: Wir waren und sind mit unserem Kulturkonzept kreativ, nicht gnädige Ergänzer einer im Vergleich zu anderen Ländern erfrischend aufgeschlossenen Exekutivvorlage von 50 Millionen Euro. Das ist ein starkes Kulturkonzept, gemessen − noch einmal − an allen anderen Ländern ein einmaliges. Wir sind, was aufmerksame Parlamentarier, wenn sie auch Regierungsverantwortung tragen, im Landesorchester des Freistaats, in der Band des Freistaats, zu sein haben: gute Leute an der Percussion und ihren Instrumenten. Wir geben mit unseren 26 Millionen Euro den

Takt vor, dessen ganzer Klang dann auch die Tondominanten des Musiksatzes so vortönen lässt, dass die schwarz-gelbe Melodie zum Gehör der Bürger vordringen kann.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Dass Ihnen auf der linken Seite des Hauses das nicht gefällt, gefällt mir. So ist nun einmal die Welt, in der wir uns seit ewigen Zeiten bewegen. Aber lassen Sie mich ergänzen: Ich war am Sonntag beim Landesjugendjazzorchester. Den Eindruck, den ich dort gewonnen habe, will ich nicht verschweigen. Dort waren früher 200, heute sind 400 junge Leute regelmäßig zu Übungssessions beieinander, um am Ende aufzutreten, das in einer unglaublichen Frische, Aktualität und Qualität mit tollen Leuten. Das Orchester bekommt seit 15 Jahren dasselbe Geld, Herr Ministerpräsident. Da einmal zuzulegen, wäre ein wichtiger Anreiz.

(Zurufe von der SPD)