Protokoll der Sitzung vom 04.12.2012

(Zurufe von der SPD)

Da einmal zuzulegen, Herr Vizepräsident, wäre eine Sache, die wir zusammen in Angriff nehmen sollten. Vielleicht lädt der Vizepräsident oder die Präsidentin beim Sommerfest das Landesjugendjazzorchester das erste Mal hierher ein und sorgt dafür, dass die Combo ein Gehalt dafür bekommt. Das würde deren Salär nämlich aufbessern, uns nicht verarmen lassen im Landtag und den Musikratspräsidenten freuen. Alles Gute schon jetzt bei der Umsetzung!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Herr Kollege, auch für die Schleichwerbung. Als Nächster hat Kollege Dr. Christoph Rabenstein von der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Staatsminister Heubisch! Ich möchte mit einem Zitat von Karl Kraus beginnen, der zwar Ihre Regierungserklärung nicht gehört hat, denn er ist 1936 gestorben, das aber ganz gut passt. Er hat einmal gesagt: "Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge einen langen Schatten."

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Allerdings wäre ich − das muss ich dazu sagen − der Letzte, der Allerletzte, der die bayerische Kultur insgesamt schlechtreden würde. Bayern ist − und das ist schon von vielen Vorrednern gesagt worden − ein Kulturstaat. Darauf sind wir Sozialdemokraten besonders stolz.

(Unruhe − Glocke des Präsidenten)

Wir blicken auf eine über tausendjährige Kultur- und Geistesgeschichte zurück. Auch der mehrfach erwähnte Artikel 3 der Bayerischen Verfassung definiert Bayern als "Kulturstaat". Ich möchte aber auch daran erinnern, dass der sozialdemokratische Ministerpräsident Hoegner die Akzente in der Bayerischen Verfassung gesetzt hat. Er hat auch dafür gesorgt, dass Bayern an prominenter Stelle als Kulturstaat genannt wird. Davon profitieren wir auch heute noch.

Wir als Parlamentarier sind häufig unterwegs und bemerken auch die Kultur im Freistaat. Wir wissen, was Heimat- und Brauchtumspflege mit Volkstanz, Volksmusik, Trachten und Heimatfesten, organisiert von zahlreichen Vereinen, bedeutet, und wir pflegen diese Tradition. Ich möchte natürlich auch die Bauwerke und Denkmäler ansprechen, die unsere Städte und Gemeinden prägen und ihnen ein Gesicht verleihen. Diese Schätze gilt es zu erhalten und zu würdigen. Diesen Kulturstaat prägen natürlich auch die bildenden Künste, die Archivpflege sowie die Bibliotheken, ob wissenschaftliche oder öffentliche, auf die ich dann noch eingehen werde.

Ich habe das auch deswegen so ausführlich dargestellt, um zu zeigen, wie vielfältig die bayerische Kulturlandschaft ist und wie ernst wir diesen Standortfaktor nehmen. Allerdings − das möchte ich auch dazu bemerken − ist diese tausendjährige bayerische Geschichte, auf die wir uns immer berufen, nicht das Verdienst der CSU, genauso wenig wie es das Verdienst der CSU ist, dass wir zwar nicht heute, aber oft einen blauweißen Himmel oder die Alpen und schöne Seen haben. Das ist alles nicht das Verdienst der CSU. Das möchte ich ganz deutlich sagen. Die Glorifizierung, die hier oft betrieben wird, braucht es nicht. Das ist, um ein Beispiel zu bringen, wie bei einem reichen Bauern, der weiß, was er hat, der aber nicht jeden Tag damit prahlt. So müssen wir unsere Kulturschätze einschätzen und nicht anders. Um bei dem reichen Bauern zu bleiben: Wir müssen − auch das ist ein Gebot − das Erbe, das wir haben, pflegen und erhalten.

Hier setzt die Kritik der Opposition und auch meine Kritik an. In den letzten Jahren wurde in vielen Bereichen gespart, und zwar an falscher Stelle. Das hat − und das erstaunt zunächst etwas − kaum einer gemerkt. Nur die unmittelbar Betroffenen und die Experten haben etwas gemerkt. Ich möchte auch dazu wieder symbolisch ein Beispiel nennen. Wenn ich in einem älteren Haus wohne und an diesem Haus über Jahre nichts mache, dann fällt das vielleicht in der ersten Zeit kaum jemandem auf; aber irgendwann verliert das Gebäude an Substanz und ist dann oft nur mit hohem Aufwand wiederherzustellen. Ich habe das an einem Projekt in meinem eigenen Umfeld in Bay

reuth erlebt, am Festspielhaus. Jetzt wollen wir dort endlich ran. 50 Millionen Euro sollen für die Sanierung investiert werden, auch weil über viele Jahrzehnte hinweg eine grundlegende Sanierung ausgeblieben ist.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich bin der Meinung, dass wir in Bayern in verschiedenen kulturellen Bereichen an den falschen Stellen gespart haben und dass wir hier schnellstmöglich korrigieren müssen, um größere Schäden zu vermeiden. Ich möchte das ganz konkret an drei Beispielen verdeutlichen, die heute noch nicht genannt worden sind.

Das erste Beispiel betrifft die öffentlichen Bibliotheken. Die öffentlichen Bibliotheken sind Grundpfeiler einer lebendigen und kreativen Kulturlandschaft. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit. Eine Kürzung des Bibliotheksetats hingegen führt zu Einschränkungen bei den Bildungschancen. Und gerade uns Sozialdemokraten sind eben Bildungschancen ein echtes Anliegen.

(Beifall bei der SPD)

Die öffentlichen Bibliotheken müssen seit Jahren mit Einsparungen arbeiten. Anfang der 90er-Jahre betrugen die staatlichen Fördermittel noch 5,7 Millionen Euro. Heute sind es gerade noch 2,1 Millionen Euro, wenn auch mit leichten Zuwächsen, aber die Erhöhung um 200.000 Euro ist eben der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Hier geht es nicht um Zig-Millionen-Beträge, sondern man könnte mit wenigen Millionen, wenn man wenigstens wieder auf den alten Stand käme, sehr viel ausrichten.

Das gilt auch für die wissenschaftlichen Bibliotheken und hier besonders für die Bayerische Staatsbibliothek. Ich habe mich seit Jahren, auch als ehemaliger Mitarbeiter an der Universität, mit diesem Bereich beschäftigt. Hier haben die Aufgaben gewaltig zugenommen, aber gleichzeitig wurden die Mittel drastisch gekürzt. Die Erhöhungen der Ansätze, die wir für all die Haushaltsjahre gefordert haben, wurden nur marginal erfüllt und konnten die Kürzungen in der Vergangenheit bei Weitem nicht kompensieren.

Ich möchte noch ein konkretes Beispiel nennen. Der Hochschulausschuss war auch in der Staatsbibliothek. Wir haben uns dort die Digitalisierung der Bestände angeschaut. Das ist gut so. Aber dass man dafür hier in Bayern 50 Millionen Euro von Google braucht, damit die diese Arbeit leisten, betrachte ich als Unding. Dazu brauchen wir nicht Google, die dann mit diesen Daten natürlich machen, was sie wollen. Da hätten wir bessere Vorschläge gehabt. Das darf eigentlich in einem Kulturstaat nicht passieren, son

dern das muss er selber erledigen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch die Denkmalpflege ansprechen. Die Mittel im Bereich der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes − das wurde vom Kollegen Goppel bereits angesprochen − wurden in der Vergangenheit immer wieder drastisch gekürzt. Auch hierzu die Zahlen: Im Jahre 1998 betrug der Ansatz umgerechnet fast 17 Millionen Euro, im aktuellen Doppelhaushalt der Staatsregierung sind pro Haushaltsjahr nicht einmal elf Millionen Euro vorgesehen. Frau Kollegin Sandt, Sie haben bereits darauf hingewiesen, dass jeder hier eingesetzte Euro soundsoviel Investitionen in Wirtschaft und Handel bedeutet. Allerdings habe ich eine Aussage darüber vermisst, wie dieser Ansatz von 17 Millionen wieder erreicht werden kann; denn die Folgen des Sparzwangs sind insbesondere für die Bereiche Tradition, Kultur und Geschichte katastrophal. Und das gilt insbesondere auch für die Denkmalpflege. Die Handlungsmöglichkeiten des Bayerischen Landesdenkmalamtes sind nach Aussage des Generalkonservators Professor Dr. Egon Johannes Greipl nur sehr eingeschränkt.

Ich brauche nicht zu betonen, dass auch hierzu unsere Anträge auf Erhöhung der Mittel abgelehnt wurden. Ich fürchte, dass von Regierungsseite nun auch hier sofort der Reflex kommt: Die Opposition kann ja leicht fordern. Gerne möchte ich an dieser Stelle den Denkmalrat zitieren. Der Denkmalrat hat im September 2012 eindeutig Stellung zur Problematik genommen und gesagt, die im Haushalt der Staatsregierung vorgesehene Fortschreibung der Ansätze für die Denkmalpflege werde den Erfordernissen der zahlreichen Denkmaleigentümer bei Weitem nicht gerecht, obwohl ihnen die Hauptlast im Vollzug des Denkmalschutzgesetzes übertragen ist.

Die Mitglieder des Denkmalrates sprechen dann die Zahlen an und enden mit der Feststellung: Wer die gewachsene und gebaute Kultur bewahren möchte, muss ein Zeichen der Bereitschaft setzen. Unterschrieben wurde diese Aussage auch von Dr. Thomas Goppel. Ich glaube, diese Botschaft eines ehemaligen Ministers hätte hier im Hohen Hause ankommen müssen. Es ist schade, dass sich da so wenig tut.

Lassen Sie mich ganz zum Schluss noch ein Wort zum fünften Konzertsaal sagen. Wir als SPD werden uns insgesamt eher dagegen aussprechen. Das gilt auch für einige Kollegen aus der CSU-Fraktion. Je weiter man von München wegkommt, desto geringer wird die Unterstützung.

Herr Minister Heubisch, Sie widersprechen sich doch selbst. Auf der einen Seite betonen Sie in Ihrer Rede zur Rechtfertigung dieses Konzertsaals, dass München ein kultureller Spitzenstandort bleiben muss, was ohne diesen fünften Konzertsaal nicht möglich sei. Auf der anderen Seite nennen Sie uns eine aktuelle Liste mit Spitzenpositionen von in Bayern tätigen Künstlern. Diese Liste habe ich mir angesehen. Von den acht Spitzenkünstlern wirken sechs in München. Das geht los mit Nikolaus Bachler von der Bayerischen Staatsoper über Josef Köpplinger am Staatstheater Gärtnerplatz bis hin zu Kirill Petrenko, dem Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper, der zwar in Bayreuth den Ring leiten wird, aber trotzdem in München bleibt. Und es bleiben lediglich zwei Spitzenkünstler für Nürnberg übrig.

Wenn das jetzt schon so ist, frage ich mich, wieso wir eine fünfte Konzerthalle brauchen, um die Spitzenposition, die München hat, zu begründen.

(Beifall bei der SPD − Zuruf des Staatsministers Dr. Wolfgang Heubisch (FDP))

Ich glaube, dass wir von der SPD das nicht unterstützen können, weil wir die Kultur in Bayern insgesamt fördern müssen. Dafür sind viele Millionen Euro notwendig, die wir in München nicht auch noch für die fünfte Konzerthalle springen lassen müssen. Aus diesem Grunde ist auch Christian Ude, unser Spitzenkandidat, gegen diese Konzerthalle.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Herr Kollege Walter Nadler von der CSU das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Konzertsaal ist heute schon oft strapaziert worden.

(Unruhe − Glocke des Präsidenten)

Trotzdem fange ich auch damit an, Herr Minister.

(Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch: Na klar!)

Auf dem Lande fehlt das Geld, und München will einen neuen Konzertsaal. Der Rest des Freistaates wird vergessen.

(Renate Will (FDP): Na, na, na!)

So klagen viele. Lassen Sie mich als Beispiel den Regierungsbezirk Oberfranken heranziehen.

(Dr. Otto Bertermann (FDP): Das dachte ich mir, dass das jetzt kommt!)

Das zeigt nämlich: Neid auf die Landeshauptstadt ist durchaus nicht angebracht.

(Beifall der Abgeordneten Renate Will (FDP))

Nehmen wir die Stadt Hof. Dort sollte man sich einmal den Theaterbau ansehen. Dort findet sich ein Haus, das jeder größeren Stadt in Bayern zur Ehre gereichen würde.

(Beifall der Abgeordneten Barbara Stamm (CSU))

Hof hat nicht das einzige große Theater im nördlichen Oberfranken. Kaum 90 Kilometer entfernt findet sich das Landestheater in Coburg, eines der traditionsreichsten Theaterhäuser Bayerns.

(Beifall der Abgeordneten Barbara Stamm (CSU) und des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))

Oder nehmen Sie die Coburger Literaturtage.

Oberfranken als kultureller ausgehungerter Rand Bayerns? − Bei Weitem nicht! Zu den Bayreuther Festspielen, einer Stätte der Hochkultur mit internationaler Ausstrahlung, muss ich wenig sagen. Kollege Hacker, es ist schön, dass heute fast jeder Redner die Bayreuther Festspiele erwähnt hat.

(Thomas Hacker (FDP): Ja, natürlich!)

Im vor uns liegenden Jahr, dem Jubiläumsjahr, werden wir in einer Fülle von Veranstaltungen Wagner für alle bieten. Zum Wagner-Jubiläumsjahr werden Klassikbegeisterte aus aller Welt nach Oberfranken kommen. Dankenswerterweise fördert der Freistaat die Sanierung des Festspielhauses und den Neubau des Wagner-Museums im Haus Wahnfried.

(Beifall der Abgeordneten Renate Will (FDP))

So wie in Oberfranken sei die Hochkultur kaum irgendwo massiert, schwärmt Michael Lerchenberg, der Intendant der Luisenburg-Festspiele. Er meint damit nicht nur die Wunsiedler Festspiele oder die Wunsiedler Jean-Paul-Literaturtage, er meint vermutlich auch die Bayreuther Festspiele, die Bamberger Symphoniker, einen Klangkörper von europäischem Rang, die Hofer Symphoniker, die bei Weitem nicht nur in Hof auftreten, oder die Theaterhäuser in Hof, Coburg oder Bamberg. Das alles und noch viel mehr finden Sie im bevölkerungsärmsten Regierungsbezirk in Bayern.